OGH 13Os47/93

OGH13Os47/9324.3.1993

Der Oberste Gerichtshof hat am 24.März 1993 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kießwetter als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hörburger und Dr.Massauer als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kirschbichler als Schriftführerin in der beim Landesgericht Leoben zum AZ 16 Vr 460/92 anhängigen Strafsache gegen Rudolf K***** und andere wegen des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und 2 SGG über die Grundrechtsbeschwerde des Manfred G***** gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Graz vom 22.Februar 1993, AZ 11 Ns 20/93 (= ON 397 der Strafakten) nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Durch den angefochtenen Beschluß wurde Manfred G***** im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Text

Gründe:

In dem oben bezeichneten Strafverfahren wird gegen Manfred G***** die Voruntersuchung wegen des Verdachtes des Verbrechens nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG geführt. Ihm liegt zur Last, in der Zeit von 1987 bis 1992 in Innsbruck und Kapfenberg den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgift in einer großen Menge, nämlich mindestens 6,5 kg Haschisch, gewerbsmäßig in Verkehr gesetzt zu haben. Der Beschuldigte wird seit dem 27.August 1992 aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr gemäß dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und b StPO in Untersuchungshaft angehalten.

Das Oberlandesgericht Graz hat mit Beschluß vom 22.Februar 1993, AZ 11 Ns 20/93 (= ON 397 der Strafakten) wegen der besonderen Schwierigkeit und des besonderen Umfanges der Untersuchung gemäß dem § 193 Abs. 4 StPO bestimmt, daß die über Manfred G***** verhängte Untersuchungshaft aus dem Haftgrund der Tatbegehungsgefahr nach dem § 180 Abs. 2 Z 3 lit. a und b StPO bis zu zehn Monaten dauern darf.

Rechtliche Beurteilung

Gegen diesen Beschluß richtet sich die vorliegende Grundrechtsbeschwerde des Manfred G***** in der er eine Unverhältnismäßigkeit der bisherigen Haftdauer behauptet und im Hinblick auf die "äußerst schleppende Vorgangsweise des Untersuchungsrichters" und die daraus resultierende übermäßig lange andauernde Untersuchungshaft von derzeit nahezu sieben Monaten einen Verstoß gegen Art. 6 und Art. 8 MRK geltend macht.

Der Beschwerde kommt keine Berechtigung zu.

Das Verbrechen nach dem § 12 Abs. 1 und Abs. 2 SGG ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren bedroht. Angesichts der dem Angeklagten angelasteten Menge von 6,5 kg Haschisch - welche die große Menge des § 12 Abs. 1 SGG (bei Annahme eines Durchschnittsgehaltes an THC) erheblich überschreitet - kann trotz der Unbescholtenheit des Beschwerdeführers zum Zeitpunkt der Beschlußfassung von einer offenbar unangemessenen Dauer der bisherigen Untersuchungshaft im Verhältnis zur zu erwartenden Strafe keine Rede sein (§ 193 Abs. 2 StPO).

Der Ausspruch des bekämpften Beschlusses, daß die Untersuchungshaft über den Beschwerdeführer bis zu zehn Monaten dauern darf, war sachlich begründet, womit aber das Oberlandesgericht von seinem Ermessen innerhalb der Grenzen des § 193 Abs. 4 StPO gesetzmäßig Gebrauch gemacht hat.

Zu den Einwänden der Beschwerde nach der MRK ist zu sagen, daß eine lange Dauer der Untersuchungshaft in Verbindung mit einer Verzögerung der Voruntersuchung zwar dem Anspruch einer in Haft gehaltenen Person auf Aburteilung innerhalb einer angemessenen Frist (Art. 5 Abs. 3 MRK) und darauf, daß ihre Sache innerhalb einer solchen Frist in billiger Weise öffentlich vor Gericht gehört werde (Art. 6 Abs. 1 MRK), zuwiderlaufen kann. Als Abhilfe gegen derartige Verzögerungen ist aber - worauf dieser Beschwerdeführer bereits in der Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 2.März 1993, 13 Os 26/93-7, hingewiesen wurde - zunächst ausschließlich die Beschwerde an die Ratskammer vorgesehen (§ 113 StPO). Dieser Rechtsbehelf wurde im vorliegenden Fall noch nicht genützt. Eine Prüfung, ob durch die behauptete "äußerst schleppende Vorgangsweise des Untersuchungsrichters" der Beschwerdeführer im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt wurde, ist daher mangels Erschöpfung des Instanzenzuges im Rahmen dieses Grundrechtsbeschwerdeverfahrens nicht möglich. Im übrigen kann aus Verzögerungen dieser Art eine (mit Grundrechtsbeschwerde bekämpfbare) Grundrechtsverletzung erst dann abgeleitet werden, wenn sie zu einer Unverhältnismäßigkeit der Haft führen, was aber hier noch nicht der Fall ist.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

Da dem Bund der Ersatz der Beschwerdekosten nur in einem stattgebenden Erkenntnis aufzuerlegen ist (§ 8 GRBG), hatte eine Kostenentscheidung zu entfallen.

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