OGH 7Ob139/99p

OGH7Ob139/99p23.6.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kropfitsch als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich, Dr. Tittel, Hon. Prof. Dr. Danzl und Dr. Schaumüller als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. mj Benson R*****, geboren am *****, und 2. mj Kimberley R*****, geboren am *****, beide vertreten durch ihre Mutter Sally R*****, diese vertreten durch Gertrude O*****, diese vertreten durch Dr. Egon Duschek, Rechtsanwalt in Knittelfeld, gegen die beklagte Partei Barend R*****, vertreten durch Dr. Helmut Rantner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterhalt, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Leoben als Berufungsgericht vom 19. Jänner 1999, GZ 2 R 668/98d-30, mit dem das Urteil des Bezirksgerichtes Knittelfeld vom 18. September 1998, GZ 3 C 4/98w-23, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision des Beklagten wird Folge gegeben, die angefochtene Berufungsentscheidung wird aufgehoben und die Rechtssache an das Berufungsgericht zur neuerlichen Entscheidung nach allfällig zu ergänzender Berufungsverhandlung zurückverwiesen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens bilden weitere Kosten des Berufungsverfahrens.

Text

Begründung

Anläßlich der Scheidung der Ehe vereinbarten die Eltern der beiden klagenden Kinder im August 1996 in der südafrikanischen Republik (mit gerichtlicher Genehmigung), daß die Obsorge über die Kinder der Mutter zukommt und sich der Vater zu einer monatlichen Unterhaltsleistung von je 1.000 südafrikanischen Rand (ZAR) verpflichtet; weiters das er für den notwendigen medizinischen Aufwand (für die Kinder) aufzukommen hat. Gleichzeitig stimmte die Mutter der Kinder zu deren vorübergehenden Aufenthalt in Österreich bei ihrem Vater zu, behielt sich jedoch das Recht vor, jederzeit die Kinder wieder nach Südafrika zurücknehmen zu können. Davon machte sie am 16. 3. 1997 Gebrauch. Seither leben die Kinder bei ihrer Mutter in Südafrika. Der vom Vater in Österreich erwirkte Beschluß des Pflegschaftsgerichtes mit dem ihm die vorläufige Obsorge übertragen wurde, konnte der Mutter nicht mehr in Österreich zugestellt werden. Mit in Rechtskraft erwachsenen Beschlüssen vom 30. 12. 1997 und vom 26. 5. 1998 wies das Pflegschaftsgericht einerseits den Antrag der Kinder gegenüber ihrem Vater auf Unterhaltsleistung im außerstreitigen Verfahren wegen Unzulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges zurück, und andererseits den Antrag des Vaters, ihm die Obsorge über die Kinder zu übertragen, mit der Begründung zurück, daß kein Anlaß für die Führung eines österreichischen Pflegschaftsverfahrens über Kinder mit südafrikanischer Staatsbürgerschaft bestehe. Der Beklagte war am 1. 4. 1997 Golflehrer im Golfclub Mürzthal und seit 1. 2. 1998 Administrator des österreichischen Golflehrerverbandes in Seckau. Nach der in diesem Punkt bekämpften Feststellung erhielt er dafür ein monatliches Nettoeinkommen von S 24.000,--. Die vorliegende Protokolarklage wurde von Getrude O*****, der von der Mutter der beiden Minderjährigen eine Generalvollmacht ausgestellt worden ist, gleichzeitig mit einem Antrag auf Verfahrenshilfegewährung für die beiden Kinder erhoben.

In dieser Klage begehren die beiden Kinder vom Beklagten letztlich die Bezahlung eines monatlichen Unterhaltsbetrages von je 1.000,-- südafrikanischen Rand (ZAR) rückwirkend ab 1. 4. 1997.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ein, seine geschiedene Frau habe Getrude O***** für die gegenständlichen Verfahren nicht bevollmächtigt, sodaß das Verfahren nichtig sei. Außerdem verfügten die Kläger bereits über gerichtliche Unterhaltstitel, sodaß eine rechtskräftig entschiedene Streitsache vorliege. Es mangle aufgrund des Inhalts der Unterhaltsvereinbarung auch an der inländischen Gerichtsbarkeit und es sei der streitige Rechtsweg unzulässig. Im übrigen sei sein Einkommen bei weitem nicht so hoch wie von den Klägern angegeben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es erachtete die rechtlichen Einwendungen des Beklagten als unzutreffend und verwies auf die von ihm anläßlich der Scheidung eingegangenen Unterhaltsverpflichtungen.

Das Berufungsgericht bestätigte mit der angefochtenen Entscheidung dieses Urteil. Es erklärte die Erhebung der ordentlichen Revision zulässig. Für die inländische Gerichtsbarkeit spreche, daß der Beklagte seinen Wohnsitz, mithin seinen allgemeinen Gerichtsstand (§ 66 Abs 1 JN) in Österreich hat. Selbst wenn man in Punkt 5. der anläßlich der Scheidung am 26. 8. 1996 geschlossenen "Abfindungsvereinbarung" eine Gerichtsstandvereinbarung erblicken wollte, könne sie nicht als Vereinbarung über die ausschließliche Zuständigkeit eines südafrikanischen Gerichts in Unterhaltsangelegenheiten zwischen Vater und Kindern angesehen werden, zumal keinerlei Abkommen zwischen der Republik Südafrika und Österreich über die Vollstreckung von Unterhaltstiteln bestünden und ein südafrikanischer Unterhaltstitel im Inland daher nicht gerichtlich durchgesetzt werden könne. Könne auf Grund einer ausländischen Entscheidung in Österreich nicht Exekution geführt werden, dann begründe sie nicht die Einrede der Rechtskraft. Die Vertretungsbefugnis Getrude O***** sei durch die Generalvollmacht der Mutter vom 23. 10. 1997 hinreichend ausgewiesen. Darin würden zwar ausdrücklich nur die Angelegenheiten der Mutter selbst erwähnt, doch sei es auch als eine solche Angelegenheit aufzufassen, wenn sie als gesetzliche Vertreterin ihrer Kinder in deren Namen Unterhaltsansprüche geltend mache. Der Mutter sei mit Beschluß des Pflegschaftsgerichtes vom 19. 3. 1997 die Obsorge für beide Kinder vorläufig entzogen und ihr aufgetragen worden, deren Reisepässe gerichtlich zu hinterlegen, doch habe ihr dieser Beschluß in Österreich nicht zugestellt werden können, weil sie bereits zuvor mit den Kindern nach Südafrika zurückgeflogen war. Im übrigen sei die Mutter zur Mitnahme der Kinder nach Südafrika auf Grund Punkt 2.5 der Vereinbarung zwischen den Eltern vom 5. 9. 1996 berechtigt gewesen. Für die Unterhaltsansprüche der Kläger sei materielles südafrikanisches Recht heranzuziehen (vgl §§ 9, 24 IPRG). Demnach könne das Gericht, wenn kein Unterhaltsbeschluß in Kraft sei, den Unterhaltspflichtigen zur Zahlung festgesetzter Geldsummen in der Weise, wie der Beschluß es anordnet, verpflichten, um damit für den Unterhalt des Berechtigten zu sorgen. Daß der Beklagte zur Leistung des Unterhalts finanziell nicht in der Lage wäre, habe er erstmals im Rechtsmittelstadium - und damit unzulässig - eingewendet. In erster Instanz habe er sich - obschon anwaltlich vertreten - auf die Behauptung beschränkt, sein Einkommen sei nicht so hoch wie von den Klägern angegeben. Auf seine Parteienaussage, von den ihm monatlich ausgezahlten S 24.000,-- blieben ihm lediglich S 2.000,-- zur freien Verfügung, sei nicht näher einzugehen gewesen, zumal es keinen Hinweis darauf gegeben habe, er habe keinerlei andere Einnahmensquellen, etwa aus Golf-Privatunterricht.

Rechtliche Beurteilung

Die gegen diese Entscheidung vom Beklagten erhobene Revision ist im Sinne ihres Aufhebungsantrages berechtigt.

Wenn es auch zutrifft, daß eine Anfechtungserklärung in der Revisionsschrift fehlt, ist dem Revisionsantrag sinngemäß zu entnehmen, daß der Beklagte die Abweisung des gegen ihn gerichteten Unterhaltsbegehrens der beiden Kläger zur Gänze anstrebt und daher keine teilweise Unterhaltsverpflichtung in Rechtskraft erwachsen lassen will. Die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens war daher entbehrlich. Die Entscheidungen ausländischer Gerichte entfalten im Inland dann Feststellungs- und damit Rechtskraftwirkung iSd § 411 ZPO (vgl dazu Matscher in JBl 1977, 113 und 180; SZ 55/74; EvBl 1987/18 sowie Rechberger in Rechberger ZPO § 390 Rz 33 mwN) wenn sie in Österreich aufgrund einer staatsvertraglichen Regelung auch vollstreckt werden können (vgl Rechberger aaO § 411 Rz 5, zuletzt 7 Ob 307/97s mwN). Kann wie im vorliegenden Fall mangels einer staatsvertraglichen Regelung die südafrikanische Entscheidung in Österreich nicht vollstreckt werden (vgl Bergmann-Ferid, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht, Südafrika 59 f) kommt von vornherein zufolge fehlender Durchsetzungsmöglichkeit die Einmaligkeitswirkung einer ausländischen Vorentscheidung nicht zum Tragen. Die inländische Gerichtsbarkeit ist daher gegeben, zumal die vom Beklagten gewünschte Verweigerung der österreichischen Jurisdiktion zu einer Undurchsetzbarkeit des Unterhaltsanspruches der beiden Kinder führen würde, was weder im Sinne der getroffenen Unterhaltsvereinbarung, noch in jenem der südafrikanischen Rechtsordnung wäre.

Streitigkeiten über den Unterhalt zwischen ehelichen Kindern und ihren Eltern gehören dann ins streitige Verfahren, wenn es sich um ausländische Kinder handelt, für die in Österreich kein Pflegschaftsverfahren zu führen ist (vgl Mayr in Rechberger ZPO JN § 49 Rz 4; Fucik/Rechberger aaO Art I EGZPO Rz 7 mwN). Da die Streitteile südafrikanische Staatsbürger sind, die Obsorge über die Kläger der südafrikanischen Mutter vom südafrikanischen Gericht zuerkannt wurde, bestand ab dem Aufenthalt der beiden klagenden Kinder außerhalb Österreichs kein Anlaß mehr für die Führung eines inländischen Pflegschaftsverfahrens, wie im übrigen das Erstgericht als Pflegschaftsgericht bereits rechtskräftig entschieden hat (vgl ON 25 und 28 in 8 P 36/97h des Erstgerichtes). Die vom Vater in diesem Pflegschaftsverfahren provozierten vorläufigen Maßnahmen (ON 3 des zitierten Pflegschaftsverfahrens) wurden durch diese Entscheidungen rückwirkend hinfällig. Von einem "Ignorieren" österreichischer pflegschaftsbehördlicher Aufträge durch die obsorgeberechtigte Mutter kann daher keine Rede sein.

Auch gegen das Einschreiten der von der obsorgeberechtigten Mutter generalbevollmächtigten Gertrude O***** bei der Klagsführung bestehen keine Bedenken. Ob ein derartiger Nichtigkeitsgrund vom Revisionswerber überhaupt geltend gemacht werden kann, weil er nicht zum Kreis der vom Gesetz geschützten Personen zählt (so EvBl 1972/104 dagegen Böhm in ZfRV 1971, 50 ff) kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, weil dem mit der Klagsführung untrennbar verbundenen Verfahrenshilfeantrag Getrude O***** zweifelsfrei zu entnehmen ist, daß dieser für die beiden klagenden Kinder erhoben wird. Im übrigen wären bestehende Bedenken über den Umfang der erteilten Bevollmächtigung nach ständiger Rechtsprechung nur durch die Einleitung eines Verbesserungsverfahrens nach § 6 ZPO zu beseitigen gewesen, daß dies letztlich faktisch vollzogen wurde, haben die Vorinstanzen zutreffend erkannt (vgl JBl 1987, 258; 8 Ob 635/93). Daran, daß die obsorgeberechtigte Mutter alle Vertretungshandlungen Gertrude O***** zugunsten der beiden klagenden Kinder genehmigt hat, bestehen im vorliegenden Fall keine Zweifel (vgl AS 155 ON 25) und werden solche auch vom Revisionswerber nicht substantiell artikuliert.

Berechtigt ist jedoch der vom Revisionswerber allerdings fälschlich als Aktenwidrigkeit bezeichnete Vorwurf, daß das Berufungsgericht seine Beweisrüge nicht gesetzmäßig erledigt hat. Entgegen den Ausführungen des Berufungsgerichtes hat der Beklagte bereits in seinem Schriftsatz ON 13 eingewendet, daß das von den Klägern behauptete Einkommen nicht den Tatsachen entspreche und weit überhöht angegeben sei. Er hat dafür entsprechende Beweise angeboten (AS 83). Das Berufungsgericht hat die Bekämpfung der erstgerichtlichen Feststellung, daß der Beklagte ein monatliches Nettoeinkommen von S 24.000,-- ins Verdienen bringe und die an deren Stelle begehrte Feststellung, daß das monatliche Nettoeinkommen des Beklagten lediglich S 2.000,-- betrage (vgl AS 135 in ON 24) tatsächlich mit der unzutreffenden Begründung unbehandelt gelassen, daß der Beklagte erst im Rechtsmittelstadium behauptet habe, sein Einkommen sei nicht so hoch wie es von den Klägern behauptet werde, weshalb auf seine Parteiaussage nicht näher einzugehen gewesen sei (vgl AS 176 in ON 30). Diese Erledigung entspricht jedoch nicht der von der Rechtsprechung geforderten Nachvollziehbarkeit (vgl Kodek in Rechberger ZPO § 503 Rz 3 mwN). Zufolge fehlender Erledigung der Beweis- bzw Feststellungsrüge des Beklagten war die angefochtene Entscheidung daher aufzuheben und dem Berufungsgericht eine allenfalls nach Ergänzung der mündlichen Berufungsverhandlung zu treffende neuerliche Entscheidung aufzutragen.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

Stichworte