Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß er einschließlich der unbekämpft gebliebenen und bestätigten Teile insgesamt wie folgt zu lauten hat:
"Manfred P*****, ist als Vater der minderjährigen Natalie G*****, geboren am 25. November 1985, schuldig, zu deren Unterhalt
a) anstelle des mit Beschluß des Bezirksgerichts Favoriten vom 12. Oktober 1992, GZ 6 P 355/88-31, festgesetzten Betrags von monatlich 3.100 S für nachgenannte Zeiträume folgende monatlichen Unterhaltsbeiträge zu leisten:
vom 1. Juni 1993 bis 31. Dezember 1993 4.000 S,
vom 1. Jänner 1994 bis 31. Juli 1994 3.900 S,
vom 1. August 1994 bis 31. Dezember 1994 3.600 S,
vom 1. Jänner 1995 bis 31. Oktober 1995 3.750 S und
vom 1. November 1995 bis 30. November 1995 3.500 S;
b) anstelle des mit Beschluß des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 4. Juni 1996, GZ 7 P 1912/95v-74, festgesetzten Betrags von monatlich 2.350 S ab 1. September 1997 bis auf weiteres monatlich 2.600 S.
Die bereits fällig gewordenen Beträge sind binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Beschlusses, die künftig fällig werdenden Beträge jeweils am Monatsersten im voraus zu Handen des Magistrats der Stadt Wien (Amt für Jugend und Familie für den 11. Bezirk) als Unterhaltssachwalter der Minderjährigen zu entrichten.
Das Unterhaltsmehrbegehren wird abgewiesen."
Text
Begründung
Der eheliche Vater der am 25. November 1985 geborenen Minderjährigen verpflichtete sich im Scheidungsfolgenvergleich vom 23. Februar 1989 zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbeitrags von 2.600 S ab 1. Mai 1989. Diese Unterhaltsverpflichtung wurde über Antrag der Minderjährigen mit Zustimmung ihres Vaters mit Beschluß vom 12. Oktober 1992 auf 3.100 S ab 1. Jänner 1992 erhöht und auf Antrag des Vaters mit Beschluß vom 4. Juni 1996 auf 2.350 S ab 1. Jänner 1996 herabgesetzt.
Der Vater war bis 15. November 1995 bei einer Gesellschaft mbH beschäftigt und bezog von dieser ein einschließlich von Überstunden, Prämien und anteiligen Sonderzahlungen monatliches Nettogehalt von durchschnittlich 26.600 S (1993), 25.700 S (1994) und 26.800 S (1995). Vom 1. Dezember 1995 bis 31. August 1997 war der Vater ohne Beschäftigung und bezog vom 1. Jänner 1996 bis 30. Juni 1996 Arbeitslosengeld von täglich 489,50 S, danach bis 30. April 1997 Notstandshilfe von 448,60 S und bis 31. August 1997 von 367,50 S jeweils täglich. Seit 1. September 1997 ist der Vater bei einer Aktiengesellschaft mit einem durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommen (einschließlich anteiliger Sonderzahlungen) von 18.145 S beschäftigt. Er ist für seine (zweite) Frau, die seit dem Ablauf ihrer Karenzzeit am 31. Juli 1994 über keine Einkünfte mehr verfügt, und für seinen am 28. Dezember 1992 geborenen, schwerstbehinderten Sohn sorgepflichtig, für den aufgrund des Bescheids des Landeshauptmanns für das Burgenland vom 28. August 1996 gemäß § 8 Bgld PflegegeldG LGBl 1993/58 idgF Pflegegeld der Stufe 7 in der Höhe von 21.074 S monatlich und der Erhöhungsbetrag der Familienbeihilfe für erheblich behinderte Kinder gemäß § 8 Abs 4 FlAG, BGBl 1967/376 idgF (der zur Hälfte - damals 825 S - auf das Pflegegeld angerechnet wird) gewährt wird. Da ein Verbleib in der bisherigen, im 2. Stock gelegenen Wohnung angesichts der Behinderung seines Sohns nicht mehr möglich war, errichtete der Vater auf einem Grundstück seiner Ehegattin in Wimpassing an der Leitha ein behindertengerechtes Einfamilienhaus für seine Familie. Die zur Finanzierung des Hausbaus erforderlichen monatlichen Kreditrückzahlungsraten betragen etwa 8.000 S.
Der Unterhaltssachwalter der Minderjährigen beantragte mit Anträgen vom 8. Mai 1996 und 15. Mai 1997, die monatliche Unterhaltsverpflichtung des Vaters für nachstehende Zeiträume wie folgt rückwirkend zu erhöhen: a) auf der Grundlage der eingeholten Gehaltsauskünfte auf 4.500 S für die Zeit vom 1. Juni 1993 bis 31. Dezember 1993, auf 4.350 S für den Zeitraum vom 1. Jänner 1994 bis 31. Juli 1994 auf 3.600 S für den Zeitraum vom 1. August 1994 bis 31. Dezember 1994, und auf 3.750 S für die Zeit vom 1. Jänner 1995 bis 30. November 1995; b) unter Anwendung der Anspannungstheorie auf 3.000 S ab 1. Jänner 1997.
Das Erstgericht erhöhte den vom Vater der Minderjährigen zu leistenden monatlichen Unterhaltsbeitrag auf 2.600 S ab 1. September 1997 und wies das Mehrbegehren ab. Angesichts der schweren Behinderung seines Sohns und der damit verbundenen finanziellen Belastungen (behinderungsbedingte, über das Pflegegeld hinausgehende Mehrauslagen unter Bedachtnahme auf die Notwendigkeit einer behindertengerechten Unterkunft) sei von der Bemessungsgrundlage von 18.145 S ein Pauschalbetrag von 2.000 S abzuziehen. Bei einer so ermittelten Bemessungsgrundlage von 16.145 S und unter Berücksichtigung seiner sonstigen Sorgepflichten lasse sich für die Minderjährige ein Unterhaltsanspruch von 16 % (altersbedingt 20 %, abzüglich 3 % für die einkommenslose Ehegattin und 1 % für den Sohn) der Bemessungsgrundlage und somit ein monatlicher Unterhaltsbeitrag von 2.600 S errechnen. Für den Zeitraum vom 1. Jänner 1997 bis 31. August 1997 komme eine Anspannung des Vaters angesichts seiner Bemühungen bei der Arbeitsplatzsuche nicht in Frage. Eine Neubemessung durch nachträgliche Unterhaltserhöhung wegen geänderter Verhältnisse für den Zeitraum vom 1. Juni 1993 bis 30. November 1995 könne mit der Umstandsklausel nicht begründet werden, weil vom Zeitpunkt der letztmaligen Beschlußfassung (12. Oktober 1992) bis zur Antragstellung keine nennenswerten Änderungen im Einkommen des Vaters eingetreten, sondern nur weitere gesetzliche Sorgepflichten hinzugetreten seien.
Das Rekursgericht änderte über Rekurs der durch ihren Unterhaltssachwalter vertretenen Minderjährigen die erstgerichtliche Entscheidung teilweise dahin ab, daß es der Minderjährigen für nachgenannte Zeiträume die folgende (erhöhte) monatliche Unterhaltsbeiträge zusprach: vom 1. Juni 1993 bis 31. Dezember 1993 4.000 S (Einkommen rund 26.600 S, davon 15 % [altersbedingt 18 % abzüglich 2 % für die Karenzgeld beziehende Ehegattin des Vaters und 1 % für seinen behinderten Sohn]), vom 1. Jänner 1994 bis 31. Juli 1994 3.900 S (Einkommen rund 25.700 S, davon 15 % [altersbedingt 18 % abzüglich 2 % für die Karenzgeld beziehende Ehegattin des Vaters und 1 % für seinen Sohn]), vom 1. August 1994 bis 31. Dezember 1994 3.600 S (Einkommen rund 25.700 S, davon 14 % [altersbedingt 18 % abzüglich 3 % für die einkommenslose Ehegattin des Vaters und 1 % für seinen Sohn]), vom 1. Jänner 1995 bis 30. November 1995 3.750 S (Einkommen rund 26.800 S, davon 14 % [altersbedingt 18 % abzüglich 3 % für die einkommenslose Ehegattin des Vaters und 1 % für seinen Sohn]) und ab 1. September 1997 2.900 S (Einkommen rund 18.145 S, davon 16 % [altersbedingt 20 % abzüglich 3 % für die einkommenslose Ehegattin des Vaters und 1 % für seinen Sohn]). Das Mehrbegehren wurde abgewiesen.
In rechtlicher Hinsicht ging die zweite Instanz von folgenden Erwägungen aus: Bei der Unterhaltsbemessung für die Zeit ab 1. September 1997 sei zu berücksichtigen, daß zur Deckung der erhöhten Bedürfnisse des behinderten Sohns zunächst das Pflegegeld und die erhöhte Familienbeihilfe von (monatlich) insgesamt rund 22.000 S zur Verfügung stünden und heranzuziehen seien. Ein Abzug von der Bemessungsgrundlage sei nur dann gerechtfertigt, wenn notwendige finanzielle Aufwendungen nachgewiesen würden, die die Summe aus Pflegegeld und erhöhter Familienbeihilfe überstiegen. Abgesehen von den monatlichen Kreditraten von 8.000 S habe der unterhaltspflichtige Vater keinen konkreten - nicht von der Krankenkasse getragenen - finanziellen Mehraufwand behauptet und bewiesen, sodaß nicht pauschal 2.000 S von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen werden könnten. Die Bemessungsgrundlage betrage somit richtig 18.145 S und nicht 16.145 S. Für den Zeitraum vom 1. Jänner bis 31. August 1997 habe das Erstgericht zu Recht aus den im einzelnen genannten Gründen eine Anspannung des Vaters verneint. Hingegen könne innerhalb der Verjährungsfrist eine Unterhaltserhöhung auch rückwirkend geltend gemacht werden, weil die bloß unterlassene Geltendmachung von Ansprüchen noch nicht deren Verlust zur Folge habe und dem Unterhaltspflichtigen auch kein Vertrauensschutz gegen überraschende Nachforderungen zuzubilligen sei. Auch die Umstandsklausel stehe einer rückwirkenden Erhöhung nicht entgegen, zumal der aufgrund des erstgerichtlichen Beschlusses vom 12. Oktober 1992 bestimmte Unterhaltsbeitrag auf einer Einigung der Eltern beruhe, das Gericht die tatsächlichen Einkommensverhältnisse des Vaters deshalb nicht ermittelt habe und der vorliegende Antrag daher auch nicht Gegenstand des Beschlusses von 12. Oktober 1992 gewesen sei. Eine wesentliche Änderung der Verhältnisse sei auch dann anzunehmen, wenn bereits vorhandene Umstände - wie hier - erst später bekannt werden. Die Rechtskraft des ursprünglichen Beschlusses stehe daher dem Erhöhungsbegehren nicht entgegen. Auf der Basis der Lohnauskünfte errechne sich bei Anwendung der sogenannten Prozentsatzmethode unter Berücksichtigung der weiteren Sorgepflichten die aus dem Spruch der zweitinstanzlichen Entscheidung rückwirkende Unterhaltserhöhung.
Rechtliche Beurteilung
Der vom Rekursgericht nachträglich im Verfahren nach § 14a AußStrG idFd WGN 1997 zugelassene Revisionsrekurs des Vaters ist zulässig und teilweise berechtigt.
Die vom Revisionsrekurswerber behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt, wie der Oberste Gerichtshof prüfte, nicht vor. Des weiteren ist festzuhalten, daß der Vater in seinem Rechtsmittel gegen die nachträgliche Berücksichtigung seines tatsächlichen Einkommens bei der Unterhaltsfestsetzung für die Minderjährige nichts ins Treffen führt; insoweit kann auf die zutreffenden Ausführungen der zweiten Instanz verwiesen werden. Der jeder Unterhaltsbemessung stillschweigend innewohnenden Umstandsklausel zufolge kann das Gericht bei einer wesentlichen Änderung der für die Unterhaltsbemessung maßgeblichen Verhältnisse eine andere Entscheidung treffen (Purtscheller/Salzmann, Unterhaltsbemessung, Rz 295, E 1. bis 3.). Eine Anspannung des Vaters für die Zeit seiner Arbeitslosigkeit vom 1. Jänner 1997 bis 31. August 1997 lehnte schon die zweite Instanz zutreffend ab; auch dem trat der Vater nicht entgegen. Daß die Minderjährige die Ausübung des Besuchrechts durch ihren Vater strikt ablehnt, hat nach herrschender Auffassung bei der Unterhaltsbemessung außer Betracht zu bleiben.
Gemäß § 140 ABGB haben die Eltern zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse des Kindes unter Berücksichtigung seiner Anlagen, Fähigkeiten, Neigungen und Entwicklungsmöglichkeiten anteilig beizutragen. Bei der Unterhaltsbemessung kommt es vor allem auf die Bedürfnisse des Unterhaltsberechtigten an; es ist aber auch die konkrete Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen. Einen Anhaltspunkt dafür, nach welchen Kriterien der Beitrag der Eltern zu ermitteln ist, bietet das Gesetz durch Verknüpfung der Bedürfnisse des Kindes mit den Lebensverhältnissen der Eltern (EvBl 1995/129; EFSlg 73.864 f uva); diese individuelle Verknüpfung wird nach der von der Judikatur entwickelten Prozentsatzmethode vorgenommen. Das durchschnittliche monatliche Nettoeinkommen des unterhaltspflichtigen Elternteils abzüglich gerechtfertigter Abzüge bildet die (Unterhalts-)Bemessungsgrundlage, aus der der dem Kind zu leistende Unterhalt im wesentlichen durch Anwendung eines nach Altersgruppen bemessenen weitere Sorgepflichten des unterhaltspflichtigen Elternteils durch Abzüge von Prozentpunkten berücksichtigenden Prozentsatzes zu ermitteln ist. Der Oberste Gerichtshof ging in seinen Entscheidungen EFSlg 64.956 und EFSlg 67.721 von der Gleichrangigkeit aller gesetzlichen Unterhaltsansprüche aus und sprach aus, daß zur Wahrung dieser gleichberechtigten gesetzlichen Ansprüche die für alle Unterhaltspflichten zur Verfügung stehende gemeinsame Unterhaltsbemessungsgrundlage des Verpflichteten zu ermitteln sei; die Beteiligung der konkurrierenden Unterhaltsansprüche an den verfügbaren Unterhaltsmitteln richte sich dann nach den Stand der einzelnen Unterhaltsberechtigten (Ehegatten, Eltern, Kinder, Enkelkinder) und - bei gleichem Stand - nach Alter, Bedarf und weiteren Bemessungskriterien. Das trifft jedenfalls zu, wenn Unterhaltsansprüche von Kindern mit Unterhaltsansprüchen anderer Kinder oder eines Ehegatten konkurrieren (SZ 69/77 ua; RIS-Justiz RS0047364).
Unter dem Regel- oder Allgemeinbedarf versteht man im allgemeinen jenen Bedarf, den jedes Kind einer bestimmten Altersstufe in Österreich ohne Rücksicht auf die konkreten Lebensverhältnisse seiner Eltern an Nahrung, Kleidung, Wohnung und zur Bestreitung seiner weiteren Bedürfnisse hat. Der Sonder- oder Individualbedarf ist nach Lehre und Rspr dagegen jener individuelle und außergewöhnliche Bedarf, der dem unterhaltsberechtigten Kind infolge Berücksichtigung der bei der Ermittlung des Regelbedarfs bewußt außer acht gelassenen Umstände erwächst (SZ 63/81 mwN; RZ 1995/30; 1 Ob 2383/96i uva; Schwimann in Schwimann2, § 140 ABGB Rz 27 ff). Ganz allgemein ist der Sonderbedarf durch die Momente der Außergewöhnlichkeit, Dringlichkeit und Individualität gekennzeichnet, betrifft hauptsächlich die Erhaltung der (gefährdeten) Gesundheit, die Heilung einer Krankheit und die Persönlichkeitsentwicklung (insbesondere Ausbildung, Talentförderung und Erziehung) des Kindes und fällt somit bei der Mehrzahl der unterhaltsberechtigten Kinder regelmäßig nicht an (1 Ob 2383/96i; SZ 70/23 mwN ua).
Der Oberste Gerichtshof hat bereits im Zusammenhang mit dem vor Einführung des Bundespflegegelds gewährten Hilflosenzuschusses ausgesprochen, daß dieser bei der Unterhaltsbemessung außer Ansatz bleibe, weil er den für die Wartung und Hilfe notwendigen Sonderbedarf abzudecken bestimmt sei (RZ 1992/25). Diese Rspr wurde auch bei Pflegegeldleistungen aufrecht erhalten, die nur den Sonderbedarf an krankheitsbedingtem Personalaufwand, und sei es auch im Rahmen häuslicher Pflege, abdecken (2 Ob 514/94 = ÖA 1994, 185; 8 Ob 145/98k; 6 Ob 145/98m; RIS-Justiz RS0013477). In der Entscheidung 2 Ob 514/94 verwarf der Oberste Gerichtshof den von dem - für eine behindertes Kind unterhaltspflichtigen - Vater erhobenen Einwand der Doppelversorgung mit dem Argument, das Pflegegeld stehe lediglich zur Finanzierung des pflegebedingten Mehraufwands zur Verfügung, der behinderungsbedingte Sachaufwand werde aber dadurch nicht gedeckt. Soweit für diesen keine öffentlich-rechtlichen Leistungen gewährt würden, bestehe ein Sonderbedarf des behinderten Kindes. Von dieser Rechtsprechung abzugehen, besteht kein Anlaß. Das Pflegegeld ist somit nicht für pflegebedingte Sachaufwendungen (etwa - wie hier - die Errichtung eines Einfamilienhauses für das schwerstbehinderte Kind) bestimmt. Solche Sachaufwendungen für ein behindertes Kind können zwar unabhängig von einem Pflegegeldbezug (Gruber/Pallinger, Kommentar zum BPGG, § 1 Rz 12) ganz oder zum Teil durch den Sozialversicherungsträger oder durch das Land (hier aufgrund des Bgld. Wohnbauförderungsgesetzes 1991 LGBl 1991/53 idgF, der Bgld. Wohnbauförderungs- und Sanierungsdarlehens-Verordnung 1991, LGBl 1991/54 idgF bzw des Bgld. Behindertengesetzes LGBl 1966/20 idgF) gedeckt werden; daß dies jedoch hier der Fall wäre, wurde vom Unterhaltssachwalter der Minderjährigen weder im Verfahren erster Instanz noch in seinem Rekurs an die zweite Instanz vorgetragen. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß die vom Erstgericht festgestellten monatlichen Kreditrückzahlungsraten von 8.000 S (zur Errichtung eines behindertengerechten Hauses) vom unterhaltspflichtigen Vater getragen werden müssen und nicht durch Sozialleistungen von dritter Seite (Schwimann aaO Rz 29) gedeckt werden. Insoweit diese Aufwendungen zumindest zum Teil vom Vater nicht für sich und seine Ehegattin, sondern für sein schwerstbehindertes Kind erbracht werden, handelt es sich um dessen Sonderbedarf.
Grundsätzlich ist der Unterhaltsberechtigte wegen des Ausnahmecharakters von Sonderbedarf für die diese begründenden Umstände behauptungs- und beweispflichtig (SZ 63/81 ua; Schwimann aaO Rz 30 mwN). Führt indessen der Unterhaltsverpflichtete bei der Unterhaltsbemessung den Sonderbedarf eines bei der Unterhaltspflicht konkurrierenden Kindes ins Treffen, so ist er insoweit schon deshalb behauptungs- und beweisbelastet, weil dieser Umstand seiner Sphäre zuzurechnen ist und ihm dessen Bewahrheitung begünstigte. In Ansehung der monatlich zu leistenden Kreditrückzahlungsraten von 8.000 S ist der Vater seiner Behauptungs- und Beweispflicht nachgekommen. Die im Revisionsrekurs behaupteten Aufwendungen müssen dagegen schon wegen ihres Neuerungscharakters unberücksichtigt bleiben. Keinesfalls trifft den Unterhaltspflichtigen die Behauptungs- und Beweislast dafür, daß vom Pflegegeld angesichts des tatsächlichen Pflegeaufwands nichts erübrigt werden könnte, sodaß es nicht möglich sei, Teile des Pflegegeldes für Sachaufwendungen zugunsten des behinderten Kindes einzusetzen, ist doch das Pflegegeld angesichts seiner Widmung dafür gar nicht bestimmt. Die vom Sohn des Unterhaltspflichtigen bezogene und bereits bei der Zuerkennung von Pflegegeld berücksichtigte Familienbeihilfe stellt kein Einkommen des Vaters dar.
Hier geht es nicht darum, wie ein Sonderbedarf zwischen den Eltern des behinderten Kindes aufzuteilen ist (vgl dazu JBl 1991, 40), sondern um die Frage, ob und wie der Sonderbedarf bei der Unterhaltsbemessung für ein anderes Kind des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen ist. In der Entscheidung 2 Ob 514/94 hielt der Oberste Gerichtshof eine pauschale Abgeltung der Mehrbelastung in Form eines erhöhten monatlichen Unterhaltsbeitrags zur Deckung der Bedürfnisse des behinderten Kindes für angemessen, weil es sich durch die Behinderung um einen ständigen erhöhten Bedarf und nicht bloß um einen einmaligen Aufwand handle. Nach den Entscheidungen von Gerichten zweiter Instanz EFSlg 74.468, 77.391 f führten vom Sozialversicherungsträger nicht ersetzte krankheitsbedingte Mehrausgaben zu einer Minderung der Bemessungsgrundlage. Auch der Oberste Gerichtshof vertrat schon die Auffassung, krankheitsbedingter Mehraufwand, den der Unterhaltsschuldner zu tragen habe, verringere die Bemessungsgrundlage (3 Ob 570/95 = SZ 68/247 = EFSlg 77.450 unter Hinweis auf Schlemmer in Schwimann aaO Rz 64 mwN zur Rspr der Gerichte zweiter Instanz; 5 Ob 2233/96k = EFSlg 80.497). In der (nicht veröffentlichten) Entscheidung 3 Ob 19/97h meinte der Oberste Gerichtshof dagegen, krankheitsbedingter Sonderbedarf eines von mehreren Unterhaltsberechtigten führe nicht zur Verminderung der Unterhaltsbemessungsgrundlage, sondern sei durch den Abzug weiterer Prozentpunkte derart zu berücksichtigen, daß dieser Mehrbedarf proportional auf Verpflichteten und Berechtigten aufgeteilt werde, wobei durchaus nicht stets schon der Abzug eines weiteren Prozentpunkts ausreichend sei. Der erkennende Senat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen: Wiewohl konkurrierende Sorgepflichten grundsätzlich nicht einfach in Höhe des dafür bemessenen Unterhaltsbetrags von der Bemessungsgrundlage abgezogen, sondern durch die Verminderung des Unterhaltsprozentsatzes angemessen berücksichtigt werden (6 Ob 1577/91; EFSlg 67.721; RZ 1992/49 uva, zuletzt 8 Ob 142/98k; RIS-Justiz RS0047485; Schwimann aaO ABGB Rz 35 ff mwN zu den in der Rspr als angemessen erachteten Prozentsätzen), verringert - der krankheitsbedingte Mehraufwand, den der Unterhaltsschuldner zu tragen hat - gleichfalls nach stRspr, wie bereits dargestellt, die Bemessungsgrundlage. Dies muß nach Auffassung des erkennenden Senats auch dann gelten, wenn es nicht die Krankheit das Unterhaltsschuldners zu berücksichtigen gilt, sondern um den krankheitsbedingten Sonderbedarf eines konkurrierenden unterhaltsberechtigten Kindes geht: Damit können bei der Aufteilung der mit dem Sonderbedarf verbundenen Belastungen auf den Verpflichteten und mehrere Unterhaltsberechtigte die Umstände des Einzelfalls, im besonderen die finanzielle Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen und die Höhe des Sonderbedarfs, sachgerechter berücksichtigt werden als durch den (allzu schematisierenden) Abzug weiterer Prozentpunkte zugunsten des den Sonderbedarf benötigenden Kindes.
Bei einer monatlichen Kreditrückzahlungsrate von 8.000 S nimmt der vom Erstgericht - erkennbar unter Bedachtnahme auf § 273 ZPO - vorgenommene Abzug von monatlich 2.000 S ausreichend Bedacht auf den Umstand, daß der Neubau des Einfamilienhauses auch den Eltern des behinderten Kindes zugute kommt. Daß der Vater und seine Ehegattin auch ohne die schwere Behinderung ihres Kindes aus ihrer früherer Wohnung im 2. Stock ausgezogen wären und ein Einfamilienhaus gebaut hätten, ist weder behauptet worden noch ist dieses aktenkundig, wohl aber, daß der Vater seine Rückzahlungsraten beginnend mit 1. November 1995 zu leisten hat. Ab diesem Zeitpunkt ist daher ein Betrag von monatlich 2.000 S von der Bemessungsgrundlage abzuziehen.
Bei Anwendung dieser Bemessungskriterien und unter Berücksichtigung der von der zweiten Instanz zutreffend berücksichtigten Prozentpunkte erweist sich das Rechtsmittel in Ansehung des Zeitraums vom 1. Juni 1993 bis 31. Oktober 1995 nicht als berechtigt und für den November 1995 insofern als berechtigt, als der Sonderbedarf von monatlich 2.000 S von der Bemessungsgrundlage von 26.800 S abzuziehen ist. Bei einer solcherart auf 24.800 S reduzierten Bemessungsgrundlage ergibt sich bei sonst unveränderten Berechnungskomponenten für den Monat November 1995 rein rechnerisch ein Unterhaltsanspruch der Minderjährigen von 3.472 S und - aufgerundet - von 3.500 S (statt 3.750 S, wie in zweiter Instanz zugesprochen). Für die Zeit ab 1. September 1997 ergäbe sich ein Betrag von monatlich 2.260,30 S (statt 2.900 S, wie in zweiter Instanz zuerkannt), doch muß es mit diesem Hinweis sein Bewenden haben, weil der Vater die Erhöhung des Unterhalts für diese Zeit auf 2.600 S durch das Erstgericht nicht angefochten hat.
Zur Verdeutlichung des jeweiligen Rechtsmittelerfolges diene folgende Zusammenstellung über begehrte und zugesprochene Unterhaltsbeträge (jeweils in öS):
Zeitraum Begehren Zuspruch
1.Instanz 2.Instanz 3.Instanz
1.6.-31.12.1993 4.500 0 4.000 4.000
1.1.-31.7.1994 4.350 0 3.900 3.900
1.8.-31.12.1994 3.600 0 3.600 3.600
1.1.-31.10.1995 3.750 0 3.750 3.750
1.11.-30.11.1995 3.750 0 3.750 3.500
1.1.-31.12.1996 0 0 0 0
1.1.-31.8.1997 3.000 0 0 0
ab 1.9.1997 3.000 2.600 2.900 2.600.
Die vom Rekursgericht in seinem Berichtigungsbeschluß als erheblich erachtete Frage, ob die gesetzliche Ermächtigung zur Definition der Begriffe "Betreuung" und "Hilfe" durch Verordnung ausreichend gesetzlich determiniert sei (§ 4 Abs 5 Z 1 BPGG), weil durch die taxative Aufzählung der Hilfsleistungen in Verordnungen der Gesetzeszweck leicht verfehlt werden könne, stellt sich hier nicht.
Dem Revisionsrekurs ist teilweise Folge zu geben.
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