Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit S 23.720,40 (darin enthalten S 3.953,-- USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die beklagte Partei ist durch Fusion Rechtsnachfolgerin der Ö***** AG geworden.
Die L*****gesellschaft mbH (L*****K), eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Ö***** AG (im folgenden: L*****) und die R***** AG gründeten 1989 die LB***** Gesellschaft mbH (L*****F). Bis zum Sommer 1990 hatte die L*****K 51 % und die R***** AG 49 % der Anteile an der L*****F inne. Geschäftsführer der L*****K war Lutz Jürgen F*****. Dieser war auch Abteilungsdirektor bei der L*****, und zwar für den Bereich Privatkunden in ganz Österreich. Aufgabe der L*****F war eine Verstärkung der Aquisitionstätigkeit der L***** sowie der Verkauf von "Produkten" der L***** und der R***** AG.
Der Geschäftskontakt zwischen der L***** und der R***** AG hatte 1989 im Zusammenhang mit der Börseneinführung der R*****aktie begonnen. Die L***** arbeitete an der Börseneinführung mit und finanzierte die Gewinnscheine.
In die Geschäftsführung der L*****F wurden von der L*****gruppe Dr. Herbert W*****, vorher Vorstandsdirektor zweier Immobilienfondsaktiengesellschaften der L*****, und von der R***** AG Friedrich L***** entsandt. Aufsichtsratsvorsitzender war Lutz Jürgen F*****, der von der L***** entsandt wurde. Der Aufsichtsrat der L*****F war paritätisch mit Vertretern der L***** und der R***** AG besetzt. Friedrich L***** war der operativ tätige Geschäftsführer der L*****F, Dr. Herbert W***** der kontrollierende Geschäftsführer. Friedrich L***** war Vorstandsmitglied der R***** AG und der R***** II ***** AG jeweils ab deren Gründung bis zum 30. 6. 1992. Er war weiters im Aufsichtsrat der S***** AG tätig. Rechtsanwalt Dr. Gerhard E***** war im Aufsichtsrat der R***** AG und der S***** AG tätig. Bis 31. 5. 1992 war auch ein weiteres Mitglied der Führungsetage der L*****, Dr. Peter W*****, Aufsichtsratsmitglied bei der R***** AG. Die S***** AG vertrieb für die L*****F das Produkt "Plusvorsorge".
Der Börseneinführungsprospekt für die R*****aktie wurde 1990 von der L***** GmbH, einem Unternehmen der L*****, erstellt. Die Informationen hiezu bezog sie von der R***** AG.
Im Herbst 1990 trat die L*****K 2 % ihrer Geschäftsanteile an die R***** AG ab. Zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt trat die R***** AG ihrerseits einen Teil der Geschäftsanteile an der L*****F an die R***** II ***** AG ab.
Die Zusammenarbeit zwischen L***** und R***** AG wurde auch in Form von Pressekonferenzen öffentlich bekannt gegeben. Dabei wurde als Ziel der L*****F die Optimierung der Kundenberatung sowie das noch stärkere Eingehen auf die Bedürfnisse der Anleger hervorgehoben.
Die von der L*****F vertriebenen "Produkte" mußten vorher vom Aufsichtsrat der L*****F genehmigt werden. Das Produkt "Plusvorsorge" wurde seitens der L***** von Direktor K***** und Dr. W***** genehmigt und für den Markt freigegeben. Dr. W***** war an der Entwicklung des Produktes maßgeblich beteiligt.
Die L*****F unterhielt bei der S***** AG ein Büro.
Von der R*****gruppe war zunächst das Produkt "Vorsorgeplan" angeboten worden. Dieser "Vorsorgeplan" sah ein Ansparen in monatlicher Raten vor, wobei in bestimmten Abständen dem Kunden Aktien der R***** AG um den angesparten Betrag zugeteilt wurden. Der "Vorsorgeplan" wurde über die PSK abgewickelt. Er wurde vor Gründung der L*****F von der R*****gruppe vertrieben, danach auch von der L*****F. Der "Vorsorgeplan" war für Kunden konzipiert, die keine größeren Beträge für den Aktienerwerb zur Verfügung hatten. "Vorsorgeplansparer" erhielten auch Aktionärsbriefe. In einem dieser Aktionärsbriefe wurde auch der Erwerb der R*****bank durch die R*****gruppe mitgeteilt. Ob in einem Aktionärsbrief (und bejahendenfalls wann) die Beteiligung der R***** AG an der R***** II ***** AG erwähnt wurde, ist nicht feststellbar.
Aufgrund der steigenden Kursentwicklung der R*****aktie sollte der Kunde in Hinkunft die Aktien zu einem niedrigeren Kurs kreditfinanziert in Form eines Paketes auf einmal erwerben. Dieser Erwerb sollte ausschließlich von der L***** kreditfinanziert werden und innerhalb eines Zeitraumes von 10 Jahren mit Pauschalraten rückführbar sein. Da der "Vorsorgesparplan" auf einen langen Zeitraum abgeschlossen worden war (15 Jahre), war fraglich, ob langfristig immer wieder Aktien zugeteilt hätten werden können, weil weitere Aktienemmissionen nicht absehbar waren.
Die L***** wollte mit der Plusvorsorge einen Sparplan auf 10 Jahre auslegen, wobei das Sparziel durch Ankauf von Wertpapieren zu einem günstig erscheinenden Zeitpunkt antizipiert werden sollte. Die Plusvorsorge sollte als Sparplan präsentiert werden.
Anfang 1991 wurde der "Vorsorgesparplan" eingestellt und bisherige "Vorsorgeplansparern" und anderen Anlegern die "Plusvorsorge" angeboten. Die bisherigen Ansparer wurden vor die Alternative gestellt, das "Vorsorgeplansparen" einzustellen oder zum kreditfinanzierten Modell "Plusvorsorge" überzuwechseln, zu welchem Zweck die Vertriebspartner der L*****F jeweils an die Kunden herantraten.
Das Konzept zum Vertrieb der R*****aktie in Form der "Plusvorsorge" wurde von der R***** AG und der L***** gemeinsam entwickelt und vom Vorstandsdirektor der L*****, Konrad R*****, im Oktober 1990 im Rahmen einer Pressekonferenz vorgestellt.
Die "Plusvorsorge" wurde ausschließlich als Paket angeboten. Der jeweilige Vermittler legte dem Kunden ein in Notizblockform zusammengeleimtes Konvolut an Formularen vor, die einzeln vom Kunden zu unterfertigen waren. Dieses Konvolut wurde "Zeichnungsschein" genannt und unter Mitwirkung der L***** gestaltet. Auf dem Deckblatt des Konvoluts stand unter dem L*****-Logo (blau-weiß-grün) "L*****-F***** Gesellschaft mbH - ein Unternehmen der L*****gruppe". Bei den Formularen handelte es sich um einen Kaufauftrag für Ö*****B-Partizipationsscheine und R*****aktien, wobei diese Wertpapiere im Verhältnis 50 : 50, 75 % Aktien und 25 % Partizipationsscheine oder 100 % Aktien zu kaufen waren, weiters um einen Antrag auf Eröffnung eines Privatkontos bei der L*****, einen Abbuchungsauftrag für Lastschriften, einen Kreditantrag sowie die Erklärung über die Verpfändung der Wertpapiere zur Sicherstellung des Kredites. Auf sämtlichen Formularen - mit Ausnahme der Abbuchungserklärung - war als Adressat die L***** vorgesehen. Der Kaufauftrag beinhaltete den Hinweis, "die Anschaffung des Kaufpreises erfolgt durch Kreditzuzählung". Im Kreditantrag beauftragte der Kunde für den Fall der Annahme des Antrages die L***** unwiderruflich, für den Auszahlungsbetrag Wertpapiere gemäß beiliegendem Kaufvertrag zu erwerben. Auf der Rückseite des Kreditantrages waren Geschäftsbedingungen der L***** in gekürzter Form abgedruckt. Die Verpfändungserklärung enthielt die Erklärung, der Verkauf der Wertpapiere erfolge unter der Auflage einer dreijährigen Verkaufssperre, womit sich der Kunde unwiderruflich durch Unterfertigung einverstanden erkläre.
Die betreffenden Kredite dienten ausschließlich der Finanzierung des Ankaufs von R*****wertpapieren und L*****Partizipationsscheinen. Im Rahmen der Plusvorsorge war der Ankauf alleine von L*****-Partizipationsscheinen nicht möglich. Der Kredit konnte nur bei der L***** aufgenommen werden, war standardisiert, hatte eine Laufzeit von 10 Jahren und sollte durch Pauschalraten abgedeckt werden.
Zur Abwicklung der Kreditrückführung im Einzugsverfahren war die Eröffnung eines Kreditkontos bei der L***** durch den Kunden erforderlich. Die Modalität der Kreditrückzahlung wurde auf Wunsch des Friedrich L***** als Vertreter der R***** AG aufgegriffen.
Eine Bonitätsprüfung der R***** AG und der R***** II ***** AG seitens der L***** bzw der L*****F über die von der R***** AG zur Verfügung gestellten Unterlagen hinaus erfolgte nicht.
Der Kaufauftrag, der Kreditantrag und der Auftrag zur Abbuchung der Kreditraten sowie sämtliche Unterlagen betreffend die Kreditvergabe und die Partizipationsscheine wurden von der L***** erstellt und der L*****F zur Verfügung gestellt. Weitere Unterlagen mit Informationen über die Residenzaktie erhielt die L*****F von der R***** AG.
Zielpublikum für die "Plusvorsorge" waren die bisherigen Kunden des "Vorsorgeplanes", aber auch Neukunden. Die "Plusvorsorge" wurde ab Anfang 1991 angeboten und war zunächst mit 28. 3. 1991 zeitlich limitiert. Der Angebotszeitraum wurde schließlich um ein Monat verlängert. Nach dem 28. 3. 1991 konnten aber nur mehr R***** II Aktien angekauft werden.
Der von dem Kunden unterfertigte Kaufauftrag lautete auf die L*****. Die R*****aktien, die dem Kunden nach Unterfertigung des Kaufauftrages seitens der Länderbank zugeteilt wurden, stammten nicht aus einem vorher angekauften Bestand der L*****, sondern sie wurden der L***** von der R*****gruppe zur Verfügung gestellt. Die Abwicklung (Bezahlung der Wertpapiere, Einlieferung auf ein Depot, Depoteröffnung) erfolgte jeweils bei einer L*****filiale. Die hiezu erforderliche Unterzeichnung der Formulare durch die Kunden wurde seitens der L*****F und den von ihr beauftragten Maklern wie insbesondere durch die S***** AG in die Wege geleitet, deren Mitarbeiter an die einzelnen Kunden herantraten.
Die L***** erteilte der L*****F die Auflage, der Vertrieb dürfe nicht mit Hochdruck erfolgen, und es dürften nur seriöse Argumente verwendet werden. Als es Beschwerden über Mitarbeiter der S***** AG gab, teilte der Geschäftsführer der L*****F der S***** AG mit, daß diese Mitarbeiter nicht mehr tätig werden dürften.
Das L*****logo wurde auf den Prospekten, den sonstigen Verkaufsunterlagen und den Visitenkarten der Vermittler mit Zustimmung der L***** verwendet.
Für die Vermittlung der Partizipationsscheine zahlte die L***** Provision an die L*****F, jene Provision an die Maklerfirma (insbesondere S***** AG) und die Maklerfirma dann an ihre Mitarbeiter. Für die Vermittlung von R*****aktien erhielten sowohl die L*****F als auch die S***** AG direkt Provision von der R*****beteiligungs GmbH. Die Länderbank selbst erhielt von der R***** AG keine Provisionen im Zusammenhang mit der "Plusvorsorge", hob jedoch eine solche von Kunden ein. Die S***** AG erhielt von der L***** oder von der L*****F ferner Provision für die Kreditvermittlung und zahlte eine solche Kreditvermittlungsprovision auch an ihre Mitarbeiter aus.
Die L*****F versorgte die mit dem Vertrieb der "Plusvorsorge" beauftragten Makler mit denselben Verkaufsargumenten wie für die R*****aktie an sich: Investition in Immobilien, langfristige Anlage, deren Wert im Laufe der Zeit ständig steigt.
Die Mitarbeiter der S***** AG erhielten ferner von Mag. W*****, einem Geschäftsführer der L*****F, Schulungen über das Produkt "Plusvorsorge", wobei ihnen folgendes vermittelt wurde: "Die Plusvorsorge ist eine sehr sichere Anlage. Die Immobilien der R*****, der größten privaten Immobilienbesitzerin, liegen in den besten Lagen, wodurch eine enorme Wertsteigerung zu erwarten ist. Die Immobilien sind eigenkapitalfinanziert und lastenfrei". Bei Rückfragen betreffend eines Risikos antwortete Mag. W*****, man dürfe das Papier nicht als Aktie ansehen, sondern als Immobilienpapier und damit als reine Sachanlage. Die Wertsteigerungen, wie sie in der Verkaufsmappe angeführt wurden, wurden in den Schulungen nicht als Schätzwerte bezeichnet, sondern als Mindestwerte dargestellt, wobei konkrete Zahlen genannt wurden.
Als Verkaufsunterlage erstellte die L*****F eine Loseblattsammlung mit Prognosewerten über eine Wertsteigerung von 12 bis 15 % pro Jahr und mit weiteren Argumenten für die "Plusvorsorge". Diese Urkunden wurden den mit dem Vertrieb befaßten Personen, die die einzelnen Verkaufsgespräche führten, in Form von Verkaufsmappen zur Verfügung gestellt. Der Inhalt dieser Verkaufsmappen, insbesondere auch die Argumente für die "Plusvorsorge", wurden somit hauptsächlich von der L*****F verfaßt, jedoch vermutlich unter Mitwirkung der L*****.
Unter dem "derzeit günstigen Einkauf" wurde eine Weiterentwicklung der Aktien aufgrund bisherigen Kursverlaufes und bestehender Immobiliensituation verstanden, obwohl der Kurs damals nicht niedrig war. Unter "optimaler Ausnutzung" der derzeitigen Börsensituation wurde die Aufschwungphase der Wiener Börse verstanden. Das angedrohte Storno des "Vorsorgesparplans" und die "letzte Chance der Aktienzuteilung" beruhten auf den bereits angeführten Gründen, die zur Einstellung des "Vorsorgesparplans" führten. Bei den in der Verkaufsmappe tabellarisch angeführten Ertragswerten der Aktie handelte es sich um eine Fortschreibung der Vergangenheit.
In den ersten vier Monaten des Jahres 1991 hatte die R***** AG nicht nur Vermögen in Form von Liegenschaften. Sie war auch an einigen im Immobilienbereich tätigen Tochtergesellschaften sowie mit rund 17 % des Aktienkapitals an der R***** II ***** AG beteiligt. Bereits im Oktober 1990 hatte die R***** AG Aktien der R***** II ***** AG im Nominale von S 323,5 Mio um S 537 Mio erworben. Dieses Geld stammte aus Aktionärsgeld und aus dem Erlös der Gewinnscheine.
Aufgrund einer Empfehlung des Vorstandsvorsitzenden Leopold R*****, der auch Aufsichtsratsmitglied der R***** Bank war, erwarb die R***** II ***** AG die R***** Bank. In einer Informationsveranstaltung der S***** AG für ihre Mitarbeiter, bei der Leopold R*****anwesend war, wurde der geplante Erwerb des Bankhauses R***** durch die R***** II ***** AG mitgeteilt. Dieser Erwerb erfolgte dadurch, daß die R***** II ***** AG die Anteile der R***** Holding AG erwarb, welche zu 100 % am Bankhaus R***** beteiligt war. Die Mittel hiefür wurden durch eine Kapitalerhöhung bei der R***** II ***** AG aufgebracht, wobei im wesentlichen R***** II Aktien im Wert von S 537 Mio von der R***** AG gezeichnet wurden. Nicht feststellbar ist, daß zum Zeitpunkt des Ankaufes der R***** Bank das sich später verwirklichende Risiko im allgemeinen oder für die L***** im besonderen erkennbar war.
Die L*****, die R*****gruppe und die R***** Bank hatten dieselbe Wirtschaftsprüferin. Es war abgesprochen, daß die Wirtschaftsprüferin die L***** über alle Vorkommnisse und Gefahrenpotentiale bei der R*****gruppe informieren sollte. Die R*****gruppe beauftragte die Wirtschaftsprüferin vor Ankauf der R***** Bank mit der Prüfung von Risikopotentialen bei der R***** Bank. Zum Prüfungsstichtag September 1990 ergab diese Prüfung ein Risikopotential von S 20 Mio. Es war vereinbart, daß der Kaufpreis um diesen Betrag reduziert werden sollte. Eine neuerliche Prüfung zum 31. 12. 1990 ergab ein Risikopotential von nur S 5 Mio.
Die R***** Bank geriet aufgrund der drohenden Insolvenz eines ihrer größten Kunden im Lauf des Jahres 1991 in große finanzielle Schwierigkeiten. Der Ankauf und die Sanierung der R***** Bank bescherten der R*****gruppe einen Verlust von ca S 600 Mio, wobei auf den Erwerb der Anteile an der R***** Holding AG zumindest S 160 Mio entfielen. Zumindest um diesen Betrag mußte die R***** AG Immobilien verkaufen, um die mit den Gläubigern vereinbarte Sanierung der R***** Bank zu bewirken.
Bereits 1988 gab es zumindest jährlich und seit 1990 mehrfach kritische und negative Berichte in Wirtschaftszeitschriften, die die Unternehmenspolitik der R*****gruppe und deren Seriosität in Frage stellten. Im April 1991 erschien in Deutschland der "Gerlachreport", eine Anlegerinformation. Darin wurde aus einem von der R***** AG in Auftrag gegebenen und im Dezember 1990 erstellten Gutachten einer Unternehmensberatungsfirma zitiert. Das Gutachten stellte fest, die laufenden Aufwendungen der R***** AG könnten in den nächsten Jahren nicht durch laufende Mieteinnahmen gedeckt werden. Vielmehr würden Erträge im wesentlichen durch Agiogewinne aus Kapitalerhöhungen und auch Substanzveräußerungen finanziert. Der "Gerlachreport" bezeichnete die "Plusvorsorge" als modifiziertes Schneeballsystem.
Die Prospekte, die den Kunden fallweise seitens der Vertreiber der "Plusvorsorge" gezeigt wurden, lauteten auszugsweise:
Börseneinführungsprospekt vom Juni 1990: "Die R***** AG befaßt sich vorrangig mit dem Erwerb und der Bewirtschaftung attraktiver Altbauten. Die R***** II ***** AG beschäftigt sich mit der Anschaffung, Verwaltung und wirtschaftlichen Nutzung jeder Art von R***** in Form von Immobilien. Die R***** AG hält keine Beteiligung. Der Nettoerlös der Aktienemission der R***** AG aufgrund des Vorstandsbeschlusses vom 16. 3. 1989 soll für den Ankauf weiterer Liegenschaften verwendet werden, ebenso der geschätzte Nettoerlös einer Gewinnscheinemission für Revitalisierung der Liegenschaften der R***** AG. Unternehmensgegenstand der R***** AG ist auch der Erwerb und die Verwaltung von Beteiligungen an Gesellschaften, deren wesentlicher Unternehmensgegenstand die Anschaffung von Realbesitz ist. Der Jahresabschluß 1989 weist Hypothekarschulden von S 772.489,83 aus."
"Gute Gründe für ihr Kapital Immobilien-Aktie- und Gewinnschein":
Dieser Prospekt hat das L*****logo und "L*****-Finanzierungsplangesellschaft mbH - ein Unternehmen der L*****gruppe" aufgedruckt. Inhalt: "EG-Annäherung und Ostöffnung werden in Wien einen großen Nachfrageschub an Immobilien hervorrufen. Experten garantieren gewinnbringende Investitionen und eine dynamische ertragssteigernde Bewirtschaftung der Liegenschaftsflächen. Durch Beteiligung an wertbeständigen Immobilien und durch hohe Eigenkapitalausstattung bietet die Immobilien-Aktie dem Anleger bei geringem Risiko ideale Gewinnbedingungen. Die thesaurierende Anlageform der Aktie wirkt als zusätzlicher Vorteil der stetigen Wertsteigerung. Für den Aktionär stellt dies die Möglichkeit dar, von der Wertsteigerung und den Erträgen der Immobilien im Gesellschaftsvermögen einer Aktiengesellschaft zu profitieren und solcher Art sein Kapital inflationsgeschützt zu vermehren. Der Vorsorgeplan ist die interessanteste Möglichkeit, mit geringem Kapital an der Sparform der Immobilien-Aktien teilhaben zu können. Die Bankabwicklung gewährleistet langfristig orientierte und krisensichere Veranlagung. Sie haben damit die Chance für ihre persönliche Zukunft vorzubauen".
Geschäftsbericht 1989: Dieser enthält zahlreiche Abbildungen der Liegenschaften der R*****gruppe. Er weist auf eine Beteiligung an der RV I***** GmbH mit S 495.000,-- und auf Hypothekarschulden von S 772.489,83 hin. Ziel der R***** AG sei es, Privatkapital von sachwertbewußten Anlegern aufzubringen und dieses in der Folge in sicheren Investitionen, hauptsächlich in Realbesitz, für die Investoren gewinnbringend zu veranlagen.
Tatsächlich waren die Liegenschaften der R***** AG zum Zeitpunkt des Vertriebes der Plusvorsorge nicht sämtliche lastenfrei oder ausschließlich eigenkapitalfinanziert.
Ende des ersten Quartals 1991 erreichte die Aktie der R***** AG den Höchststand von ca S 2.500,-- (S 2.780,-- am 1. 4. 1991). Danach fiel sie laufend bis auf etwa 10 % ihres ursprünglichen Kurses.
Ursache für den Kurswertverlust waren eine negative Entwicklung der Wiener Börse im allgemeinen, sowie der Ankauf des Bankhauses R***** im September 1990 und die damit verbundene negative Medienkampagne und die finanziellen Turbulenzen beim Bankhaus R*****. Weiters wirkte sich auch der rückläufige Ertrag auf dem Zinshaussektor aus.
Der Kurs der im Rahmen der "Plusvorsorge" erworbenen L***** Partizipationsscheine stieg hingegen seither leicht.
Auch die R***** II Aktie fiel im Zeitraum von Jänner/April 1991 bis Dezember 1992 um 80 bis 90 % ihres Kurswertes.
Laut Bilanz 1991 der R***** AG betrug deren Vermögen aufgrund von Beteiligungen annähernd so viel wie jenes an Immobilien. Laut Bilanz 1991 der R***** II ***** AG betrug deren Vermögen aufgrund von Beteiligungen etwas weniger als die Hälfte jenes Vermögens aufgrund von Immobilien.
Der Kläger Dr. Karl-Heinz S***** erhielt die Informationen über die "Plusvorsorge" von den ihm bekannten Mag. Johann B*****, einem freien Mitarbeiter der S***** AG. Dem Erwerb der "Plusvorsorge" gingen einige Gespräche zwischen Dr. S***** und Mag. B***** voraus. Das erste Treffen war privater Natur und hatte Anlagemöglichkeiten im allgemeinen zum Thema.
Dr. S***** hatte vorher bereits einige Aktien erworben und war mit den starken Kursschwankungen unzufrieden. Dies brachte er gegenüber Mag. B***** zum Ausdruck. Er wollte eine grundsätzliche Information, wie er Geld anlegen könne. Mag. B***** meinte, es sei besser, in Immobilien-Aktien zu investieren als in Industrieaktien. Er zeichnete für jede der beiden Aktien einen Kursverlauf auf. Bei dieser grafischen Darstellung ist der Kurs der Industrieaktie in Auf- und Abwärtsstrichen und der Kurs der Immobilienaktie kontinuierlich aufwärts dargestellt.
Zum "Plusvorsorgepaket" erklärte Mag. B*****, dies sei etwas, wo man anspare. Er hatte die Verkaufsmappe bei sich und las dem Kläger Dr. S***** die Argumente für die Plusvorsorge vor. Auf die Frage des Dr. S*****, wie sicher dies wäre, antwortete Mag. B*****, Sicherheit sei da, weil Immobilien da seien; es bestehe Inflationsschutz.
Zum Ertrag führte Mag. B***** aus, die Plusvorsorge könne ein bißchen mehr bringen als eine vom Staat aufgelegte Anleihe. Zur R***** Aktie erwähnte Mag. B*****, es gebe das Auf und Nieder des Kurses wie bei einer Industrieaktie nicht. Die R***** Aktien seien sichen, da sie auf Häusern basierten; sie stiegen mit der Zeit und es bestehe keine Inflationsgefahr. Ein eigenfinanzierter Immobilienfonds mit laufender Kontrolle durch eine Bank berge kein Kursrisiko.
Mag. B***** nannte Dr. S***** überdies den Ankaufskurs, aus dem der Kreditbetrag ermittelt wurde. Über den Ankauf der R***** Bank wurde nicht gesprochen. Mag. B***** verwies ferner auch darauf, es handle sich um eine seriöse Angelegenheit, es stehe die L***** dahinter. Ein Hinweis darauf, daß die prognostizierte Wertsteigerung auf den damaligen Marktverhältnissen und auf Erfahrungswerten der Vergangenheit basierte, erfolgte nicht. Mag. B***** empfahl auch den Erwerb eines Bankpapiers (Partizipationsschein), wobei der Erwerb der Aktie jedoch im Vordergrund stand. Eine Empfehlung, R*****aktien und Partizipationsscheine in einem bestimmten Verhältnis zu kaufen, ist nicht feststellbar.
Es erfolgten keine Hinweise auf ein Risiko, auf eine unfreundliche oder negative Wirtschaftspresse und auf eine Investition der R***** AG in Beteiligungen. Mag. B***** war damals das Bestehen unfreundlicher Berichte in der Wirtschaftspresse bekannt. Mag. B***** zeigte Dr. S***** den Geschäftsbericht der R***** AG von 1989.
Dr. S***** unterfertigte am 1. 3. 1991 einen Kaufauftrag für 230 Ö*****-Partizipationsscheine zu S 89.632,-- und 95 R***** Aktien (oder Aktien der R***** II ***** AG) zu S 268.896,--. Aufgrund seines ebenfalls am 1. 3. 1991 unterfertigten Kreditantrages wurde ihm ein Kredit in der Höhe von S 358.528,-- zahlbar in 120 Monatsraten a S 5.000,-- gewährt. Darauf zahlte Dr. S***** bis Jänner 1994 S 170.000,-- zurück.
Hätte Mag. B***** ein Risiko erwähnt, hätte der Kläger Dr. S***** dieses Geschäft nicht abgeschlossen.
Die Klägerin Monika H***** unterfertigte am 19. 4. 1991 einen Kaufauftrag an die L***** zum Kauf von 60 Stück L*****-Partizipationsscheinen im Gegenwert von S 26.889,50 und 52 Stück R***** II ***** Aktien im Gegenwert von S 80.668,50. Zugleich stellte sie einen Kreditantrag an die L***** hinsichtlich eines Kredites von S 107.558,-- zahlbar in 120 Monatsraten a S 1.500,--, der ihr gewährt wurde. Bis einschließlich Jänner 1994 zahlte sie Raten in Höhe von insgesamt S 49.500,--
An Monika H***** trat Karl K*****, ein freier Mitarbeiter der S***** AG, zwecks Vermittlung des Pruduktes "Plusvorsorge" heran. Er gab ihr jene Informationen weiter, die er selbst in Schulungen durch Mag. W***** erhalten hatte und wie sie oben beschrieben wurden. Karl K***** stellte die Anlage also ohne Risiko dar, bei der man in einen Immobilienfond investiere und die von der L***** unterstützt werde. Er wies auf keinerlei Risiko hin und sagte, der Wert der Wertpapiere werde mit Sicherheit nicht sinken, sondern es werde sich durch die Weltausstellung in Wien eine Wertsteigerung ergeben. Karl K***** zeigte der Klägerin Monika H***** ferner die im Geschäftsbericht der R***** 1989 abgebildeten Häuser.
Hätte Karl K***** die "Plusvorsorge" nicht auf diese Art beschrieben, insbesondere nicht zugesagt, daß der Wert nicht sinken werde, hätte die Klägerin Monika H***** das Paket nicht unterfertigt.
Kurz nach Abschluß des Geschäftes erfuhr Monika H***** von Schwierigkeiten, worauf sie sich von der L***** einen Depotauszug schicken ließ. Aus dem Auszug vom 19. 6. 1991 ergab sich ein Kurswert der von ihr erworbenen Papiere von S 102.180,--, wobei die R***** II Aktien einen Kurswert von S 73.320,-- aufwiesen. Der von ihr daraufhin versuchte Verkauf wurde von der L***** abgelehnt.
Beide Kläger waren zuvor nicht Ansparer nach dem "Vorsorgeplan".
Die Kläger stellten jeweils das Hauptbegehren, die von ihnen an die L***** erteilten Aufträge zum Kauf der Aktien der R***** II ***** AG und von Ö***** Partizipationsscheinen und die zum Erwerb dieser Wertpapiere abgeschlossenen Kreditverträge aufzuheben sowie die bereits geleisteten Kreditraten von S 170.000,-- (Kläger Dr. S*****) und S 49.500,-- (Klägerin Monika H*****) zurückzuzahlen. Hilfsweise stellten sie insgesamt 5 Eventualbegehren entsprechend den jeweils geltend gemachten Haftungstatbeständen und Vertragsauflösungsgründen.
Die Kläger seien durch unrichtige, unvollständige und irreführende Prospekte zur Unterfertigung des Kaufauftrages und des Kreditantrages veranlaßt worden. Die L***** habe wesentliche Aufklärungspflichten verletzt. Die für sie als Verhandlungsgehilfen tätigen Vermittler hätten einen wesentlichen Geschäftsirrtum in bezug auf die Kauforder und den Kreditvertrag verursacht. Die gesamte Werbung um das Produkt "Plusvorsorge" habe darauf basiert, daß das Anlagekapital in geldlastenfreie Immobilien investiert werde. Tatsächlich sei aber mit Wissen und Billigung der L***** bereits der Kauf des Bankhauses R***** beschlossen und durchgeführt gewesen. Es sei völlige Risikolosigkeit beteuert worden. Die Akzentuierung sei auf "Sparen" gelegt gewesen. Die beklagte Partei sei über ihre Rolle als Finanzierer und Effektenhändler hinaus auch als Initiator im Sinne der Prospekthaftung für die Vermögensanlageprodukte der R*****gruppe anzusehen. Primär werde Irrtumsanfechtung nach §§ 870, 871 ABGB geltend gemacht. Vorsichtshalber werde insbesondere der Finanzierungsvertrag aber auch wegen Entfalles der Bedingung bzw Wegfalls der Geschäftsgrundlage (Anfechtung des Kaufauftrages) angefochten. Das Begehren werde weiters auf § 18 KSchG sowie auf jeden erdenklichen Rechtsgrund gestützt. Die beklagte Partei sei infolge Verletzung von vorvertraglichen Sorgfalts- und Aufklärungspflichten und Verletzung der Prospektwahrheit schadenersatzpflichtig.
Die angekauften Wertpapiere boten die Kläger der beklagten Partei Zug um Zug gegen Zahlung der Klagebeträge an.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung der Klagebegehren. Es habe kein Anlaß für eine warnende Aufklärung bestanden. Die L***** habe beim Aktienverkauf davon ausgehen können, daß es sich bei den Aktien um ein durchaus geeignetes Anlageobjekt handle. Allein die ehemalige Beteiligung der Rechtsvorgängerin der beklagten Partei an der L*****F könne nicht zu einer persönlichen Haftung der beklagten Partei führen. Hinsichtlich der Partizipationsscheine der L***** sei überhaupt kein Vorbringen erstattet worden, daß das Klagebegehren rechtfertige. Für die Prospekte treffe die beklagte Partei keine Haftung. Sie seien ohne Verantwortlichkeit der L***** erstellt worden. Die anläßlich des Erwerbes der R***** Bank eingeholten Gutachtens seien positv ausgefallen.
Das Erstgericht gab dem jeweiligen Hauptbegehren der Kläger statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und führte in rechtlicher Hinsicht aus, daß der Wertpapiererwerb und der Kreditvertrag nicht als getrennte Rechtsgeschäfte beurteilt werden könnten. Die L***** habe ihre Rolle als Finanzierer des Anlagegeschäftes durch ihre aktive Mitwirkung an der Konzeption und am Vertrieb der Aktien überschritten. Sie sei selbst als Anlageberater tätig geworden und hafte für die Erklärungen des jeweiligen Anlageberaters, dessen sie sich zur Vermittlung der Kreditverträge bedient habe. Bei den Kunden sei der Anschein einer besonders günstigen Sparform und sicheren Anlageform erweckt worden. Durch das Unterlassen von Hinweisen auf das Kursrisiko und auf die negative Wirtschaftspresse seien Aufklärungspflichten verletzt und ein Irrtum der Kläger über den Geschäftsinhalt veranlaßt worden. Die Verträge seien daher aufzuheben und rückabzuwickeln.
Das Berufungsgericht wies die Berufung der beklagten Partei, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, zurück und bestätigte im übrigen das Ersturteil. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes betreffend den Erstkläger S 260.000,-- und betreffend die Zweitklägerin S 52.000,--, nicht jedoch jeweils S 260.000,-- übersteige. Die ordentliche Revision sei jeweils zulässig. Es könne dahingestellt bleiben, ob die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei ein Verschulden getroffen habe, weil die Vertragsanfechtung nach § 871 ABGB nicht von einem Verschulden abhänge. Das "Veranlassen" des Irrtums setze weder absichtliche noch fahrlässige Irreführung voraus. Im übrigen sei der Kreditgeber, der beim drittfinanzierten Erwerb einer Risikobeteiligung aufgrund seiner in der Vergangenheit erlangten Kenntnis über die wirtschaftliche Lage des Beteiligungskonzerns mit hoher Wahrscheinlichkeit mit einem Scheitern der in die Risikobeteiligung gesetzten Erwartungen des Anlegers (Kreditnehmers) rechnen müsse, zur Aufklärung des Kreditnehmers durch Preisgabe seines Wissenstandes grundsätzlich verpflichtet. Auf eine allfällige Verschwiegenheitsverpflichtung der entsandten Mitarbeiter oder Funktionäre habe sich die beklagte Partei nicht mit Erfolg berufen können. Die Veranlassung des Irrtums der Kläger müsse sich die beklagte Partei selbst dann zurechnen lassen, wenn die Kreditvermittler nicht ihr, sondern der Verkäuferin zuzurechnen wären, weil sich die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei ihrer zumindest als Hilfspersonen bei der Anbahnung der Finanzierungsverträge bedient habe. Die Revision sei zulässig, weil ein vergleichbarer Fall vom Obersten Gerichtshof noch nicht entschieden worden sei.
Die Revision der beklagten Partei ist zwar zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Die Frage der schadenersatzrechtlichen Haftung der beklagten Partei, die das Berufungsgericht in seine rechtlichen Erwägungen miteinbezogen hat, stellt sich bei der zunächst anzustellenden Prüfung der Berechtigung des Hauptbegehrens der Kläger nicht. Es ist primär lediglich maßgebend, ob die Voraussetzung für die in erster Linie geltend gemachte Irrtumsanfechtung, der das Hauptbegehren der Kläger entspricht und dem von den Vorinstanzen stattgegeben wurde, berechtigt ist. Auf die auszugsweise Wiedergabe der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes zur Frage der Haftung des Kreditinstitutes als Finanzierer risikoträchtiger Anlagen wegen culpa in contrahendo sowie auf die Frage, ob nach den dort dargestellten Grundsätzen eine solche Haftung auch hier zu bejahen wäre, ist infolge der - wie noch darzustellen sein wird, erfolgreichen - Irrtumsanfechtung nicht weiter einzugehen.
Beschränkt sich das Kreditinstitut auf die Rolle des Finanzierers risikoträchtiger Beteiligungen, scheitert die Anfechtung des Kreditvertrages wegen Irrtums beim drittfinanzierten Kauf in der Regel daran, daß der Erfolg der finanzierten Vermögensanlage nicht Inhalt des Kreditgeschäftes wurde. Ein Irrtum des Anlegers über die gewählte Anlage ist nach ständiger Rechtsprechung in bezug auf den Kreditvertrag grundsätzlich bloß ein Motivirrtum (1 Ob 540/95; 4 Ob 2005/96y; 7 Ob 2425/96k; 10 Ob 105/98h). Der Finanzierer muß eine Anfechtung des Kreditvertrages nur wegen solcher Irrtümer hinnehmen, die das Finanzierungsgeschäft als solches betreffen (4 Ob 586/95; 7 Ob 2425/96k).
Im vorliegenden Fall hat sich jedoch die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei keineswegs auf die Finanziererrolle beschränkt. Sie hat - über eine 100 %ige Tochtergesellschaft - gemeinsam mit der Anlagegesellschaft das die Beteiligungen vermittelnde Unternehmen gegründet und war mit diesem gesellschaftsrechtlich und personell verflochten. Sie ließ auch eigene Wertpapiere anbieten, die überhaupt nur gleichzeitig mit den Aktien der Anlagegesellschaft erworben werden konnten. Sie war in die Gestaltung der Prospektunterlagen eingebunden und gestattete sowohl den Hinweis, daß die Vertreibergesellschaft ein Miglied der "L*****gruppe" sei als auch die Verwendung ihres Logos auf den Unterlagen und den Visitenkarten der Personen, die als Vermittler tätig waren. Sie war insgesamt aktiv an der Konzeption des Projektes beteiligt. Ihre Verflechtung mit der Vertreibergesellschaft kam damit und infolge entsprechender Pressekonferenzen auch den Anlegern gegenüber deutlich zum Ausdruck, womit ein besonderer Vertrauenssachverhalt geschaffen wurde. Schon darin liegen wesentliche Elemente, die hier nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes für einen Einwendungsdurchgriff auf das finanzierende Kreditinstitut, der ansonsten selbst ungeachtet der wirtschaftlichen Einheit zwischen finanziertem Geschäft und Kreditgeschäft abgelehnt wird, sprechen (vgl 1 Ob 599/93; 1 Ob 540/95; 7 Ob 2425/96k sowie insbesondere 4 Ob 2005/96y).
Ungeachtet dieser Erwägungen unterscheidet sich der hier vorliegende Fall von den in den zitierten Entscheidungen behandelten Fällen drittfinanzierter Anlagegeschäfte aber vor allem dadurch, daß die Rechtsvorgängerin der beklagten Partei nicht nur Finanzierer war, sondern zugleich auch das Effektengeschäft durchführte, dessen Finanzierung der Kredit dienen sollte.
Nach den Feststellungen der Vorinstanzen konnten die von den Klägern erworbenen Aktien bei der L***** überhaupt nur mittels eines von dieser den Käufern eingeräumten Kredites angekauft werden. Kreditaufnahme und Effektenkauf waren somit schon von dem von der L***** erstellten Konzept her untrennbar miteinander verbunden und wurden in dieser Form auch den Klägern offeriert. Den Klägern stand gar keine andere Möglichkeit als jene, gleichzeitig einen Finanzierungskredit aufzunehmen, bei Erteilung des Kaufauftrages zur Anschaffung der Aktien zur Verfügung. Kredit- und Kommissionsvertrag bedingten einander und standen in untrennbarer Wechselwirkung. Das Vorliegen eines zur Anfechtung berechtigenden Irrtums des Kunden über den wesentlichen Inhalt des Effektengeschäftes macht damit zwangsläufig auch den Kreditvertrag anfechtbar. Da die L*****-Partizipationsscheine ihrerseits nur zugleich mit den R***** II Aktien erworben werden konnten, schlägt ein wesentlicher Geschäftsirrtum betreffend den Ankauf der R***** II Aktien auch auf den Ankauf der Partizipationsscheine samt dem hiefür gewährten Kreditteil durch.
Derjenige, dessen sich der (spätere) Vertragspartner bei den Vertragsverhandlungen als Hilfsperson bedient, ist nicht Dritter im Sinn des § 875 ABGB, sondern dem Vertragspartner selbst zuzurechnen. Da die L*****F seitens der L***** und des Anlageunternehmens gerade deshalb gegründet wurde, um das gemeinsam konzipierte Produkt "Plusvorsorge" zu vertreiben, der L*****F seitens der L***** die entsprechenden Vertragsformulare zum Abschluß des Effektengeschäftes und des Finanzierungsgeschäftes übergeben wurden und die Ermächtigung erteilt wurde, den Käufer zum Ausfüllen zu veranlassen und diese sodann an die L***** weiterzuleiten (oder den Käufer selbst an die L***** zur Unterschriftsleistung zu verweisen), sind sowohl die L*****F als auch die von ihr beauftragte S***** Finanz AG und deren Mitarbeiter nach ständiger Rechtsprechung als Verhandlungsgehilfen der L***** anzusehen. Die finanzierende (und hier zugleich das finanzierte Geschäft durchführende) Bank muß es gegen sich gelten lassen, wenn der Verhandlungsgehilfe in dieser Eigenschaft den Käufer im Rahmen der Abgabe seines Vertragsoffertes listig täuscht, einen dem Käufer unterlaufenen beachtlichen Irrtum veranlaßt oder wenn ihm ein solcher Irrtum erkennbar war (so bereits ÖBA 1986, 356; 4 Ob 586/95 mzN). Der Verhandlungsgehilfe ist der Empfangsbote der Bank. Das ihm gemachte Vertragsoffert des Anlegers gilt als der Bank zugegangen (4 Ob 586/95; ÖBA 1995, 51). Die Bank als Vertragspartner muß auch dann eine Anfechtung des mit ihr geschlossenen Vertrages wegen eines Willensmangels hinnehmen, wenn sie von der durch den Verhandlungsgehilfen bewirkten Täuschung, Drohung oder Irreführung gar nichts wußte (ÖBA 1986, 356; 4 Ob 586/95; 1 Ob 540/95 mwN).
Da Kreditvertrag und Kaufauftrag im vorliegenden Fall eine untrennbare Einheit bilden, berechtigt ein Irrtum (bloß) über das Beteiligungsgeschäft zugleich auch zur Anfechtung des Finanzierungsgeschäftes. Anders als bei drittfinanzierten Beteiligungen ist hier der Irrtum über das Beteiligungsgeschäft hinsichtlich des Kreditvertrages nicht bloß ein unbeachtlicher Motivirrtum, der zur Anfechtung auch des Kreditvertrages nur bei List (§ 870 ABGB) berechtigte. Es kommt daher im vorliegenden Fall - anders als bei drittfinanzierten Vermögensanlagen - nicht darauf an, ob die Kläger von der L*****F oder der von ihr beauftragten S***** AG oder dieser zuzurechnenden Personen arglistig irregeführt wurden (vgl auch Graf in ecolex 1991, 597). Für die Anfechtung wegen eines Geschäftsirrtums genügt es schon, daß (unter anderem) der Irrtum durch den Anderen veranlaßt war oder diesen nach den Umständen auffallen mußte (§ 871 Abs 1 erster Fall und zweiter Fall ABGB).
Daß der Ankauf von Aktien in hohem Maß risikoträchtig sein kann, ist eine allgemein bekannte Tatsache. Dessen ungeachtet wurde bereits ausgesprochen, daß das Kreditinstitut, das seine Rolle als Kreditgeber überschreitet und als Anlageberater tätig wird, eine Aufklärungspflicht über dieses allgemeine Risiko trifft (SZ 69/86). Die Bank hat, wenn ihr die Anlageberatung zurechenbar ist, dafür einzustehen, wenn die dem Anleger gegebenen Aufklärungen unvollständig sind, insbesondere wenn der Risikocharakter der Anlage verschleiert wird (2 Ob 2107/96h). Ein strenger Maßstab ist an die Sorgfalt anzulegen, die die Bank - und dementsprechend der ihr zuzurechnende Verhandlungsgehilfe - bei Effektengeschäften gegenüber dem Kunden anzuwenden hat, darf doch der Kunde darauf vertrauen, daß die Bank über spezifisches Fachwissen im Wertpapierhandel verfügt, aber auch darauf, daß sie ihn bei Abschluß und Durchführung solcher Geschäfte umfassend berät (WBA 1994, 156; 6 Ob 518/95).
Ob oder inwieweit unter Berücksichtigung dieser Grundsätze dem Verhandlungsgehilfen der das Effektengeschäft durchführenden und zugleich finanzierenden Bank Aufklärungspflichten gegenüber einem Kunden, der Aktien erwerben will, treffen, ist hier aber ebenfalls nicht von primärer Bedeutung. Es kann auch dahingestellt bleiben, ob das Verschweigen einer kritischen Berichterstattung in einschlägigen Publikationen für eine Irrtumsanfechtung hinreicht. Denn es geht hier nicht bloß um die Frage der Irrtumsverursachung durch Unterlassung der gebotenen Aufklärung, sondern primär darum, ob bei den Klägern ein wesentlicher Geschäftsirrtum durch positives Tun, nämlich durch bestimmte Werbemethoden und Aussagen verursacht wurde.
Die Aussagen der für die Anlagevermittler tätigen Mag. B***** und Karl K***** waren den Klägern gegenüber, gemessen am tatsächlichen Sachverhalt, unrichtig.
Das "Plusvorsorgepaket" wurde von Mag. B***** als Sparform angepriesen. Mag. B***** operierte mit dem Begriff "Immobilienaktie" und sicherte zu, daß es das Auf und Nieder des Kurses wie bei der "Industrieaktie" nicht gebe. Die R***** Aktien würden "auf Häusern" basieren; ein "eigenfinanzierter Immobilienfonds" berge kein Kursrisiko.
Demgegenüber hatte aber die R***** II ***** AG keineswegs bloß in Immobilien investiert, sondern hatte insbesondere kurz zuvor die Anteile der R***** Holding AG erworben, welche zu 100 % am Bankhaus R***** beteiligt war. Es war in keiner Weise dafür Vorsorge getroffen worden, das jeder Aktie anhaftende Kursrisiko für den Erwerber eines "Plusvorsorgepakets" auszuschließen oder auch nur zu minimieren. Zusätzlich mußte die Bewerbung als "Ansparmodell" und "Vorsorgeprojekt" beim Kunden den Eindruck verstärken, sein Geld sicher und gut verzinst anzulegen. Daß der Kläger Dr. S***** eine sichere Form der Geldanlege wünschte, mußte Mag. B***** wohl bekannt sein, hatte doch Dr. S***** seine Unzufriedenheit mit den starken Kursschwankungen bei bereits getätigten Aktienkäufen zum Ausdruck gebracht. Dr. S***** ging den Beteuerungen des Mag. B***** entsprechend von einer risikolosen Veranlagung aus und wollte seine Offerte nur mit dem entsprechenden Inhalt abgeben. Er hätte andernfalls das Geschäft nicht geschlossen. Er irrte somit aufgrund der Zusicherungen des Mag. B***** im Zusammenhang mit den Prospektangaben über die Entwicklung der Aktien der R***** II ***** AG und somit über eine wesentliche Eigenschaft der von ihm erworbenen Beteiligung (vgl zur Frage des wesentlichen Geschäftsirrtums beim Wertpapierkauf Koziol in Avancini-Iro-Koziol, Bankvertragsrecht II, Rz 6/35, 547 f).
Ähnliche Erwägungen treffen auch auf den Geschäftsabschluß der Monika H***** zu. Auch ihr gegenüber wurde die Anlage als risikolos angepriesen. Sie wurde als Investition in einem Immobilienfonds dargestellt. Ein Sinken des Wertes wurde mit Sicherheit ausgeschlossen. Monika H***** hätte ohne diese Beteuerungen die Beteiligung ebenfalls nicht erworben.
Aufgrund der untrennbaren Einheit zwischen Aktienerwerb, Partizipationsscheinerwerb und Erwerbsfinanzierung durch Krediteinräumung und der Zurechenbarkeit der den Irrtum hervorrufenden Erklärungen der Anlagevermittler ist daher die Anfechtung der zwischen den Klägern und der L***** geschlossenen Verträge insgesamt berechtigt.
Darauf, ob das mit dem Ankauf der R***** Bank verbundene Risiko für die L***** oder ihre Vertragsgehilfen erkennbar gewesen war, kommt es nicht an. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob die R*****-Immobiliengewinnscheine I und II seitens des Bundesministeriums für Finanzen als zur Abdeckung des Deckungserfordernisses gemäß § 77, 78 VAG für geeignet befunden wurden, wie die beklagte Partei behauptet. Wie die Vorinstanzen zutreffend ausgeführt haben, ist für die Irrtumsanfechtung ein Verschulden bei Veranlassen des Irrtums nicht erforderlich. Es genügt vielmehr jedes für die Entstehung des Irrtums ursächliche Verhalten (SZ 28/103 uva). Da Geschäftsirrtum zu bejahen ist, ist auch nicht zu prüfen, ob den Beteiligten ein - beim Motivirrtum beachtliches - listiges Vorgehen anzulasten ist.
Die erfolgreiche Anfechtung der Verträge führt zur Rückabwicklung, worauf der zweite Teil des Hauptbegehrens der Kläger gerichtet ist.
Haben beide Teile des angefochtenen Vertrages Leistungen erbracht, so erfolgt die Rückabwicklung Zug um Zug. Darauf ist aber nicht von Amts wegen, sondern nur auf Einrede bedacht zu nehmen (JBl 1981, 256; Rz 1991/22; Mietslg 34.118 ua). Die beklagte Partei hat eine solche Einrede im vorliegenden Verfahren nicht erhoben.
Letztendlich wurde hier der Kaufpreis der Wertpapiere den Klägern als Käufer durch Eröffnung eines entsprechenden Kreditkontos kreditiert. Die Kläger begehren im wesentlichen jenen Teil des kredierten Kaufpreises für die Wertpapiere von der Bank, die bei Effektengeschäften in der Regel ein Selbsteintrittsrecht ausübt. Den Einwand allfälliger Bereicherung der Kläger hat die beklagte Partei nicht erhoben.
Die dem Hauptbegehren stattgebenden Entscheidungen der Vorinstanzen waren daher zu bestätigen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO.
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