Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Sozialrechtssache wird zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Das Erstgericht wies das Begehren des Klägers auf Zuerkennung einer Berufsunfähigkeitspension im gesetzlichen Ausmaß ab 1. 8. 1996 ab. Es stellte im Wesentlichen fest, dass der am 29. 5.1943 geborene Kläger nach dem Besuch der Volks- und Hauptschule eine Mechanikerlehre absolvierte, die er mit Gesellenprüfung abschloß. Von 1962 bis 1968 war er (Service-)Mechaniker. In der Folge war der Kläger für mehrere Firmen im Außendienst tätig. Von Juli 1979 bis Dezember 1996 war der Kläger als Gebietsleiter für die Firma F***** Plattenindustrie tätig. Er hatte im Außendienst die Bundesländer Wien, Niederösterreich, Burgenland und ab 1983 auch Oberösterreich und Salzburg zu betreuen. Seine Aufgabe bestand darin, Großhandelsbetriebe, Tischler, Behörden, Architekten zu besuchen, diese über die Produkte zu beraten und den Kontakt zwischen dem Hersteller und dem Kunden aufrechtzuerhalten. Neben der Betreuung von Ausstellungen und der gelegentlichen Aufnahme von Bestellungen war seine Hauptaufgabe die Beratung der 45 ständigen Handelskunden und der 70 bis 80 Architekten. Eine Verkaufstätigkeit im engeren Sinn hat der in die Verwendungsgruppe IV des Kollektivvertrages der Industrie eingestuft gewesene Kläger nicht ausgeübt.
Der Kläger verfügt über keine kaufmännische Ausbildung; er hat keine kaufmännische Lehre absolviert. Er hat, soweit er eine kaufmännische Tätigkeit ausgeübt hat, im Außendienst gearbeitet. Es fehlen ihm Kenntnisse und Fertigkeiten für die Ausübung eines qualifizierten Büroberufes, insbesondere Kenntnisse der Buchhaltung, der Personalverrechnung, der Kalkulation usw. Er kann auch nicht Maschinschreiben und hat keine PC-Erfahrung.
Auf Grund des näher festgestellten medizinischen Leistungskalküls ist dem Kläger eine Tätigkeit im Außendienst nicht mehr zumutbar. Der Kläger kann aber nach dem Besuch entsprechender Kurse und dem Erwerb von Maschinschreibkenntnissen noch einfache (kaufmännische) Bürotätigkeiten wie Hilfstätigkeiten in der Buchhaltung, der Personalverrechnung oder der Kalkulation ausüben. Ohne jede zusätzliche Ausbildung wäre der Kläger noch als Bürohausportier oder als Angestellter in der Information einsetzbar.
Rechtlich folgerte das Erstgericht, der Kläger sei nicht berufsunfähig gemäß § 273 Abs 1 ASVG, weil er nach dem medizinischen Leistungskalkül noch in der Lage sei, die genannten einfachen Bürotätigkeiten sowie die Tätigkeit als Angestellter in der Information zu verrichten.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Es teilte die rechtliche Beurteilung des Erstgerichtes und vertrat die Ansicht, daß die Verweisung des Klägers auf einfache Bürotätigkeiten der Verwendungsgruppe II keinen unzumutbaren sozialen Abstieg bedeute.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne der Klagsstattgebung abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte erstattete keine Revisionsbeantwortung.
Die Revision ist im Sinne des gestellten Aufhebungsantrages berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes handelt es sich bei der Pensionsversicherung der Angestellten um eine Berufs-(gruppen)versicherung, deren Leistungen einsetzen, wenn der Versicherte infolge seines körperlichen und/oder geistigen Zustandes einen Beruf seiner Berufsgruppe nicht mehr ausüben kann. Dabei ist von dem Angestelltenberuf auszugehen, den der Versicherte zuletzt nicht nur vorübergehend ausgeübt hat. Dieser Beruf bestimmt das Verweisungsfeld. Darunter sind alle Berufe zu verstehen, die derselben Berufsgruppe zuzurechnen sind, weil sie eine ähnliche Ausbildung und gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten verlangen (SSV-NF 9/21; 8/45; 7/61 jeweils mwN uva). Eine Verweisung auf eine völlig anders gelagerte Sparte ist hingegen nicht zulässig. Es kann daher beispielsweise ein in einem Beruf mit weit überwiegender technischer Qualifikation tätig gewesener Versicherter nicht auf einen ausschließlich kaufmännischen Beruf verwiesen werden (SSV-NF 12/86; 11/129 ua; RIS-Justiz RS0108694).
Die für die Verweisung des Klägers maßgebende Tätigkeit ist jene des Gebietsleiters im Außendienst, die der Kläger zuletzt über einen Zeitraum von mehr als 16 Jahren ausgeübt hat. Die zum Inhalt dieser Tätigkeit und zum Aufgabengebiet des Klägers getroffenen Feststellungen reichen allerdings für eine abschließende Beurteilung der Frage, ob der Kläger eine Tätigkeit mit überwiegend kaufmännischer oder überwiegend technischer Qualifikation ausgeübt hat, nicht aus. Der Kläger hat nach dem festgestellten Berufsverlauf keine kaufmännische Ausbildung, sondern eine Mechanikerlehre absolviert. In der Folge war der Kläger zunächst als Service-Mechaniker und später als kaufmännischer Angestellter für verschiedene Unternehmen tätig. Bei seiner zuletzt ausgeübten Tätigkeit als Gebietsleiter im Außendienst hatte der Kläger nach den Feststellungen neben der Betreuung von Ausstellungen und der gelegentlichen Unterbreitung von Sonderangeboten und Aufnahme entsprechender Bestellungen vor allem die Beratung und Betreuung der Kunden, insbesondere auch Architekten durchzuführen. Eine Verkaufstätigkeit im engeren Sinn war dem Kläger nicht übertragen. Aus diesen Feststellungen läßt sich nicht ableiten, ob der Kläger als Gebietsleiter im Außendienst eine (überwiegend) technische Angestelltentätigkeit oder eine (überwiegend) kaufmännisch-administrative Tätigkeit im Sinne des Rahmenkollektivvertrages für Angestellte der Industrie ausgeübt hat. Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren nähere Feststellungen über den genauen Inhalt der Tätigkeit des Klägers und sein Aufgabengebiet zu treffen haben, die eine Einordnung des Klägers als technischer oder als kaufmännisch-administrativer Angestellter ermöglichen. Erst danach wird geprüft werden können, ob die Verweisung des Klägers auf einen in Frage kommenden (anderen) Beruf seiner Berufsgruppe möglich und zulässig ist.
Zutreffend gingen die Vorinstanzen in diesem Zusammenhang davon aus, dass die Verweisung eines Angestellten einer bestimmten Verwendungsgruppe des Kollektivvertrages auf Tätigkeiten der nächstniedrigeren Gruppe in der Regel mit keinem unzumutbaren sozialen Abstieg verbunden ist (SSV-NF 9/103; 9/29 mwN uva). Es entspricht ebenfalls ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senates, dass ein Versicherter, der über Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, die es ihm ermöglichten, an seinem konkreten Arbeitsplatz eine Tätigkeit in dem in der Beschäftigungs- bzw Verwendungsgruppe 4 eines Kollektivvertrages umschriebenen Umfang zu entfalten, der aber sonst über keinerlei Kenntnisse und Fähigkeiten dieser Beschäftigungs- bzw Verwendungsgruppe verfügt, auch auf Tätigkeiten in der Beschäftigungs- bzw Verwendungsgruppe 2 dieses Kollektivvertrages verwiesen werden kann (SSV-NF 10/85 uva; jüngst 10 ObS 85/99v). Schließlich entspricht auch die Verweisung von im Außendienst tätigen Angestellten auf Tätigkeiten im Innendienst der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senates (10 ObS 170/98t; 10 ObS 366/97i; SSV-NF 6/118; RIS-Justiz RS0084956).
Da somit die für die abschließende Beurteilung der Verweisbarkeit des Klägers wesentliche Frage seiner Berufsgruppenzugehörigkeit auf Grund der bisher getroffenen Feststellungen noch nicht beurteilt werden kann, mussten die Entscheidungen der Vorinstanzen aufgehoben werden und es war die Sache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung zurückzuverweisen.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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