OGH 13Os54/98

OGH13Os54/989.6.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 9.Juni 1998 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Brustbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Habl und Dr.Ratz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag.Köberl als Schriftführer in dem bei dem Landesgericht Wr.Neustadt zum AZ 33 Vr 1361/97 anhängigen Verfahren zur Unterbringung der Betroffenen Mag.Gerda D***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB über die Grundrechtsbeschwerde der Betroffenen gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien vom 6.März 1998, AZ 22 Bs 69/98, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Mag.Gerda D***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

Vom Landesgericht Wr.Neustadt wurde über Mag.Gerda D***** mit Beschluß vom 11.November 1997 vorerst die Untersuchungshaft verhängt und sodann am 10.Dezember 1997 ihre vorläufige Anhaltung gemäß § 429 Abs 4 iVm § 180 Abs 2 Z 1 und Z 3 lit a StPO verfügt. Nach Schließung der Voruntersuchung stellte die Staatsanwaltschaft am 9.März 1998 den Antrag auf Unterbringung der Betroffenen in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gemäß § 21 Abs 1 StGB (ON 123). Das (nach erfolglosem Einspruch gegen diesen Antrag ergangene) antragskonforme Urteil des Schöffengerichtes vom 12.Mai 1998 ist noch nicht rechtskräftig.

Mit dem angefochtenen Beschluß gab das Oberlandesgericht Wien (neuerlich) der gegen die Fortsetzung der vorläufigen Anhaltung gerichteten Beschwerde der Mag.Gerda D***** unter Fristverlängerung bis 6.Mai 1998 nicht Folge (ON 122).

Dagegen wendet sich die Genannte abermals mit Grundrechtsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt.

Rechtliche Beurteilung

Der Oberste Gerichtshof hat bereits mit Erkenntnissen vom 29.Jänner 1998 (13 Os 4, 9/98) und 18.März 1998 (13 Os 24/98) in den die vorläufige Anhaltung der Betroffenen und deren Fortsetzung bestätigenden Entscheidungen des Oberlandesgerichtes keine Grundrechtsverletzung erblickt.

Insoweit die Beschwerdeführerin die Behauptung der unangemessen langen Dauer des Freiheitsentzuges nunmehr darauf stützt, sie sei entgegen der Bestimmung des Art 6 Abs 1 MRK (der übrigens in § 2 GRBG nicht zitiert ist) bislang noch nicht durch das "zur Entscheidung berufene Gericht gehört" worden, ist ihr zu erwidern, daß im Zeitpunkt der angefochtenen Entscheidung die Zuständigkeit des Schöffengerichts und seines Vorsitzenden noch gar nicht begründet war und die Vernehmung - was unstrittig ist - durch den Untersuchungsrichter fristgerecht erfolgte (s. Art 5 MRK, §§ 179 ff StPO). Außerdem könnten durch den Unter- suchungsrichter verursachte Verzögerungen nicht zum Gegen- stand einer Grundrechtsbeschwerde gemacht werden, wenn (s. § 1 Abs 1 GRBG) nicht zuvor der gesetzlich eingeräumte Instanzenzug (vgl § 113 StPO) ausgeschöpft wurde (13 Os 26/93 = NRsp 1993/89; 13 Os 47/93 = EvBl 1993/115; 11 Os 137/96 ua).

Im übrigen kann aus solchen Verzögerungen nur dann eine Grundrechtsverletzung abgeleitet werden, wenn sie zu einer Unverhältnismäßigkeit der Haft führen (vgl 11 Os 81/93; 13 Os 148/97), die aber vorliegend - wie das Oberlandesgericht zutreffend erkannt hat - sich niemals durch einen Vergleich mit der zeitlich nicht begrenzten Sicherungsmaßnahme des § 21 Abs 1 StGB ergeben kann (siehe auch 13 Os 24/98). Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 429 Abs 4 StPO wurde schon in den vorangehenden Entscheidungen bejaht, ohne daß eine Änderung diesbe- züglich eingetreten ist.

Das Fehlen einer ausreichenden "Minderung" des Haftgrundes der Tatbegehungsgefahr und damit die Unmöglichkeit der Substituierbarkeit der Haft durch gelindere Mittel hat der Gerichtshof zweiter Instanz der Grundrechtsbeschwerde zuwider hinlänglich und keineswegs unvertretbar begründet.

Durch den angefochtenen Beschluß wurde sohin Mag.Gerda D***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt, sodaß ihre Beschwerde ohne Kostenausspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen war.

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