OGH 6Ob1577/91

OGH6Ob1577/9120.6.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schobel, Dr.Redl, Dr.Kellner und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei *****, AHS-Lehrer, ***** vertreten durch ***** Rechtsanwalt in Graz, wider die beklagte Partei ***** im Haushalt, ***** vertreten durch *****, Rechtsanwalt in Voitsberg, wegen Unterhaltsherabsetzung infolge außerordentlicher Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Graz als Berufungsgerichtes vom 21.März 1991, AZ 2 R 85/91 (ON 16), den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Die mit den Ausführungen der außerordentlichen Revision bekämpften Rechtsansichten sind für die Entscheidung letztlich nicht ausschlaggebend:

Rechtsmißbrauch ist nur im Unterhaltsbegehren jenes Ehegatten zu sehen, der durch sein Gesamtverhalten zu erkennen gibt, daß er sich seinerseits aller Bindungen und Pflichten aus dem Eheband ledig fühle. Solches hat der Kläger nicht schlüssig behauptet. Wörtliche, selbst mit Tätlichkeiten verbundene Angriffe auf an anderen Ehegatten im Verlauf von Auseinandersetzungen im gespannten Zusammenleben stellen noch keine so entschiedene Hintansetzung der eigenen Verhaltenspflichten dem anderen Ehegatten gegenüber dar, als daß die Forderung auf Einhaltung seiner aus der Ehe entspringenden Unterhaltspflichten Rechtsmißbrauch wäre.

Ein übereinstimmender Vergleichswille, den Unterhaltsbetrag vornehmlich nach einem ziffernmäßig bestimmten Prozentsatz der Bemessungsgrundlage zu bestimmen, wurde nicht erwiesen. Abgesehen davon liegt nicht nur in der vom Kläger geltend gemachten Verminderung seines Einkommens, sondern auch in den geänderten Wohnverhältnissen eine wesentliche Änderung der Vergleichsgrundlagen.

Die Beklagte lebte nämlich zur Zeit des Vergleichsabschlusses in der Ehewohnung, deren Kosten der Kläger zu tragen hatte. Durch den Auszug aus der Ehewohnung im Sinne einer als gerechtfertigt erkannten gesonderten Wohnungsnahme erwuchs der Ehefrau ein zusätzliches, von ihrem unterhaltspflichtigen Ehemann nicht mehr in natura abgedecktes Bedürfnis der Wohnunterkunft.

Die als gerechtfertigt erkannte gesonderte Wohnungsnahme ist der Beklagten eherechtlich und daher auch in der Frage des Ehegattenunterhaltes nicht zum Nachteil anrechenbar. Die mit dem Wegfall der Befriedigung des Wohnbedarfes in der vom Ehegatten finanzierten Ehewohnung verbundene Steigerung des Geldunterhaltsbedarfes der Frau bedeutet, daß der sich aus der vergleichsweisen Festsetzung eines Unterhaltsbetrages ergebende Prozentsatz an der Bemessungsgrundlage nicht unverändert aufrechterhalten werden könnte.

Bei der gebotenen Neufestsetzung des Ehegattenunterhaltes sind die vom Unterhaltspflichtigen für die von ihm zu alimentierenden Kinder bezogenen Familienbeihilfen aus der Bemessungsgrundlage auszuscheiden. An einer allfälligen Verkürzung konkurrierender Unterhaltsberechtigter hat ein Unterhaltsgläubiger nicht teilzunehmen.

Konkurrierende Sorgepflichtigen sind auch deshalb nicht durch Abzug der tatsächlichen Unterhaltsleistungen von der Bemessungsgrundlage unter Aufrechterhaltung des Unterhaltsprozentsatzes, der ohne Vorliegen der anderen Sorgepflichten anzuwenden wäre, zu berücksichtigen, sondern durch angemessene Herabsetzung des Unterhaltsprozentsatzes.

Das Ausmaß einer solchen Verminderung des Unterhaltsprozentsatzes wegen weiterer Sorgepflichten des Unterhaltsschuldners wäre nur aufgrund entsprechender repräsentativer Verbrauchserhebungen belegbar zu bestimmen; mangels solcher hat nach groben Erfahrungswerten eine Einschätzung zu erfolgen.

Die Belastung des Klägers durch gesetzliche Sorgepflichtigen für seinen Sohn aus erster Ehe und für die beiden noch vorschulpflichtigen gemeinsamen Kinder der Streitteile blieb unverändert. Änderungen traten nur (zum Nachteil des Klägers) in der durch Einschränkung seiner Lehrverpflichtungen bewirkten Einkommensminderung einerseits und (zum Nachteil der Beklagten) im Verlust der Naturalwohnversorgung der Beklagten in der vom Kläger finanzierten Ehewohnung ein. Die Auswirkungen dieser Veränderungen in den Unterhaltsbemessungsgrundlagen heben einander annähernd auf.

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