OGH 6Ob229/98i

OGH6Ob229/98i15.7.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Mag. Engelmaier als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schiemer, Dr. Huber, Dr. Prückner und Dr. Fellinger als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Leopold P*****, vertreten durch Dr. Gottfried Zandl und Dr. Andreas Grundei, Rechtsanwälte in Wien, gegen die Antragsgegnerin Elfriede P*****, vertreten durch Dr. Alfred Boran, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragsgegnerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 12. Mai 1998, GZ 20 R 71/98a-133, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 14 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 16 Abs 4 AußStrG iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Antragsgegnerin hat in ihrem Rekurs die Zurückweisung des von ihr mit Schriftsatz vom 28. 8. 1998 (ON 116) vor Schluß der Verhandlung erster Instanz erstatteten neuen Vorbringens und der darin gestellten neuen Beweisanträge als Verfahrensmangel gerügt. Das Rekursgericht hat die insoweit geltend gemachte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens verneint. Nach nunmehr herrschender Rechtsprechung hat die in ständiger Rechtsprechung zu § 503 Z 2 ZPO vertretene Auffassung, daß vom Gericht zweiter Instanz verneinte Mängel erster Instanz nicht mehr vom Obersten Gerichtshof zu überprüfen sind, auch für den - inhaltlich völlig gleichen - § 15 Z 2 AußStrG zu gelten. Es kann daher mit Ausnahme des Pflegschaftsverfahrens, wenn es um besonders schutzwürdige Interessen des Kindeswohls geht, ein vom Rekursgericht verneinter Mangel des außerstreitigen Verfahrens erster Instanz nicht mehr in der dritten Instanz geltend gemacht werden (RZ 1997/45; EFSlg 82.862; 79.677; 76.511; RIS-Justiz RS0030748, 0050037 uva).

Auch die weitere Rechtsansicht der Antragsgegnerin, das Rekursgericht sei in der Frage der Zulässigkeit von Neuerungen in Rechtsmitteln des außerstreitigen Verfahrens von der zu § 10 AußStrG ergangenen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen, trifft nicht zu. Das Rekursgericht hat vielmehr im Einklang mit dieser Rechtsprechung ausgeführt, daß die Parteien zwar die Möglichkeit haben, ihr Vorbringen zu ergänzen und für unbewiesen gebliebene Tatsachenbehauptungen Beweismittel anzubieten, jedoch nicht die Möglichkeit besteht, ein Vorbringen, das bereits in erster Instanz möglich war oder das dem in erster Instanz Vorgebrachten widerspricht, im Rechtsmittel nachzutragen (vgl EFSlg 82.766; EvBl 1992/54 mwN; RIS-Justiz RS0006897, 0110773 uva). Im übrigen lassen die Ausführungen der Antragsgegnerin in ihrer Zulassungsbeschwerde in diesem Punkt nicht erkennen, inwieweit sich eine angeblich unrichtige Rechtsansicht des Rekursgerichtes über zulässige Neuerungen zum Nachteil der Antragsgegnerin ausgewirkt haben soll und welche Relevanz diesem behaupteten Verfahrensmangel somit zukommen soll.

In ihren Ausführungen zum Unmittelbarkeitsgrundsatz kritisiert die Antragsgegnerin, daß das Rekursgericht keine mündliche Rekursverhandlung durchgeführt habe. Die Anberaumung einer solchen wäre im vorliegenden Fall im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin in ihrem Rekurs vorgebrachten Neuerungen und die darin gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung des Erstgerichtes geäußerten Bedenken erforderlich gewesen.

Es wurde bereits darauf hingewiesen, daß die vom Rekursgericht über die Zulässigkeit von Neuerungen im außerstreitigen Verfahren geäußerte Rechtsansicht mit der herrschenden Rechtsprechung im Einklang steht. Die Frage, ob das Rekursgericht Bedenken gegen die vom Erstgericht unmittelbar aufgenommenen Beweise und die daraus abgeleiteten entscheidungswesentlichen Tatsachenfest- stellungen und deshalb eine mündliche Rekursverhandlung durchzuführen hat, gehört der Beweiswürdigung an und ist daher auch im Außerstreitverfahren nicht revisibel (Kodek in Rechberger, ZPO Rz 3 zu § 503; EFSlg 57.832 ua). Eine Bekämpfung der tatsächlichen Grundlage ist daher im Revisionsrekursverfahren nicht mehr möglich, auch nicht die Bekämpfung der eine Tatfrage darstellenden Schätzwertermittlung (SZ 54/149; RIS-Justiz RS0099292 ua).

Eine Aktenwidrigkeit erblickt die Antragsgegnerin darin, daß ihrer erstmals in ihrer Rekursbeantwortung als Verfahrensmangel gerügten Unterlassung der Bewertung des Inventars der Liegenschaft EZ 32 GB L***** vom Rekursgericht entgegengehalten wurde, ein diesbezüglicher Antrag sei in erster Instanz nie gestellt worden. Diese Begründung des Rekursgerichtes ist nicht aktenwidrig. Auch die Antragsgegnerin verweist lediglich darauf, daß der Sachverständige Ing. S***** mit Beschluß des Erstgerichtes vom 26. 11. 1993 mit der Schätzung der Liegenschaften EZ 172 GB S***** und EZ 32 GB L***** samt Inventar beauftragt worden sei, wobei jedoch eine Schätzung des Inventars unterblieben sei. Das Rekursgericht hat sich mit der von der Antragsgegnerin in diesem Zusammenhang gerügten Mangelhaftigkeit des Verfahrens inhaltlich entsprechend der Aktenlage auseinandergesetzt und die Ansicht vertreten, daß das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgegnerin in der Rekursbeantwortung gegen das Neuerungsverbot verstoße und daher der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht vorliege. Ein angeblicher Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens, der vom Rekursgericht nicht als solcher erkannt wurde, kann jedoch nach dem Grundsatz, daß jeder Verfahrensmangel immer nur einmal, und zwar in der nächsthöheren Instanz wahrgenommen werden kann, im Revisionsrekursverfahren nicht abermals geltend gemacht werden (vgl RIS-Justiz RS0043919). Auch die Begründung, mit der das Rekursgericht das Vorliegen eines Verfahrensmangels verneinte, ist nicht überprüfbar.

Soweit von der Antragsgegnerin die vom Rekursgericht als Ergebnis einer unbedenklichen Beweiswürdigung übernommenen Feststellungen des Erstgerichtes, wonach von den Eltern der Antragsgegnerin im Zusammenhang mit dem Erwerb der Liegenschaft EZ 172 GB S***** den Parteien lediglich ein Betrag von 70.000 S schenkungsweise zur Verfügung gestellt wurde und nicht mehr festgestellt werden konnte, welche Investitionen der eine oder andere der Streitteile vorgenommen hat, als aktenwidrig gerügt werden, wird in unzulässiger Weise die Beweiswürdigung der Vorinstanzen bekämpft.

Es liegen somit weder die von der Antragsgegnerin ohne Benennung eines konkreten Nichtigkeitsgrundes im Sinn des § 477 Abs 1 ZPO geltend gemachte Nichtigkeit noch gravierende, auf eine Aktenwidrigkeit hinauslaufende Fehler bei der Feststellung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes vor, welche im Interesse der Rechtssicherheit im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG wahrzunehmen wären (vgl EvBl 1992/54; EFSlg 67.432 ua).

Nach Ansicht der Antragsgegnerin liege eine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinne der zuletzt zitierten Gesetzesstelle aber auch deshalb vor, weil das Rekursgericht in seinen Ermessensentscheidungen von den allgemein gesetzlich verankerten Aufteilungsgrundsätzen und von der diesbezüglichen ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Dazu ist auszuführen, daß nach ständiger Rechtsprechung das Ergebnis der nach den §§ 81 ff EheG gebotenen Billigkeitsentscheidung im Rahmen eines Revisionsrekurses nach § 14 Abs 1 AußStrG nur dann angefochten werden könnte, wenn es außerhalb der Ober- und Untergrenzen läge, die sich nach Abwägung aller Umstände des Einzelfalles ergeben. Dabei ist sogar eine unrichtig angewandte Ermittlungsart oder eine unrichtige Gewichtung einzelner Bemessungselemente so lange zu vernachlässigen, als sich der ausgemittelte Ausgleichsbetrag innerhalb des erwähnten Spielraumes bewegt (RIS-Justiz RS0108755). Die Antragsgegnerin vermag demgegenüber nicht darzulegen, daß das Rekursgericht in seiner Ermessensentscheidung vom Grundsatz, bei der Aufteilung ein für beide Teile tragbares Ergebnis zu finden (RIS-Justiz RS0057910), in einer Weise abgegangen wäre, daß die Anrufung des Obersten Gerichtshofes berechtigt wäre.

Nach den bindenden Feststellungen der Vorinstanzen hat die Antragsgegnerin die Verwaltung des von den Streitteilen gemeinsam erworbenen Hauses in S***** an sich gerissen und gegen den Willen des Antragstellers die Mieteinkünfte im Zeitraum vom 1. 9. 1982 bis 31. 12. 1992 allein kassiert. Der Mietvertrag wurde von den Parteien als Hälfteeigentümern der Liegenschaft abgeschlossen. Die in das Haus in S***** bis zum Jahr 1992 getätigten Investitionen von ca 1,1 Mio S wurden aufgrund eigener Arbeitsleistungen beider Streitteile erbracht bzw aus den ihnen je zur Hälfte zustehenden Mieteinnahmen (bis 31. 12. 1992) finanziert. Es liegt daher kein Verstoß gegen den Billigkeitsgrundsatz des § 83 Abs 1 EheG vor, wenn die Vorinstanzen den durch diese Investitionen geschaffenen Wertzuwachs beiden Streitteilen zu gleichen Teilen zugeordnet haben. Die Frage der Aufteilung der seit 1. 1. 1993 gerichtlich hinterlegten Mietzinseinnahmen zwischen den Parteien steht damit in keinem unmittelbaren Zusammenhang.

Das von der Antragsgegnerin erstmals in ihrem Schriftsatz ON 116 erstattete Vorbringen, sie habe im Jahr 1995 mit einem Aufwand von ca 2,3 Mio S notwendige Adaptierungsarbeiten am Dach und an der Fassade des Hauses in S***** durchführen lassen, wurde vom Erstgericht wegen offenkundiger Verschleppungsabsicht als unstatthaft erklärt. Das Rekursgericht hat das Vorliegen des von der Antragsgegnerin auch insoweit geltend gemachten Verfahrensmangels verneint, sodaß darauf nach der bereits dargelegten Rechtsprechung im Revisionsrekursverfahren nicht mehr einzugehen ist. Es ist daher auch ein Eingehen auf die weitere Begründung des Rekursgerichtes, daß ein durch die Vornahme dieser Adaptierungsarbeiten geschaffener Wertzuwachs bei der Ermittlung des Verkehrswertes der Liegenschaft im gegenständlichen Aufteilungsverfahren ohnedies nicht berücksichtigt worden sei und durch die Zuweisung der Liegenschaft in das Alleineigentum der Antragsgegnerin ohnehin dieser zugute komme, entbehrlich.

Hinsichtlich der vom Rekursgericht gemäß § 273 Abs 1 ZPO vorgenommenen Bewertung des Grundstückes Nr 478 EZ 32 GB L***** mit 80.000 S wird von der Antragsgegnerin nicht die Anwendung des § 273 Abs 1 ZPO durch das Rekursgericht an sich, sondern lediglich die Höhe des nach dieser Bestimmung ermittelten Wertes des Grundstückes bekämpft. Nach Ansicht der Antragsgegnerin hätte das Rekursgericht in seiner Ermessensentscheidung das Grundstück mit einem höheren Betrag als 40 S/m2, nämlich als Baugrundfläche mit 540 S/m2, bewerten müssen. Dieser angestrebten Einschätzung steht jedoch die Feststellung des Rekursgerichtes entgegen, daß es sich bei diesem Grundstück um eine landwirtschaftliche Fläche handelt, wofür nach dem Gutachten des Sachverständigen M***** höchstens 40 S/m2 als ortsüblicher Verkehrswert anzusetzen ist.

Da somit von der Antragsgegnerin in ihren Ausführungen zur Zulassungsbeschwerde keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 14 Abs 1 AußStrG aufgezeigt wird und auch in den übrigen Rechtsmittelausführungen, bei denen es zum Teil um unzulässige Neuerungen bzw um eine im Revisionsrekursverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen handelt, eine erhebliche Rechtsfrage nicht angesprochen wird (vgl 6 Ob 251/98z), ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

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