OGH 3Ob351/97g

OGH3Ob351/97g17.12.1997

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Graf, Dr.Pimmer, Dr.Zechner und Dr.Sailer als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj. Hans-Peter H*****, geboren am 2.10.1984, und Harald H*****, geboren am 26.10.1988, beide *****, vertreten durch die Mutter Margarete H*****, ebendort, diese vertreten durch Dr.Gerda Schildberger, Rechtsanwältin in Bruck a.d. Mur, infolge außerordentlichen Revisionsrekurses des Vaters Hans-Peter H*****, vertreten durch Dr.Erwin Bajc und Dr.Peter Zach, Rechtsanwälte in Bruck a.d. Mur, gegen den Beschluß des Landesgerichtes Leoben als Rekursgerichtes vom 29.September 1997, GZ 2 R 456/97a-16, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Mürzzuschlag vom 21.August 1997, GZ 2 P 1631/95k-11, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird in der Weise abgeändert, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt wird, jedoch mit der Einschränkung, daß der erhöhte Unterhalt ab 1.3.1997 (und nicht erst ab 5.3.1997) zu zahlen ist.

Text

Begründung

Die Ehe der Eltern wurde am 27.4.1994 vom Erstgericht im Einvernehmen geschieden. Sie vereinbarten mit dem am selben Tag abgeschlossenen Vergleich, daß die ehelichen Kinder in Pflege und Erziehung der Mutter bleiben sollten, der auch die Obsorge alleine zukommen sollte. Der Vater übertrug der Mutter sein (Wohnungs-)Eigentum an der bisherigen Ehewohnung. "Infolgedessen" wurde dem Vater am 5.10.1995 für Wohnraumbeschaffung ein Kredit im Ausmaß von S 300.000,-- eingeräumt. Im Jahr 1996 leistete der Vater für diesen Kredit Rückzahlungen in der Höhe von S 108.000,--. Ihn treffen außer für die beiden ehelichen Kinder keine weiteren Sorgfaltspflichten. Er ist als Rayonsleiter beschäftigt und bezog im gesamten Jahr 1996 inklusive Sonderzahlungen ein Nettogesamteinkommen von S 468.382,21 (monatlich etwa S 39.031,--). Dieser Betrag enthält Sachbezüge in der Höhe von S 33.718,--.

Die Kinder begehrten mit Wirkung vom 1.3.1996 (gemeint, wie im Rekurs gegen die erstinstanzliche Entscheidung klargestellt: ab 1.3.1997) die Erhöhung des bisher für jedes Kind geleisteten Unterhaltsbeitrages des Vaters von je S 4.500,-- auf S 7.420,-- bzw S 6.250,--.

Der Vater sprach sich gegen den Erhöhungsantrag aus und gab an, daß in seinem Gehalt an Sachbezügen monatlich S 2.463,-- für die Benützung des firmeneigenen PKWs enthalten seien. Anläßlich der Ehescheidung habe er seiner Frau die vollmöblierte Eigentumswohnung überlassen, wofür sie eine Ausgleichszahlung in der Höhe von S 135.000,-- bezahlt habe. Dagegen habe er ihr Sparbücher und Bausparverträge in einem Gesamtsaldo von rund S 110.000,-- überlassen müssen. Da er sich infolge dessen neu wohnversorgen habe müssen, habe er einen Kredit mit einer monatlichen Tilgung von S 9.000,-- aufgenommen.

Das Erstgericht gab dem Unterhaltserhöhungsantrag mit Wirkung vom 5.3.1997 derart teilweise statt, daß es den für den mj. Hans-Peter zu zahlenden monatlichen Unterhalt auf S 5.400,-- und den für den mj. Harald zu zahlenden Betrag auf monatlich S 4.600,-- erhöhte, das Mehrbegehren aber abwies. In seiner rechtlichen Beurteilung zog das Erstgericht vom Nettogesamteinkommen des Vaters die Ratenzahlung für die Wohnraumbeschaffung mit S 108.000,-- sowie einen Betrag von S 16.859,-- an "Aufwandsentschädigung" (gemeint: Sachbezüge) ab und errechnete daraus eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von S 28.627,--. Schon die bisher bezahlten Unterhaltsbeträge lägen über den Durchschnittsbedarfssätzen für die Minderjährigen. Nach der Prozentsatzberechnungsmethode stünden dem älteren Sohn 19 % und dem jüngeren 16 % der Bemessungsgrundlage zu. Dies ergebe für den mj. Hans-Peter S 5.000,-- und für den mj. Harald S 4.600,--. Diese Beiträge stellten derzeit die Grenze der finanziellen Leistungsfähigkeit des Unterhaltsverpflichteten dar.

Dem dagegen gerichteten Rekurs der Minderjährigen gab das Rekursgericht Folge und verpflichtete den Vater ab 1.3.1997 zur Zahlung von Unterhaltsbeträgen von monatlich S 7.420,-- bzw S 6.250,--. Nach ständiger Judikatur seien Rückzahlungsraten für Eigentumswohnungen nicht von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abzuziehen. Ein Firmenwagen, der offenkundig auch zu privaten Zwecken benutzt werde, gelte als Sachbezug, der mit dem entsprechenden Geldwert in die Unterhaltsbemessungsgrundlage einzubeziehen sei. Damit ergebe sich eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von monatlich rund S 39.000,--. Bei solchen Einkommensverhältnissen fielen Mehrkosten durch auswärtige Verköstigung nicht besonders ins Gewicht. Die festgesetzten Beträge schienen auch von der Bedarfseite her betrachtet angemessen, weil die Söhne damit im Sinne des Gesetzes am höheren Einkommen des Vaters teilhaben könnten.

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Diese Entscheidung bekämpft der Vater mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs, in dem er geltend macht, daß das Rekursgericht, was die Kosten für die Wohnraumbeschaffung angeht, von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen sei.

Darüber hinaus seien Aufwandsentschädigungen zur Hälfte in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen. Die Kosten für ein berufsbedingt notwendiges Fahrzeug seien abzugsfähig. Da der Kindervater, dem ein Firmen-PKW zur Verfügung gestellt werde, nicht schlechter gestellt werden dürfe, als er in dem Fall stünde, daß er seinen eigenen PKW einsetzte, sei eine Berücksichtigung des - im übrigen rein aufgrund steuerrechtlicher Vorschriften auszuweisenden - Sachaufwandes maximal zur Hälfte gerechtfertigt. Im übrigen sei bei einem Einkommen wie dem des Vaters eine strikte Bindung an Prozentberechnungen nicht sachgerecht.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs, mit dem der Vater die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung begehrt, ist zulässig und auch überwiegend berechtigt.

Wie der Vater in seinem Rechtsmittel richtig ausführt, hat sich der Oberste Gerichtshof der ständigen Rechtsprechung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien (EFSlg 43.024; 53.639 und 68.296 etc) angeschlossen und bereits mehrfach ausgesprochen, daß scheidungsbedingte Wohnraumbeschaffungskosten (auch in Form von monatlichen Kreditrückzahlungsraten) grundsätzlich eine Abzugspost bei Ausmittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage darstellen (8 Ob

1674/92 = EFSlg 68.296; 1 Ob 1666/95 = EFSlg 77.479 = ÖA 1996 F 111;

1 Ob 599/95 = EFSlg 77.481), dies insbesondere dann, wenn die

bisherige Ehewohnung jenem Elternteil überlassen wurde, in dessen Pflege und Erziehung das unterhaltsberechtigte Kind verblieb (EFSlg 77.481). Demnach ist das Rekursgericht, das sich auf die grundsätzliche Rechtsprechungslinie, wonach Wohnungsbeschaffungskosten keine Abzugsposten darstellen, berufen hatte, von der Judikatur des Obersten Gerichtshofes abgewichen.

Das Erstgericht hat daher zu Recht einen Betrag von monatlich S 9.000,-- für die Kreditrückzahlung von der Unterhaltsbemessungsgrundlage abgezogen. Ein Fall wie jener, daß ohne verständigen Grund oder zu luxuriösen Zwecken Schulden eingegangen worden wären (ÖA 1994, 62; 1 Ob 599/95), liegt hier ebensowenig vor wie jener, daß (wie zu 1 Ob 1666/95) die Scheidung bzw Kreditaufnahme schon lange Zeit zurückgelegen wäre. Es kann auch nicht gesagt werden, daß angesichts eines monatlichen Nettoeinkommens von monatlich S 40.000,-- ein monatlicher Rückzahlungsbetrag von S 9.000,-- für einen (nur noch bis Ende 1998 laufenden) Wohnraumbeschaffungskredit einen Aufwand bedeute, der den Lebensverhältnissen des Vaters nicht angemessen (vgl EFSlg 77.481) wäre.

Zu Unrecht wendet sich der Vater allerdings dagegen, daß das Rekursgericht den Sachbezug für die private PKW-Benützung des Firmenkraftfahrzeuges zur Gänze in die Bemessungsgrundlage einbezogen hat. Entgegen den Ausführungen im Rekurs kann bei derartigen Einkommensbestandteilen keine Rede davon sein, daß es sich um eine Aufwandsentschädigung handeln würde.

Daß Naturalbezüge (zB für Dienstwohnung, Freifahrten, PKW für private Verwendung etc) als Einkommensbestandteile in die Bemessungsgrundlage einzufließen haben, war bereits ständige Rechtsprechung der Rechtsmittelgerichte (Überblick in Schwimann/Schwimann ABGB2 I Rz 43 zu § 94 und Rz 54 zu § 140). Auch in der sozialrechtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes wurden Sachbezüge regelmäßig als Einkommen berücksichtigt (vgl etwa JBl 1990, 265; SZ 66/137 und RIS-Justiz RS0085317, RS0084112, RS0084294; RS0085101 und RS0085101 und RS0085302).

Fraglich könnte nur sein, ob nicht ein höherer Betrag, als der vom Dienstgeber nach steuerrechtlichen Gesichtspunkten (vgl dazu W.Doralt EStG Kommentar3 Rz 53 zu § 15) ausgewiesene, zu veranschlagen wäre.

Nach der bisherigen Judikatur der Rechtsmittelgerichtes soll bei den Sachbezügen von dem in Geld ausgedrückten Marktwert ausgegangen werden (Nachweise bei Schwimann aaO Rz 43 zu § 94 ABGB). Dies entspricht zwar grundsätzlich ohnehin der einkommensteuerrechtlichen Bestimmung des § 15 Abs 2 EStG, wobei allerdings in der Praxis der Finanzbehörden (vgl W.Doralt aaO) eine schematisierte Berechnung erfolgt. Im vorliegenden Fall bedarf diese Frage aber keiner näheren Untersuchung, weil von keiner Seite bisher behauptet wurde, die vom Dienstgeber ausgewiesene Höhe der Sachbezüge entspreche nicht dem Marktwert derselben. Insbesondere haben die Minderjährigen sich in ihrem auf die Einvernahme des Vaters folgenden Ausdehnungsschriftsatz nicht auf einen höheren Marktwert berufen.

Damit ergibt sich aber eine Unterhaltsbemessungsgrundlage von rund S 30.000,--. Nun entspricht es bei überdurchschnittlichen Einkommen des Unterhaltsverpflichteten ohnedies bereits der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (zahlreiche E zu RIS-Justiz RS0007138), daß die Prozentkomponente bei den Unterhaltsbeträgen von Kindern nicht voll auszuschöpfen ist. Die rechtspolitischen Ausführungen im Revisionsrekurs bedürfen daher keiner weiteren Erörterung.

Im konkreten Fall ist aber zu bedenken, daß angesichts des Abzuges von monatlich S 9.000,-- für die Wohnungsbeschaffungskosten, die Bemessungsgrundlage mit S 30.000,-- nicht so wesentlich über den Durchschnittseinkommensbeträgen liegt, daß eine erhebliche Unterschreitung der Prozentsätze gerechtfertigt erschiene.

Diese Erwägungen führen zur Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung (mit Ausnahme des Beginndatums der Erhöhung mit 1.3.1997, welche das Rekursgericht ohne Rüge durch den dadurch belasteten Vater in Abänderung der erstinstanzlichen Entscheidung festgesetzt hat). Unter Berücksichtigung der gegenüber der vom Erstgericht angenommenen korrigierten Unterhaltsbemessungsgrundlage werden damit die Prozentsätze im Sinne der dargestellten Judikatur des Obersten Gerichtshofes nicht mehr voll ausgeschöpft, sodaß damit gemäß § 140 Abs 1 ABGB die den Lebensverhältnissen des unterhaltspflichtigen Vaters angemessenen Bedürfnisse der Kinder ausreichend berücksichtigt werden.

Stichworte