OGH 5Ob47/99v

OGH5Ob47/99v23.2.1999

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Floßmann, Dr. Baumann, Dr. Hradil und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofes Dr. Hurch als weitere Richter in der Mietrechtssache der antragstellenden und gefährdeten Partei Dr. Gottfried I*****, vertreten durch Dr. Franz Insam, Rechtsanwalt, 8010 Graz, Roseggerkai 3/6, wider die Antragsgegnerin und Gegnerin der gefährdeten Partei B***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr. Christian Kuhn und Dr. Wolfgang Vanis, Rechtsanwälte, 1010 Wien, Elisabethstraße 22, wegen §§ 8, 37 Abs 1 Z 5 und 37 Abs 3 Z 22 MRG, infolge Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz als Rekursgericht vom 21. Dezember 1998, GZ 3 R 371/98w-50, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 17. September 1998, GZ 5 Msch 71/98f-19, teils bestätigt, teils abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs des Antragstellers wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird nicht Folge gegeben.

Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die antragstellende und gefährdete Partei (im folgenden Antragsteller) ist ua Eigentümerin der Liegenschaft EZ ***** mit den Gebäuden A*****straße 23 und 25 sowie E*****gasse 2 und 4.

Die Antragsgegnerin und Gegnerin der gefährdeten Partei (im folgenden Antragsgegnerin) ist Mieterin zweier Geschäftslokale im Haus A*****straße 23.

Der Antragsteller will auf einem teilweise zur genannten Liegenschaft gehörigen Areal, an dem möglicherweise Mietrechte der Antragsgegnerin bestehen, eine zweigeschoßige Tiefgarage errichten und hast auch bereits mit den hiefür erforderlichen Arbeiten begonnen. Wegen dieser Arbeiten hat die Antragsgegnerin ihn und das bauausführende Unternehmen zu 5 C 124/98y des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wegen Besitzstörung geklagt. In diesem Verfahren wurde entschieden, daß der Antragsteller und das bauausführende Unternehmen die Antragsgegnerin im ruhigen Besitz der Hoffläche der Liegenschaft Graz, *****, bestehend aus den Grundstücken Nr. ***** samt Einfahrt, und im ruhigen Besitz des Geschäftslokals im Haus Graz, A*****straße 23, durch die Sperre des Parkplatzes, das Aufstellen eines Baggers, die Entfernung der Asphaltdecke und das Ausheben einer Baugrube gestört hat. Der Antragsteller und die bauausführende Firma wurden zur ungeteilten Hand schuldig erkannt, die Baugrube binnen 3 Monaten wieder auf Straßenniveau aufzufüllen und den Parkplatz samt Einfahrt wieder herzustellen, eine Asphaltdecke aufzubringen, ein näher beschriebenes Kassahäuschen mit elektrisch bedienbarem Schranken zu errichten und sich in Hinkunft jeder derartigen oder ähnlichen Störung des ruhigen Besitzes der Antragsgegnerin zu enthalten. Der betreffende Endbeschluß vom 30. 4. 1998 ist rechtskräftig.

Am 10. 4. 1998 stellte der Antragsteller bei der Schlichtungsstelle des Magistrates Graz den Antrag, der Antragsgegnerin unter Beachtung der in § 8 MRG enthaltenen Kriterien den Auftrag zu erteilen, die Errichtung einer Tiefgarage auf den Liegenschaften EZ ***** durch den Antragsteller als Gemeinschaftsanlage gemäß §§ 3 und 4 MRG zu dulden. Die Antragsgegnerin machte - mit der antragsstattgebenden Entscheidung der Schlichtungsstelle nicht zufrieden - die Sache gemäß § 40 Abs 1 MRG bei Gericht anhängig. Daß die richtige Verfahrensart gewählt wurde, weil es um Mietrechtssache nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG geht, ist bereits rechtskräftig entschieden.

Zur Sicherung seines Anspruchs auf Errichtung der Tiefgarage hat der Antragsteller erstmals am 27. 7. 1998 eine einstweilige Verfügung beantragt, mit der der Antragsgegnerin folgendes aufgetragen werden sollte:

a) In die Baugrubensicherung für die zweigeschoßige Tiefgarage "R*****haus - Graz" entsprechend der geotechnischen Stellungnahme vom 15. 4. 1998 Dris. DI Kurt S***** mit der Ergänzung zur geotechnischen Stellungnahme vom 6. 7. 1998 Dris. DI Kurt S***** bis zur Höhe der Niveauhöhe des ehemals festen Geländes der früheren Parkfläche "R*****haus" einzuwilligen,

b) in die Herstellung einer ebenerdigen Parkfläche in der mit Bescheid des Magistrates Graz, Gewerbeamt, vom 18. 12. 1996, A 4-K 698/1976/1 sowie mit Bescheid des Magistrates Graz, Baurechtsamt, vom 8. 8. 1997, A 17-C-16287/1996-7 und mit Bescheid des Magistrates Graz, Baurechtsamt, vom 29. 10. 1997, A 17-K-14104/1996-1 bestimmten Form einzuwilligen und

c) das Betreten des Mietgegenstandes der Firma B***** in 8020 Graz, A*****straße 23, samt Hofflächen durch die gefährdete Partei Dr. Gottfried I***** oder die von ihm beauftragten Personen (Professionisten) in dem für die Durchführung der Maßnahmen zu a) und

b) erforderlichen Ausmaß ab sofort zu gestatten.

Als dieses Sicherungsbegehren abgewiesen wurde, weil damit in Umgehung des im Besitzstörungsverfahren ergangenen Verbotes, "getarnt" als Baugrubensicherung die Errichtung der Tiefgarage angestrebt werde (ON 4), verlangte der Antragsteller, der seither auch noch andere (hier nicht relevante) Provisorialanträge stellte, am 14. 9. 1998 neuerlich die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, und zwar diesmal folgenden Inhalts:

Zur Sicherung seines Anspruchs auf Durchführung von Sanierungsarbeiten an der Baugrube "Tiefgarage R*****haus" auf den Flächen der EZ ***** sollte der Antragsgegnerin einstweilen aufgetragen werden,

"a) in die Baugrubensicherung für die zweigeschossige Tiefgarage "R*****haus mit ebenerdigem Parkdeck" entsprechend dem Auftrag des Magistrates Graz, Baupolizeiamt, vom 31. 7. 1998, A 10/3-C 16287/96-13 in der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstellenden geotechnischen Stellungnahme des Dipl.-Ing. Dr. Kurt S*****, Zivilingenieur für Bauwesen, vom 15. 4. 1998 und der Ergänzung zur geotechnischen Stellungnahme vom 6. 7. 1998 Dipl.-Ing. Dr. Kurt S***** formentsprechend den beiden Gutachten des Zivilingenieurs für Bauwesen Dipl.-Ing. Johann F***** vom 21. August 1998, Zl 980821-1 und Zl 980821-2 einzuwilligen und

b) sich jeder Störung der Durchführung der vorstehend angeführten Sicherungsarbeiten durch die Firma B***** oder von dieser beauftragte Dritte zu enthalten,

c) das Betreten des Mietgegenstands der Firma B***** in 8020 Graz, A*****straße 23, samt Hofflächen durch die gefährdete Partei Dr. Gottfried I***** oder die von ihm beauftragten Personen (Professionisten) in dem für die Durchführung der Maßnahmen zu a) und

b) erforderlichen Ausmaß ab sofort zu gestatten."

Diese einstweilige Verfügung sollte für die Dauer des Verfahrens 5 Msch 71/98f des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz bis zu dessen rechtskräftiger Beendigung gelten.

Zur Begründung dieses Begehrens brachte der Antragsteller im wesentlichen vor, daß gegen ihn mit rechtskräftigem Bescheid des Magistrats Graz, Baupolizeiamt vom 31. 7. 1998 ein Sicherungsauftrag erlassen worden sei. Wegen Frostgefährdung der Fundamente der an die Tiefgarage angrenzenden Nachbargebäude sei gutachtlich vorgeschrieben, daß die Bodenplatte der Tiefgarage, die Stützsäulen und die erste aussteifende Tiefgaragen-Zwischendecke unverzüglich zu errichten seien. Die Antragsgegnerin habe die gesamte Baustromversorgung aus der Baugrube entfernt und die einzige Baustellenzufahrt durch einen LKW abgesperrt. Ohne Baustrom und ohne Zufahrt werde die Sicherungsarbeit verhindert; es bestehe Gemeingefahr. Es sei größte Gefahr in Verzug, weil eine Verschlechterung des Zustands der Baugrube eingetreten sei und ein Sicherungsauftrag seitens der zuständigen Verwaltungsbehörde ergangen sei. Die Einsturzgefahr sei bescheinigt. Zur Abwehr eines größeren Vermögensschadens sei dringend Abhilfe geboten.

Auch diesen Provisorialantrag wies das Erstgericht ab. Die Entscheidung erging ohne Anhörung der Antragsgegnerin und wurde im wesentlichen damit begründet, daß aus dem Bescheid des Magistrates Graz, Baupolizeiamt, vom 1. 9. 1998, mit welchem der Antrag auf Erteilung einer Baubewilligung zur Wiederherstellung des ehemaligen R*****hausparkplatzes "in bestandenhabender unter- und oberirdischer Form" abgewiesen worden sei, keine rechtliche Unmöglichkeit der Wiederherstellung abgeleitet werden könne. Im übrigen berief sich das Erstgericht auf die Entscheidung des Rekursgerichtes vom 24. 8. 1998 (ON 11), mit welcher die Abweisung des bereits erwähnten Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung zur Sicherung des Anspruchs auf Errichtung der Tiefgarage (ON 4) bestätigt worden war.

Dem dagegen vom Antragsteller erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz teilweise statt. Es fällte folgende Entscheidung:

"Zur Sicherung des Anspruchs der gefährdeten Partei auf Durchführung von Sanierungsarbeiten an der auf den Liegenschaften EZ *****, befindlichen Baugrube ("Tiefgarage R*****haus") entsprechend dem Bescheid des Magistrates Graz, Baupolizeiamt, vom 31. 7. 1998, A 10/3-C 16287/1996-13, und der einen integrierenden Bestandteil dieses Bescheides darstellenden geotechnischen Stellungnahmen des Dipl.-Ing. Dr. Kurt S*****, Zivilingenieur für Bauwesen, vom 15. 4. 1998 und 6. 7. 1998, ausgenommen jene Arbeiten, die dem Weiterbau der Tiefgarage dienen, insbesondere Herstellung der Bodenplatte gemäß den bestehenden Ausführungsplan im ersten Teil (Achsen A bis D und 1. bis 6.) und im dritten Teil (Achsen D bis I und 1. bis 6.) sowie Anschluß und Hochzug der Außenwände in den Abschnitten 1 und 2, wird dem Gegner der gefährdeten Partei aufgetragen, das Betreten des Mietgegenstandes Graz, A*****straße 23, samt Hofflächen durch die gefährdete Partei oder die von ihr beauftragten Personen (Professionisten) in dem für die Durchführung der genannten Arbeiten erforderlichen Ausmaß zu gestatten und sich jeder Störung der Durchführung dieser Sicherungsarbeiten zu enthalten.

Diese einstweilige Verfügung gilt bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Verfahren 5 Msch 71/98f des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz.

Hingegen wird der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, dem Gegner der gefährdeten Partei aufzutragen, in die Baugrubensicherung hinsichtlich der Tiefgarage "R*****haus" entsprechend dem Auftrag des Magistrates Graz, Baupolizeiamt, vom 31. 7. 1998 einzuwilligen, abgewiesen."

Begründet wurde diese Entscheidung wie folgt:

Gemäß § 37 Abs 3 Z 22 MRG sei zur Sicherung von Ansprüchen, die in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 MRG geltend zu machen sind, die Erlassung von einstweiligen Verfügungen nach der Exekutionsordnung zulässig. Der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch auf Durchführung der erforderlichen Sanierungsarbeiten finde nach Ansicht des Rekursgerichtes im (Haupt-)Anspruch auf Duldung der Errichtung der Tiefgarage (§ 8 MRG) Deckung, weil es sich bei diesen Maßnahmen letztlich um Arbeiten handle, die der (ordnungsgemäßen) Errichtung der Tiefgarage dienen. Die Verpflichtung des Hauptmieters, dem Vermieter oder von diesem beauftragten Personen das Betreten seines Mietgegenstandes aus anderen wichtigen Gründen als zur Durchführung von Erhaltungs-, Verbesserungs- oder Änderungsarbeiten zu gestatten, sei aber im Verfahren außer Streitsachen durchzusetzen (MietSlg 37.260/11).

Gemäß § 381 Z 2 EO könne zur Sicherung eines nicht in Geld bestehenden Anspruchs eine einstweilige Verfügung unter anderem dann erlassen werden, wenn dies zur Abwehr eines drohenden unwiederbringlichen Schadens nötig erscheint. Dabei stelle nicht schon jede abstrakte oder theoretische Möglichkeit der Herbeiführung eines solchen Schadens eine Anspruchsgefährdung im Sinne des § 381 Z 2 EO dar, vielmehr bedürfe es der Bescheinigung einer konkreten Gefahr. Die Behauptungs- und Bescheinigungslast für das Vorliegen konkreter Umstände, die diese Voraussetzungen begründen, liege bei der gefährdeten Partei.

Ein Schaden sei dann unwiederbringlich, wenn ein Nachteil an Vermögen, Rechten oder Personen eintritt, die Zurückversetzung in den vorigen Stand untunlich ist und Schadenersatz entweder nicht geleistet werden kann oder die Leistung des Geldersatzes dem verursachten Schaden nicht völlig adäquat ist (SZ 64/153 mwN). Bei der Beurteilung der Anspruchsgefährdung seien die Umstände des Einzelfalles maßgebend (ecolex 1991, 168 mwN). Der Antragsteller behaupte eine witterungsbedingte Verschlechterung des Zustandes der Baugrube und eine Einsturzgefahr (der umliegenden Häuser). Eine derartige Einsturzgefahr bringe immer auch die Gefahr einer durch Geld nicht adäquat ersatzfähigen Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit von Menschen mit sich (MietSlg 34.864; SZ 39/58 uva). Durch den Bescheid des Magistrates Graz, Baupolizeiamt vom 31. 7. 1998, in welchem es unter anderem heißt, daß durch entsprechende Sicherungsmaßnahmen Schäden an den Fundamenten und dadurch eine Beeinträchtigung der Standsicherheit der Nachbargebäude hintanzuhalten seien, seien sowohl Gefahr als auch Anspruch des Antragstellers bescheinigt.

Daß sich die Antragsgegnerin etwa nicht gegen die Durchführung der Sicherungsarbeiten wendet, sei nicht anzunehmen, weil der Antragsteller ausreichend behauptet und dokumentiert habe, daß die Zufahrt zur Baugrube (über das Bestandobjekt) durch einen LKW versperrt ist.

Der Antrag sei daher in seinen Punkten b) und c) grundsätzlich berechtigt. Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei die Begründung des Beschlusses des Rekursgerichtes vom 24. 8. 1998 (ON 11) auf den vorliegenden Fall schon deshalb nicht übertragbar, weil es dort um die Sicherung des Anspruches "auf Errichtung" der Tiefgarage ging; überdies sei dieser Entscheidung nicht der Bescheid des Magistrates Graz vom 31. 7. 1998 zugrundegelegen.

Die Duldung des Betretens der Baustelle sei allerdings nur für die Durchführung von Sanierungsarbeiten und nicht für solche Arbeiten zu bewilligen gewesen, die in Wahrheit der Fortführung des Baues der Tiefgarage dienen. Die mit Bescheid des Magistrates Graz vom 31. 7. 1998 angeordneten Sicherungsmaßnahmen könnten nämlich auch darin bestehen, daß die Baugrubenwände und die Baugrubensohle durch andere Maßnahmen als durch Herstellung der Bodenplatte und Hochziehen der Außenwände abgesichert werden (beispielsweise durch Aufbringung einer bewehrten Spritzbetonschicht an den Wänden).

Wird aber der Antragsgegnerin aufgetragen, zur Durchführung der Sanierungsarbeiten das Betreten des Mietgegenstandes zu gestatten und sich jeglicher Störung dieser Arbeiten zu enthalten, bedürfe es keines weiteren Auftrages an die Antragsgegnerin, in die Baugrubensicherung "einzuwilligen". Insoweit sei daher der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung abzuweisen gewesen.

Diese Entscheidung enthält den Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 260.000,-- übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß die Frage, ob der vom Antragsteller geltend gemachte Anspruch in den Rahmen des Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 5 (§ 8 Abs 2 und 3) MRG fällt und daher mit einstweiliger Verfügung iSd § 37 Abs 3 Z 22 MRG gesichert werden kann, als erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO anzusehen sei.

Beide Parteien haben gegen die Entscheidung des Rekursgerichtes fristgerecht Revisionsrekurs erhoben. Der Antragsteller wendet sich gegen die teilweise Abweisung seines Sicherungsbegehrens, insbesondere gegen die den Duldungsauftrag einschränkende Wortfolge "ausgenommen jene Arbeiten, die dem Weiterbau der Tiefgarage dienen, insbesondere Herstellung der Bodenplatte gemäß dem bestehenden Ausführungsplan im ersten Teil (Achsen A bis D und 1. bis 6.) und im dritten Teil (Achsen D bis I und 1. bis 6.) sowie Anschluß und Hochzug der Außenwände in den Abschnitten 1 und 2" und möchte mit seinem Rechtsmittel primär erreichen, daß die begehrte einstweilige Verfügung in vollem Umfang erlassen wird; hilfsweise hat er auch noch einen Aufhebungsantrag gestellt. Der Revisionsrekursantrag der Antragsgegnerin geht sinngemäß dahin, in Abänderung des rekursgerichtlichen Beschlusses die Entscheidung des Erstgerichtes wieder herzustellen.

Von beiden Parteien liegen schließlich noch Revisionsbeantwortungen vor. Der Antragsteller beantragt, dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht Folge zu geben; die Antragsgegnerin hat die Zurückweisung des Revisionsantrages des Antragstellers beantragt, hilfsweise soll ihm nicht Folge gegeben werden.

Rechtliche Beurteilung

1.) Zum Revisionsrekurs des Antragstellers.

Er erweist sich als unzulässig.

§ 402 Abs 1 EO idF des Art II Z 4 BGBl 1992/756 läßt zwar im Provisorialverfahren den Revisionsrekurs gegen bestätigende Entscheidungen über das Sicherungsbegehren zu, doch gilt das nach Abs 2 leg cit nicht für einen Rekurs der gefährdeten Partei gegen die Abweisung eines Antrages auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung, wenn der Gegner der gefährdeten Partei zu dem Antrag noch nicht einvernommen worden ist. In einem solchen Fall bleibt daher gemäß § 402 Abs 4, § 78 EO die Rechtsmittelbeschränkung des § 528 Abs 2 Z 2 ZPO zu beachten (SZ 66/143; 7 Ob 520/95 ua). Eine Ausnahme wäre nur dann zu machen, wenn der bestätigende und der abändernde Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses - bei richtiger rechtlicher Beurteilung - in einem unlösbaren Sachzusammenhang stehen, sodaß die Zulässigkeit der Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann (SZ 70/48), doch trifft diese Voraussetzung nicht zu.

Der zu sichernde Duldungsanspruch hat, da der Antragsteller den verfahrenseinleitenden Sachantrag nie änderte, die Errichtung der Tiefgarage zum Gegenstand. Die Absicherung der Baugrube wird als Annex dieses Begehrens geltend gemacht. Dementsprechend sollen die Sicherungsmaßnahmen auch bis zum rechtskräftigen Abschluß des gegenständlichen Verfahrens 5 Msch 71/98f des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz, also bis zum Ausspruch, daß die Antragsgegnerin die Errichtung der Tiefgarage zu dulden hat, wirksam bleiben. Stünde schon jetzt fest, daß dieser Duldungsanspruch nicht besteht, müßte auch mit Maßnahmen der Baugrubensicherung das Auslangen gefunden werden, die nicht den Weiterbau der Tiefgarage vorantreiben. Der Einwand des Antragstellers, nur durch einen (auf die Errichtung der Bodenplatte und das Hochziehen der Seitenwände samt versteifendem Deckenabschluß beschränkten) Weiterbau lasse sich die derzeitige Gefahrensituation beseitigen, ist daher rechtlich nicht relevant. Wäre dem so (was übrigens in der später noch zu erwähnenden einstweiligen Verfügung vom 9. 11. 1998, ON 38, als nicht bescheinigt angenommen wurde), dann würde durch den Weiterbau eine Sachlage geschaffen, die sich bei Abweisung des Hauptbegehrens nicht mehr rückgängig machen ließe. Daß die vom Rekursgericht bewilligten und die vom Antragsteller (darüber hinaus) begehrten Sicherungsmaßnahmen zwingend eine einheitliche rechtliche Beurteilung erfordern trifft daher nicht zu. Es hat bei der Unanfechtbarkeit des bestätigenden Teils der rekursgerichtlichen Entscheidung zu bleiben.

Aus eben dieser Rechtslage ergibt sich auch die Unzulässigkeit der Revisionsrekursbeantwortung der Antragsgegnerin. Die Zweiseitigkeit des Rechtsmittelverfahrens ist in dem § 402 Abs 2 EO geregelten Ausnahmefall nicht vorgesehen.

2.) Zum Revisionsrekurs der Antragsgegnerin.

Er ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Antragsgegnerin meint, die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung sei mit dem Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs 1 Z 9 ZPO behaftet, weil ihr nicht entnommen werden könne, welcher Sachverhalt als bescheinigt angenommen wurde. Der angesprochene Nichtigkeitsgrund läge jedoch nur dann vor, wenn sich die angefochtene Entscheidung wegen gravierender Begründungsmängel nicht überprüfen ließe (RIS-Justiz RS0007484). Davon kann keine Rede sein. Der angefochtenen Entscheidung ist mit der nötigen Klarheit zu entnehmen, daß der zu sichernde Anspruch als solcher nach § 8 Abs 2 Z 1 MRG erkannt und als solcher auch als berechtigt angenommen wurde. Nähere Ausführungen hielt das Rekursgericht offenbar deshalb nicht für erforderlich, weil bereits ein dem Hauptbegehren stattgebender (wenn auch nicht rechtskräftiger) Sachbeschluß der ersten Instanz vom 22. 9. 1998 (mit unklarer ON) vorliegt. Es wurde unter Angabe der jeweiligen Bescheinigungsmittel (Bescheid des Baupolizeiamtes des Magistrates Graz vom 31. 7. 1998 in Verbindung mit der Fotodokumentation) auch als glaubhaft angesehen, daß aus dem Aufschub von Baumaßnahmen zur Absicherung der Baugrube (deren Aushub ein Schritt zur Durchsetzung des verfahrensgegenständlichen Duldungsanspruchs war) unwiederbringliche Schäden drohen und die Antragsgegnerin die Zufahrt zur Baugrube versperrt. Ob dies zutrifft, ist für den Obersten Gerichtshof, der auch im Provisorialverfahren nur Rechtsinstanz ist (JBl 1996, 728 ua), nicht überprüfbar. Darüber wird noch im Widerspruchsverfahren zu befinden sein.

Ein gegen die rechtliche Beurteilung des Rekursgerichtes erhobener Einwand der Antragsgegnerin läuft darauf hinaus, daß es schlicht rechtswidrig und mit den Grundwerten der österreichischen Rechtsordnung unvereinbar sei, die Antragsgegnerin zur Duldung von Sanierungsarbeiten an der Baugrube zu zwingen, wo doch der Antragsteller und das von ihm beauftragte Bauunternehmen im Besitzstörungsverfahren rechtskräftig verpflichtet wurden, die Baugrube wieder auszufüllen und den früheren Zustand wieder herzustellen. Bei dieser Argumentation wird jedoch übersehen, daß bei der Erledigung einer Besitzstörungsklage im Zusammenhang mit Duldungsansprüchen nach § 8 MRG nicht über die Rechtslage abgesprochen wird (RZ 1988, 280/63). Auch eine im Besitzstörungsverfahren erzwungene Wiederherstellungspflicht schließt daher die Geltendmachung gegenläufiger Duldungspflichten im petitorischen Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 5 MRG samt den gesetzlich vorgesehen Möglichkeiten zur Anspruchssicherung nicht aus.

Unzutreffend ist auch das Argument der Antragsgegnerin, der durch die angefochtene einstweilige Verfügung gesicherte Anspruch "auf Durchführung von Sanierungsarbeiten" finde im Gegenstand des Mietrechtsverfahrens, das darauf abzielt, der Antragsgegnerin den Auftrag zu erteilen, "die Errichtung einer Tiefgarage zu dulden", keine Deckung. Die Sicherung der Baugrube, die für die Tiefgarage ausgehoben wurde, ist nämlich nur eine Vorstufe zur Durchsetzung des Hauptanspruchs. Selbst wenn sich aus dem Gefahrenzustand der offenen Baugrube ein eigener Duldungsanspruch des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf Duldung von Sanierungsarbeiten ableiten ließe, findet dieser im verfahrensgegenständlichen Antrag, die Antragsgegnerin zur Duldung der Errichtung der Tiefgarage zu verhalten, Deckung. Daß der Antragsteller in seinem Provisorialantrag nicht diesen Anspruch, sondern den Anspruch auf Sanierung der Baugrube anführte, schadet nicht, weil es sich dabei um ein minus handelt.

Als inhaltlich rechtswidrig erachtet die Antragsgegnerin die vom Rekursgericht erlassene einstweilige Verfügung, weil ihr nicht zu entnehmen sei, was die Antragsgegnerin konkret zu dulden habe. Der zitierte Bescheid des Baupolizeiamtes des Magistrates Graz vom 31. 7. 1998 sei der Antragsgegnerin mangels Beteiligung am baubehördlichen Verwaltungsverfahren ebensowenig bekannt wie die geotechnischen Stellungnahmen des Dipl.-Ing. S*****. Diese Argumentation erweist sich jedoch nach der Aktenlage als nicht stichhältig. Die erwähnten Unterlagen befinden sich seit Monaten bei den Akten, und der hier behandelte Provisorialantrag ist auch keineswegs der einzige, zu dem sie als Bescheinigungsmittel angeführt wurden. Auf ihnen basierte zB die später noch zu erwähnende einstweilige Verfügung vom 9. 11. 1998 (ON 38), die - anders als hier - nach einer der Antragsgegnerin eingeräumten Äußerungsmöglichkeit erging. Im übrigen kann an die Beschreibung von Duldungspflichten in einer einstweiligen Verfügung kein allzu strenger Maßstab angelegt werden (vgl 3 Ob 2039/96s mwN). Die Antragsgegnerin argumentiert in ihrem mit dem Revisionsrekurs verbundenen Widerspruch selbst damit, jenen Arbeiten zur Sanierung der Baugrube, die nicht zugleich Fortsetzung der Tiefgaragenerrichtung sind, keinen rechtlichen oder faktischen Widerstand entgegenzusetzen. Eben diese Sanierungsarbeiten wollte auch das Rekursgericht ermöglichen. Durch Bezugnahme auf eine bereits konkret im Bescheid des Baupolizeiamtes des Magistrates Graz vom 31. 7. 1998 aufgezeigte Sanierungsmöglichkeit wurde der Duldungsauftrag an die Antragsgegnerin nur noch genauer eingegrenzt.

Schließlich meint die Antragsgegnerin, dem Antragsteller fehle das Rechtsschutzbedürfnis an den vom Rekursgericht im angefochtenen Beschluß angeordneten Sicherungsmaßnahmen, weil bereits eine inhaltlich idente einstweilige Verfügung des Erstgerichtes vom 9. 11. 1998 existiere. Angesprochen ist damit folgender Beschluß (ON 38):

"Zur Sicherung des Anspruches der antragstellenden und gefährdeten Partei Dr. Gottfried I***** auf Errichtung einer zweigeschoßigen Tiefgarage mit ebenerdigem Parkdeck auf Flächen der EZ *****, Bezirksgericht Graz, und zur Sicherung des Anspruches der antragstellenden und gefährdeten Partei Dr. Gottfried I***** als grundbücherlicher Eigentümer der EZ *****, auf Sanierung der Baugrube Tiefgarage R*****haus wird der Firma B***** als antragsgegnerischer und gefährdenden Partei einstweilen bei sonstiger Exekution aufgetragen;

a) folgende Maßnahmen zu dulden:

Die äußere Trogwand der Pflanzentröge ist durch zusätzliche Deckensteher, die auf das Fundament der Rücklaufsuspendierung aufgesetzt sind, zu unterstützen, wobei der Achsabstand der Unterstellungen 1,50 m nicht übersteigen darf. Die nicht rostgeschützten Schalungsanker sind durch neue Spannanker zu ersetzen.

Die alten und neuen Deckensteher sind stabil im Fuß- und Kopfbereich zu fixieren.

Die an der äußeren Trogwand montierte, lecke Regenableitung ist wasserdicht umzubauen.

Die lockere, mit zum Teil offenen Fugen versehene Ziegelwand bei der HDBV-Wand beim Foyer A***** ist mit einer dünnen, rund 5 cm dicken Spritzbetonhaut zu überziehen.

In den Spritzbeton ist ein dünnes Bewehrungsgitter einzulegen.

Der unvollständig vermörtelte und nunmehr erodierte Zwieckelbereich zwischen den 2 benachbarten HDBV-Säulen ist rund 15 cm tief auszuräumen und mit Spritzbeton aufzufüllen.

Alle Rohrverbindungen sowie insbesondere der Anschluß an die Abteilung in Richtung A*****straße sind absolut dicht auszuführen.

Die Abschlußleitungen sind durch eine Ummantelung für das Winterhalbjahr dauerhaft vor Frost zu schützen, was durch eine ausreichende Ummantelung (Dämmstärken 10 cm) der einzelnen Rohre erfolgen kann.

b) jede Behinderung der im Punkt a) angeführten Maßnahmen der Sanierung der Baugrube Tiefgarage R*****haus zu unterlassen;

c) ungehinderten Zugang und ungehinderte Zufahrt sowie ungehinderten Weggang und ungehinderte Abfahrt zwischen der E*****gasse in Graz und der Baugrube Tiefgarage R*****haus der gefährdeten Partei Dr. Gottfried I*****, den von ihm beauftragten Personen (Professionisten) für die Durchführung der zu Punkt a) angeführten Maßnahmen zu gestatten und jede Behinderung des ungehinderten Zu- und Wegganges, jede Behinderung der Zu- und Wegfahrt von Kraftfahrzeugen einschließlich Baumaschinen zu unterlassen.

d) das Betreten des Mietgegenstandes der Firma B***** in 8020 Graz, A*****straße 23, samt Hofflächen durch die gefährdete Partei Dr. Gottfried I***** oder die von ihm beauftragten Personen (Professionisten) in dem für die Durchführung der Maßnahmen zu a) erforderlichen Ausmaß ab sofort zu gestatten.

2.) Diese einstweilige Verfügung gilt bis 20. 12. 1998.

3.) Der weitere Antrag auf Duldung des Ersatzes der vorhandenen Schalungsanker durch neue Spannanker spätestens im Sommer nächsten Jahres wird abgewiesen.

4.) Der Antrag der gefährdeten Partei auf Erlassung der einstweiligen Verfügung des aus dem Spruch ersichtlichen Inhaltes bis zur rechtskräftigen Beendigung des außerstreitigen Verfahrens 5 Msch 71/98f des Bezirksgerichtes für Zivilrechtssachen Graz wird abgewiesen."

Zu ergänzen bleibt, daß das Erstgericht mit Beschluß vom 5. 1. 1999 (ON nicht ersichtlich) den Antrag des Antragstellers zurückwies, die Wirkungsdauer der einstweiligen Verfügung vom 9. 11. 1998, bis zur rechtskräftigen Beendigung des Verfahrens 5 Msch 71/98f zu verlängern. Begründet wurde diese Entscheidung im wesentlichen damit, daß wegen der mittlerweile ergangenen einstweiligen Verfügung des Rekursgerichtes vom 21. 12. 1998 (es ist dies die angefochtene Entscheidung), mit welcher der Antragsgegnerin ebenfalls die Duldung konkret umschriebener Sanierungsarbeiten über den 20. 12. 1998 hinaus vorgeschrieben wurde, die Verlängerung der einstweiligen Verfügung vom 9. 11. 1998 nicht notwendig sei.

Ohne genau untersuchen zu müssen, inwieweit die beiden einstweiligen Verfügungen in ihren Voraussetzungen und in ihrem Inhalt übereinstimmen, kann damit von einem fehlenden Rechtsschutzbedürfnis keine Rede sein.

Dem Revisionsrekurs der Antragsgegnerin war daher nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung, derzufolge der Antragsteller die für seine Revisionsrekursbeantwortung verzeichneten Vertretungskosten nicht ersetzt erhält, stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 erster Halbsatz MRG (5 Ob 21/95 = EWr III/528 Z/28).

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