OGH 4Ob52/98w

OGH4Ob52/98w21.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek als Vorsitzenden, durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk und den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr.Vogel als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GesmbH, ***** vertreten durch Dr.Egon Sattler und Dr.Reinhard Schanda, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1. S***** OEG, 2. Heinz S*****, beide vertreten durch Dr.Peter Prikoszovits, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Veröffentlichung und Rechnungslegung (Streitwert im Provisorialverfahren S 300.000), infolge außerordentlichen Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Rekursgericht vom 27.November 1997, GZ 15 R 128/97x-11, womit der Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 20. Mai 1997, GZ 38 Cg 14/97p-7, bestätigt wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I Die Revisionsrekursbeantwortung der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

II Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsrekurses endgültig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Geschäftsführer der Klägerin Dr.Herbert H***** ist Inhaber der zur Nr 158.729 registrierten Wort-Bildmarke, bestehend aus dem Schriftzug "THAI-CLASSIC MASSAGE" und der Abbildung einer thailändischen Sagenfigur (eines Vogelgottes). Beginn der Schutzdauer ist der 11.7.1995. Der Geschäftsführer der Klägerin wußte, daß die Erstbeklagte, deren persönlich haftender Gesellschafter der Zweitbeklagte ist, dieses Zeichen seit 1994 zur Kennzeichnung ihres Unternehmens auf Druckschriften, Werbeeinschaltungen und dem Geschäftsschild verwendet. Er lernte das Zeichen durch seine Gattin - sie war bis 1995 bei der Erstbeklagten als Masseurin tätig - kennen. Er selbst stand als Versicherungsnakler mit der Erstbeklagten in Geschäftsverbindung.

Mit Gesellschaftsvertrag vom 28.9.1995 gründete Dr.H***** gemeinsam mit dem früheren vertretungsbefugten Gesellschafter der Beklagten Helmut M***** (dieser war kurz zuvor aus der Erstbeklagten ausgetreten) die klagende GmbH als Konkurrenzunternehmen zur Erstbeklagten und gestattete der Klägerin die Verwendung der für ihn registrierten Marke. Auch die Klägerin bietet die Dienstleistung der klassischen Thai-Massage an.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsanspruches begehrt die Klägerin, den Beklagten die Benützung der registrierten Wort-Bildmarke mit einstweiliger Verfügung zu verbieten. Die Klägerin sei aufgrund einer Vereinbarung mit dem Markeninhaber berechtigt, diese Marke im geschäftlichen Verkehr zu verwenden. Die Erstbeklagte verwende die registrierte Marke in identischer Form zur Kennzeichnung ihres Massageinstituts. Der Zweitbeklagte sei als persönlich haftender Gesellschafter der Erstbeklagten gleichfalls zur Unterlassung verpflichtet.

Die Beklagten beantragen die Abweisung des Sicherungsantrages. Die Klägerin sei zur Klageführung nicht legitimiert. Die Erstbeklagte habe das Wort-Bildzeichen, das Dr.H***** für sich habe schützen lassen, bereits seit April 1994 benützt. Die Gattin des Geschäftsführers der Klägerin sei bis 30.9.1995 bei der Erstbeklagten beschäftigt gewesen und habe Zugang zu sämtlichen Firmenunterlagen gehabt. Nicht die Erstbeklagte habe gegen die guten Sitten im Sinn des § 1 UWG verstoßen, sondern die Klägerin.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Beklagten verwenden das - für sie nicht registrierte - Zeichen im Geschäftsverkehr. Sie seien berechtigt, demjenigen, der das Zeichen in Kenntnis der Vorbenutzung als Marke registrieren lasse, den Gebrauch zu untersagen. Die Klägerin, deren Geschäftsführer beim Erwerb des Markenrechtes sittenwidrig vorgegangen sei, könne den Beklagten die Verwendung des bereits benutzten Zeichens nicht untersagen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Klägerin nicht Folge und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000 übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Der Geschäftsführer der Klägerin Dr.Herbert H***** habe bei Erwerb des Markenrechts sittenwidrig gehandelt, indem er sich die Marke in Kenntnis der Vorbenutzung habe schützen lassen. Er könne sich damit nicht auf den (zur Geltendmachung eines Unterlassungsanspruches nach § 9 UWG erforderlichen) befugten Gebrauch berufen. Auf die Verkehrsgeltung des Zeichens zugunsten der Erstbeklagten komme es damit nicht mehr an.

I. Die Revisionsrekursbeantwortung war als verspätet zurückzuweisen, weil sie erst nach Ablauf der 14-tägigen Frist des § 402 Abs 3 EO eingebracht worden war. Die Mitteilung gemäß § 508a Abs 2, § 521a Abs 2 ZPO war den Beklagten am 4.3.1998 zugestellt worden, die Beantwortung wurde erst am 31.3.1998 zur Post gegeben.

Rechtliche Beurteilung

II. Der gegen diese Entscheidung gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin ist zulässig, weil eine Rechtsprechung zu einem gleichgelagerten Sachverhalt fehlt. Der Revisionsrekurs ist aber nicht berechtigt.

Zunächst ist festzuhalten, daß auch der Markenlizenznehmer zur Geltendmachung von auf § 9 UWG gegründeten Unterlassungsansprüchen legitimiert ist (Fitz/Gamerith Wettbewerbsrecht2, 47). Die Klägerin stützt ihren Unterlassungsanspruch auf das ihr vom Markeninhaber eingeräumte Benützungsrecht. Die Beklagten wenden ein, das Markenrecht sei sittenwidrig erworben.

Das Gericht ist bei Beurteilung des wettbewerbsrechtlichen Schutzes, der durch die Eintragung einer Marke in das Markenregister erworben wird, an die Entscheidung des Patentamtes im Eintragungsverfahren nicht gebunden. Es hat selbständig zu beurteilen, ob sich der Markeninhaber zu Recht auf die zu seinen Gunsten registrierte Marke beruft (stRspr RIS-Justiz RS0067025, zuletzt 4 Ob 11/98s). Es hat damit auch selbständig zu beurteilen, ob er diese befugt gebraucht.

Sittenwidriger Markenrechtserwerb schließt einen "befugten" Gebrauch des Markenrechts im Sinn des § 9 UWG aus und verwehrt damit dem Markenrechtsinhaber das Untersagungsrecht (Fitz/Gamerith aaO 47; stRspr ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 83 - Jedermanns Salzburger Journal; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1996, 91 - Detomaso; ÖBl 1997, 289 - Health Mate; 4 Ob 218/97f = ecolex 1998, 147 - Spinnrad II).

Der Oberste Gerichtshof hat schon bisher einen Markenrechtserwerb dann als sittenwidrig beurteilt, wenn der Erwerber - in welcher Weise auch immer - zur Wahrung der geschäftlichen Interessen eines anderen, der das Zeichen schon gebraucht hat, verpflichtet ist, dessenungeachtet jedoch das Markenrecht an diesem oder einem ähnlichen Zeichen für gleiche oder gleichartige Waren ohne Zustimmung des bisherigen Benützers erwirbt (ÖBl 1978, 67 - Thermo-Schutz-Roll; ÖBl 1983, 50 - Purocel; ÖBl 1996, 32 - Die Mooskirchner; ÖBl 1997,289

Sittenwidriger Behinderungswettbewerb liege vor, wenn ein Unternehmer durch das Mittel der Behinderung des Konkurrenten zu erreichen suche, daß dieser Mitbewerber seine Leistung auf dem Markt nicht oder nicht mehr rein zur Geltung bringen könne. Dazu müßten die beanstandeten Maßnahmen nicht ausschließlich auf die Schädigung oder Vernichtung des Konkurrenten gerichtet sein; unlauterer Behinderungswettbewerb liege vielmehr schon dann vor, wenn eine bestimmte Wettbewerbshandlung, die an sich dem Begriff des Leistungswettbewerbes zu unterstellen und daher zunächst unbedenklich sei, durch das Hinzutreten besonderer Umstände im Einzelfall zu einer unmittelbar gegen den Konkurrenten gerichteten Behinderungsmaßnahme werde, die es dem Mitbewerber erschwere, wenn nicht überhaupt unmöglich mache, seine Leistungen auf dem Markt entsprechend zur Geltung zu bringen und damit für die Zukunft einen echten Leistungsvergleich ausschließe. Die vorgenommene Markenregistrierung erfülle diese Voraussetzungen, habe sie doch den Zweck, den Absatz der Mitbewerberin in Österreich zu behindern. Sie verstoße damit gegen § 1 UWG.

Dies trifft auch im vorliegenden Fall zu.

Der Umstand, daß das Nachahmen eines fremden Zeichens regelmäßig nach § 9 UWG zu beurteilen ist, steht einer Anwendung des § 1 UWG nicht entgegen. So hindert das Fehlen eines Tatbestandsmerkmales des § 9 UWG (wie zB der Verkehrsgeltung, deren Bestand die Beklagte hier zur Abwehr des klägerischen Unterlassungsanspruches nicht einmal behauptet hat) nach ständiger Rechtsprechung nicht die Anwendung der Generalklausel (Fitz/Gamerith aaO 49; vgl ÖBl 1991, 209 - 7-Früchte-Müsli mwN; ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN). Allerdings setzt § 1 UWG anders als § 9 UWG eine sittenwidrige Handlung zu Zwecken des Wettbewerbs voraus. Die beanstandete Handlung muß objektiv geeignet sein, den Absatz des Unternehmens auf Kosten der Mitbewerber zu fördern, sie muß auch von einer entsprechenden Wettbewerbsabsicht getragen sein. Eine Wettbewerbshandlung erfordert damit in objektiver Hinsicht das Vorliegen eines Wettbewerbsverhältnisses, das allerdings auch erst durch die beanstandete Handlung begründet werden kann (stRspr ÖBl 1994, 22 - System der Besten; ÖBl 1997, 83 - Football Assotiation jeweils mwN). Dafür genügt es, daß sich der Verletzer in irgendeiner Weise zum Betroffenen in Wettbewerb stellt, so daß eine gegenseitige Behinderung im Absatz eintritt (stRspr RIS-Justiz RS0077715; zuletzt 4 Ob 11/98s). Daß diese Voraussetzungen sowohl bei Registrierung der Marke zugunsten des Geschäftsführers der Klägerin als auch bei Abschluß der Markenlizenzvereinbarung gegeben waren, ist nicht zweifelhaft. Beide Handlungen sind geeignet, den Wettbewerb des Unternehmens der Klägerin auf Kosten der im selben Geschäftszweig tätigen Erstbeklagten zu fördern. Die Wettbewerbsabsicht ist offenkundig.

Allerdings vermag die bloße Kenntnis der Vorbenutzung für sich allein die Sittenwidrigkeit des Markenrechtserwerbs noch nicht zu begründen (vgl Fezer, Markenrecht, Rz 25 zu § 50 dMarkenG). Genauso wie das Nachahmen sonderrechtlich nicht geschützter Erzeugnisse nicht an sich, sondern nur bei Hinzutreten besonderer Umstände gegen die guten Sitten verstößt (stRspr ua ÖBl 1992,109 - Prallbrecher; ÖBl 1998, 17 - Schokobananen mwN), ist auch der Rechtserwerb an einer gleichlautenden Marke nur unter besonderen Umständen sittenwidrig, so zB wenn dadurch der Tatbestand einer unzulässigen Behinderung eines Mitbewerbers verwirklicht wird (Fezer aaO Rz 76 zu § 3).

Sittenwidrige Umstände können nun darin liegen, daß der Markenrechtserwerber ohne sachlich gerechtfertigten Grund die Absicht verfolgt, die Benutzung eines fremden Kennzeichens, an dem der Vorbenutzer einen schutzwürdigen Besitzstand erlangt hat, zum Zwecke seiner Behinderung zu stören (Fezer aaO Rz 25 zu § 50 dMarkenG mwN) oder sogar den Mitbewerber an einer weiteren Benützung des Kennzeichens für seine Leistungen zu hindern (Fezer aaO Rz 26), um es ihm zu erschweren oder sogar unmöglich zu machen, seine Leistungen auf dem Markt entsprechend zur Geltung zu bringen. Damit verhindert die Maßnahme einen echten Leistungsvergleich für die Zukunft.

Daß die Erstbeklagte im Zeitpunkt des beanstandeten Markenrechtserwerbs bereits eine gewisse Verkehrsbekanntheit, somit einen "wertvollen Besitzstand" erreicht hat (vgl dazu ÖBl 1983, 50 - Purocel; Fezer aaO Rz 26), ist nicht zu bezweifeln.

Der Geschäftsführer der Klägerin hat das von der Beklagten davor verwendete Zeichen durch seine Gattin, die Dienstnehmerin der Erstbeklagten war, sowie durch seine Tätigkeit als Versicherungsmakler der Erstbeklagten kennengelernt. Er hat in der Absicht, gemeinsam mit einem Gesellschafter der Erstbeklagten (der aus dieser auszuscheiden beabsichtigte) ein Konkurrenzunternehmen im selben Geschäftszweig zu gründen, dieses Zeichen unverändert für sich registrieren lassen, obgleich ihm eine große Anzahl anderer Gestaltungsmöglichkeiten zur Verfügung gestanden wären. Der dann gegründeten GmbH hat er die Benützung gestattet. Daß der Geschäftsführer der Klägerin mit dieser Vorgangsweise die Absicht verfolgte, die Erstbeklagte beim Absatz ihrer Dienstleistungen zugunsten des Wettbewerbs der Klägerin zu behindern, wird schon aus der unveränderten Übernahme des von der Erstbeklagten davor benutzten Zeichens sowie auch daraus deutlich, daß er im eigenen Namen wie auch namens der Klägerin der Beklagten schon bald nach Erwerb des Kennzeichenrechts die Verwendung des Zeichens untersagte. Daß es der Beklagten damit unmöglich gemacht werden sollte, ihre Dienstleistungen unter der bereits im Verkehr bekannten Bezeichnung anzubieten, liegt auf der Hand. Der Markenrechtserwerb der klagenden Partei bedeutet damit eine unmittelbar gegen die Erstbeklagte als Mitbewerberin gerichtete sittenwidrige Behinderungsmaßnahme. Mit dieser Vorgangsweise setzt die Klägerin den erworbenen markenrechtlichen Schutz zweckfremd als Mittel des Wettbewerbskampfes ein; sie handelt dabei rechtsmißbräuchlich (Fezer aaO Rz 26).

Der sittenwidrige Markenrechtserwerb des Geschäftsführers der Klägerin verwehrt ihm das dem Markenrechtsinhaber sonst zustehende Untersagungsrecht nach § 9 UWG im Verhältnis zur vorbenützenden Erstbeklagten, weil sie sich in diesem Fall der Marke nicht "befugterweise" im Sinn dieser Gesetzesstelle bedient (stRspr RIS-Justiz RS0066842; zuletzt ÖBl 1997,289 - Health Mate mwN und ecolex 1998, 147 - Spinnrad II; Fitz Gamerith aaO 47). Dies gilt auch für die Klägerin als seine Lizenznehmerin.

Die Vorinstanzen haben somit zu Recht den Sicherungsantrag abgewiesen.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf §§ 402 Abs 4, 78 EO und §§ 40, 50, 52 ZPO.

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