OGH 15Os24/98 (15Os65/98)

OGH15Os24/98 (15Os65/98)16.4.1998

Der Oberste Gerichtshof hat am 16.April 1998 durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Mag.Strieder, Dr.Rouschal, Dr.Habl und Dr.Zehetner als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Kast als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Sihmehmet D***** und Abdulkadir Y***** wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten Y***** sowie über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 3.Juli 1997, GZ 11 b Vr 10810/96-135, sowie über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr.Herbert P***** gegen seinen Ausschluß als Verteidiger nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

I. Es werden zurückgewiesen:

1. die (von der gemäß § 41 Abs 2 StPO bestellten Verteidigerin Dr.Rose-Marie R***** ausgeführte) Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Abdulkadir Y***** und seine Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld;

2. die Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsan- waltschaft;

3. die von Rechtsanwalt Dr.Herbert P***** ausgeführten Rechtsmittel der Nichtigkeitsbeschwerde und der Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe.

II. Zur Entscheidung über die (von der gemäß § 41 Abs 2 StPO bestellten Verteidigerin Dr.Rose-Marie R***** ausgeführte) Berufung des Angeklagten Abdulkadir Y***** sowie über jene der Staatsanwaltschaft und über die Beschwerde des Rechtsanwaltes Dr.Herbert P***** gegen seinen Ausschluß als Verteidiger werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

III. Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Abdulkadir Y***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden die türkischen Staatsangehörigen Sihmehmet (teilweise auch: Sehmehnet) D***** und Abdulkadir Y***** des Vergehens der schweren Sachbeschädigung nach §§ 125, 126 Abs 1 Z 7 StGB, Y***** teilweise als Beteiligter gemäß § 12 dritter Fall StGB schuldig erkannt und zu bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafen verurteilt.

Danach haben Sihmehmet D***** und Abdulkadir Y***** in Wien vorsätzlich

A/ an fremden Sachen einen 25.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt, und zwar

I. Sihmehmet D***** und Abdulkadir Y***** im bewußten und gewollten Zusammenwirken am 28.Juli 1996 dadurch, daß sie jeweils selbst hergestellte Molotow-Coctails an einer Lunte entzündeten und diese gegen die Eingangstür der türkischen V*****-Bank schleuderten, wodurch dort die auf den Portalstufen liegenden Türmatten in Brand gerieten und das Portalglas oberflächlich durch Hitze beschädigt wurde, einen Schaden von rund 50.000 S;

II. Sihmehmet D*****

1. am 24.März 1996 dadurch, daß er 5 Liter Benzin zunächst im Eingangsbereich des Kultur-Vereins der A***** in Wien *****, verschüttete, mit der Restmenge eine Benzinspur legte und diese mittels angezündetem Papier entflammte, Brandschäden im Eingangsbereich des Vereinslokales in der Höhe von rund 50.000 S,

2. am 24.März 1996 dadurch, daß er mehrere Liter Benzin in die Eingangstür des Lokals des Vereins "A*****", Österreichisch-türkischer Jugendverein Wien 1994 und der Moschee der "G*****" in Wien *****, schüttete, eine Benzinspur legte und diese mittels entzündetem Papier in Brand setzte, Brandschäden im Sockelbereich der Fassade des Vereinslokals in der Höhe von 8.312,40

S,

3. am 21.Mai 1996 dadurch, daß er die Auslagenscheibe des Vereinslokals des "A*****" Österreichisch-türkischer Jugendverein Wien 1994 in Wien *****, einschlug, mehrere Liter Benzin ins Innere der Auslage auf die darin befindlichen Gegenstände goß und ein entzündetes Stück Papier in die mit Benzin begossene Auslage warf, Brandschäden im Auslagenbereich sowie an darin befindlichen Lebensmittel in der Höhe von 11.312,40 S,

4. am 21.Mai 1996 dadurch, daß er im Gebäude der "A***** Hilfsorganisation und Moschee/A*****" vom Erdgeschoß bis in den ersten Stock eine Benzinspur legte, dort befindliche Gegenstände mit Benzin überschüttete und die Benzinspur mittels entzündetem Papier in Brand setzte, Brandschäden in der Höhe von rund 30.000 S;

B/ Abdulkadir Y***** zur Ausführung der strafbaren Handlungen des Sihmehmet D*****, der in Wien vorsätzlich an fremden Sachen einen 25.000 S übersteigenden Schaden herbeigeführt hat, beigetragen, indem er jeweils Aufpasserdienste leistete und insbesondere

1. am 24.März 1996 dadurch, daß er 5 Liter Benzin zunächst großteils auf die Eingangstür des "Kultur-Vereins der A*****" in Wien *****, schüttete, mit der Restmenge eine Benzinspur legte und diese mittels angezündetem Papier entflammte, wodurch Brandschäden im Eingangsbereich in der Höhe von rund 50.000 S entstanden,

2. am 24.März 1996 dadurch, daß er mehrere Liter Benzin gegen die Eingangstür des Vereins und der Moschee der "G*****" in Wien *****, schüttete, eine Benzinspur legte und diese mit entzündetem Papier in Brand setzte, wobei Brandschäden im Sockelbereich der Fassade in der Höhe von 8.312,40 S entstanden,

3. am 21.Mai 1996 dadurch, daß er die Auslagenscheibe des Vereinslokals "Österreichisch-türkischer Jugendverein Wien 1994" einschlug, mehrere Liter Benzin ins Innere der Auslage und auf darin befindliche Gegenstände goß sowie ein entzündetes Stück Papier in die mit Benzin begossene Auslage warf, wodurch Brandschäden im Bereich der Auslage und an dort gelagerten Lebensmitteln in der Höhe von 11.212,40 S entstanden.

Hingegen wurden Sihmehmet D***** und Abdulkadir Y***** von der wider sie erhobenen Anklage, sie hätten in einem Zeitraum von zumindest 23. März 1996 bis zum 29.Juli 1996 sich an einer Organisation, deren Zweck oder Tätigkeit, wenn auch nicht ausschließlich, auf die fortgesetzte Begehung von im § 278 Abs 1 StGB genannten strafbaren Handlungen, nämlich gemeingefährlichen strafbaren Handlungen nach § 169 StGB und nicht nur geringfügigen Sachbeschädigungen gerichtet war, als Mitglieder beteiligt, gemäß § 259 Z 3 StPO freigesprochen.

Während Sihmehmet D***** gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel erhob, richtet sich gegen den Schuldspruch eine auf die Gründe der Z 1 a, 2, 3, 4, 5, 5 a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Abdulkadir Y*****; den Ausspruch über die Schuld und die Strafe bekämpft er mit Berufung. Die Staatsanwaltschaft erhebt gegen die Schuldsprüche A II.1. und B.1. sowie gegen den freisprechenden Teil des Urteils eine Nichtigkeitsbeschwerde aus den Gründen der Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO; den Strafausspruch ficht sie mit Berufung an. Der in der Hauptverhandlung vom 14.April 1997 ausgeschlossene Wahlverteidiger des Angeklagten Abdulkadir Y*****, Rechtsanwalt Dr.Herbert P*****, legt gegen das Urteil Nichtigkeitsbeschwerde sowie Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe ein und beschwert sich gegen seinen Ausschluß als Verteidiger.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel sind - soweit sie durch den Obersten Gerichtshof zu erledigen sind - teils nicht im Recht, teils unzulässig.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Abdulkadir Y***** (ausgeführt von der gemäß § 41 Abs 2 StPO bestellten Verteidigerin Dr.Rose-Marie R*****):

Der unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 1 a des § 281 Abs 1 StPO aufgestellten Behauptung, der Beschwerdeführer sei nach dem in der Hauptverhandlung vom 14.April 1997 erfolgten Ausschluß seines Wahlverteidigers in den folgenden Hauptverhandlungen nicht durch einen Verteidiger vertreten gewesen, weil die vom Vorsitzenden veranlaßte Zuziehung eines Verfahrenshilfeverteidigers dem verfassungsgesetzlich garantierten Recht auf freie Verteidigerwahl widersprochen habe, ist zu erwidern, daß nicht die Vertretung des Angeklagten durch einen beigegebenen Verteidiger unter Nichtzulassung seines Wahlverteidigers, sondern allein die Durchführung der Hauptverhandlung ohne Anwesenheit eines Verteidigers mit Nichtigkeit bedroht ist (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 1 a E 3 a und 4). Davon kann aber vorliegend keine Rede sein, weil der Beschwerdeführer während des gesamten Verfahrens vor dem erkennenden Schöffensenat zunächst durch den von ihm gewählten Verteidiger (Hauptverhandlungen am 17. und 26.Februar 1997 sowie 14.April 1997) und dann von der ihm gemäß § 41 Abs 2 StPO beigegebenen Verteidigerin bzw ihrem Substituten vertreten war (Hauptverhandlungen am 5. und 14.Mai 1997 sowie 3.Juli 1997). Nach dem Verteidigungsentzug geschah in der Hauptverhandlung vom 14.April 1997 nichts anderes als die Bekanntgabe des (als zwingende Folge der Entziehung notwendigen) Beschlusses auf Vertagung (171 f/V).

Dem Protokoll über die Verhandlung vom 14.April 1997 zufolge hat der damalige Wahlverteidiger des Beschwerdeführers trotz mehrmaliger Abmahnung durch fortgesetztes, über eine bloß unbefugte Fragestellung erheblich hinausgehendes (vgl Mayerhofer aaO § 236 E 6) jenen Gegenstand, über den bereits ein Beschluß ergangen war und der die Androhung der Wortentziehung und diese Maßnahme betraf, immer wieder erneut thematisierendes Dazwischenreden die prozeßordnungsgemäße Abwicklung der Hauptverhandlung praktisch unmöglich gemacht (siehe 143 ff/V), weshalb die vom Vorsitzenden letztlich gemäß § 236 a StPO iVm § 236 Abs 2 StPO getroffene Maßnahme des Verteidigerausschlusses - dem in der Beschwerde vertretenen Standpunkt zuwider - gerechtfertigt war.

Wenn die Verfahrenshilfeverteidigerin und der seinerzeitige Verteidiger Dr.P***** in ihren (wortidenten) Äußerungen gemäß § 35 Abs 2 StPO vorbringen, bei der Stellungnahme der Generalprokuratur handle es sich um eine "unzulässige Tatsachenschöpfung durch die Anklagebehörde jenseits der konkreten Realität", und zum Beweis des Gegenteils die Einvernahme zweier Prozeßbeobachter von Tageszeitungen beantragen, so übersehen sie, daß das Nichtigkeitsverfahren der Überprüfung der Richtigkeit des Urteils (iS des Vorliegens oder Fehlens von Nichtigkeitsgründen) auf Grund der Aktenlage dient.

Die angeführten Tatsachen ergeben sich aber aus dem Protokoll über die Hauptverhandlung vom 14.April 1997, dessen Berichtigung in den in der Äußerung relevierten Punkten vom Angeklagten in keinem Punkte begehrt wurde.

Zutreffend ist allein der Rechtsmitteleinwand, der Vorsitzende habe es, nachdem er dem Verteidiger das Wort entzogen hatte, entgegen der Vorschrift des § 236 Abs 2 StPO verabsäumt, den Beschwerdeführer zur Wahl eines anderen Vertreters aufzufordern (was im übrigen - gleich der Ver- tagung - ebenfalls nach der Entziehung zu geschehen hat). Dieser Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift steht aber nicht unter Nichtigkeitssanktion und gereichte dem Rechts- mittelwerber auch nicht zum Nachteil: Die Hauptverhandlung wurde nämlich - wie ausgeführt - sogleich vertagt und erst nach 21 Tagen unter Beiziehung der zwischenzeitig bestellten Verfahrenshilfeverteidigerin - deren Beigebung sachgerecht und gemäß § 41 Abs 4 StPO erforderlich war, weil der Beschwerdeführer selbst angegeben hatte, ohne Beruf zu sein und bloß Asylantenunterstützung in Deutschland zu beziehen (195/III) - fortgesetzt. In dieser Zeit blieb es dem Beschwerdeführer unbenommen, anstelle der beigegebenen Verteidigerin erneut einen (anderen) Vertreter seiner Wahl zu beauftragen.

Die vom Rechtsmittelwerber in diesem Zusammenhang in verfassungsrechtlicher Sicht vorgebrachten Bedenken sind unbegründet:

Das verfassungsrechtlich geschützte Recht eines in einem Strafverfahren Beschuldigten, sich in jeder Lage des Verfahrens entweder selbst zu verteidigen oder den Beistand eines Verteidigers seiner Wahl zu erhalten (Art 6 Abs 3 lit c EMRK) sowie das - überdies gar nicht der Rechtssphäre des Angeklagten zugehörende - Prinzip der freien Berufsausübung nach Art 6 Abs 1 StGG genießen keinen absoluten Schutz in dem Sinn, daß jede einfach gesetzliche Regelung, die sie einengt, unzulässig wäre. Vielmehr geben sie aus sich selbst heraus dem einfachen Gesetzgeber die Befugnis, Ausnahmen vorzusehen, die aber deren Wesensgehalt nicht verletzen dürfen. Die angeführten Grundrechte stehen also unter Gesetzesvorbehalt. In diesem Sinn hat der einfache Gesetzgeber das Recht, das Auftreten von Rechtsvertretern vor den Gerichten gesetzlich zu regeln und dabei auch Beschränkungen der Verteidigung im Interesse einer geordneten Rechtspflege einzuführen (E.Steininger, Disziplinargewalt des Gerichtes und Verteidigerausschluß, AnwBl 2/1987 S 53). Auch nach ständiger Rechtsprechung der Straßburger Instanzen hat der Angeklagte kein absolutes Recht, die Art zu bestimmen, in der seine Verteidigung sichergestellt wird. Die Staaten können vielmehr die Bedingungen regeln, unter welchen der Angeklagte berechtigt ist, das Recht, sich selbst zu verteidigen, auszuüben, und sie können das Auftreten des Verteidigers vor den Gerichten und ihre Verpflichtung, bestimmte Grundsätze der Standesregeln einzuhalten, normieren (Entscheidung der EKMR vom 5.September 1990 über die Beschwerde Nr 12350/86 gegen Österreich - ÖJZ 1991 MRK-Entscheidungen Nr. 4). Die im dritten Absatz des Art 6 MRK umschriebenen Rechte, so auch das vom Beschwerdeführer angesprochene Recht auf "freie Verteidigerwahl", stellen besondere Ausprägungen des im Art 6 Abs 1 MRK festgelegten fairen Verfahrens dar, sodaß im Falle eines behaupteten Konventionsverstoßes die Frage, ob das betreffende Verfahren insgesamt als fair bezeichnet werden kann, maßgebliches Beurteilungskriterium ist (siehe Mayer B-VG2 Art 6 MRK Anm F I). Diesem Fairneßgebot wurde vorliegend jedenfalls Rechnung getragen, weil das Gericht ab dem Zeitpunkt des - nach dem Gesagten gesetzeskonformen - Ausschlusses des Wahlverteidigers für eine kontinuierliche Vertretung durch einen anderen Verteidiger gesorgt hat. Überdies war der Angeklagte in keinem Stadium des Verfahrens in seinem Recht, sich selbst zu verteidigen, beschränkt; es wäre ihm freigestanden, zu beantragen, daß die ihm beigegebene Verteidigerin ersetzt oder einem Wunsch auf Bestellung eines bestimmten Verteidigers (außer dem ausgeschlossenen) nach Möglichkeit entsprochen werde, wie er es in der Tat während der ersten Phase des Verfahrens getan hat. Überdies ergibt sich aus dem Akteninhalt kein Anzeichen für eine grundsätzliche unterschiedliche Auffassung zwischen dem Beschwerdeführer und seiner ihm beigegebenen Verteidigerin.

Eine Verletzung des fair trial im Sinne des Art 6 Abs 1 MRK liegt daher nicht vor.

Kein Anlaß besteht auch für die vom Beschwerdeführer angeregte Anrufung des Verfassungsgerichtshofes zur Feststellung der angeblichen Verfassungswidrigkeit der die Zuständigkeit des Vorsitzenden für die Verteidigerentlassung normierenden Bestimmung des § 236 a StPO. Die kompetenzmäßige Übertragung der Agenden der sogenannten Sitzungspolizei auf den Vorsitzenden ist, weil aus dem Gedanken der häufigen Notwendigkeit ungesäumter Akte der Verfahrensleitung (§§ 232 ff StPO) sachlich begründet, in verfassungsrechtlicher Sicht unbedenklich.

Desgleichen besteht kein Anlaß zur Anrufung des Verfassungsgerichtshofes in Ansehung des Nichtigkeitenkataloges des § 281 Abs 1 Z 3 StPO unter dem Aspekt des Art 6 MRK. Denn durch diese Bestimmung wird keineswegs die Möglichkeit innerstaatlicher Regelungen über eine inhaltliche Beschränkung des Rechtsmittelverfahrens ausge- schlossen, sofern nach der Gesamtheit des Verfahrens die Garantien des Art 6 MRK gegeben sind (Frowein/Peukert EMRK-Komm2 Art 6 Rz 67,68).

Unter dem Nichtigkeitsgrund der Z 2 des § 281 Abs 1 StPO weist der Nichtigkeitswerber darauf hin, daß "sich die Urteilsbegründung weitestgehend auf die Ermittlungstätigkeit der Sicherheitsbehörde gestützt habe", denen die Zuständigkeit zum Einschreiten mangels Gefahr im Verzug im Sinne des § 24 StPO gar nicht zugekommen und deren Tätigkeit demzufolge als nichtig zu betrachten wäre. Die Verlesung der unter Mißachtung der Vorschrift des § 24 StPO zustandegekommenen "Aktenbestandteile" wird von ihm auch unter dem Gesichtspunkt der Z 3 des § 281 Abs 1 StPO als Verletzung der Bestimmung des "§ 252 StPO" gerügt.

Dem ist zu erwidern, daß nichtige Vorerhebungs- oder Voruntersuchungsakte nur solche sind, die nach den Bestimmungen der StPO ausdrücklich mit Nichtigkeit bedroht sind, wie § 71 Abs 1, § 88 Abs 3, § 97 Abs 2, § 120, § 149 c Abs 3, § 149 h Abs 2, § 151, § 152, § 170 StPO (14 Os 132/94). § 24 StPO enthält keine Nichtigkeitssanktion, sodaß die Verwertung von Erhebungsergebnissen, die durch Polizeorgane gewonnen wurden und zu deren Erstellung sie im übrigen gemäß §§ 20 ff SPG verpflichtet waren, nur dann der Sanktion der Z 2 des § 281 Abs 1 StPO unterliegen könnten, wenn dadurch eine Umgehung der genannten Bestimmungen möglich wäre, was jedoch vorliegend nicht der Fall ist.

Auch eine Verletzung des fairen Verfahrens nach Art 6 MRK ist hiedurch nicht eingetreten, weil der Beschwerdeführer in der Hauptverhandlung die Möglichkeit hatte, zu diesen Erhebungsergebnissen Stellung zu nehmen, ihnen seine Verantwortung gegenüberzustellen, sie zu hinterfragen und ihnen mit entsprechender Antragstellung zu begegnen.

Gemäß § 281 Abs 1 Z 3 StPO liegt - wie erwähnt - eine Nichtigkeit nur dann vor, wenn in der Hauptverhandlung eine Vorschrift verletzt oder vernachlässigt worden ist, deren Beobachtung das Gesetz ausdrücklich bei sonstiger Nichtigkeit vorschreibt. Die (einzige) konkret vom Beschwerdeführer angeführte, angeblich verletzte Bestim- mung des § 24 StPO wird dieser Voraussetzung nicht gerecht.

Der Hinweis in der Beschwerde auf eine Verletzung des § 252 StPO erfolgte ohne nähere Konkretisierung und ist daher einer sachlichen Erledigung nicht zugänglich. Außerdem übersieht der Beschwerdeführer, daß nur eine Verletzung des § 252 Abs 1 StPO unter Nichtigkeitssanktion steht, hingegen nach dem Abs 2 leg cit Augenscheins- und Befundaufnahmen, gegen den Angeklagten früher ergangene Straferkenntnisse sowie Urkunden und Schriftstücke anderer Art, die für die Sache von Bedeutung sind, vorgelesen werden müssen, wenn nicht beide Teile darauf verzichten. Dieser Verpflichtung ist der Vorsitzende in der Hauptverhandlung nachgekommen. Eine Verletzung von konkreten Bestim- mungen des § 252 Abs 1 StPO wird vom Beschwerdeführer zwar nicht behauptet, soweit den Angeklagten jedoch Protokolle ihrer Vernehmung vor der Polizei vorgehalten (und damit teilweise verlesen) wurden, erfolgte dies gemäß § 252 Abs 1 Z 2 StPO rechtmäßig, weil sie der Abklärung von Abweichungen in den Aussagen dienten.

Als Nichtigkeit begründende Verletzung (Z 3) der Vorschrift des § 228 StPO über die Öffentlichkeit der Hauptverhandlung rügt der Nichtigkeitswerber ferner den in der Hauptverhandlung vom 14.April 1997 erfolgten Ausschluß seines Wahlverteidigers. Auch dieser Vorwurf ist nicht berechtigt: Diese Hauptverhandlung wurde nach dem Ausschluß des Wahlverteidigers sofort vertagt, ein diesen betreffendes Verbot, den weiteren Verhandlungen als Zuhörer beizuwohnen, ist nach der Aktenlage nicht ersichtlich. Ganz im Gegenteil wird im vom früheren Wahlverteidiger eingebrachten Schriftsatz vom 30.Dezember 1997 (ON 149 zu Punkt C) ausdrücklich vermerkt, daß er in den Hauptverhandlungen auch nach seinem Ausschluß teilweise anwesend war, "insbesondere um dem Substituten der Verfahrens- helferin soweit als möglich die für die Verfahrensführung ad hoc notwendige Information zu erteilen". Der - in der zulässigen Nichtigkeitsbeschwerde - in diesem Zusammenhang "lediglich aus advokatorischer Vorsicht" gestellte Antrag auf Berichtigung des Protokolles über die Hauptverhandlung vom 14.April 1997 ist unbeachtlich, betont der Beschwerdeführer doch selbst, daß "der (den Ausschluß des Wahlverteidigers betreffende) Vorgang im Grunde korrekt wiedergegeben ist" und die angestrebte Berichtigung "rechtlich unerheblich erscheint".

Die Verfahrensrüge (Z 4) erschöpft sich zum weitaus überwiegenden Teil im Versuch, an Hand einzelner behaupteter Vorkommnisse während und außerhalb der Hauptverhandlungen eine dem Objektivitätsgebot widerstreitende, den Beschwerdeführer benachteiligende Verfahrensleitung durch den Vorsitzenden des erkennenden Schöffensenates aufzuzeigen.

Das - teilweise polemische - Vorbringen stellt insoweit keine prozeßordnungsgemäße Ausführung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes dar, als es sich auf Vorgänge bezieht, denen es an der unabdingbaren Prämisse gebricht, daß über einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag (oder Widerspruch) nicht oder nicht im Sinn des Angeklagten entschieden wurde. Damit fällt aber auch die Grundlage für die auf Art 6 MRK gestützten Ausführungen; denn § 281 Abs 1 Z 4 StPO setzt auch dafür das prozessuale Erfordernis eines Antrages (oder Widerspruches) während der Hauptverhandlung und ein darüber ergangenes - durch entsprechende Antragstellung herbeizuführendes - Zwischenerkenntnis des (Schöffen-)Senates voraus, was im übrigen auch Kriterium für die Erschöpfung des innerstaatlichen Rechtszuges iSd Art 26 MRK wäre (Frowein/Peukert aaO Art 26 Rz 10, 11, 12).

Soweit sich der Rechtsmittelwerber hingegen auf eine Antragstellung beruft und als Beeinträchtigung seiner Verteidigungsrechte zunächst die abweisende "Zwischenentscheidung über die nur unvollständig zur Verfügung gestellte Aktenabschrift" in der Hauptverhandlung vom 14. April 1997 ins Treffen führt, ist festzuhalten, daß die damalige Antragstellung auf Vertagung der Hauptverhandlung wegen einer zu spät eingelangten Abschrift des Hauptverhandlungsprotokolls und der dem Verteidiger nicht vollständig übermittelten Aktenabschrift inhaltlich des Protokolls nur durch Beschluß des Vorsitzenden allein abgelehnt wurde. Diese Entscheidung des Vorsitzenden stellt aber (noch) kein Zwischenerkenntnis im Sinne des § 281 Abs 1 Z 4 StPO dar (Mayerhofer aaO § 281 Z 4 E 6 und 7). Eine Entscheidung des Gerichtshofes hat der Verteidiger nicht begehrt. Darüber hinaus gereichte die Ablehnung dieses Antrages (158/V) dem Angeklagten schon deswegen nicht zum Nachteil, weil kurze Zeit später zufolge des Verteidigerausschlusses die Hauptverhandlung ohnedies vertagt wurde (172/V). Der in der Beschwerde in diesem Zusammenhang aufgestellten Behauptung, der Verfahrens- hilfeverteidigerin wäre "bis zum heutigen Tag keine vollständige Aktenabschrift zur Verfügung gestanden", weshalb sie an der wirksamen Bekämpfung des Urteils "gehindert" wäre, ist zu erwidern, daß dem von der bestellten Verfahrenshilfeverteidigerin eingebrachten Antrag auf kostenlose Ausfolgung von Ablichtungen konkret angeführter Aktenteile uneingeschränkt entsprochen wurde (ON 107/V); ein späterer darüber hinausgehender Antrag ist dem Akt nicht zu entnehmen.

Auch der Vorwurf, über den - am Ende der Hauptverhandlung vom 14. April 1997 gestellten - Ablehnungsantrag (171/V) sei keine Entscheidung getroffen worden, ist nicht berechtigt. Darüber wurde durch Beschluß des Präsidenten des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 30.April 1997 (ON 108/V) erkannt; außerdem wurde der - durch diese Entscheidung ohnedies bereits erledigte - Antrag eingangs der Hauptverhandlung vom 5.Mai 1997 mit Zustimmung des früheren Wahlverteidigers zurückgezogen (233/V), sodaß insoweit - schon aus prozessualer Sicht - keine Beschwer mehr geltend gemacht werden kann und demnach alle Ausführungen über eine Befangenheit des Vorsitzenden ins Leere gehen.

Der in der Hauptverhandlung vom 14.April 1997 gestellte Antrag auf "Übersetzung des gesamten Aktes durch einen gerichtlich beeideten Dolmetsch" (158/V) wurde gleichfalls nur vom Vorsitzenden abgelehnt, ohne daß der Verteidiger eine Entscheidung des Senates begehrte. Er verfiel aber auch inhaltlich zu Recht der Ablehnung, fanden doch alle Hauptverhandlungen im Beisein eines gerichtlich beeideten Dolmetschers für die türkische Sprache statt, der für die Übersetzung aller aufgenommenen Beweise, insbesondere auch der vorgehaltenen Urkunden zur Verfügung stand.

Im übrigen ergibt sich weder aus der MRK noch aus der StPO ein unbeschränkter Anspruch eines Angeklagten auf Übersetzung aller Aktenstücke in allen Einzelheiten (NRsp 1992/243); insoweit besteht auch keine Nichtigkeitssanktion (11 Os 3/97). Art 6 Abs 3 lit e MRK geht nämlich nicht so weit, eine schriftliche Übersetzung des gesamten schriftlichen Beweismaterials oder amtlicher Schriftstücke des Verfahrens in allen Einzelheiten zu verlangen ("ne va pourtant pas jusqu a exiger une traduction ecrite de toute preuve documentaire ou piece officielle du dossier"); genug daran, daß es dem Angeklagten durch den Übersetzungsbeistand ermöglicht wird, den ihm zur Last gelegten Vorwurf zu kennen und sich hiezu zu verteidigen, insbesondere seine Version der Ereignisse dem Gericht vorzutragen (Urteil des EuGMR vom 19.Dezember 1989 Serie A 168 Z 74). Daß die letztbezeichneten Voraussetzungen nicht gegeben gewesen wären, ist dem Beschwerdevorbringen (und dem Akteninhalt) nicht zu entnehmen.

Der gesetzmäßigen Ausführung entbehrt der überwiegende Teil der Mängelrüge (Z 5), in welcher der Beschwerdeführer dem Erstgericht vorwirft, seiner leugnenden Verantwortung "auf dem Niveau unstatthafter Vermutungen" durch "plakative Hervorhebung" der Wahrheitsliebe des (den Beschwerdeführer belasteten) Mitangeklagten, "Idealisierung der Arbeitsweise der Sicherheitsbehörden" und durch andere einseitige Erwägungen zu Unrecht die Glaubwürdigkeit abgesprochen zu haben. Bei dieser teilweise polemischen Kritik handelt es sich lediglich um eine unzulässige Bekämpfung der formell einwandfreien tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im Rechtsmittelverfahren gegen schöffengerichtliche Urteile in den Verfahrensgesetzen nicht vorgesehenen Schuldberufung, was insbesondere durch die Bezugnahme des Beschwerdeführers auf eine Beweiswürdigungsmaxime (Mayerhofer StPO4 § 258 E 48) erhellt. Gleiches gilt für die breiten Ausführungen über kurdische Mentalität und für die Spekulationen darüber, daß die ursprünglich den Beschwerde- führer belastenden Angaben des Mitangeklagten Falschbezichtigungen zur Deckung anderer Personen gewesen sein könnten.

Soweit sich der Nichtigkeitswerber (vereinzelt) dabei auf konkrete Beweisergebnisse stützt, zeigt er keinen formellen Begründungsmangel auf:

So hat das Erstgericht bei seiner Feststellung, der Angeklagte Y***** habe in bezug auf das Faktum B II. Aufpasserdienste im Bereich des an der Kreuzung Taborstraße-Nordbahnstraße geparkten Fahrzeuges geleistet (US 13), keinesfalls "übersehen", daß sich der Tatort, nämlich das Vereinslokal bzw die Moschee der "G*****" in einer - Aufpasserdienste ausschließenden - Entfernung von rund 2 km befunden habe. Der Beschwerdeführer geht bei seinem Vorbringen davon aus, daß der Tatort das Haus Taborstraße Nr. 8 gewesen sei; tatsächlich befanden sich die genannten Einrichtungen im - in unmittelbarer Nähe zur genannten Kreuzung gelegenen - Haus Nr. 108 (s. insbesondere ON 20/III samt maßstabgetreuem Lageplan AS 383/III). Die Bezeichnung Nr. "8" (US 13) beruht unzweifelhaft auf einem Schreibfehler; im Urteilstenor (US 4) und ebenso wiederholt in den Gründen (US 15) wird zutreffend die Hausnummer mit "108" bezeichnet.

Mit der Aussage des Zeugen John O***** hat sich das Erstgericht eingehend auseinandergesetzt sowie denkmöglich und schlüssig dargetan, daß sich daraus nichts zur Entlastung des Beschwerdeführers gewinnen läßt (US 29). Dem Umstand, daß auf einem im Tatortbereich der V*****-Bank sichergestellten Endlosstreifen neben (verwertbaren) Fingerabdruckspuren des Mitangeklagten D***** weitere Spuren einer nicht identifizierten Person erfaßbar waren, kommt für die angenommene Tatbeteiligung des Beschwerdeführers kein entlastender Aussagewert zu (s. 441 ff in ON 7/I iVm 387/II), weil nach den Tatumständen keineswegs zwingend vorauszusetzen ist, daß auch der Beschwerdeführer den Papierstreifen angefaßt haben müßte.

Die Erörterung der Aussage des Zeugen Kadim Ü***** schließlich war entbehrlich, weil dessen allgemein gehaltenen Ausführungen über religiöse Verhaltensweisen der Volksgruppe der A***** (s. 347 ff/IV) keinen konkreten Bezug zu den dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Taten aufwiesen.

Die eigenständige, von der Mängelrüge (Z 5) wesensmäßig verschiedene Tatsachenrüge (Z 5 a) wird nicht prozeßordnungsgemäß dargetan, wenn - wie hier - ihre Ausführung allein in der undifferenzierten Verweisung "auf die oben gemachten Ausführungen" ohne deutliche und bestimmte Bezeichnung, inwieweit die Voraussetzungen des § 281 Abs 1 Z 5 a StPO gegeben wären, besteht (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 a E 22, 23).

In seiner Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet der Rechtsmittelwerber, das Erstgericht habe in Ansehung der subjektiven Tatseite übersehen, daß "der Vorsatz sich auf alle Merkmale des objektiven Tatbestandes erstrecken und im Zeitpunkt der Tat vorliegen sowie neben dem Wissens- auch die Wollenskomponente erfassen muß".

Entgegen diesem Vorbringen haben die Tatrichter sämtliche in subjektiver Hinsicht zur Tatbestandsverwirklichung erforderlichen Feststellungen in Form der Absichtlichkeit (§ 5 Abs 2 StGB), bei welcher die Willenskomponente sogar dominiert (Leukauf/Steininger Komm3 § 5 RN 5), getroffen (US 14, 16, 17, 20, 52 und 53). Die prozeßordnungsgemäße Darstellung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert aber ein Festhalten an sämtlichen Urteilskonstatierungen, somit auch an jenen zur subjektiven Tatseite, und deren Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz (Mayerhofer aaO § 281 Z 9 a E 5).

Da der Beschwerdeführer die Feststellungen zur subjektiven Tatseite übergeht, ist die Rechtsrüge nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die beide Angeklagte betreffende Nichtigkeitsbeschwerde der Anklagebehörde richtet sich zunächst dagegen, daß das Erstgericht in Ansehung des deliktischen Angriffes vom 24.März 1996 auf eine Räumlichkeit des Kulturvereins der A***** - in Abänderung des Anklagevorwurfs der Brandstiftung nach § 169 Abs 1 StGB - nur eine schwere Sachbeschädigung für objektivierbar erachtet hat (Punkte A II.1. bzw B 1. des Urteilsspruches).

Die in der Mängelrüge (Z 5) aufgeworfene Frage, "wozu die Täter eine Benzinspur (in Richtung der am Vereinslokal vorbeiführenden Straße samt den dort geparkten Personenkraftwagen) gelegt haben", wurde vom Erstgericht schlüssig dahingehend beantwortet, daß die Täter auf diese Verhaltensweise das vorwiegend im Eingangsbereich des Lokals verschüttete Benzin in einiger Entfernung "relativ gefahrlos entflammen wollten" (US 26).

Der in der Beschwerde hervorgehobene Umstand, daß "die Täter" die Planung und Ausführung von "Brandanschlägen" zugegeben haben, kommt - abgesehen davon, daß der Angeklagte Y***** jegliche Tatbeteiligung geleugnet hat - der von der Staatsanwaltschaft zugedachte Aussageinhalt nicht zu; läßt sich doch aus dem umgangssprachlichen Gebrauch des Wortes "Brandanschlag" keinesfalls eine Umschreibung einer bewußt gewollten Feuersbrunst im Sinne des § 169 Abs 1 StGB ableiten.

Der Zeuge Insp.O***** wiederum nahm, wie auch die Beschwerdeführerin argumentiert, bloß zu "Tendenzen und Zielen der Täter" (gemeint: der in Europa agierenden kurdischen Institutionen) Stellung; Angaben, die als konkretes Indiz eines zumindest bedingten Vorsatzes der beiden Angeklagten in Richtung einer Brandstiftung gemäß § 169 Abs 1 StGB gewertet werden könnten, sind der Zeugenaussage nicht zu entnehmen und werden auch von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt (vgl 547 ff/IV).

Einer Erörterung des weiteren Vorbringens der Nichtigkeitsbeschwerde, wonach bei mängelfreier Verwertung der Verfahrensergebnisse (Z 5), allenfalls selbst auf der Grundlage der erstgerichtlichen Feststellungen (Z 9 lit a, richtig Z 10), dem in Rede stehenden Brand in objektiver Sicht die Eignung einer gemäß § 169 Abs 1 StGB tatbildlichen Feuersbrunst zukomme, bedarf es nicht, weil auch bei Unterstellung des Tatgeschehens unter den objektiven Tatbestand des genannten Deliktes die - nach dem Gesagten - unbedenkliche Urteilsannahme des diesbezüglich fehlenden Vorsatzes der beiden Angeklagten hiedurch nicht berührt wird.

Ferner bekämpft die Staatsanwaltschaft den freisprechenden Teil des Urteils hinsichtlich beider Angeklagter.

Der durch das Strafrechtsänderungsgesetz 1993 (BGBl 1993/527) geschaffene Tatbestand des § 278 a StGB (in der für die Beurteilung des Anklagevorwurfs nunmehr aktuellen Fassung nach dem Strafrechtsänderungesetz 1996, BGBl 1996/762) zielt auf eine Organisation ab, die auf die fortgesetzte und geplante Begehung bestimmter schwerwiegender strafbarer Handlungen ausgerichtet ist. Eine solche Organisation setzt die Verbindung einer größeren Anzahl von Menschen auf Dauer oder zumindest auf längere Zeit, ein arbeitsteiliges Vorgehen, einen hierarchischen Aufbau und eine gewisse Infrastruktur voraus (Foregger/Kodek StGB6 § 278 a Anm I). Strafbar ist, wer eine solche Organisation gründet oder sich an ihr als Mitglied beteiligt. Nach dem Willen des Gesetzgebers soll für eine "Beteiligung als Mitglied" eine bloß passive Mitgliedschaft ebensowenig ausreichen wie eine bloß punktuelle Beteiligung an einzelnen Straftaten oder Handlungsweisen, denen das mit dem Begriff der "Mitgliedschaft" verbundene Moment einer gewissen Dauer fehlt (11 Os 62/97).

Ungeachtet der von beiden Angeklagten eingestandenen Funktion als Vorsitzender bzw stellvertretender Vorsitzender einer regionalen Sektion der kurdischen Jugendgruppierung "S*****" sowie deren Verbindung zu (angeblich) kurdischen Terrorvereinigungen indizierenden Verfahrensergebnissen erachtete das Erstgericht die ihnen zur Last gelegte Mitgliedschaft mit der für eine Verurteilung notwendigen Gewißheit nicht für objektivierbar, zumal im Zweifel nicht ausgeschlossen werden könne, daß sie die dem Schuldspruch wegen des Vergehens der schweren Sachbeschädigung zugrundeliegenden Brandanschläge aus eigenem Antrieb (ohne "Steuerung" seitens der P*****) verübt hätten.

Der Mängelrüge (Z 5) gelingt es nicht, formelle Begründungsmängel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes darzutun.

Den von der Anklagebehörde ins Treffen geführten umfangreichen Materialien (so vornehmlich den Erhebungsergebnissen des staatspolizeilichen Dienstes und der EBT) wie auch den Aussagen der Zeugen Insp.O***** (547 ff/IV) und Dr.N***** (145 ff/V) sind zwar tatsächlich ins Detail gehende, dessen ungeachtet aber nur allgemein gehaltene Angaben über den Organisationsaufbau und die (auch terroristische) Betätigung der sogenannten A***** K***** (P*****) sowie anderer konnexer Institutionen, etwa auch der als "radikal" bezeichneten S*****-Gruppierung in Europa, vor allem in Deutschland, aber keine konkreten Ausführungen über die unter dem Gesichtspunkt des Anklagevorwurfs allein interessierenden Aktivitäten der beiden Angeklagten und der von ihnen geführten regionalen Gruppe zu entnehmen. Bezeichnenderweise hat Insp.O***** als Zeuge namens der Einsatzgruppe zur Bekämpfung der Terrorismus auf gezielte Befragung eingeräumt, daß Erhebungen darüber, ob die beiden Angeklagten "aktiv" (an einer der in Rede stehenden terroristischen Gruppierungen) mitgewirkt haben, gar nicht geführt wurden und diesbezüglich auch keine konkreten Beweise vorliegen; Dr.N***** hat als zuständiger Referent im Büro für Staatsschutz der Bundespolizeidirektion Wien zeugenschaftlich ausgesagt, daß die von dieser Abteilung geführten Erhebungen allein unter dem Gesichtspunkt von "Brandanschlägen", nicht aber einer "kriminellen Organisation" geführt wurden; erst nach deren Abschluß sei die Parallelität zu den von der EBT geführten Erhebungen zutage getreten. Die aus diesen vom Erstgericht - entgegen der Beschwerdebehauptung - keineswegs mit Stillschweigen übergangenen Verfahrensergebnissen gezogene Schlußfolgerung, daß sichere Erkenntnisse zur Widerlegung der strikt leugnenden Verantwortungen der beiden Angeklagten nicht zu gewinnen wären, ist logisch nachvollziehbar und demzufolge formell mängelfrei.

Den beim Angeklagten Y***** sichergestellten Schriftstücken hat das Schöffengericht, auch unter Berücksichtigung der darauf bezugnehmenden Angaben des Zeugen O*****, ebenso wie den im Akt erliegenden Interpolberichten (mangels konkreter Erhebungsergebnisse) eine relevante Beweiskraft aberkannt (US 48 f); dem erkennenden Schöffensenat hiebei unterlaufene logische Fehler (als Voraussetzung der behaupteten unzureichenden Begründung) werden von der Beschwerdeführerin nicht aufgezeigt.

Ohne Erfolg bleibt auch das Bemühen der Anklagebehörde, in Ansehung einzelner, in den Entscheidungsgründen ohnehin näher erörterter Aussagedetails des Angeklagten D***** (so insbesondere in bezug auf seinen Aliasnamen, seine Ausbildung im Ausland, den angeblich aus der Zentrale in Deutschland erhaltenen "Einsatzbefehl" etc) auf deren die Berechtigung des Anklagevorwurfs indizierende Interpretationsmöglichkeit hinzuweisen. Erneut ist - auch zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft - festzuhalten, daß nur eine - gegenständlich nicht vorliegende - denkunrichtige Begründung die geltend gemachte formelle Mangelhaftigkeit herstellt. Ob die vom Erstgericht aus den angeführten Beweisergebnissen gezogene Schlußfolgerung (die mangelnde Eignung, den Anklagevorwurf hinreichend zu stützen) bei realitätsbezogener Betrachtung geringere Wahrscheinlichkeit als den zum gegenteiligen Ergebnis gelangenden Erwägungen der Beschwerdeführerin zukommt, ist für einen formellen Begründungsmangel ohne Belang (Mayerhofer aaO § 281 Z 5 E 145, 147), sondern eine Frage der im Rechtsmittelverfahren gegen kollegialgerichtliche Urteile unanfechtbaren Beweiswürdigung.

Auf sich beruhen kann schließlich der Vorwurf, das Erstgericht habe sich nicht damit auseinandergesetzt, daß in den (auch von der "S*****"-Gruppe benützten) Räumlichkeiten einer kurdischen Institution "mannigfach Großaufnahmen des Abdullah Ö***** - Führer der P***** - hängen"; dieser Umstand betrifft einen nicht entscheidungswesentlichen und daher auch nicht erörterungsbedürftigen Umstand.

In ihrer Rechtsrüge (Z 9 lit a) behauptet die Beschwerdeführerin "subsidiäre Feststellungsmängel" und verweist dabei auf Beweisergebnisse, deren Nichtbeachtung den bekämpften Freispruch bewirkt habe. Darüber hinaus würden selbst die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen unter Berücksichtigung der teilweise schon in der Mängelrüge gemachten Ausführungen einen Schuldspruch nach § 278 a Abs 1 StGB zulassen.

Bei der Entscheidung über eine auf einen materiellen Nichtigkeitsgrund gestützten Nichtigkeitsbeschwerde hat der Oberste Gerichtshof die Richtigkeit der Rechtsanwendung auf Grundlage des im angefochtenen Urteil festgestellten Sachverhaltes zu prüfen; ein Eingehen auf die Tatseite und die Beweisfrage ist unzulässig. Die Ausführung einer solchen Nichtigkeitsbeschwerde hat daher von den im Urteil festgestellten Sachverhalt auszugehen. Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes erfordert somit das Festhalten an dem gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf angewendeten Gesetz und den Nachweis, daß das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhaltes einem Rechtsirrtum unterlegen ist. Die Beschwerde ist daher nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt, wenn sie eine im Urteil festgestellte Tatsache bestreitet, wenn sie sich auf eine Tatsache stützt, die im Urteil nicht festgestellt ist, oder wenn sie einen Umstand verschweigt, der im angefochtenen Urteil festgestellt ist (Mayerhofer aaO § 281 E 30).

Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft übergeht aber einerseits die Konstatierung, wonach nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte, daß die Angeklagten sich als Mitglieder bei der P***** beteiligt haben (US 59), andererseits jene, daß es sich bei der im vorliegenden Verfahren relevanten Gruppe "S*****" (für den Bereich Wien-St.Pölten-Ternitz) um keine solche Organisation gehandelt hat, welche die im § 278 a Abs 1 Z 1 bis 3 StGB angeführten Umstände zum Ziel hatte (US 61), und ferner die Feststellung, daß die Täter bei den gegenständlichen "Brandanschlägen" nicht als Mitglieder der "S*****", sondern aus autonomen Motiven tätig wurden (US 59).

Damit ist aber der materiellrechtliche Nichtigkeitsgrund nicht zur gesetzmäßigen Darstellung gebracht, vielmehr erweisen sich die Beschwerdeausführungen in ihrem Gesamtzusammenhang nur als eine unzulässige Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Die Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft waren daher teils als unbegründet, teils als nicht dem Gesetze gemäß ausgeführt bereits bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 1 und 2 iVm § 285 a Abs 1 Z 2 StPO).

Zur Berufung des Angeklagten Abdulkadir Y***** wegen Schuld:

Eine Schuldberufung ist nach den Prozeßgesetzen nur gegen Urteile eines Einzelrichters, nicht aber gegen Entscheidungen eines Kollegialgerichtes zulässig.

Die Schuldberufung des Angeklagten war daher zurückzuweisen.

Für eine Überprüfung der Verfassungsgemäßheit der eingeschränkten Anfechtungsmöglichkeit durch den Verfassungsgerichtshof besteht entgegen der diesbezüglichen Anregung des Beschwerdeführers kein Anlaß.

Die Differenzierung der Bekämpfbarkeit der Urteile von Kollegialgerichten und der Einzelrichter hinsichtlich der Beweiswürdigung verletzt den Gleichheitsgrundsatz deshalb nicht, weil sie angesichts der verschiedenen Ausgestaltung der beiden Formen des Erkenntnisgerichtes sachlich begründet ist (EvBl 1993/74 mwN; Frowein/Peukert aaO Art 2 des 7.ZP Rz 2; EuKMR 18.Okt.1995 Zl 24208/94 = Newsletter 1996, 19).

Zum Rechtsmittel des Rechtsanwaltes Dr.Herbert P*****:

Der vom Angeklagten Abdulkadir Y***** seinerzeit gewählte Verteidiger Dr.Herbert P***** wurde vom Erstgericht gemäß § 236 a StPO iVm § 236 Abs 2 StPO von der weiteren Verteidigung des Angeklagten ausgeschlossen. Er ist daher zur Erhebung eines Rechtsmittels nicht legitimiert, sodaß die von ihm eingebrachte (im übrigen wortidente) Nichtigkeitsbeschwerde sowie seine Berufung wegen des Ausspruches über die Schuld und die Strafe bereits aus diesem Grund als unzulässig zurückzuweisen waren.

Über die von diesem Rechtsanwalt erhobene Beschwerde gegen den Ausschluß von der Verteidigung mit der Behauptung einer Verletzung von Rechten des Rechtsanwaltes in dessen Eigentum ("im Grundrecht auf Erwerbsausübung") wird das Oberlandesgericht Wien zu erkennen haben, weil nach der Strafprozeßordnung über Beschwerden gegen Beschlüsse eines Schöffengerichtes grundsätzlich der Gerichtshof zweiter Instanz zu entscheiden hat. Der Oberste Gerichtshof erkennt über solche Beschwerden nur dann, wenn sie im unmittelbaren Zusammenhang mit einem von ihm zu erledigenden Rechtsmittel stehen und ihm kraft Gesetzes eine Entscheidungskompetenz hierüber zukommt (zB §§ 285 b Abs 2, 498 Abs 3 StPO). Dies ist jedoch gegenständlich nicht der Fall.

Aus der Zurückweisung der Nichtigkeitsbeschwerden des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft folgt, daß zur Entscheidung über deren Berufungen gemäß § 285 i StPO das Oberlandesgericht Wien zuständig ist.

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