OGH 4Ob218/98g

OGH4Ob218/98g29.9.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kodek als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr. Griß und Dr. Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Vogel als weitere Richter in der Erlagssache der Erlegerin B***** AG, *****, vertreten durch Preslmayr & Partner, Rechtsanwälte in Wien, und der Erlagsgegner 1. Heinrich K*****, vertreten durch Dr. Gerold Hirn und andere Rechtsanwälte in Feldkirch, 2. Dr. Karl K*****, 3. Helmut R*****, vertreten durch Dr. Adolf Concin und Dr. Heinrich Concin, Rechtsanwälte in Bludenz, 4. M***** S.A., *****, wegen S 6,628.174,80 und S 74.393,16, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Ersterlagsgegners Heinrich Kieber gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch als Rekursgericht vom 9. Juni 1998, GZ 2 R 191/98y-19, mit dem der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 16. April 1998, GZ 19 Nc 73/97d-10, zurückgewiesen wurde, und gegen den Beschluß des Landesgerichtes Feldkirch vom 17. Juli 1998, GZ 2 R 248/98f-26, mit dem der Rekurs gegen den Beschluß des Bezirksgerichtes Feldkirch vom 25. Mai 1998, GZ 19 Nc 73/97d-18, zurückgewiesen wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 26 wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs gegen den Beschluß ON 19 wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird dahin abgeändert, daß der Antrag, den Verwahrauftrag dahin zu ergänzen, daß die Ausfolgung der erlegten Beträge erst auf einvernehmlichen Antrag der Erlagsgegner Heinrich K*****, Dr. Karl K*****, Helmut R***** und M***** S.A. oder auf Antrag des Erlegers im Einverständnis mit den Erlagsgegnern oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung erfolgt, abgewiesen wird.

Das Kostenersatzbegehren des Ersterlagsgegners wird abgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin beantragte, den auf ihrem Konto mit der Nummer 0179-752-891 erliegenden Betrag von S 6,628.174,80 sowie den auf ihrem Konto mit der Nummer 71410-010-881 erliegenden Betrag von S 74.393,16 gemäß § 1425 ABGB wegen des Vorhandenseins mehrerer Forderungsprätendenten, nämlich von Heinrich K***** und Dr. Karl K*****, zu Gericht anzunehmen und einen Verwahrungsauftrag zu erlassen. Der erlegte Betrag solle nur auf einvernehmlichen Antrag der Erlagsgegner oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ausgefolgt werden. Der Ersterlagsgegner, ein Staatsbürger des Fürstentums Liechtenstein, habe in der Filiale Feldkirch der Erlegerin am 19.11.1996 ein Sparbuch zu Kontonummer 71420-008-443 mit Losungswort eröffnet. Das Sparbuch habe einen Einlagenstand von S 6,720.740,-- erreicht. Am 4.4.1997 habe der Ersterlagsgegner der Bank telefonisch den Auftrag erteilt, zu Lasten seines Sparbuches zwei Geldbeträge zu überweisen. Er sei darauf hingewiesen worden, daß eine solche Überweisung die Vorlage des Sparbuches und die Angabe des Losungswortes voraussetze. Mit ihm sei besprochen worden, daß er das Sparbuch einem Vertrauten übergeben und dieser die Transaktion durchführen werde. Am 7.4.1997 habe eine Person, die sich mit dem Reisepaß Nummer 71100-217-03, ausgestellt vom Bürgermeisteramt Ochsenhausen, als Dr. Karl K*****, legitimiert habe, in der Filiale Feldkirch vorgesprochen und unter Nennung des Losungswortes das Sparguthaben zur Gänze behoben. Unmittelbar danach habe Dr. Karl K***** - der Zweiterlagsgegner - auf seinen Namen ein Devisenausländerkonto mit der Nummer 71410-010-881 eröffnet, das Sparguthaben auf dieses Konto transferiert und die B*****AG beauftragt, zwei Auslandsüberweisungsaufträge zu Lasten dieses Kontos durchzuführen. Diese Aufträge seien zur internen Bearbeitung an eine B*****AG Filiale in I***** weitergeleitet worden. Am 9. 4. 1997 habe die Filiale F***** ein Fax erhalten, in dem der Ersterlagsgegner handschriftlich ersucht habe, die Auslandsüberweisungen zu stoppen bzw. rückgängig zu machen, weil er das Opfer einer Entführung geworden sei; der Transfer des Sparguthabens auf das vom Zweiterlagsgegner eröffnete Konto sei unter Zwang erfolgt. Der Erlegerin sei es gelungen, die Auslandsüberweisungsaufträge zu stoppen. Sie habe das Geld sicherheitshalber auf ein internes Konto der B*****AG mit der Nummer 00179-752-891 transferiert. Das Konto weise ein Guthaben von S 6,628.174,80 auf. Auf dem vom Zweiterlagsgegner eröffneten Konto seien S 74.393,16 verblieben. Nach den Informationen der Klägerin befinde sich der Ersterlagsgegner derzeit in ärztlicher Behandlung, weil er sich während der behaupteten Gefangenschaft durch Selbstmordversuche erhebliche Verletzungen zugefügt haben solle. Die Erlegerin habe bisher nicht klären können, ob die Angaben des Ersterlagsgegners der Wahrheit entsprechen. Wegen des Vorhandenseins mehrerer Forderungsprätendenten würden die auf beiden Konten erliegenden Beträge zu Gericht erlegt.

Das Erstgericht nahm am 12. September 1997 den von der Erlegerin beantragten Erlag über S 6,628.174,80 und S 74.565,04 infolge Unklarheit der Rechtslage zu Gericht an. Die Voraussetzungen für einen Gerichtserlag seien gegeben; die erlegten Beträge würden auf einvernehmlichen Antrag der Erlagsgegner, auf Antrag des Erlegers im Einverständnis mit den Erlagsgegnern oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ausgefolgt.

Mit Schriftsatz vom 8. April 1998 beantragte die Erlegerin, den Verwahrauftrag dahin zu ergänzen, daß die Ausfolgung der erlegten Beträge erst auf einvernehmlichen Antrag der Erlagsgegner Heinrich K*****, Dr. Karl K*****, Helmut R***** und M***** S.A. oder auf Antrag des Erlegers im Einverständnis mit den Erlagsgegnern oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung erfolgt. Helmut R***** - der Dritterlagsgegner - und die M***** S.A. - die Vierterlagsgegnerin - hätten Ansprüche auf die hinterlegten Beträge erhoben. Sie hätten ihre Ansprüche damit begründet, daß der Zweiterlagsgegner die hinterlegten Beträge im Auftrag des Ersterlagsgegners an sie überweisen hätte sollen. Die Erlegerin habe den Überweisungsauftrag aber nicht durchgeführt, weil der Ersterlagsgegner den Auftrag in der Folge widerrufen habe. Die Erlegerin habe am 9. 4. 1997 der Staatsanwaltschaft Feldkirch eine Sachverhaltsmitteilung erstattet. Es sei der Erlegerin nicht möglich zu klären, wessen Behauptungen zutreffen. Auch bei genauer Prüfung der Umstände könne beim derzeitigen Stand der Dinge nicht gesagt werden, wer in bezug auf die bei Gericht erlegten Gelder forderungsberechtigt sei. Es liege sowohl der Erlagsgrund der Unbekanntheit des Gläubigers als auch derjenige der Unklarheit der Rechtslage vor.

Mit Beschluß vom 16. 4. 1998 ergänzte das Erstgericht den Verwahrauftrag dahin, daß es Helmut R***** und die M***** S.A. als weitere Erlagsgegner anführte. Die erlegten Beträge könnten erst auf einvernehmlichen Antrag aller Erlagsgegner oder auf Antrag des Erlegers im Einverständnis mit allen Erlagsgegnern oder aufgrund einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung ausgefolgt werden.

Das Erstgericht gab der gegen diesen Beschluß erhobenen Vorstellung des Ersterlagsgegners nicht Folge und legte den mit der Vorstellung verbundenen Rekurs dem Rekursgericht vor. Der Erlagsgegner sei im Erlagsannahmeverfahren nicht Partei; der angefochtene Beschluß berühre seine Rechtsstellung nicht. Ob der Erlag rechtmäßig sei, sei im streitigen Verfahren zu entscheiden.

Das Rekursgericht wies sowohl den mit der Vorstellung verbundenen Rekurs als auch einen weiteren Rekurs zurück, den der Ersterlagsgegner gegen den Beschluß eingebracht hatte, mit dem das Erstgericht seiner Vorstellung nicht Folge gegeben hatte, und sprach in beiden Beschlüssen aus, daß der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Gerichtserlag sei eine einseitige Rechtshandlung des Schuldners, die der Gläubiger nicht verhindern könne. Der Erlagsgegner sei daher nicht Partei des Erlagsverfahrens. Die wahre Rechtslage zwischen dem Erleger und seinem Gläubiger könne jederzeit im Prozeß geklärt werden; sei der Erlag zu Unrecht erfolgt, so sei der Schuldner nicht von seiner Haftung befreit. Durch die Ergänzung des Verwahrauftrages um zwei weitere Erlagsgegner könne sich der Ersterlagsgegner nicht beschwert erachten. Gegen den Beschluß des Erstgerichtes, mit dem es der Vorstellung nicht Folge gegeben hatte, stehe kein Rekurs zu, wenn, wie im vorliegenden Fall, bereits mit der Vorstellung ein Rekurs verbunden wurde.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen den Beschluß, mit dem der Rekurs gegen den der Vorstellung nicht stattgebenden Beschluß zurückgewiesen wurde, gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs (1.) ist unzulässig; der gegen den Beschluß, mit dem der Rekurs gegen den Beschluß über die Ergänzung des Verwahrauftrages zurückgewiesen wurde, gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs (2.) ist zulässig, weil Rechtsprechung zu einem gleichartigen Sachverhalt fehlt; der Revisionsrekurs ist auch berechtigt.

zu 1.

Gegen Beschlüsse der ersten Instanz im Außerstreitverfahren steht neben dem Rekurs auch die Vorstellung offen, die sich an die erste Instanz selbst wendet (§ 9 AußStrG). Wer sich durch einen Beschluß beschwert erachtet, hat demnach die Wahl zwischen Vorstellung und Rekurs; er kann aber auch die Vorstellung mit dem Rekurs verbinden. Gibt das Erstgericht der Vorstellung nicht Folge, so hat es den Rekurs der zweiten Instanz vorzulegen. Wurde nur eine Vorstellung erhoben, so kann der Rechtsmittelwerber den die Vorstellung abweisenden Beschluß mit Rekurs bekämpfen (§ 9 Abs 4 AußStrG; s Klicka/Oberhammer, Außerstreitverfahren Rz 55).

Der Rechtsmittelwerber kann daher nur einmal Rekurs erheben: Entweder er verbindet den Rekurs bereits mit der Vorstellung, oder er bringt den Rekurs gegen den die Vorstellung abweisenden Beschluß ein. Hat er den Rekurs mit der Vorstellung verbunden, so ist ein besonderer Rekurs gegen die Abweisung der Vorstellung unzulässig (EvBl 1973/254 = JBl 1974, 323 ua; RIS-Justiz RS0007176). Mit dieser Rechtsprechung steht die angefochtene Entscheidung im Einklang; der Revisionsrekurs war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 14 Abs 1 AußStrG) zurückzuweisen.

zu 2.

Der Rechtsmittelwerber macht geltend, daß der angefochtene Beschluß seine Rechtsposition beeinträchtige. Aufgrund des ursprünglichen Verwahrauftrages habe er den Zweiterlagsgegner auf Zustimmung zur Ausfolgung des Gerichtserlages geklagt. Das Verfahren sei in erster Instanz bereits geschlossen worden. Nunmehr sei er gezwungen, auch gegen die nachträglich genannten Erlagsgegner eine Klage einzubringen. Die Entscheidung SZ 52/49 = EvBl 1979/199 billige den Erlagsgegnern Parteistellung zu. Der ursprüngliche Verwahrauftrag sei rechtskräftig geworden und könne nicht nachträglich ergänzt werden. Der angefochtene Beschluß sei nichtig, weil er nicht begründet und ohne vorangegangenes Verfahren gefaßt worden sei. Das Rekursgericht hätte feststellen müssen, daß die überwiesenen Beträge den Konten der Überweisungsempfänger noch nicht gutgeschrieben waren, als der Widerruf erfolgte. Die Überweisungsempfänger stünden daher in keinem Rechtsverhältnis zur Erlegerin und kämen als Forderungsprätendenten nicht in Betracht.

Dem Rechtsmittelwerber ist die Rechtsprechung bekannt, wonach der Erlagsgegner nicht legitimiert ist, den Annahmebeschluß im Erlagsverfahren zu bekämpfen. Diese Auffassung wird damit begründet, daß durch den Erlag bei Gericht nur im Verhältnis zwischen dem Erleger und dem Gericht Rechtsbeziehungen öffentlich-rechtlicher Art geschaffen werden. Die Rechte des Gläubigers würden durch den Erlag keineswegs verkürzt oder beeinträchtigt. Stelle sich in der Folge heraus, daß der Erlag unberechtigt erfolgt ist, so sei die Rechtslage so, als ob der Erlag nie vorgenommen worden wäre (SZ 27/213; SZ 40/8 = EvBl 1967/284; NZ 1972, 205; SZ 45/107 = ZVR 1973/201; EvBl 1991/91; RIS-Justiz RS0006723; Reischauer in Rummel, ABGB**2 § 1425 Rz 16; Schwimann/Harrer/Heidinger, ABGB**2 § 1425 Rz 25).

Diese Rechtsprechung kann bei neuerlicher Prüfung nicht uneingeschränkt aufrechterhalten werden:

Gegenstand der Entscheidung SZ 27/213 war nicht ein Rekurs des Erlagsgegners, sondern der eines Dritten und zwar des Versicherungsnehmers, der sich gegen die Annahme des Erlages wandte, den das Versicherungsunternehmen zugunsten der Witwe des Geschädigten vorgenommen hatte. Auch die Entscheidung SZ 40/8 = EvBl 1967/284 betrifft den Rekurs eines Dritten. Dieser Dritte war im Annahmebeschluß nicht genannt worden, erhob aber Anspruch auf den Erlag. Seine Befugnis, den Annahmebeschluß zu bekämpfen, wurde mit der Begründung verneint, daß sein Recht auf Ausfolgung des Erlages bereits durch den Erlag und ohne Rücksicht darauf begründet werde, ob er als Erlagsgegner im Beschluß genannt und vom Erlag verständigt wurde. In der in dieser Entscheidung zitierten Entscheidung SZ 27/59 hat der Oberste Gerichtshof einen Revisionsrekurs der Erlagsgegner gegen die dem Erstgericht aufgetragene Ergänzung des Annahmebeschlusses inhaltlich behandelt. Mit der Entscheidung NZ 1972, 205 wurde der Revisionsrekurs einer Antragsgegnerin zurückgewiesen, die sich gegen die Annahme des Gerichtserlages gewandt hatte. Die Entscheidungen SZ 45/107 = ZVR 1973/201 und EvBl 1991/91 geben den Rechtssatz wieder, ohne sich darauf zu stützen.

Die immer wieder zitierte Entscheidungskette erweckt demnach zwar den Anschein, als wäre die Rechtsmittelbefugnis des Antragsgegners in zahlreichen Entscheidungen verneint worden; das trifft aber bei näherer Prüfung nicht zu. Die Rechtsprechung hat sich bisher noch nicht mit der Frage befaßt, ob der oben wiedergegebene Rechtssatz uneingeschränkt zu gelten hat. Das gilt auch für die vom Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang zitierte Entscheidung SZ 52/49 = EvBl 1979/199. Diese Entscheidung betrifft die Parteistellung im Ausfolgeverfahren, wenn sie auch ganz allgemein davon spricht, daß die vom Erleger namentlich bezeichneten Erlagsgegner kraft dieser verfahrensrechtlichen Erklärung des Antragstellers Parteistellung genießen. Aus dieser Entscheidung kann daher auch nicht abgeleitet werden, daß der Erlagsgegner in jedem Fall rechtsmittellegitimiert wäre.

Die Rechtsmittellegitimation hängt davon ab, ob der Annahmebeschluß die materielle Rechtsstellung des Erlagsgegners berührt. Das ist nicht der Fall, wenn der Erlag nur zugunsten eines Erlagsgegners erfolgt. Der Erlag wirkt nur schuldbefreiend, wenn ein Erlagsgrund besteht. Liegt kein Erlagsgrund vor, so haftet der Erleger dem Erlagsgegner in gleicher Weise wie er ihm ohne Erlag haftete.

Anders ist die Sachlage, wenn ein Gerichtserlag wegen einer Mehrheit von Forderungsprätendenten vorgenommen wird. In einem solchen Fall muß ein Erlagsgegner in der Regel das - gerichtlich oder außergerichtlich erreichte - Einverständnis der übrigen Erlagsgegner beibringen. Für den Erlagsgegner bedeutet es naturgemäß einen Unterschied, ob er einem oder mehreren weiteren Erlagsgegnern gegenübersteht. Zwar gilt auch für diesen Fall, daß der Erlag nur schuldbefreiend wirkt, wenn ein Erlagsgrund besteht; dafür reicht es aber aus, daß die Erlagsvoraussetzungen gegenüber einem der Erlagsgegner gegeben sind. Bei einer Mehrheit von Erlagsgegnern trifft es daher nicht zu, daß der Erlag die Rechtsstellung des oder der Erlagsgegner unberührt ließe. Ist auch nur gegenüber einem der Erlagsgegner ein Erlagsgrund gegeben, so ist der Erleger von seiner Schuld befreit; der Berechtigte muß daher die Voraussetzungen für die Freigabe des Erlages erfüllen, um das ihm Zustehende zu erhalten. Dazu kann es notwendig sein, das Einverständnis mehrerer Erlagsgegner gerichtlich zu erwirken.

Die Rechtsmittellegitimation und Beschwer des Erlagsgegners ist daher zu bejahen, wenn der Erlag zugunsten mehrerer Erlagsgegner erfolgt. Das gilt umso mehr, wenn der Annahmebeschluß durch Nennung weiterer Erlagsgegner ergänzt wird. Das zeigt der vorliegende Fall: Nach dem ursprünglichen Annahmebeschluß war der Gerichtserlag auszufolgen, wenn einer der beiden Erlagsgegner das Einverständnis des anderen - gerichtlich oder außergerichtlich - erwirkt hatte. Nach dem Ergänzungsbeschluß ist das Einverständnis von zwei weiteren Erlagsgegnern notwendig, das der Ersterlagsgegner erwirken muß, um den erlegten Betrag ausgefolgt zu erhalten. Seine Rechtsstellung wird dadurch beeinträchtigt, weil er nunmehr gezwungen ist, auch gegen die nachträglich genannten Erlagsgegner eine Klage einzubringen.

Aus der Rechtsmittellegitimation des Erlagsgegners folgt aber nicht, daß, wie der Rechtsmittelwerber meint, im Erlagsverfahren zu prüfen wäre, ob der Erlagsgrund tatsächlich besteht:

Das Vorhandensein mehrerer Forderungsprätendenten berechtigt zum Gerichtserlag, wenn der Schuldner bei zumutbarer Prüfung nicht ermitteln kann, wer Gläubiger ist (Reischauer aaO § 1425 Rz 4; Schwimann/Harrer/Heidinger aaO § 1425 Rz 12, jeweils mwN). Der Erlagsgrund ist im Erlagsgesuch anzugeben; das Erlagsgericht hat zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung im Sinne des § 1425 ABGB an sich taugt; hingegen ist nicht zu prüfen, ob der angeführte Hinterlegungsgrund tatsächlich gegeben ist (Reischauer aaO § 1425 Rz 17 mwN; s auch Schwimann/Harrer/Heidinger aaO § 1425 Rz 23). Dem Erlagsgericht obliegt (nur) eine Schlüssigkeitsprüfung; sie verhindert, daß die Gerichte aus beliebigen Gründen mit Verwahreraufgaben belastet werden (Reischauer aaO § 1425 Rz 17 mwN). Nur insoweit kann der Annahmebeschluß im Rechtsmittelverfahren überprüft werden. Für ein Verfahren, wie es der Rechtsmittelwerber vermißt, besteht kein Anlaß. Der Erlagsgegner kann, was die Voraussetzungen für den Erlag betrifft, nur geltend machen, daß das Vorbringen des Erlegers unschlüssig sei.

Der Rechtsmittelwerber verweist auf das Vorbringen der Erlegerin, die Überweisungen nicht durchgeführt zu haben, weil der Ersterlagsgegner den Überweisungsauftrag widerrufen habe. Nach dem Vorbringen im Erlagsgesuch sei es der Erlegerin gelungen, die Auslandsüberweisungsaufträge zu stoppen. Überwiesen hätte der Erlagsbetrag von S 6,628.174,80 werden sollen; die weiters erlegten S 74.393,16 seien nicht Gegenstand der Überweisungsaufträge gewesen und auf dem vom Zweiterlagsgegner eröffneten Konto verblieben.

Ob die Überweisungsaufträge rechtzeitig widerrufen wurden, ist nach österreichischem Recht zu beurteilen, weil das Recht des beauftragten Kreditunternehmens maßgebend ist (§ 38 Abs 1 IPRG). Nach österreichischem Recht erwirbt der Empfänger durch den Überweisungsauftrag keinen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen die Bank (SZ 52/183; SZ 59/51 = JBl 1986, 381 = ÖBA 1986, 301 [Koziol] = RdW 1986, 207; JBl 1994, 689); er kann über das Geld erst verfügen, wenn es seinem Konto gutgebucht ist. Der Widerruf ist demnach rechtzeitig, wenn der überwiesene Betrag dem Konto des Überweisungsempfängers noch nicht gutgeschrieben ist. Ob dies der Fall ist, kann die Bank feststellen; ihr ist die selbständige Prüfung zumutbar, ob ein Überweisungsauftrag rechtzeitig widerrufen worden ist (ÖBA 1988, 293 = RdW 1988, 320 = WBl 1988, 128).

Die Erlegerin hat im Ergänzungsantrag zwei Personen als weitere Erlagsgegner genannt, obwohl aus ihrem eigenen Vorbringen folgt, daß diesen keine Forderung gegen sie zusteht, weil sie den Überweisungsauftrag wegen rechtzeitigen Widerrufs nicht durchgeführt hat. Ihr Vorbringen ist daher unschlüssig.

Insoweit sind die Rechtsmittelausführungen des Ersterlagsgegners berechtigt. Es trifft aber nicht zu, daß der Ergänzungsbeschluß nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig wäre. Das Erstgericht hat den Ergänzungsbeschluß begründet. Die Ergänzung des Annahmebeschlusses ist auch zulässig (SZ 27/59; SZ 51/42 = JBl 1978, 598; Reischauer aaO § 1425 Rz 19); ihr steht die Rechtskraft nicht entgegen. Auch die im Außerstreitverfahren ergangenen Beschlüsse sind zwar der formellen und materiellen Rechtskraft fähig (§ 18 Abs 1 AußStrG); die Rechtskraft hält aber einer nachträglichen Änderung der Verhältnisse nicht stand (SZ 63/153 mwN; s auch Fucik, AußStrG**2, 53 mwN). Der Annahmebeschluß kann daher ergänzt werden, wenn nachträglich weitere Forderungsprätendenten bekannt werden.

Das Rekursgericht hat den Rekurs zu Unrecht mangels Beschwer zurückgewiesen; der Oberste Gerichtshof hat schon wiederholt ausgesprochen, daß er in einem solchen Fall im Außerstreitverfahren selbst in der Sache entscheiden kann (SZ 23/87; SZ 23/390; SZ 34/56; SZ 40/1; SZ 42/48; RZ 1974/40).

Dem Revisionsrekurs war Folge zu geben.

Das Kostenersatzbegehren des Ersterlagsgegners war abzuweisen, weil im Erlagsverfahren als einem außerstreitigen Verfahren mangels besonderer Bestimmung kein Kostenersatz vorgesehen ist (Fucik aaO 22 mwN).

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