OGH 2Ob338/97p

OGH2Ob338/97p20.1.1998

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Angst als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schinko, Dr.Tittel, Dr.Baumann und Dr.Prückner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Firma S***** Aktiengesellschaft, ***** vertreten durch Dr.Raimund Gehart, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Firma A***** Gesellschaft mbH, ***** vertreten durch Dr.Manfred Schiffner und Mag.Werner Diebald, Rechtsanwälte in Köflach, wegen S 220.204 sA, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12.September 1997, GZ 4 R 125/97b-26, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Graz vom 27.März 1997, GZ 18 Cg 219/96t-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß das Klagebegehren des Inhalts, die beklagte Partei sei schuldig, der klagenden Partei den Betrag von S 220.204 samt 1,5 % Zinsen pro Monat seit 16.10.1995 zu bezahlen, abgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit S 67.629,60 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 11.271,60, keine Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz, die mit S 32.822,20 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 3.703,70 und Barauslagen von S 10.600) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit S 24.680 (darin enthalten Umsatzsteuer von S 1.905 und Barauslagen von S 13.250) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Die klagende Partei brachte zur Begründung ihres auf Zahlung von S

220.204 gerichteten Klagebegehrens zunächst vor, mit der beklagten Partei in laufender Geschäftsverbindung, der die AÖSp zugrundelägen, zu stehen. Im Mai 1995 sei der beklagten Partei die Ankunft einer aus Italien importierten und für sie bestimmten Sendung avisiert worden. Sie sei darauf aufmerksam gemacht worden, daß die Ausfolgung nur gegen Nachnahme des Warenwertes von S 220.204 erfolgen dürfe; sie habe sich zur Bezahlung des Warenwertes verpflichtet und ihr (der klagenden Partei) Verzollung und Zustellung aufgetragen. Anläßlich der Ausfolgung der Sendung habe die beklagte Partei die umgehende Überweisung des Warenwertes zugesagt, diese Zusage aber nicht eingehalten. Sie (klagende Partei) sei als Empfangsspediteur tätig und dem Versender verpflichtet gewesen. Dieser habe sie mit dem Warenwert von S 220.204 belastet. Sie begehre diesen Betrag gemäß § 34 AÖSp von der beklagten Partei.

In der Folge (Schriftsatz ON 6) brachte die klagende Partei vor, von der beklagten Partei immer wieder den Auftrag erhalten zu haben, Sendungen der Firma G***** aus Italien nach Köflach zu speditieren. Die Firma G***** habe die Sendungen der Firma S***** Italiana SPA mit einem Nachnahmeauftrag übergeben. Die Firma S***** Italiana SPA habe die Sendung mit dem Nachnahmeauftrag bei ihr (klagende Partei) abgeliefert. Die Sendungen und die Nachnahme seien der beklagten Partei avisiert worden. Wegen der langjährigen Geschäftsverbindung sei in der Regel von einem direkten Inkasso der Nachnahme abgesehen worden und habe sie sich mit dem Nachweis einer direkten Überweisung der Nachnahme durch die beklagte Partei an die Firma G***** begnügt. Der gegenständliche Geschäftsfall umfasse eine Sendung von 16 Kolli Ersatzteile mit einem Warenwert von LIT 29,119.904. Die S***** Italiana SPA habe ihr die Auslieferung nur gegen unwiderruflichen Zahlungsnachweis vorgeschrieben. Dem Bordero sei die Lieferantenrechnung angeschlossen gewesen. Die beklagte Partei habe die Sendung im Bewußtsein, LIT 29,119.904 umgehend entweder an sie (klagende Partei) bezahlen oder der Firma G***** überweisen und die Überweisung belegen zu müssen, übernommen. Anders als in den vorausgehenden Geschäftsfällen habe die beklagte Partei aber weder bezahlt noch an den Lieferanten überwiesen. Da sie (klagende Partei) nur gegen unwiderruflichen Zahlungsnachweis zur Auslieferung verpflichtet gewesen sei und die beklagte Partei diesen Nachweis nicht erbracht habe, habe die Firma G***** die S***** Italiana SPA mit dem Warenwert in Anspruch genommen, diese habe den Rechnungsbetrag ihr (klagende Partei) in Rechnung gestellt; sie sei voll für den Schaden aufgekommen. Die beklagte Partei sei durch ihren Speditionsauftrag schon vor Übernahme des Gutes in einer den AÖSp unterliegenden Rechtsbeziehung zu ihr gestanden, gemäß § 34 AÖSp sei sie zur sofortigen Zahlung der Nachnahme und bei Verletzung dieser Pflicht zur Leistung des Schadenersatzes an sie (klagende Partei) verpflichtet. Zwischen der beklagten Partei und ihrem Lieferanten sei Zahlung bei Ablieferung vereinbart worden, diese Lieferbedingung sei die Grundlage des an sie (klagende Partei) erteilten Auftrages, die Auslieferung nur gegen unwiderruflichen Zahlungsnachweis zu erbringen (ON 9).

Letztlich wurde vorgebracht (Schriftsatz ON 18), daß sich die klagende Partei der Firma S***** Italiana SPA als Frachtführerin bedient habe. Sie sei bei Ausfolgung der Sendungen an die beklagte Partei dieser nicht nur als Empfangsspediteur, sondern auch als Haupt-(= Erst-)Spediteur gegenübergestanden. § 34 AÖSp verpflichte den Empfänger zur sofortigen Zahlung der Nachnahme. Das eingeklagte Kapital umfasse den Kaufpreis aus zwei Rechnungen, nämlich der Rechnung über LIT 29,119.904 und einer weiteren über LIT 6,387.938.

Die beklagte Partei führte aus, es sei richtig, daß die klagende Partei öfters den Auftrag erhalten habe, Sendungen der Firma G***** aus Italien nach Köflach an ihre Geschäftsadresse zu speditieren, doch sei die Auslieferung der Ware nicht von deren sofortiger Bezahlung abhängig gemacht worden. Vielmehr habe sie stets mit der klagenden Partei die Frachtkosten und mit dem Lieferanten die Ware abgerechnet. Es sei auch niemals die Geltung der AÖSp vereinbart oder von der klagenden Partei mitgeteilt worden, daß die Ware nur gegen Nachnahme ausgefolgt werden dürfe. Auch nach § 34 AÖSp könne nicht Geld, sondern nur die Ware verlangt werden. Sollte die klagende Partei die Rechnung der Firma G***** beglichen haben, sei eine Doppelzahlung vorgenommen worden, weil sie (die Beklagte) die Warenforderung der Firma G***** schon mit einer Gegenforderung verrechnet habe. Eine Nachnahmevereinbarung sei mit dem Lieferanten nie getroffen worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es folgende Feststellungen traf:

Auf den Geschäftspapieren der klagenden Partei befindet sich ein Aufdruck, wonach diese ausschließlich aufgrund der Allgemeinen Österreichischen Spediteurbedingungen (AÖSp) arbeitet, was von der beklagten Partei im Laufe der sich über Jahre erstreckenden umfassenden Geschäftsbeziehung niemals beanstandet wurde.

Die Transportaufträge (nach dem übereinstimmenden Vorbringen beider Teile handelt es sich um Speditionsaufträge) ergingen von der beklagten Partei an die klagende Partei und wurde von dieser als ihr "Partner" die Firma S***** Italiana SPA "eingeschaltet", welche wiederum beim Lieferanten, der Firma G*****, die Details der Übernahme prüfte und abklärte. Aufgrund der vereinbarten Lieferkonditionen, nämlich ab Werk, war die beklagte Partei "Frachtzahler".

Die klagende Partei verständigte die beklagte Partei telefonisch von der Durchführung eines Transportauftrages und es wurde die Ware von einem Mitarbeiter der beklagten Partei übernommen. Bei der Anlieferung der Waren wurden der beklagten Partei entweder der CMR-Frachtbrief oder der Lieferschein gemeinsam mit der Faktura der Firma G***** ausgefolgt. Das Bordero, welches nur internen Zwecken diente und in welchem die Anweisung der Firma S***** Italiana SPA enthalten war, die Ware nur gegen Nachnahme auszuliefern, wurde nicht an die beklagte Partei übergeben.

Trotz der Anweisung im Bordero, die Ware nur gegen Nachnahme auszuliefern, wurde dies eher selten so gehandhabt. Im Regelfall wurde der beklagten Partei beim telefonischen Aviso mitgeteilt, daß die Ware sofort zu bezahlen sei und diese Zahlung der klagenden Partei nachzuweisen war, worauf dann die Auslieferung erfolgte. Der Nachweis wurde von der beklagten Partei dadurch erbracht, daß sie der klagenden Partei eine Banküberweisung, durch welche bestätigt wurde, daß der vom Lieferanten geforderte Betrag bereits an ihn überwiesen wurde, zur Verfügung stellte. Diese Vorgangsweise wurde gepflogen, um den bei einem direkten Inkasso mit Gutschriften an den Lieferanten entstehenden unnötigen Mehraufwand zu vermeiden.

Während des Zeitraumes der Insolvenz der beklagten Partei in den Jahren 1992 bis 1994 wurden von der klagenden Partei auch die Rechnungsbeträge kassiert. In der Folge wurden von ihr aber nur mehr die eigenen Transport- und Nebenkosten in Rechnung gestellt. Die Ausfolgung der Ware erfolgte hiebei ohne das Inkasso des Warenwertes, jedoch wurde von der klagenden Partei weiterhin der Nachweis der erfolgten Zahlung der Ware im Form einer Bankbestätigung verlangt.

Bis Ende 1994 wurden die Zahlungen durch die beklagte Partei anstandslos und prompt nachgewiesen. Im Frühjahr 1995 kam es zu Verzögerungen im Nachweis der Zahlungen und es wurde dieser fallweise erst Wochen nach der Lieferung erbracht, was teilweise auch auf eine nachlässige Vorgangsweise der Mitarbeiter der klagenden Partei bei der Einforderung der Nachweise zurückzuführen war.

Auf den Rechnungen der Firma G***** vom 31.5.1995 und vom 13.6.1995 befindet sich in der Spalte Zahlungsmodalität die Abkürzung C.O.D., welche "cash on delivery", also Zahlung bei Lieferung, bedeutet. Auf den Borderos vom 31.5. und 13.6.1995 befinden sich jeweils Vermerke, nach denen eine Auslieferung der Sendungen jeweils nur gegen Vorlage einer unwiderruflichen Bankbestätigung über die diesbezüglichen Rechnungsbeträge erfolgen soll.

Der CMR-Frachtbrief zur Rechnung vom 31.5.1995 wurde von der beklagten Partei am 1.6.1995 firmenmäßig gefertigt und der Empfang von Gut und Dokumenten bestätigt, desgleichen am 16.6.1995 der Lieferschein der klagenden Partei vom 14.6.1995, auf welchem ebenfalls ein Vermerk aufscheint, wonach die Auslieferung nur gegen unwiderrufliche Bankbestätigung erfolgen soll.

Die Klausel C.O.D. befand sich auch in den vorangegangenen Jahren bei gleichartigen Geschäftsvorgängen auf den Rechnungen der Firma G*****. Gegen diese Klausel wurden von der beklagten Partei niemals Einwendungen erhoben.

Über Urgenz der klagenden Partei teilte die beklagte Partei mit, die angeführten, klagsgegenständlichen Rechnungen bereits bezahlt zu haben. Die klagende Partei gab diese Information an die Firma S***** Italiana SPA weiter und erhielt über diese von der Firma G***** die Auskunft, daß dies nicht richtig sei. Die Firma G***** forderte die Firma S***** Italiana SPA zur Zahlung der offenen Beträge aus den Rechnungen auf. Die Firma S***** Italiana SPA "deckte die Forderungen der Firma G***** ab", stellte der klagenden Partei den Klagsbetrag in Rechnung und erhielt diesen von der klagenden Partei gegenverrechnet.

Diese beiden Rechnungen waren die einzigen, welche von der klagenden Partei bezahlt werden mußten, weil die beklagte Partei sie nicht bezahlt hatte.

Zur Rechtsfrage vertrat das Erstgericht die Ansicht, die AÖSp seien zwischen den Streitteilen als vereinbart anzusehen. Nach deren § 34 könne die Klägerin, die den Schaden des Lieferanten abgedeckt habe, von der beklagten Partei diesen ersetzt verlangen, weil diese die Waren sofort hätte bezahlen bzw die Zahlung im Sinne der langjährigen Gepflogenheiten bei Lieferung nachweisen hätte müssen.

Das dagegen von der beklagten Partei angerufene Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, die ordentliche Revision sei nicht zulässig.

Zur Stattgebung des Klagebegehrens führte das Berufungsgericht aus, daß die Firma G***** ihre Forderung von der Firma S***** Italiana SPA bezahlt erhalten habe und daß diese von der klagenden Partei befriedigt worden sei, weshalb eine Legalzession im Sinne des § 1358 ABGB eingetreten sei, zumal die Auslieferung nur gegen Zahlung erlaubt gewesen sei. Die klagende Partei habe ihren Anspruch auch nicht ausschließlich aus § 34 AÖSp abgeleitet, doch sei auch von einer Haftung der beklagten Partei für die Nachnahmebeträge gegenüber der klagenden Partei nach deren Art 34 lit a erster Satz auszugehen. Die AÖSp seien zwischen den Parteien als vereinbart anzusehen, weil die beklagte Partei selbst eine mehrjährige Geschäftsbeziehung zur klagenden Partei behauptet habe. Bei branchenkundigen Bestellern sei von einer zumindest stillschweigenden Vereinbarung der AÖSp auszugehen, wenn der Auftraggeber nach der Art seines Geschäftsbetriebes von den AÖSp und ihrer Verwendung durch Spediteure Kenntnis haben mußte. Nach § 34 lit a AÖSp verpflichte die Annahme des Gutes den Empfänger zur sofortigen Zahlung der auf dem Gut ruhenden Kosten einschließlich von Nachnahmen. Im gegenständlichen Fall sei die beklagte Partei nicht nur Empfängerin der Ware, sondern auch Auftraggeberin gewesen. Warum sie ungeachtet des ausdrücklichen Wortlautes des § 34 lit a AÖSp erster Satz nicht zur Zahlung des Nachnahmebetrages verpflichtet sein solle, habe sie nicht überzeugend dargelegt. Es sei zwar richtig, daß der Spediteur nach dem zweiten Satz des § 34 lit a AÖSp berechtigt sei, im Fall der Nichtzahlung das Gut wieder mitzunehmen und der Empfänger nach § 34 lit b AÖSp bei Unterbleiben der Zahlung zur sofortigen Rückgabe des Gutes verpflichtet werde, doch könne das nicht einen Verlust des Zahlungsanspruches des Spediteurs bedeuten. Im Vordergrund stehe die sofortige Zahlungspflicht laut Art 34 lit a erster Satz AÖSp. Art 21 CMR verpflichte ja auch bei Ablieferung des Gutes an den Empfänger ohne Einziehung des Nachnahmebetrages den Frachtführer, vorbehaltlich seines Rückgriffsrechtes gegen den Empfänger zur Leistung von Schadenersatz an den Absender bis zur Höhe des Nachnahmebetrages.

Dagegen richtet sich die außerordentliche Revision der beklagten Partei mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung dahin abzuändern, daß das Klagebegehren zur Gänze abgewiesen werde.

Die klagende Partei hat in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt, das Rechtsmittel der beklagten Partei zurückzuweisen, in eventu, ihm keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil das Berufungsgericht - wie im folgenden noch darzulegen sein wird - von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes abgegangen ist, sie ist auch berechtigt.

Die beklagte Partei machte in ihrem Rechtsmittel geltend, die Auslegung der Feststellungen des Erstgerichtes durch das Berufungsgericht, daß bei Auslieferung der Ware deren Zahlung durch Bankbestätigung nachgewiesen wurde, sei unrichtig und beruhe auf einer mißverständlichen Interpretation. Die klagende Partei habe ihren Anspruch auch ausdrücklich auf die Bestimmung des § 34 lit a AÖSp gestützt und sei diese rechtliche Qualifikation bindend, weshalb der Zuspruch nicht auf § 1358 ABGB gestützt werden dürfe. Es stünde der klagenden Partei im Sinne des § 34 lit b AÖSp kein Zahlungsanspruch, sondern nur ein Herausgabeanspruch zu. Die beklagte Partei sei niemals aufgefordert worden, die Waren herauszugeben noch sei aus sonstigen Gründen ein Unvermögensfall im Sinne des § 34 lit b AÖSp gegeben. Es seien auch nur mehr Warenwerte offen, worunter es sich keinesfalls um "Nachnahmen" im Sinne des § 34 AÖSp handle. Dazu ergebe sich aus den Feststellungen des Erstgerichtes auch, daß die Ware nur selten gegen Nachnahme ausgeliefert wurde. Im gegenständlichen Fall handle es sich nicht um Nachnahmen, sondern um eine Forderung, welche vereinbarungsgemäß erst nach Ablieferung (bzw nach Aviso) und nicht bei Ablieferung sowie nicht an den Spediteur, sondern an den Lieferanten selbst zu bezahlen gewesen sei. Die klagende Partei hätte ihre Forderungen, wenn überhaupt, lediglich auf die Titel der Bereicherung oder des Schadenersatzes stützen können, wofür sie allerdings eine entsprechende Behauptungs- und Beweislast getroffen hätte. Behauptungen im Sinne des § 1358 ABGB seien nicht aufgestellt worden. Mit der beklagten Partei sei niemals eine Inkassovereinbarung getroffen worden, es sei auch keine Verständigung über eine solche erfolgt.

Hiezu wurde erwogen:

Zutreffend sind die Vorinstanzen grundsätzlich von der Anwendbarkeit der AÖSp ausgegangen. Die unbeanstandete Annahme eines Hinweises in Geschäftspapieren auf die Geltung der AÖSp im Rahmen einer länger dauernden Geschäftsbeziehung führt nämlich zu ihrer schlüssigen Einbeziehung in den Vertrag (RdW 1997, 454 = WBl 1997, 125 = ZfRV 1997, 77; JBl 1994, 44; SZ 64/9 uva).

Nach dem insoweit übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien wurden zwischen ihnen Speditionsverträge abgeschlossen, deren Besonderheit darin bestand, daß der Versender (beklagte Partei) zugleich auch Empfänger der zu transportierenden Güter war (siehe hiezu Peter Bydlinski in Münch Komm HGB Rz 28 zu § 407). Die Firma G*****, von der die Güter zur beklagten Partei zu bringen waren, war am Speditionsvertrag, dessen Gegenstand die Besorgung der Güterversendung durch Frachtführer für Rechnung eines anderen ist, nicht beteiligt. Es wurde auch zwischen den Streitteilen keine Vereinbarung des Inhalts geschlossen, daß die beklagte Partei verpflichtet wäre, der klagenden Partei den Kaufpreis der gelieferten Waren zu bezahlen. Richtig ist zwar, daß § 34 lit a AÖSp die Annahme des Gutes den Empfänger zur sofortigen Zahlung der auf dem Gute ruhenden Kosten einschließlich von Nachnahmen verpflichtet. Aus dieser Bestimmung läßt sich aber nicht eine allgemeine und unbedingte Zahlungspflicht des Empfängers ohne Rücksicht auf bestehende - oder nicht bestehende - vertragliche Verpflichtungen ableiten. Es handelt sich hier vielmehr um eine Erweiterung des gesetzlichen Pfandrechtes der Spediteure gemäß § 410 HGB (SZ 36/158; EvBl 1966/194; HS 6740/15, 6741/39; 5 Ob 227/67; Schütz in Straube, HGB2 Rz 2 zu § 34 AÖSp Anh I zu § 415). Der klagenden Partei steht daher aufgrund des § 34 AÖSp der eingeklagte Anspruch nicht zu.

Eine andere Rechtsgrundlage scheidet aus, weil die klagende Partei ihren Anspruch auf Ersatz des Kaufpreises der gelieferten Waren wiederholt ausdrücklich auf § 34 AÖSp gestützt hat. Soweit ein bestimmter Rechtsgrund ausdrücklich geltend gemacht wird, ist das Gericht auch daran gebunden und darf der Klage nicht aus einem anderen Rechtsgrund stattgeben (stRsp ua 4 Ob 5/97g; RIS-Justiz RS0037610). In diesem Zusammenhang ist aber darauf hinzuweisen, daß der Anspruch nicht ohne weiteres aus § 1358 ABGB abgeleitet werden kann, weil es sich ja um einen solchen der Firma G***** handelt. Dieser müßte zuerst auf die Firma S***** Italiana SPA und dann auf die klagende Partei übergegangen sein. Dabei wäre jedenfalls im Verhältnis zwischen S***** Italiana SPA und der klagenden Partei italienisches Recht (allenfalls Art 1203 Abs 3 c.c., pagamento con surrogazione, Zahlung mit Einsetzung in die Rechte des Gläubigers) maßgeblich.

Der Vollständigkeit halber sei noch bemerkt, daß auch außerhalb des § 34 AÖSp eine vertragliche Verpflichtung der beklagten Partei, den Nachnahmebetrag der klagenden Partei zu bezahlen, nicht in Betracht kommt.

Die Nachnahmevereinbarung wurde ja, wie schon erwähnt, nicht zwischen den Streitteilen abgeschlossen, sondern (genaue Feststellungen fehlen darüber) offenbar zwischen der Firma G***** und der Firma S***** Italiana SPA. Aus dieser Vereinbarung läßt sich aber keine Verpflichtung der beklagten Partei ableiten, den Kaufpreis an die klagende Partei zu bezahlen, und es erfolgte im Regelfall auch eine derartige Bezahlung des Kaufpreises nicht durch die beklagte Partei an die klagende Partei.

Die Entscheidung über die Kosten gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Die Kommission vom 27.11.1996, die laut Kostennote notwendig war, weil in der Verhandlung vom 11.11.1996 ein umfangreiches Urkundenkonvolut vorgelegt wurde, diente nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung, weil nach dem Akteninhalt (Verfügung auf dem Schriftsatz ON 9) die in der Verhandlung vom 11.11.1996 behandelten Urkunden dem Beklagtenvertreter bereits mit diesem Schriftsatz übermittelt wurden.

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