OGH 6Ob680/81

OGH6Ob680/8116.9.1981

SZ 54/126

Normen

AußstrG §229
AußstrG §235
EheG §81
EheG §82
EheG §85
JN §1
JN §104b
AußstrG §229
AußstrG §235
EheG §81
EheG §82
EheG §85
JN §1
JN §104b

 

Spruch:

Ist die Eigenschaft eines Vermögenswertes als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen strittig, hat der mit einem sonst zulässigen Begehren angerufene Streitrichter ebenso wie der Außerstreitrichter im Rahmen der ihm obliegenden Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und über die Zulässigkeit des Rechtswegs zu entscheiden

Für die Beurteilung einer Wohnung als Ehewohnung im Sinne des § 81 Abs. 2 EheG ist die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zur Stätte des den Ehegatten gemäß § 90 ABGB grundsätzlich obliegenden gemeinsamen Wohnens entscheidend

OGH 16. September 1981, 6 Ob 680/81 (LGZ Wien 43 R 2194/80; BG Hiezing 6 C 423/78)

Text

Die Ehe der Streitteile wurde mit dem Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien vom 12. Juni 1978 geschieden.

Mit der am 19. Juli 1978 beim Bezirksgericht Hietzing eingebrachten Klage begehrt die Klägerin u. a. die urteilsmäßige Feststellung, (a) daß ihr die ausschließlichen Rechte an der von ihr derzeit innegehabten Wohnung in Wien H-Gasse 12/1/5 zustehen, (b) daß diese Wohnung nicht als Ehewohnung zu betrachten ist und (c) daß der Beklagte kein Recht hat, jetzt oder irgendwann über diese Wohnrechte zu verfügen. Dazu brachte die Klägerin im wesentlichen vor, sie habe den Beklagten am 9. Oktober 1932 geheiratet und den letzten gemeinsamen Haushalt mit ihm in einem Haus im 23. Wiener Gemeindebezirk geführt. Der Beklagte habe im Jahr 1965 die eheliche Gemeinschaft mit der Klägerin einer wesentlich jüngeren Frau wegen verlassen. Der Beklagte habe im Jahr 1973 die ihm im Erbweg zugefallene Liegenschaft mit dem Wohnhaus im 23. Wiener Gemeindebezirk um eine Million Schilling verkauft und sich zur Übergabe der Liegenschaft, auf der die Klägerin nach wie vor gewohnt habe, im geräumten Zustand verpflichtet. Aus diesem Grund habe der Beklagte die finanziellen Vorleistungen dafür erbracht, daß die Klägerin als Mieterin mit einer gemeinnützigen WohnbaugesmbH als Vermieterin über die im Urteilsbegehren genannte Wohnung im 12. Wiener Gemeindebezirk den Mietvertrag vom 3. April 1973 habe schließen können. Diese Wohnmöglichkeit habe der Beklagte nicht als Ehewohnung angeschafft, er habe sich selbst niemals in dieser Wohnung aufgehalten. Im Scheidungsverfahren habe er sich aber auf den Standpunkt gestellt, an der von der Klägerin benützten, von ihm als Eigentums- oder Genossenschaftswohnung bezeichneten Wohnung stunde ihm ein Recht zu. Die Klägerin könnte aus Gesundheitsrücksichten genötigt sein, sich in ein Pensionistenheim aufnehmen zu lassen und müßte sich für diesen Fall die Möglichkeit vorbehalten, ihre Nutzungsrechte an der Wohnung entgeltlich weiterzugeben. Der Beklagte habe sich ausschließlich ihr zustehender Rechte an der Mietwohnung gerühmt, daraus leite die Klägerin ihr Feststellungsbegehren ab. Darüber sei vor oder nach eingetretener Rechtswirksamkeit der Scheidung im Rechtsstreit und nicht im außerstreitigen Verfahren zu erkennen.

Der Beklagte meldete in der ersten Tagsatzung nicht nur die Einrede der örtlichen Unzuständigkeit des angerufenen Gerichtes, sondern auch die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges an. Zu diesen Einreden führte er aus, die im Klagebegehren genannte Wohnung läge im Sprengel des Bezirksgerichtes Fünfhaus, diese Wohnung sei nach der Aufgabe der letzten gemeinsamen Wohnung der Streitteile zufolge Liegenschaftsverkauf erworben worden, die Klägerin habe auch alle Möbel aus der geräumten ehemals gemeinsamen Wohnung im verkauften Haus in die neue Wohnung mitgenommen. Diese (Eigentums-)Wohnung sei Ehewohnung, als eheliches Gebrauchsvermögen unterliege sie der Aufteilung im außerstreitigen Verfahren. Im Verlauf des Rechtsstreites brachte der Beklagte in Ergänzung dazu vor, daß er am 15. Feber 1979 zur AZ F 3/79 beim Bezirksgericht Liesing einen Antrag auf Aufteilung gestellt habe, der auch die Rechte an der im Klagebegehren genannten Wohnung zum Gegenstand habe. Der Beklagte machte weiters gelten, daß das am 12. Juli 1978 verkundete Scheidungsurteil noch im September 1978 den Parteien nicht zugestellt gewesen sei, sodaß die Ehe damals noch dem Bande nach aufrecht bestanden habe. In einem späteren Vorbringen im Widerspruch zu einer im Zug des Verfahrens erlassenen einstweiligen Verfügung behauptete der Beklagte, daß das Scheidungsurteil - mit Ausnahme der Kostenentscheidung - seit 27. Oktober 1978 rechtskräftig sei.

Das Erstgericht verwarf mit dem in die Urteilsausfertigung aufgenommenen Beschluß die Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges ebenso wie die übrigen erhobenen Einreden und gab dem Feststellungsbegehren statt.

Es stellte folgenden wesentlichen Sachverhalt fest: Der Beklagte verließ im Jahr 1972 die eheliche Gemeinschaft und kehrte niemals mehr zur Klägerin zurück. Er stellte der Klägerin im Jahr 1973 die nun strittige Mietwohnung zur Verfügung und verkaufte das Haus, in dem die Klägerin bis dahin gewohnt hatte. Die Klägerin wurde Mieterin dieser Wohnung. Für die Zur- Verfügung-Stellung" dieser Wohnung wandte der Beklagte den Betrag von 100 000 S auf. Im Zuge der Räumung des verkauften Hauses nahm die Klägerin auch Schmuck und Wäschestücke des Beklagten in ihre Mietwohnung mit. Im Jahre 1977 ließ der Beklagte seine letzten in der Verwahrung der Klägerin verbliebenen persönlichen Sachen aus der Mietwohnung abholen. Die im Klagebegehren bezeichnete Wohnung steht ausschließlich der Klägerin zur Verfügung. Der Beklagte war niemals Mieter dieser Wohnung, zahlte niemals für sie Mietzins, er hat diese Wohnung niemals betreten. Die Klägerin wählte diese Wohnung selbst. Sie schloß den Mietvertrag und zahlte aus ihren Mitteln den laufenden Zins. Der Beklagte stellte der Klägerin diese Wohnung nur deshalb zur Verfügung, um sein Haus verkaufen zu können. Seine Zahlung von 100 000 S für die Wohnung hatte nur den Zweck, die Klägerin - die ohne die Mietwohnung obdachlos gewesen wäre - zum Auszug aus dem verkauften Haus zu bewegen. Die im Feststellungsbegehren genannte Wohnung war niemals Ehewohnung der Streitteile. Deshalb sei für das Feststellungsbegehren der Rechtsweg zulässig.

Das Berufungsgericht bestätigte die Verwerfung aller Prozeßeinreden mit Ausnahme jener der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges. Es hob das erstinstanzliche Urteil und das vorangegangene Verfahren in Ansehung des Feststellungsbegehrens als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück. Die Klägerin sei Mieterin der in ihrem Begehren bezeichneten Wohnung. Die Feststellung, daß dieser Wohnung die rechtliche Eigenschaft einer Ehewohnung nicht zukomme und daß dem Beklagten deshalb keine Rechte über die Wohnung zustunden, ziele im Ergebnis auf eine Entscheidung im Sinne des § 81 EheG mit dem Inhalt ab, die Aufteilung der als eheliches Gebrauchsvermögen zu wertenden (Ehe-)Wohnung zu verneinen. Ein darüber hinausgehendes Interesse der Klägerin sei ihrer Klage nicht zu entnehmen. Ob ein Vermögenswert der nachehelichen Aufteilung unterliege oder nicht, dürfe nicht unter Ausschaltung des dafür vorgesehenen außerstreitigen Verfahrens entschieden werden. Bloß unter dem Gesichtspunkt der Zulässigkeit einer nachehelichen Aufteilung über die im Feststellungsbegehren genannte Wohnung könne deren Qualifikation als Ehewohnung nicht zum zivilprozessualen Streitgegenstand erhoben werden, weil ein solches - verfahrensrechtliches - Interesse kein rechtliches Interesse im Sinne des § 228 ZPO darstelle. Ein Antrag zur nachehelichen Aufteilung sei im Ansehung der Ehewohnung - innerhalb der Jahresfrist des § 95 EheG - gestellt worden und das Verfahren hierüber anhängig. Das zeitliche Zuvorkommen der Erhebung des Feststellungsbegehrens im Rechtsstreit gegenüber dem Antrag auf Aufteilung im außerstreitigen Verfahren sei in diesem Zusammenhang unerheblich. Über das Feststellungsbegehren sei nicht im streitigen Rechtsweg zu entscheiden. Das angefochtene Urteil und das diesem vorangegangene Verfahren litten in diesem Umfang an Nichtigkeit im Sinne des § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Klägerin Folge und änderte den Beschluß des Berufungsgerichtes dahin ab, daß der Beschluß des Erstgerichtes über die Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges wiederhergestellt wurde.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Nach Auflösung der Ehe durch Gerichtsentscheidung unterliegen eheliches Gebrauchsvermögen und eheliche Ersparnisse materiellrechtlich einer nach den Billigkeitsgrundsätzen des § 83 EheG vorzunehmende Aufteilung. Diese ist in erster Linie einer Einigung der vormaligen Ehegatten überlassen. Soweit der materiellrechtliche wechselseitige Aufteilungsanspruch nicht im Sinne des § 97 EheG vertraglich geregelt, durch eine Einigung im Sinne des § 85 EheG verbraucht oder durch Zeitablauf im Sinne des § 95 EheG untergegangen ist, hat über ihn auf Antrag das sachlich gemäß § 104b JN und örtlich gemäß § 114b JN zuständige Gericht im Verfahren außer Streitsachen nach den §§ 229 ff. AußStrG zu entscheiden.

Eine solche Entscheidung über die gerichtliche Aufteilung begehrt die Klägerin nicht (auch nicht etwa im Sinne einer Aufrechterhaltung der bestehenden Rechtsverhältnisse). Sie verneint vielmehr, daß die Rechte an der im Klagebegehren bezeichneten Wohnung der nachehelichen Aufteilung unterworfen seien. Das erhobene Rechtsschutzbegehren ist zunächst dadurch gekennzeichnet, daß keine gerichtliche Aufteilung nach Billigkeit, sondern eine Feststellung strittig gewordener Rechtsverhältnisse nach der bestehenden Rechtslage verlangt wird. Von der Art des Rechtsschutzbegehrens her ist die Sache daher nicht in das außerstreitige Verfahren gewiesen. Die Erledigung des an das Gericht herangetragenen Begehrens fällt nicht in den durch § 229 AußStrG umrissenen primären Aufgabenbereich des Außerstreitrichters im Verfahren nach § 229 AußStrG.

Der Verfahrensgesetzgeber hat aber nicht bloß die rechtsgestaltende Aufteilungsentscheidung - gewissermaßen als Hauptaufgabenkreis - dem Außerstreitrichter überantwortet, sondern dessen Aufgabenkreis durch § 235 Abs. 2 AußStrG um einen vom möglichen Vorliegen dieses Hauptaufgabenbereiches abhängigen Zusammenhangsbereich erweitert. Die rechtspolitische Zielsetzung dieser Regelung ist in folgender verfahrensökonomischer Erwägung zu erblicken:

Der zur Entscheidung über die gerichtliche Aufteilung angerufene Außerstreitrichter kann gemäß §§ 86 ff. EheG rechtsgestaltende Anordnungen treffen. Steht eine solche rechtsgestaltende Anordnung in einem anhängigen Verfahren noch aus oder ist auch bloß die Einleitung eines derartigen Verfahrens noch möglich, bewirkt dies für die materielle Rechtslage, soweit eine gerichtliche Rechtsgestaltung noch möglich ist, eine Art Schwebezustand. Jeder Rechtsstreit, der auf der Grundlage einer in der erwähnten Art "unsicheren" Rechtslage zu entscheiden ist, ist davon bedroht, daß sein Ergebnis durch eine rechtsgestaltende Aufteilungsentscheidung umgestoßen und überholt würde. Aus dieser Sicht ist die positive Anordnung des Verfahrensgesetzgebers im § 235 AußStrG über den dem Prozeßgericht aufgetragenen Ausspruch der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges unter Überweisung an das zuständige Außerstreitgericht zu verstehen. Der Überweisung mit der verfahrensrechtlichen Wirkung nach § 235 Abs. 2 AußStrG (und nicht der einer Klagszurückweisung, wie hier das Berufungsgericht ausgesprochen hat) unterliegen alle im Prozeßweg erhobenen Ansprüche "hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen". In dieser Formulierung ist nicht bloß eine sprachliche Abwandlung, sondern die Hervorhebung einer wesentlichen sachlichen Beschränkung der Zulässigkeit des Außerstreitweges gegenüber der früheren Regelung nach § 18 Abs. 1 der 6. DVO zu erkennen. Die Geltendmachung von Ansprüchen eines vormaligen Ehegatten gegen den anderen wird durch § 235 Abs. 1 AußStrG nur dann in das Außerstreitverfahren gewiesen, wenn der Anspruch einen Bestandteil jener Vermögensmasse betrifft, die im konkreten Fall einer noch ausstehenden oder doch noch möglichen nachehelichen Aufteilung unterliegt (arg.. Ansprüche .... hinsichtlich ehelichen Gebrauchsvermögens oder ehelicher Ersparnisse, soweit sie der Aufteilung unterliegen ...). Diese Gesetzesanordnung (§ 1 AußStrG) läßt die Zulässigkeit des Rechtsweges für die Verfolgung eines Anspruches unberührt, der Sachen betrifft, die gemäß § 82 Abs. 1 EheG von der Aufteilung ausgeschlossen sind (vgl. JBl. 1981, 483 mit Literatur- und Rechtsprechungsnachweisung; im selben Sinne EvBl. 1981/75 und 7 Ob 636/81). Die sich aus § 235 Abs. 1 AußStrG ergebende Beschränkung einer Eröffnung des Außerstreitweges kann aber nicht nur bei solchen Sachen gelten, die deswegen von der nachehelichen Aufteilung ausgeschlossen sind, weil sie durch das Vorhandensein eines Negativmerkmales gekennzeichnet sind, sondern muß umsomehr bei Sachen gelten, die deshalb nicht zur Aufteilungsmasse gehören können, weil ihnen hiezu ein Positivmerkmal fehlt.

Die rechtliche Eigenschaft einer Wohnung als Ehewohnung oder als Teil ehelicher Ersparnisse ist nicht nur Voraussetzung dafür, daß die Zuweisung der künftigen Rechte an dieser Wohnung materiellrechtlich der nachehelichen Aufteilung unterliegt, sondern gleichzeitig auch Voraussetzung für eine auf § 235 Abs. 1 AußStrG zu grundende Zulässigkeit des außerstreitigen Rechtsweges.

Das Gesetz ordnet nicht besonders an, daß im Zweifelsfall über das Vorliegen der auch für die Rechtswegzulässigkeit maßgebenden Sacheigenschaft nur der Außerstreitrichter oder nur der Streitrichter zu erkennen hätte. Nach allgemeinem Verfahrensrecht hat grundsätzlich jeder Richter über die Rechtswegsvoraussetzungen selbst zu entscheiden. Daraus folgt für die durch § 235 Abs. 2 AußStrG gegebene Abgrenzung zwischen streitigem und außerstreitigem Verfahren:

Ist die Eigenschaft eines Vermögenswertes als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens oder der ehelichen Ersparnisse aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen strittig, hat der mit einem sonst zulässigen Begehren angerufene Streitrichter ebenso wie der Außerstreitrichter im Rahmen der ihnen obliegenden Prüfung der Verfahrensvoraussetzungen die erforderlichen Erhebungen zu pflegen und über die Zulässigkeit des Rechtsweges zu entscheiden. Für den angerufenen Streitrichter ergibt sich dies nicht zuletzt aus der Verweisungsbestimmung des § 235 Abs. 2 Satz 1 AußStrG, da §§ 44 und 46 Abs. 1 JN eine im Instanzenzug anfechtbare Entscheidung über die Verfahrensvoraussetzung unterstellen. Der angerufene Außerstreitrichter hat aber § 2 Abs. 2 Z. 1 AußStrG zu beachten. Ob zur Vermeidung paralleler Anspruchsverfolgung im streitigen und im außerstreitigen Verfahren ein Innehalten des Außerstreitverfahrens in Analogie zu § 127 Abs. 1 AußStrG in Betracht käme (vgl. JBl. 1981, 483 aE), ist im vorliegenden Fall nicht zu entscheiden.

Aus diesen Erwägungen ist dem Streitrichter auch die Befugnis zur Entscheidung darüber nicht abzusprechen, ob das an ihn herangetragene Begehren nicht etwa im Sinne des § 235 AußStrG in den Zusammenhangsaufgabenkreis des Außerstreitrichters fällt.

Dazu ist im vorliegenden Fall zu erwägen: Von der aus § 235 Abs. 1 AußStrG abzuleitenden Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges sind nicht nur Leistung-, sondern auch Feststellungsklagen betroffen, soweit das festzustellende Recht oder Rechtsverhältnis im oben dargestellten Sinn einer Rechtsgestaltung im Zug der noch ausstehenden nachehelichen Aufteilung unterworfen ist (vgl. zur Rechtswegszulässigung für Feststellungsbegehren Rsp 1933/280).

Die Rechte an einer Ehewohnung unterliegen der nachehelichen Aufteilung als Bestandteil des ehelichen Gebrauchsvermögens, wenn es sich um die Ehewohnung handelte, und zwar selbst dann, wenn sie durch die negativen Merkmale nach § 82 Abs. 1 Z. 1 EheG gekennzeichnet wäre. Unter den Voraussetzungen des § 81 Abs. 3 EheG könnten auch die Rechte an einer Wohnung einen Teil der der nachehelichen Aufteilung unterliegenden ehelichen Ersparnisse bilden. Ob dies bei bloßen Mietrechten auf bestimmte Zeit grundsätzlich zu verneinen oder unter bestimmten Umständen (etwa unter Bedachtnahme auf namhafte Mietzinsvorauszahlungen oder rückverrechenbare Baukostenbeiträge und ähnliches) anzuerkennen wäre, braucht im vorliegenden Fall nicht entschieden zu werden, weil nach dem zugrundezulegenden Sachverhalt jedenfalls das Negativmerkmal im Sinne des § 82 Abs. 1 Z. 2 EheG vorläge. Es bedarf daher nur die strittige rechtliche Eigenschaft als Ehewohnung einer Beurteilung.

Welche Merkmale für die rechtliche Eigenschaft einer Wohnung als Ehewohnung bestimmend sind, hat der Gesetzgeber des Ehe- RÄndG nicht positiv definiert. Dem Gesetzgeber schwebt eine Ausfüllung dieses Begriffes im Sinne der zur 6. DVEheG ergangenen Rechtsprechung vor (916 BlgNR, XIV GP 13). Nicht jede von einem Ehegatten während der Ehe in Benützung genommene Wohnung ist Ehewohnung. Das folgt nunmehr schon aus dem im § 92 Abs. 2 ABGB geregelten Fall. Andererseits mangelt einer Wohnung nicht schon deshalb die rechtliche Eigenschaft einer Ehewohnung, weil sie tatsächlich noch nicht oder nicht mehr von beiden Ehegatten gemeinsam benützt wird. Es ist denkbar, daß für ein Ehepaar mehrere Wohnungen Ehewohnungen sind, es ist aber auch denkbar, daß ein Ehepaar noch keine oder keine Ehewohnung mehr hat. Wesentlich ist die Widmung der Räumlichkeiten durch den über ihre Nutzung verfügungsberechtigten Ehegatten zur Stätte des den Ehegatten gemäß § 90 ABGB grundsätzlich obliegenden gemeinsamen Wohnens. Eine solche Widmung ist als Akt ehelichen Beistandes, vielfach auch als Akt der Unterhaltsgewährung einseitig nicht nach Willkür widerruflich. Im Fall dringenden Wohnbedarfes des anderen Ehegatten ist dies nun durch den Rechtsschutz nach § 97 ABGB positiv normiert, aber auch in den sonstigen Fällen nach dem erwähnten Widmungsakt anzunehmen. Eine Wohnung kann aber immer nur für beide Ehegatten oder für keinen von ihnen Ehewohnung sein, einerlei ob einer der beiden, beide, oder keiner von ihnen an ihr ein dringendes Wohnbedürfnis besitzt. Eine Vereinbarung über eine auf Dauer angelegte getrennte Wohnungsnahme verstieß zwar gegen die Grundsätze des § 90 ABGB; das schließt aber nicht aus, daß einer übereinstimmend nur zur Bewohnung durch einen der beiden Ehegatten bestimmten Wohnung mangels Widmung zur gemeinsamen Wohnung nicht der Charakter einer Ehewohnung zukommt.

Über die vom Beklagten eingewendete Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges hat das Erstgericht gemeinsam mit der Hauptsache verhandelt. Als Grundlage der Entscheidung ist das nicht auf den Zeitpunkt der Klagserhebung, sondern auf den des Schlusses der Verhandlung zu beziehende (RZ 1956, 140) Ergebnis des kontradiktorischen Verfahrens (RZ 1977/84) heranzuziehen.

Im vorliegenden Fall hat die Rekurswerberin ein dreigeteiltes Begehren auf Feststellung ihrer und des Beklagten Rechte an der in der Klage näher beschriebenen Mietwohnung mit der Behauptung erhoben, der Beklagte habe während aufrecht bestehenden Ehebandes, aber bereits jahrelang getrennter Lebensführung der Streitteile die von der Klägerin angemietete Wohnung "bezahlt" und im späteren Ehescheidungsverfahren behauptet, "ein Recht" an dieser von ihm als Eigentums- oder Genossenschaftswohnung bezeichneten Wohnung zu haben. Das eingangs zitierte Feststellungsbegehren läßt im Zusammenhang mit dem Vorbringen der Rekurswerberin folgende inhaltliche Bestimmung zu: Zwischen den Streitteilen sei festzustellen, daß a) alle Befugnisse aus der Rechtsstellung eines Vertragspartners der gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft mbH in Ansehung der Wohnung der Rekurswerberin allein zustunden, b) daß der Wohnung nicht die Eigenschaft einer Ehewohnung zukäme und c) daß der Beklagte nicht befugt sei, über Ansprüche zu verfügen, die dem Vertragspartner der genannten Wohnbaugesellschaft in Ansehung der Wohnung zustunden.

Die Klage wurde zu einem Zeitpunkt erhoben, als zwar das Urteil auf Scheidung der Ehe der Streitteile verkundet, die Urteilsausfertigungen aber den Parteien noch nicht zugestellt waren. Das Scheidungsurteil ist allerdings lange vor dem Schluß der Verhandlung erster Instanz, nach der auch ohne abgesonderte Verhandlung über die Prozeßeinreden des Beklagten entschieden wurde, rechtswirksam geworden.

Der Beklagte hatte bereits vorher die Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges mit der Ausführung erhoben, mangels Rechtswirksamkeit der Scheidung könne auch das Feststellungsbegehren nicht gestellt werden. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 13. November 1979 berief sich der Beklagte zur Dartuung der Berechtigung seiner Einrede der örtlichen Unzuständigkeit auf die Akten F 3/79 des Bezirksgerichtes Liesing. In der Tagsatzung vom 22. September 1980 brachte er ganz allgemein vor, daß seit 15. Feber 1979 ein Verfahren zu F 3/79 bezüglich der Ehewohnung vor dem Bezirksgericht Liesing anhängig sei.

Nach dem Standpunkt der Rekurswerberin hatte der Beklagte, als er nach jahrelanger - und von ihm offensichtlich auf Dauer angelegter - getrennter Lebensführung die Liegenschaft mit dem Haus, in dem die seinerzeit gemeinsam benützte Wohnung lag, verkaufte und in Erfüllung seiner Verkäuferpflichten geräumt zu übergeben hatte, der Rekurswerberin eine Mietwohnung "gekauft", in der er aber - ebensowenig wie anderswo - jemals mit der Rekurswerberin zusammenzuleben beabsichtigte. Die Wohnung sei in diesem Sinn nicht als Ehewohnung angeschafft (gewidmet) worden. (Damit steht die Prozeßbehauptung der Rekurswerberin nicht im Widerspruch, daß sie auf ein Ende der Partnerschaft des Beklagten mit der jüngeren Frau gehofft habe.) Der Beklagte hat geltend gemacht, daß er selbst keine "eigene Wohnung" habe und daß er den Verkaufserlös des Hauses mit der letzten gemeinsamen Wohnung sowie andere Mittel zum Ankauf der von der Klägerin benützten Wohnung verwendet habe; er hat daraus gefolgert, daß es sich um eine Ehewohnung handeln müsse, weil Eheleute zwangsläufig zumindest eine Wohnung haben müßten und eine andere dafür nicht in Betracht käme. Die Rechtsbehauptung, daß Eheleute mindestens eine (Ehe-)Wohnung haben müßten, ist unrichtig. Konkrete Tatsachen, aus denen auf eine Widmung der nun strittigen Wohnung zur Stätte gemeinsamen Wohnens der Streitteile geschlossen werden könnte, brachte der Beklagte nicht vor. Solche Umstände kamen auch im Verfahren nicht hervor. Die von der Rekurswerberin als Partei bekundete Aufbewahrung von persönlichen Sachen des Beklagten rechtfertigt einen solchen Schluß ebensowenig wie die Mitnahme von Hausrat aus der zu räumenden in die nun strittige Wohnung.

Der Beklagte bemängelte zwar die erstinstanzlichen Feststellungen, weil sein Vorbringen in dem die Wohnung betreffenden Antrag im außerstreitigen Verfahren nicht ausreichend berücksichtigt worden sei. Der Sache nach machte er damit Feststellungsmängel geltend. Das Berufungsgericht hat nach seiner Rechtsansicht zu dieser Rüge nicht Stellung genommen. Wesentlich für die strittige Beurteilung einer Wohnung als Ehewohnung ist die ausdrückliche oder schlüssige Widmung (gegebenenfalls auch die Aufhebung einer solchen Widmung). Alle nach der Aktenlage als erheblich in Erwägung zu ziehenden Tatumstände, aus denen auf eine Widmung zu schließen gewesen wäre, fanden in den erstrichterlichen Feststellungen Berücksichtigung. Diesen in der Berufung nicht bekämpften Feststellungen haften keine Unvollständigkeiten an. Der OGH legt sie daher seiner Beurteilung zugrunde.

Danach fehlt es an hinreichenden Anhaltspunkten für eine Wertung der im Klagebegehren bezeichneten Wohnung als Ehewohnung. Es gebricht damit auch an den Voraussetzungen, daß der Streit in den oben so genannten Zusammengehörigkeitsbereich (ungenau: "Adhäsionskompetenz") nach § 235 Abs. 1 AußStrG fiele. Für eine Überweisung der Rechtssache auf den Außerstreitweg besteht kein Grund.

Die vom Berufungsgericht ausgeführten Gedankengänge sind dem für den erhobenen Feststellungsanspruch wesentlichen Merkmal des im § 228 ZPO umschriebenen Feststellungsinteresses zuzuordnen. Ob ein bloß verfahrensrechtliches Interesse oder das Interesse an der Freiheit eines Rechtes oder Rechtsverhältnisses von einer behördlichen Einflußnahme, die nicht im Zivilprozeß vorzunehmen wäre, das im § 228 ZPO als Voraussetzung für den Feststellungsanspruch umschriebene rechtliche Interesse zu erfüllen vermag, wird ungeachtet kritischer Lehrmeinungen in ständiger Rechtsprechung nicht als Prozeßvoraussetzung, sondern als Voraussetzung für die Begrundetheit des Feststellungsanspruches angesehen. Die Erwägungen des Berufungsgerichtes sind daher der Sachbeurteilung vorzubehalten. Die Widmung eines (Wohnungsbenützungs-)Rechtes durch einen Ehegatten für die gemeinsamen Bedürfnisse beider schafft unter ihnen in Ansehung dieses Rechtes eine rechtliche Beziehung, die, wie etwa § 97 ABGB entnommen werden kann, nicht bloß für die nacheheliche Aufteilung von Belang ist.

Die Klägerin hat in ihrer Klage Tatumstände ausgeführt, aus denen sich ihr rechtliches Interesse ableiten soll, ein unbeschränktes Verfügungsrecht über ihre Rechte an der in der Klage beschriebenen Wohnung geklärt zu wissen. Ob dies zur schlüssigen Begründung ihres Feststellungsinteresses hinreicht und ob im Fall einer angenommenen Schlüssigkeit das Tatsachenvorbringen der Klägerin als erwiesen anzunehmen sei, fällt in den Bereich der Sachbeurteilung. Diese Fragen haben bei der Prüfung der Prozeßvoraussetzungen außer Betracht zu bleiben.

In Stattgebung des Rekurses gegen den vom Berufungsgericht in nichtöffentlicher Sitzung gefaßten Beschluß war Punkt I der angefochtenen Entscheidung im Sinne der Wiederherstellung des erstinstanzlichen Beschlusses auf Verwerfung der Einrede der Unzulässigkeit des streitigen Rechtsweges abzuändern.

Das Berufungsgericht wird sich daher der weiteren Erledigung der gegen das Feststellungsbegehren erhobenen Berufung des Beklagten zu unterziehen haben.

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