Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Rekurskosten bilden weitere Verfahrenskosten erster Instanz.
Text
Begründung
Die am 31. 7. 1993 vor dem Standesamt Graz zwischen Karin H***** und Robert H***** geschlossene Ehe wurde mit Urteil vom 26. 2. 1998 zu 31 C 94/97a des Bezirksgerichtes für ZRS Graz gemäß § 55 Abs 1 EheG geschieden und dabei ausgesprochen, daß gemäß § 61 Abs 3 EheG den Antragsgegner das Verschulden trifft.
Am 28. 4. 1998 beantragte Karin H***** die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gemäß den §§ 81 ff EheG in der Form, daß ihr ob der ideellen (außerbücherlichen) Hälfte des Antragsgegners Robert H***** am Hause *****G***** F*****weg 21, samt Hausgarten das lebenslängliche unentgeltliche Fruchtgenußrecht eingeräumt werde. Sie brachte vor, daß das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse im wesentlichen aus dem Haus F*****weg 21 samt Inventar und Hausgarten bestehe. Dieses Haus sei von den Parteien von 1986 bis 1989, sohin vor der Eheschließung, errichtet worden. Es liege eine Bauführung auf fremdem Grund vor, weil sich die Liegenschaft Grundbuch ***** R*****, EZ *****, im Eigentum der Mutter des Antragsgegners Jutta H***** befinde. Ursprünglich sei geplant gewesen, die Baufläche samt Hausgarten aus dem Gutsbestand dieser Liegenschaft abzuschreiben und hiefür eine neue Einlagezahl zu eröffnen und den Parteien dieses Verfahrens grundbücherliches Eigentumsrecht zu verschaffen. Da sich das Haus jedoch im Bereich der Hoffläche der auf dieser Liegenschaft betriebenen Landwirtschaft befindet, sei eine Abtrennung nicht möglich gewesen. Die Bauführung sei mit Wissen und Willen der Eigentümerin erfolgt, sodaß die Parteien dieses Verfahrens durch diese Bauführung außerbücherliche Eigentümer geworden seien. Die Finanzierung des Bauvorhabens sei unter Verwendung des laufenden Einkommens und Inanspruchnahme eines Kredites über S 500.000,- -, welcher auf der Liegenschaft durch Begründung eines Pfandrechtes im Höchstbetrag von S 650.000,-- pfandrechtlich sichergestellt worden sei, erfolgt. Vor rund 10 Jahren sei das Erdgeschoß des Hauses fertiggestellt und bezogen worden. Das erste Obergeschoß sei bis auf weiteres im Rohbauzustand verblieben und ab 1992 von einem Bruder des Antragsgegners ausgebaut worden und diene der Wohnversorgung seiner Familie. Die Antragstellerin sei auf Benützung des Hauses, somit der früheren Ehewohnung, angewiesen. Die Grundeigentümerin, die Mutter des Antragsgegners, habe ihr darüber hinaus mündlich unentgeltlich ein Wohnrecht an den von ihr benützten Räumen eingeräumt.
Der Antragsgegner beantragte die Abweisung des von der Antragstellerin erhobenen Aufteilungsbegehrens. Das noch vor der Eheschließung fertiggestellte Haus unterliege gemäß § 82 Abs 1 Z 1 EheG nicht der Aufteilung. Während der fünfmonatigen ehelichen Lebensgemeinschaft hätten die Streitteile keine Vermögenswerte geschaffen und liege kein Vermögenszuwachs in bezug der Ehewohnung vor. Die Antragstellerin sei arbeitsfähig und verfüge über ein entsprechendes Einkommen, um sich eine gesonderte Wohnversorgung zu sichern, die Ehewohnung stelle keine Existenzfrage dar, weshalb die Bestimmung des § 82 Abs 2 EheG nicht zum Tragen komme. Selbst unter der Annahme, daß die Ehewohnung der Aufteilung unterliegen würde, wäre die Antragstellerin verpflichtet, eine entsprechende Ausgleichszahlung für die vom Antragsgegner erbrachten Leistungen im Zusammenhang mit der Schaffung der Ehewohnung zu erbringen. Da die Antragstgellerin dazu nicht annähernd in der Lage sei, sei schon aus diesem Grund die Einräumung des begehrten Fruchtgenusses nicht möglich. Im Hinblick darauf beantragte der Antragsgegner, ihm die Ehewohnung zuzuweisen und die Antragstellerin zu verpflichten, diese zu räumen und dem Antragsgegner geräumt von ihren Fahrnissen zu übergeben.
Mit Schriftsatz vom 18. 6. 1998 trat Jutta H***** gemäß § 229 AußStrG als Beteiligte dem Verfahren bei. Der Antrag der Antragstellerin auf Zurückweisung dieser Beitrittserklärung wurde mit Beschluß vom 2. 9. 1998 rechtskräftig abgewiesen.
Das Erstgericht wies den Aufteilungsantrag der Antragstellerin zurück und verwies die Parteien zur Klärung der streitigen Rechtsfrage der Eigentumsverhältnisse an der Ehewohnung F*****weg *****, *****G***** gemäß § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG auf den Rechtsweg. Aufgrund des gesamten Vorbringens sei evident, daß die Eigentumsverhältnisse am Haus der Streitteile offensichtlich ungeklärt und daher strittig seien. Gemäß § 82 Abs 2 EheG unterliege die Ehewohnung, sofern ein Ehegatte auf deren Weiterbenützung dringend angewiesen sei, auch dann der Aufteilung, wenn sie ein Ehegatte in die Ehe eingebracht habe. Gemäß § 87 EheG sei, wenn die Voraussetzungen des § 82 Abs 2 EheG vorlägen, die Ehewohnung, wenn ein oder beide Ehegatten daran ein dingliches Recht hätten, nach den Grundsätzen des § 87 Abs 2 EheG und wenn die Ehewohnung aufgrund eines obligatorischen Titels benützt werde, nach den Grundsätzen des Abs 2 leg cit gerichtlich aufzuteilen. Sohin könne die Ehewohnung nur aufgeteilt werden, wenn feststehe, aufgrund welchen Titels die nunmehrigen Streitteile die Ehewohnung bewohnt hätten.
Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung über Rekurs aller Parteien dahin ab, daß es die Zurückweisung des Aufteilungsantrages aufhob und dem Erstgericht eine nach Verfahrensergänzung zu treffende neue Entscheidung auftrug. Es bewertete den Wert des Streitgegenstandes als mit S 260.000 übersteigend und erklärte die Erhebung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof für zulässig. § 235 Abs 1 AußStrG normiere eine Erweiterung des Aufteilungsverfahrens. Die aus § 235 AußStrG abzuleitende Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für Ansprüche gegen den anderen Ehegatten, die eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse beträfen, setze nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, daß diese Gegenstände der Aufteilung unterliegen; dann erfasse sie nicht nur Leistungs-, sondern auch Feststellungs- und Rechtsgestaltungsklagen, soferne eine Rechtsgestaltung über den Gegenstand der Klage der nachehelichen Aufteilung unterworfen sei. Sei die Eigenschaft eines Vermögenswertes als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen - wie hier - strittig, dann habe der Außerstreitrichter bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und (erst darnach) über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden. Nach diesen Grundsätzen bestehe also ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens. Soweit aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten betroffen sei, solle zuerst dessen Rechtszuständigkeit geklärt werden; erst danach seien Rechtsstreitigkeiten der Ehegatten untereinander fortzuführen. Damit soll verhindert werden, daß das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine noch mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt würde. Die Verweisung der Streitteile auf den Rechtsweg gemäß § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG zur Klärung der Eigentumsverhältnisse an der Ehewohnung und die Zurückweisung des gegenständlichen Aufteilungsantrags sei daher zu Unrecht erfolgt. Das Erstgericht werde somit im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die Streitteile nach § 418 ABGB Grundeigentum erworben hätten. Sei dies der Fall, so unterliege das Haus der Aufteilung im Sinne des § 81 Abs 2 EheG. Stelle sich aber heraus, daß die Ehewohnung nicht im Eigentum zumindest eines der Ehepartner stehe, könnte diese auch nicht aufgeteilt werden, weil eine Vermögensaufteilung begrifflich voraussetze, daß dieses Vermögen im Eigentum eines der Ehepartner stehe. Ein Vermögenszuwachs im Eigentum eines Dritten könne daher nicht dem Aufteilungsanspruch zwischen ehemaligen Ehegatten unterliegen. Auch ein durch Investitionen bewirkter Wertzuwachs im Vermögen eines Dritten stelle kein aufzuteilendes Vermögen dar. Ob der Antragstellerin in diesem Fall ein kondiktionsrechtlicher Bereicherungsanspurch gegen den Eigentümer des Hauses F*****weg ***** zusteht, sei nicht im Aufteilungsverfahren zu prüfen. Falle die Ehewohnung in die Aufteilungsmasse, sei zu beachten, daß der in der Bestimmung des § 90 Abs 1 EheG für unbewegliches Vermögen ausgedrückte Bewahrungsschutz, daß nämlich jedem Ehegatten sein Eigentum an Grund und Boden möglichst erhalten bleiben solle, gegebenenfalls hinter den leitenden Grundgedanken der gesetzlichen Aufteilungsregelung, daß die häufig eine ständige Quelle für Auseinandersetzungen bildenden vermögensrechtlichen Bindungen der früheren Ehegatten nach Möglichkeit vollkommen aufgehoben werden sollen, zurückzutreten habe. Die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes sei grundsätzlich - wie beantragt - möglich, was im vorliegenden Fall zum Ergebnis führen würde, daß die Antragstellerin Gesamtnutzungsberechtigte an der ehemaligen Ehewohnung werden würde, da ihr die weitere Hälfte eigentümlich zustehen würde. Wie weit sich dieser Umstand auf eine Ausgleichszahlung gemäß § 94 EheG auswirken müßte, bliebe einer sorgfältigen Überprüfung durch das Erstgericht vorbehalten. Auch sei im fortgesetzten Verfahren zu klären, ob einer der geschiedenen Ehegatten zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse auf die Weiterbenützung der Ehewohnung angewiesen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurse aller Beteiligten sind nicht berechtigt.
Vorweg ist festzuhalten, daß der Rekursantrag der Antragstellerin, der angefochtene Beschluß solle dahin abgeändert werden, daß dem Erstgericht die Durchführung des gesetzlichen Verfahrens nach den Bestimmungen der §§ 229 ff AußStrG ausgehend von der Rechtsansicht, daß die gegenständliche Ehewohnung der Aufteilung unterliege, aufgetragen werden möge, mangels Bestimmtheit nicht dem Gesetz entspricht. Da die Antragstellerin jedoch nach dem Inhalt ihres Rechtsmittels nach wie vor die Einräumung eines Fruchtgenußrechtes an der Hälfte des gegenständlichen Hauses anstrebt und diesen Anspruch aufgrund des vorliegenden übereinstimmenden Parteienvorbringens bereits als gegeben erachtet, war von einem Verbesserungsverfahren abzusehen (vgl § 14a Abs 1 AußStrG).
Das Rekursgericht hat die Rechtslage in bezug auf das durchzuführende Aufteilungsverfahren zutreffend erkannt.
§ 235 Abs 1 AußStrG normiert eine Erweiterung des Aufteilungsverfahrens. Macht ein Ehegatte ua binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe Ansprüche an den anderen Ehegatten hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend, so hat das Prozeßgericht mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen. Die aus § 235 AußStrG abzuleitende Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für Ansprüche an den anderen Ehegatten, die eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betreffen, setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, daß diese Gegenstände der Aufteilung unterliegen; dann erfaßt sie nicht nur Leistungs- sondern auch Feststellungs- und Rechtsgestaltungsklagen (SZ 54/126; EFSlg 47.408; NZ 1996, 65, sowie 7 Ob 2199/96). Ist die Eigenschaft eines Vermögenswertes als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen strittig, dann hat der zur Aufteilung angerufene Außerstreitrichter bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und über die Zulässigkeit des Aufteilungsverfahrens zu entscheiden (vgl SZ 54/126; NZ 1996, 65, sowie 7 Ob 2199/96).
Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung besteht also ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens. Soweit aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten betroffen ist, soll somit zuerst dessen Rechtszuständigkeit im Außerstreitverfahren geklärt werden; erst nach dort erfolgter Klärung, daß einzelne Gegenstände, Ersparnisse oder Rechte nicht der Aufteilung unterliegen können, Rechtsstreitigkeiten der Ehegatten untereinander im Streitweg geführt werden. Damit soll verhindert werden, daß das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine noch mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt würde (Feil/Holeschowsky, Unterhalt und Vermögensrecht nach der Scheidung2, 217 Rz 5 zu § 235 AußStrG; NZ 1996, 65).
Mündet eine Lebensgemeinschaft in eine Ehe, behalten die von den Lebensgefährten einzeln oder gemeinsam in die Ehe eingebrachten Sachen ihre bisherige rechtliche Zuordnung, sei es als Eigentum eines der beiden Lebensgefährten, sei es als gemeinschaftliches Eigentum, und gehören im Fall der Auflösung der Ehe nicht in die Aufteilungsmasse (EvBl 1983/102 uva). Die Frage, wer den Hausbau finanziert hat und wer Eigentümer des Hauses ist, ist dann für die Frage, ob das Haus in das Aufteilungsverfahren einzubeziehen ist, ohne Bedeutung.
Gemäß § 82 Abs 2 EheG ist zwar die Ehewohnung - als Ausnahme von der Ausnahme - in die Aufteilung auch dann einzubeziehen, wenn sie in die Ehe eingebracht wurde, jedoch nur, wenn ein Ehegatte zur Sicherung seiner Lebensbedürfnisse dringend darauf angewiesen ist („auf dessen“ im zweiten Halbsatz des § 82 Abs 2 EheG bezieht sich auch auf die Ehewohnung: EvBl 1981/217; EvBl 1983/102; EvBl 1984/82 ua, zuletzt 7 Ob 2269/96; so im Ergebnis auch Pichler in Rummel 2 II, Rz 5 zu § 82 EheG).
Zu den Aufhebungsaufträgen des Rekursgeriches im Zusammenhang mit dem Eigentumserwerb nach dem dritten Satz des § 418 ABGB wäre zu bemerken, daß vor einer abschließenden Feststellung all der Umstände, wie es zur Bauführung gekommen ist, ob und welche Vereinbarungen ausdrücklich bzw stillschweigend mit wem zustandegekommen sind, eine Beurteilung aufgrund der bisher erstatteten Vorbringen spekulativ sind, zumal diese Beurteilung auch übergeht, daß die früheren Grundeigentümer das Bauansuchen unterfertigt haben. Es wird Sache der Beteiligten sein, die entsprechenden Behauptungen aufzustellen und zu beweisen, um eine verläßliche, derzeit allerdings in keiner Weise konkret absehbare Beurteilung dieses Problems zu ermöglichen.
Der Kostenvorbehalt stützt sich auf § 234 AußStrG.
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