OGH 7Ob2199/96z

OGH7Ob2199/96z30.7.1996

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Warta als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Niederreiter, Dr.Schalich, Dr.Tittel und Dr.I.Huber als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing.Katarina K*****, vertreten durch Dr.Heinz-Dieter Flesch, Rechtsanwalt in Voitsberg, wider die beklagte Partei Prof.Horst K*****, vertreten durch Dr.Gerhard Hackenberger und Dr.Sonja Hackenberger-Krutzler, Rechtsanwälte in Graz, wegen eidlicher Vermögensangabe (Streitweit gemäß § 56 Abs 2 Satz 3 JN S 30.000,--), infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen Punkt 2 des Beschlusses des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 10.Mai 1996, GZ 2 R 178/96b-23, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 14.Februar 1996, GZ 29 C 108/95t-16, bestätigt wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird Folge gegeben und Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses dahin abgeändert, daß die Entscheidung wie folgt zu lauten hat:

"Der streitige Rechtsweg über die vorliegende Klage ist nicht zulässig.

Die Rechtssache wird dem Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz als dem für die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse der Streitteile zuständigen Außerstreitgericht überwiesen.

Die Kosten des bisherigen Verfahrens (einschließlich des Rechtsmittelverfahrens) werden der Endentscheidung vorbehalten."

Text

Begründung

Die Ehe der Streitteile ist geschieden. Beim Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz ist zu 29 F 13/94 ein Verfahren zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse anhängig. Mit Beschluß vom 11.5.1995 wurde dieses Verfahren bis zur rechtkräftigen Erledigung des Verfahrens über die vorliegende Klage innegehalten.

Die Klägerin begehrt vom Beklagten, gemäß Art XLII EGZPO sein Vermögen im Zeitpunkt der Eheschließung am 22.3.1986 und im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft durch Auszug der Klägerin aus der Ehewohnung am 1.4.1990 anzugeben (lit a), die unter Punkt 1 bis 16 in der Klage angeführten Vermögenswerte als zum Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft vorhanden und in seinem Besitz befindlich anzugeben (lit b) sowie die weiteren Vermögenswerte, welche nicht in lit b enthalten sind, zum genannten Stichtag anzugeben (lit c). Der Beklagte habe im Aufteilungsverfahren seine Zustimmung, in seine Konten einzusehen, widerrufen und angegeben, daß er im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft nur ein Sparguthaben von S 806,24 gehabt habe. Dagegen lasse sich einer (früheren) Aufstellung des Beklagten entnehmen, daß er über nachhaltige Vermögenswerte wie Aktien, Bausparverträge, Gold, Sparbücher, Wertpapiere, Genußscheine udgl verfüge. Dieses Vermögen sei großteils während der Ehe angesammelt worden. Die Klägerin habe ein Interesse daran, daß der Beklagte das in der Ehe erworbene Vermögen, welches er nunmehr verschweige oder verheimliche, angebe. Ihr Begehren finde auch in den §§ 81 ff EheG Deckung, weil sich der Beklagte im Aufteilungsverfahren geweigert habe, entsprechende Angaben über sein Vermögen zu machen.

Der Beklagte wendete die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für die vorliegende Klage ein. Die Klägerin habe eine Verschweigung oder Verbringung von der Aufteilung unterliegenden Vermögensstücken nicht konkret behauptet. Der Beklagte habe derartige Handlungen auch nicht vorgenommen. Eine Geldflußaufstellung könne mit einer auf den zweiten Fall des Art XLII EGZPO gestützten Klage nicht verlangt werden. Einen privatrechtlichen Anspruch auf Rechnungslegung habe die Klägerin nicht.

Das Erstgericht wies die Klage nach abgesonderter Verhandlung über die Prozeßeinrede wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurück. Keiner der in Art XLII EGZPO für eine zulässige Manifestationsklage genannten Fälle liege hier vor. Nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts habe ein Ehegatte gegen den anderen Ehegatten keinen Anspruch auf Rechnungslegung oder Bekanntgabe eines Vermögens. Eine Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens durch den Beklagten habe die Klägerin nicht behauptet. In Wahrheit wolle die Klägerin nur eine Grundlage für ihre im Aufteilungsverfahren geltend gemachten Ansprüche erlangen. Die Angabe einer Vermögensentwicklung, wie sie die Klägerin begehre, könne nicht Gegenstand eines Anspruches nach dem zweiten Fall des Art XLII EGZPO sein.

Das Rekursgericht bestätigte mit Punkt 2 des angefochtenen Beschlusses diesen Beschluß und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Oberste Gerichtshof habe Manifestationsklagen zwischen Ehegatten während aufrechter Ehe zwar für zulässig erklärt. Nach rechtskräftiger Scheidung der Ehe aber sei eine solche Klage neben dem Außerstreitverfahren nach den §§ 81 ff EheG nicht zulässig. Der Gesetzgeber habe Aufteilungsansprüche in das Außerstreitverfahren verwiesen. Streitige Verfahren neben diesem durch die §§ 81 ff EheG, §§ 229 ff AußStrG geregelten Bereich seien nur ausnahmsweise zulässig. Auch aus § 91 Abs 1 EheG, wonach von einem Ehegatten verringertes Gebrauchsvermögen bzw verringerte eheliche Ersparnisse in die Aufteilung einzubeziehen seien, ergebe sich die Unzulässigkeit einer Manifestationsklage über das Vorhandensein ehelicher Ersparnisse neben dem Außerstreitverfahren.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen von der Antragstellerin erhobene Revisionsrekurs ist nur im Ergebnis berechtigt.

Daß die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse in das Außerstreitverfahren verwiesen ist, begründet für sich allein noch nicht die Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für die vorliegende Klage, weil es bei der Manifestationsklage gemäß Art XLII EGZPO nicht um ein Rechtsgestaltungsbegehren im Sinne der §§ 81 ff EheG, sondern um den Anspruch auf Rechnungslegung oder auf eidliche Bekanntgabe eines Vermögens geht. Es wurde auch schon ausgesprochen (SZ 53/150; SZ 53/153; SZ 54/126; SZ 65/65), daß Ansprüche auf Durchsetzung oder Anfechtung nach § 97 Abs 2 EheG zulässig getroffener Vereinbarungen über die Aufteilung im Streitverfahren zu verfolgen sind, also die Durchsetzung von Ansprüchen hinsichtlich der nachehelichen Aufteilung unterliegender Sachen im streitigen Verfahren durchaus möglich ist.

§ 235 Abs 1 AußStrG normiert aber eine Erweiterung des Aufteilungsverfahrens. Macht ein Ehegatte ua binnen einem Jahr nach Eintritt der Rechtskraft der Scheidung, Aufhebung oder Nichtigerklärung der Ehe Ansprüche an den anderen Ehegatten hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen, im streitigen Verfahren geltend, so hat das Prozeßgericht mit Beschluß die Unzulässigkeit des streitigen Rechtswegs auszusprechen und die Rechtssache dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen; ist beim Ablauf des Jahres ein Verfahren über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse anhängig, so endet die Frist mit Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung in diesem Verfahren. Die aus § 235 AußStrG abzuleitende Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges für Ansprüche an den anderen Ehegatten, die eheliches Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betreffen, setzt nach dem Wortlaut der Bestimmung voraus, daß diese Gegenstände der Aufteilung unterliegen; dann erfaßt sie nicht nur Leistungs- sondern auch Feststellungs- und Rechtsgestaltungsklagen (SZ 54/126; EFSlg 47.408; NZ 1996, 65), soferne eine Rechtsgestaltung über den Gegenstand der Klage der nachehelichen Aufteilung unterworfen ist (SZ 54/126; NZ 1996, 65). Die Frage, ob das mit der Klage erhobene Begehren in den Aufgabenkreis des Außerstreitrichters nach § 235 AußStrG fällt, ist vom Streitrichter zu lösen; er hat vorweg zu beurteilen, ob die von der Klage betroffenen Sachen oder Rechte der Aufteilung unterliegen, wobei nicht nur das Vorhandensein negativer, sondern auch das Fehlen positiver Merkmale zu prüfen ist (SZ 54/126; NZ 1996, 65). Ist die Eigenschaft eines Vermögenswertes als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen strittig, dann hat sowohl der mit einem sonst zulässigen Begehren angerufene Streitrichter als auch der Außerstreitrichter bei der Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden (SZ 54/126; NZ 1996, 65).

Nach diesen Grundsätzen der Rechtsprechung besteht also ein Vorrang des Aufteilungsverfahrens. Soweit aufzuteilendes Vermögen der Ehegatten betroffen ist, soll zuerst dessen Rechtszuständigkeit geklärt werden; erst danach sind Rechtsstreitigkeiten der Ehegatten untereinander fortzuführen. Damit soll verhindert werden, daß das in einem Rechtsstreit gewonnene Ergebnis durch eine noch mögliche Rechtsgestaltung im Außerstreitverfahren umgestoßen oder überholt würde (Feil/Holeschowsky, Unterhalt und Vermögensrecht nach der Scheidung2, 217 Rz 5 zu § 235 AußStrG; NZ 1996, 65).

Mit dem Ausdruck "Ansprüche ..... hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens" wurde der Zusammenhang eines Anspruchs mit dem Aufteilungsverfahren demnach weit gefaßt. Nicht nur der Anspruch auf Teilung einer zum ehelichen Gebrauchsvermögen gehörenden Sache (SZ 54/36; SZ 54/126; EvBl 1986/6), die Räumungsklage hinsichtlich der Ehewohnung (2 Ob 1540/95) oder Ansprüche wegen des Erlöschens von Ehepakten gemäß § 1266 ABGB (NZ 1996, 65) fallen in diese Zusammenhangszuständigkeit. Auch der Anspruch auf Rechnungslegung oder eidliche Vermögensangabe gemäß Art XLII EGZPO ist, wenn er das eheliche Gebrauchsvermögen oder eheliche Ersparnisse betrifft, ein in § 235 Abs 1 AußStrG mit den Worten "Ansprüche .... hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse" umschriebener Anspruch.

Die Frage, ob ein Ehegatte gegen den anderen Ehegatten Anspruch auf Rechnungslegung nach dem bürgerlichen Recht oder - wegen Verschweigung oder Verheimlichung eines Vermögens - auf eidliche Vermögensangabe hat, ist daher ebenfalls im Aufteilungsverfahren zu beurteilen, so daß der Außerstreitrichter - wie sonst der Richter in einem Verfahren gemäß Art XLII EGZPO - zunächst über den Manifestationsanspruch und dann über den sich daraus ergebenden Aufteilungsanspruch zu entscheiden hat. Dieser Ansicht stehen die Entscheidungen EFSlg 52.132 und 54.987/7, wonach während aufrechter Ehe eine Klage gegen den Ehegatten auf Bekanntgabe eigenmächtig entzogener ehelicher Ersparnisse zulässig ist, nicht entgegen, weil § 235 Abs 1 ZPO und damit der Vorrang des Außerstreitverfahrens erst dann Platz greift, wenn die Ehe geschieden, aufgehoben oder für nichtig erklärt wird und damit erst Anträge auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse erhoben werden können.

Nach dem Vorbringen in der Klage soll der Beklagte - ungeachtet des zu weit gefaßten Urteilsantrags - nur jenes Vermögen eidlich angeben, das er während der Dauer der Ehe angesammelt hat. Der geltend gemachte Anspruch betrifft daher nur der Aufteilung unterliegende Sachen, so daß es hier einer Erhebung, ob die von der Klage betroffenen Sachen der Aufteilung unterliegen (SZ 54/126; NZ 1996,

65) nicht mehr bedarf.

Die Rechtssache ist daher insgesamt dem zuständigen Außerstreitgericht zu überweisen.

Die Entscheidung über die Kosten des bisherigen Verfahrens einschließlich der Kosten des Rechtsmittel- verfahrens gründet sich auf § 235 Abs 2 ZPO.

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