OGH 9ObA156/99b

OGH9ObA156/99b13.10.1999

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Maier als Vorsitzenden, die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Steinbauer und Dr. Hopf sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Erwin Blazek und Alfred Klair als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Ing. Franz N*****, Elektrotechniker, *****, vertreten durch Dr. Eduard Pranz ua, Rechtsanwälte in St. Pölten, wider die beklagte Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Saxinger, Baumann und Partner, Rechtsanwälte in Linz, wegen S 2,490.440,80 brutto zuzüglich S 15.379,-- netto sA und Feststellung (Streitwert S 50.000,--), infolge Revision der beklagten Partei (Revisionsinteresse S 2,490.440,80 brutto abzüglich S 59.121,-- netto) gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 17. Februar 1999, GZ 7 Ra 32/99y-19, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Zwischenurteil des Landesgerichtes St. Pölten als Arbeits- und Sozialgericht vom 28. Juli 1998, GZ 30 Cga 128/97d-14, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Arbeitsrechtssache zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Beklagte plante die Errichtung eines Sekundäraluminium-Schmelzwerkes in K*****. Der Kläger war ab Sommer 1990 bei der Beklagten beschäftigt. Ab 1. 11. 1990 war er Geschäftsführer und ab November 1993 Prokurist. Am 25. 4. 1997 wurde er entlassen.

Mit der Behauptung, die Entlassung sei zu Unrecht erfolgt, weil er keinen Entlassungsgrund gesetzt habe, begehrt der Kläger nach mehrfacher Ausdehnung des Klagebegehrens zuletzt S 2,490.440,80 brutto zuzüglich S 15.379,-- netto sA für restliches Gehalt (April 1997) einschließlich aliquoter Sonderzahlungen, Kündigungsentschädigung (Mai 1997 bis Juni 1998), Abfertigung (12 Monatsgehälter), Urlaubsentschädigung und Entschädigung für den Entfall des Dienstautos. Da gemäß § 29 AngG vorerst nur ein Teil der Kündigungsentschädigung geltend gemacht werden könne, werde neben dem Leistungsbegehren auch die Feststellung begehrt, dass die Beklagte dem Kläger "alle weiteren Ansprüche aus dem Titel Kündigungsentschädigung für das gegenständliche Dienstverhältnis jeweils nach Eintritt der Fälligkeit bis zu einem Höchstbetrag von S 2,920.050,-- brutto" zu bezahlen habe. Der Kläger habe seine Dienstpflichten ordnungsgemäß erfüllt. Fixe Arbeitszeiten habe er nicht zu beachten gehabt.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, daß der Tätigkeitsbereich des Klägers eingeschränkt worden sei, weil er für die ihm übertragene Öffentlichkeitsarbeit ungeeignet gewesen sei. Ab diesem Zeitpunkt sei seine Hauptaufgabe die Anwesenheit im Büro in K***** gewesen, um als Ansprechpartner jederzeit telefonisch erreichbar zu sein. Diese Verpflichtung habe der Kläger verletzt. Auf Grund des Vorliegens von (jedenfalls) 190,43 unentschuldigten Fehlstunden und der unentschuldigten Abwesenheit am 24. 4. 1997 sei der Kläger entlassen worden. Auf die Fehlstunden des Klägers entfalle ein anteiliger Wert von S 79.279,-- brutto, der als Gegenforderung eingewendet werde.

Das Erstgericht erkannte nach Einschränkung des Verfahrens auf die Frage der Berechtigung der Entlassung (ON 6, AS 51) mit Zwischenurteil, dass die Beklagte dem Grunde nach schuldig sei, dem Kläger sein Gehalt bis einschließlich 25. 4. 1997 sowie Kündigungsentschädigung, Abfertigung und Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsabfindung im gesetzlichen bzw vertraglich vereinbarten Ausmaß zu zahlen. Dabei ging es über den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt hinaus noch von folgenden Feststellungen aus, wobei zunächst jene wiedergegeben werden, die im Berufungsverfahren nicht bekämpft wurden:

Zwischen den Parteien wurde im Zuge der Arbeitsvertragsverhandlungen eine wöchentliche Arbeitszeit des Klägers von 38,5 Stunden vereinbart. Diese Vereinbarung erfolgte zunächst mündlich, ein schriftlicher Arbeitsvertrag wurde erst am 6. 9. 1991 errichtet. Dieser enthielt ebenfalls eine Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden. Eine Regelung der Tagesarbeitszeit fand sich hierin nicht. Die Aufgabe des Klägers bestand am Anfang unter anderem darin, die Bevölkerung in Abendveranstaltungen über das geplante Sekundäraluminium-Schmelzwerk zu informieren und an den Abendsitzungen des Planungsbeirates teilzunehmen. Wenn solche Veranstaltungen am Abend länger dauerten, erschien der Kläger am Folgetag mit Duldung des "Eigentümers" später im Büro.

Am 29. 11. 1993 legte der Kläger seine Funktion als Geschäftsführer zurück und war ab diesem Zeitpunkt nur mehr als Prokurist der Beklagten tätig. Eine Änderung des Arbeitsvertrages erfolgte weder hinsichtlich des Tätigkeitsbereiches noch hinsichtlich der Arbeitszeit. Nach der behördlichen Einreichung des Projektes ging der Arbeitsumfang des Klägers deutlich zurück.

Das Büro des Klägers bei der Beklagten in K***** befand sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Büro der M*****gesellschaft mbH (im Folgenden kurz M*****). Der Geschäftsführer beider Gesellschaften war Herbert M*****-G*****. Um in das Büro des Klägers zu gelangen, musste man das Büro der M***** durchqueren. Sowohl die privaten Aktivitäten des Klägers im Büro als auch seine häufigen Abwesenheiten erweckten immer mehr den Unmut der Mitarbeiter der M*****, Ing. P***** und G*****, die sich durch die häufigen, in Abwesenheit des Klägers einlangenden Telefonanrufe zunehmend belästigt fühlten. Im Laufe des Jahres 1996 begann deshalb G*****, private Aufzeichnungen über die Anwesenheit des Klägers zu führen. Im Sommer 1996 wurde dem Geschäftsführer M*****-G***** zugetragen, dass der Kläger "den ganzen Tag spazieren gehe." Bei Geschäftspartnern der Beklagten war bereits das Gerücht entstanden, dass es das Unternehmen der Beklagten gar nicht mehr gebe, weil sich unter deren Telefonanschluss immer nur Mitarbeiter der M***** meldeten. Daraufhin wies der Geschäftsführer den Kläger am 2. 9. 1996 schriftlich an, sich an die Arbeitszeit von Montag bis Donnerstag 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 17.00 Uhr sowie Freitag von 8.00 Uhr bis 12.00 Uhr und 13.00 Uhr bis 15.30 Uhr zu halten und etwaige Dienstfahrten mit dem Geschäftsführer abzusprechen. Auch mündlich erklärte der Geschäftsführer dem Kläger, dass dieser während der angegebenen Zeiten im Büro zu sitzen habe, sofern er keine auswärtigen Diensttätigkeiten verrichte. Im November 1996 trug der Geschäftsführer den Mitarbeiteren der M***** auf, genaue Aufzeichnungen über die Abwesenheiten des Klägers zu führen, nachdem diese erklärten, dass sich die Situation beim Kläger nicht gebessert habe. Mit Schreiben vom 17. 3. 1997 wurde der Kläger vom Geschäftsführer der Beklagten darauf hingewiesen, dass er die für die Beklagte bestimmte Post nicht vom Büro in A***** abzuholen habe, weil dadurch unnötig Benzin verfahren werde und während dieser Zeit das Firmentelefon in K***** nicht besetzt sei.

Am 24. 4. 1997 fuhr der Kläger in der Früh zur "Fachmesse für Haustechnik" nach Wien. Am selben Tag fand um 9.00 Uhr im Büro der M***** in K***** eine Besprechung des Geschäftsführers M*****-G***** mit Ing. P***** und G***** statt. Bei dieser Gelegenheit erkundigte sich der Geschäftsführer nach dem Verbleib des Klägers und brachte schließlich über sein Büro in A***** in Erfahrung, dass der Kläger zwischen 9.00 und 10.00 Uhr telefonisch einer Prokuristin mitgeteilt hatte, dass er auf die Messe gefahren sei. Eine daraufhin durchgeführte Auswertung der Aufzeichnungen G***** ergab für den Zeitraum vom 18. 11. 1996 bis 18. 4. 1997 312,5 Fehlstunden des Klägers. Dieser wurde daraufhin am nächsten Tag entlassen.

Des weiteren traf das Erstgericht noch folgende Feststellungen, die vom Kläger in der Berufungsbeantwortung bekämpft wurden:

Die Parteien gingen im Zuge der Verhandlungen über den Arbeitsvertrag des Klägers davon aus, dass der Kläger grundsätzlich von 8.00 Uhr bis 17.00 Uhr zu arbeiten habe.

Der Geschäftsführer M*****-G***** entband den Kläger im Jahr 1994 von der Öffentlichkeitsarbeit und übertrug diese Aufgabe an einen anderen Mitarbeiter. Dem Kläger oblag zu diesem Zeitpunkt nur noch die Arbeit im Büro der Beklagten, und zwar die Entgegennahme von Telefongesprächen und die sporadische Überwachung des vorgesehenen Betriebsgeländes, wodurch sich der Kläger nicht ausgelastet fühlte. Er begann daher im Büro private Aktivitäten wie Zeitung lesen, Reiseprospekte studieren etc zu entfalten und war immer seltener im Büro anwesend.

Der Kläger hielt sich nicht an die schriftlichen Anweisungen des Geschäftsführers der Beklagten vom 2. 9. 1996 betreffend die Einhaltung bestimmter Arbeitszeiten und die Anwesenheit im Büro. An den Vormittagen erschien er kurz im Büro, erledigte die Post und fuhr dann wieder weg, um private Besorgungen zu erledigen oder Kaffee trinken zu gehen. Nach der Mittagspause war der Kläger zwischen 14.00 und 17.00 Uhr nur teilweise im Büro anwesend.

Der Kläger hatte hinsichtlich des Besuches der "Fachmesse für Haustechnik" in Wien am 24. 4. 1997 weder einen dienstlichen Auftrag noch die Genehmigung des Geschäftsführers. Er wollte sich dort einfach informieren, weil seine Arbeit für ihn in der letzten Zeit nicht erfreulich gewesen war.

Das Erstgericht vertrat dazu die Rechtsauffassung, dass der Kläger durch sein Verhalten (Nichteinhalten der Arbeitszeiten; regelmäßige private Aktivitäten außerhalb des Büros während der Arbeitszeiten; 300 Fehlstunden in einem Zeitraum fünf Monaten) den Entlassungsgrund nach § 27 Z 4 AngG verwirklicht habe. Mangelnde Auslastung stelle keinen Rechtfertigungsgrund für ein regelmäßiges Fernbleiben von der Arbeit dar, zumal der Arbeitgeber ausdrücklich zu verstehen gegeben habe, dass er auf die Anwesenheit des Arbeitnehmers im Büro besonderen Wert lege. Die Entlassung sei jedoch verspätet erfolgt, weil sie vom Arbeitgeber nicht unverzüglich nach Bekanntwerden des Entlassungsgrundes ausgesprochen worden sei. Bereits im Sommer 1996 seien dem Geschäftsführer der Beklagten Informationen zugegangen, dass der Kläger nur selten an seinem Arbeitsplatz anwesend sei. Nach der ausdrücklichen Anordnung von Arbeitszeiten mit Schreiben vom 2. 9. 1996 habe der Geschäftsführer zunächst 2 1/2 Monate zugewartet um sich zu erkundigen, ob sich beim Kläger die Situation gebessert habe, und nach Verneinung die weitere Überwachung und Dokumentation der Anwesenheit des Klägers angeordnet, ohne sich allerdings nach angemessener Zeit nach dem Ergebnis dieser Überwachung zu erkundigen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen, ohne sich allerdings mit der Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers in der Berufung auseinanderzusetzen, und trat der rechtlichen Beurteilung des Erstgerichtes bezüglich der Annahme einer Verspätung der Entlassung bei. Die Beklagte habe bis zur Entlassung widerspruchslos hingenommen, dass der Kläger weiterhin die täglichen Arbeitszeiten nicht einhalte. Es sei nicht in der Sachlage begründet gewesen, vom September 1996 bis April 1997 geheime Aufzeichnungen zu führen und mit dem Ausspruch der Entlassung zuzuwarten.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.

Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

Die Prüfung der Rechtzeitigkeit der Entlassung setzt stets den vom Arbeitnehmer zu erhebenden Einwand des Fehlens der Rechtzeitigkeit voraus (Kuderna, Entlassungsrecht2 14). Die bloße Anführung der Daten, der Umstände des Entlassungsgrundes und des Ausspruches der Entlassung genügen hiefür nicht (ARD 4229/5/90; RIS-Justiz RS0029249). Der Arbeitnehmer ist vielmehr für alle für den Untergang des Entlassungsrechts maßgeblichen Umstände behauptungs- und beweispflichtig (vgl ARD 4839/39/97). Der Einwand der mangelnden Rechtzeitigkeit der Entlassung wurde im vorliegenden Fall vom Kläger jedoch nicht einmal implicite erhoben. Er beschränkte sich vielmehr darauf, die Richtigkeit des von der Beklagten behaupteten Sachverhaltes zu bestreiten. Die Rechtzeitigkeit der Entlassung durfte daher von den Vorinstanzen nicht von Amts wegen geprüft werden. Das Fehlen eines Einwandes der Verspätung der Entlassung blieb jedoch von der Beklagten sowohl in der Berufung als auch in der Revision ungerügt. Die Beklagte beschränkte sich auf die Darlegung, dass die Entlassung ohnehin rechtzeitig ausgesprochen worden wäre. Der nach ständiger Rechtsprechung geltende Grundsatz, dass die rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden kann, wenn der Berufungsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung nicht (gesetzmäßig) ausgeführt wurde, gilt (partiell) auch dann, wenn das Ersturteil nur in einem bestimmten Punkt wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung angefochten wurde (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 503 und Rz 9 zu § 471; 4 Ob 11/94; 4 Ob 1678/95). Das Fehlen eines Verspätungseinwandes des Klägers unterlag daher keiner Prüfung durch das Berufungsgericht. Auf die Unzulässigkeit der amtswegigen Prüfung der Verspätung der Entlassung kann daher nicht mehr Bedacht genommen werden.

Soweit sich die Revisionswerberin aber gegen die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichtes wendet, dass die Entlassung verspätet erfolgt sei, sind ihre Einwände berechtigt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass es infolge Fehlens eines Verspätungseinwandes des Klägers kein näheres Vorbringen des Klägers gibt, worin die Verspätung der Entlassung überhaupt liegen soll.

Die Entlassung muss, um rechtzeitig zu sein, ohne Verzug, das heißt sofort, nachdem der Entlassungsgrund dem Arbeitgeber bekanntgeworden ist, ausgesprochen werden, widrigenfalls das Entlassungsrecht des Arbeitgebers erlischt. Die Rechtsnatur dieses Erfordernisses der Unverzüglichkeit ist eine den die Entlassung aussprechenden Arbeitgeber belastende Aufgriffsobliegenheit, deren Verletzung zum Untergang des Entlassungsrechts im konkreten Fall ohne Rücksicht darauf führt, ob die Entlassung ansonsten gerechtfertigt ist oder nicht (Kuderna aaO 13 f; Martinek/M. Schwarz/W. Schwarz, AngG7 592 ff; Schwarz/Löschnigg, Arbeitsrecht7 618 ff, jeweils mwN; RIS-Justiz RS0028865, RS0031799; zuletzt 9 ObA 23/99v).

Der hier geltend gemachte Entlassungsgrund der Unterlassung der Dienstleistung (§ 27 Z 4 AngG) kann sowohl als Dauertatbestand als auch durch mehrmalige, jeweils selbständige Handlungen begangen werden. Als Dauertatbestand kann die Unterlassung der Dienstleistung während der Dauer der Begehung des Entlassungsgrundes geltend gemacht werden (ZAS 1986, 133 [Zust Runggaldier]; DRdA 1988/14; 9 ObA 32/89). Eine Verfristung des Entlassungsgrundes tritt nur dann ein, wenn die Entlassung auch nach Beendigung des pflichtwidrigen Verhaltens nicht unverzüglich ausgesprochen wird (RIS-Justiz RS0029396). Spricht der Arbeitgeber bei fortgesetzten, aber nicht dauernder Begehung eines Entlassungsgrundes nicht sofort nach einer Begehungshandlung die Entlassung aus, verliert er wohl hinsichtlich dieses Vorfalls das Entlassungsrecht, nicht aber auch hinsichtlich künftiger Vorfälle ähnlicher Art, auf die dann jeweils der Grundsatz der Unverzüglichkeit zur Anwendung kommt (RdW 1998, 27).

Die Anwendung dieser Grundsätze führt schon hinsichtlich des unbekämpften Sachverhaltes dazu, dass die Entlassung - vorbehaltlich der Frage, ob die dem Kläger von der Beklagten vorgeworfenen Handlungen tatsächlich gesetzt wurden - jedenfalls rechtzeitig ausgesprochen wurde. Ausgehend von der sohin zu Unrecht angenommenen Verspätung der Entlassung unterließ das Berufungsgericht aber eine Behandlung der zulässigen Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers in der Berufungsbeantwortung (§ 468 Abs 2 ZPO), worin sich der Kläger gegen eine ganze Reihe von "Negativfeststellungen" (gemeint offenbar: für ihn nachteilige Feststellungen) wendete, die für die Beurteilung der Berechtigung der Entlassung wesentlich sind. So bekämpft der Kläger, dass bereits bei den Vertragsverhandlungen davon ausgegangen worden sei, dass er eine bestimmte Tagesarbeitszeit einzuhalten habe, dass sich sein Aufgabengebiet ab 1994 erheblich geändert und schwerpunktmäßig auf Bürotätigkeiten beschränkt habe, dass er die geänderten Arbeitszeiten in vielfältiger Weise verletzt und schließlich ohne dienstlichen Auftrag und Genehmigung des Geschäftsführers am 24. 4. 1994 eine Messe besucht habe.

Der vollständigen Klärung des Sachverhaltes kommt im Zusammenhang mit der von der Beklagten auf § 27 Z 4 AngG gestützten Entlassung Relevanz zu. Eine abschließende Beurteilung der Berechtigung der Entlassung ist mangels abschließender Klärung des Sachverhaltes durch das Berufungsgericht vorerst nicht möglich. Rechtlich wird - abgesehen von der zentralen Frage, ob der Kläger die ihm vorgeworfenen Verfehlungen überhaupt begangen hat - zu beachten sein, dass für den Inhalt der Arbeitspflicht primär die Einzelvereinbarung maßgebend ist (§ 6 Abs 1 AngG; Schwarz/Löschnigg aaO 277). Innerhalb des durch den Arbeitsvertrag vorgegebenen Rahmens wird die Arbeitspflicht durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers konkretisiert (Grillberger, AZG 34; Schwarz/Löschnigg aaO 279). Dieses bezieht sich insbesondere auch auf die Arbeitszeit des Arbeitnehmers (DRdA 1996, 423; DRdA 1982, 191 [zust Strasser]; Arb 9.714; RIS-Justiz RS0021354, RS0021306, RS0021284). Der Einwand des Klägers, der Arbeitsvertrag hätte nur die Wochenarbeitszeit von 38,5 Stunden, jedoch keine konkrete Tagesarbeitszeit festgelegt, ist nicht zielführend, gebietet doch gerade das (angebliche) Fehlen einer diesbezüglichen Vereinbarung eine sonstige Konkretisierung der Tagesarbeitszeiten (vgl Arb 7.021). Dass der Arbeitgeber das Direktionsrecht hinsichtlich der Tagesarbeitszeit für den Kläger überraschend und ohne Rücksicht auf wesentliche Interessen, insbesondere bereits getroffene Dispositionen des Klägers ausgeübt hätte, wurde nicht behauptet (RIS-Justiz RS0029795). Der einzige Einwand des Klägers, die Einhaltung fixer Arbeitszeiten hätte ihm die Wahrnehmung von Öffentlichkeitsarbeit im Zuge von Abendveranstaltungen unmöglich gemacht, übersieht, dass die Beklagte ohnehin auf dem Standpunkt steht, der Kläger hätte überhaupt keine Öffentlichkeitsarbeit mehr zu verrichten gehabt.

Das Berufungsgericht wird daher im fortgesetzten Berufungsverfahren auch die Beweis- und Tatsachenrüge des Klägers zu erledigen und neuerlich zu entscheiden haben. Die in der Berufungsbeantwortung bekämpften Feststellungen betreffen Umstände, die für die Beurteilung der Berechtigung der Entlassung wesentlich sind.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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