OGH 4Ob24/97a

OGH4Ob24/97a25.11.1997

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Huber als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kodek und Dr.Niederreiter sowie die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofes Dr.Griß und Dr.Schenk als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, ***** vertreten durch Dr.Paul Doralt und andere Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagten Parteien 1.) A***** S.a.r.l. (vormals F***** S.a.r.l.), ***** Luxemburg, 2.) C***** AG, ***** Bundesrepublik Deutschland, die Zweitbeklagte vertreten durch Dr.Max J. Allmayer-Beck und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen S 308.256,03 sA, infolge Revision der zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgericht vom 4.September 1996, GZ 3 R 39/96v-30, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 8.November 1995, GZ 33 Cg 436/94f-25, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Rechtssache wird an das Erstgericht zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind wie weitere Verfahrenskosten zu behandeln.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Juli 1990 beauftragte die N***** AG als Versenderin die Klägerin mit der Durchführung oder der Besorgung eines Transports von 44 Colli Papier auf dem Straßenweg von Hausmening (Österreich) nach Lissabon (Portugal). Die Klägerin beauftragte die F***** GmbH (mit dem Sitz in Wien) mit dem Transport, welche den Auftrag der F***** S.a.r.l. in Bettembourg (Luxemburg) weitergab; der genaue Inhalt dieser Aufträge konnte nicht festgestellt werden. In dem am 19.7.1990 ausgestellten internationalen Frachtbrief scheint die N***** AG als Absenderin, die F***** S.a.r.l. als Frachtführerin und die S***** LDA (Lissabon) als Empfängerin auf. Absenderin und Frachtführerin haben den Frachtbrief unterschrieben. Die Absenderin hatte eine Transportversicherung über das Ladegut abgeschlossen. Die Erstbeklagte hatte mit der Zweitbeklagten, vertreten durch ihren in Luxemburg niedergelassenen Makler eine Transportversicherung abgeschlossen, der die allgemeinen CMR-Versicherungsbedingungen vom 24.10.1968 der belgischen Vereinigung der Seeversicherer zugrundegelegt wurden. Gemäß Art 11 dieser Bedingungen verjähren alle Klagen auf Entschädigungsleistungen drei Jahre nach dem Ereignis, das Anlaß der Entschädigung war.

Am 20.7.1990 verschuldete der Lenker des im Versicherungsvertrag genannten LKW der Erstbeklagten in Österreich einen Unfall, bei dem das Ladegut beschädigt wurde. Die Transportversicherung der Absenderin zahlte den Schaden und erhob gegen die Klägerin eine Rückgriffsklage. Darin behauptete sie ua, daß die Beförderung zu einem fixen Kostensatz vereinbart worden sei. Die Klägerin verkündete sowohl dem Masseverwalter der inzwischen in Konkurs verfallenen F***** GmbH als auch der Erstbeklagten den Streit. Sie wurde in dem Rechtsstreit schuldig erkannt, der Transportversicherung der Absenderin S 214.340,-- samt 5 % Zinsen seit 6.6.1991 und die Prozeßkosten von S 35.707,36 zu zahlen. Am 15.9.1993 zahlte die Klägerin die aus dem Urteil geschuldeten Beträge und die Prozeßkosten ihres eigenen Anwalts in der Höhe von S 63.750,42. Zuvor hatte die Zweitbeklagte der Klägerin erklärt, daß sie ihr eine (erneute) Verlängerung der Verjährungsfrist bis 20.7.1993 gewähre.

Am 21.7.1994 trat der Masseverwalter im Konkurs der F***** GmbH alle mit dem gegenständlichen Schadensfall in Zusammenhang stehenden Regreßansprüche der Klägerin ab.

Die Klägerin begehrt mit ihrer am 27.7.1994 beim Erstgericht angebrachten Klage von den Beklagten die Zahlung von S 308.256,03 sA. Da sie in dem Frachtbrief als Absenderin angeführt worden sei und die F***** GmbH ihre Ansprüche gegen die Erstbeklagte der Klägerin abgetreten habe, sei sie auch aktiv legitimiert. Die Zweitbeklagte hafte aufgrund des auf den CMR-Haftpflichtversicherungsvertrag anzuwendenden luxemburgischen Rechts solidarisch mit der bei ihr versicherten Erstbeklagten. Nach luxemburgischen Recht könne der Geschädigte unmittelbar Ansprüche gegen den CMR-Versicherer erheben. Der Anspruch werde überdies auf Art 39 CMR gestützt. Die Klägerin sei verpflichtet gewesen, dem Transportversicherer ihres Auftraggebers den Schaden zu ersetzen, weil die Erstbeklagte ihre Verpflichtung aus dem Frachtvertrag verletzt und gemäß Art 17 ff CMR schadenersatzpflichtig geworden sei, wofür die Klägerin gemäß Art 3 CMR hafte. Die Klägerin könne daher bei ihrem Subunternehmer Regreß nehmen, allfällige Regreßansprüche der F***** GmbH habe sie sich vorsichtshalber auch abtreten lassen. Ein Hauptfrachtführer könne auch außerhalb des Anwendungsbereiches der Art 34 bis 39 CMR Regreß bei den nachfolgenden Unterfrachtführern nehmen. Der Rückgriffsanspruch sei nicht verjährt, weil die Verjährungsfrist erst mit der Zahlung bzw mit der Rechtskraft des zur Zahlung verpflichtenden Urteils begonnen habe. Nach dem auf den zwischen beiden Beklagten abgeschlossenen Versicherungsvertrag anwendbarem luxemburgischem Recht verjährten Ansprüche nicht vor dem Zeitpunkt, zu dem der Haftpflichtversicherte aufgrund der jeweils in Betracht kommenden gesetzlichen Vorschriften in Anspruch genommen werden könne.

Gegen die Erstbeklagte erging im vorliegenden Verfahren ein Versäumungsurteil, das rechtskräftig geworden ist.

Die Zweitbeklagte wendete Verjährung ein. Art 39 Abs 4 iVm Art 32 CMR sei gegenüber der Zweitbeklagten nicht anwendbar, weil diese nicht Frachtführerin sei und ein durchgehender Frachtbrief nicht vorliege. Es seien vielmehr die allgemeinen Verjährungsbestimmungen nach dem Recht des Unfallortes maßgebend. Der erst länger als drei Jahre nach dem Schadensereignis eingeklagte Anspruch sei daher verjährt. Die einjährige Verjährungsfrist des Art 32 CMR sei Gegenstand einer umfangreichen Korrespondenz zwischen den Streitteilen gewesen. Die Zweitbeklagte habe der Klägerin die Verjährungsfrist zuletzt bis 20.7.1993, bis zum Ablauf des dritten Jahres nach dem Unfall, verlängert. Von der gerichtlichen Geltendmachung eines Schadenersatzanspruches gegen die Klägerin sei die Zweitbeklagte nicht ordnungsgemäß verständigt worden; sie habe somit keine Gelegenheit gehabt, sich am Verfahren zu beteiligen. Verjährung sei aber auch gemäß Art 11 der anzuwendenden Versicherungsbedingungen gegeben.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren gegen die Zweitbeklagte ab. Eine Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer liege nicht vor. Der Anspruch gegen die Zweitbeklagte sei, selbst wenn man eine Direktklage gegen den Haftpflichtversicherer zuerkenne, in Anbetracht der zwischen den beiden Beklagten gewillkürten Verjährungsfrist einerseits und des Ablaufes des Verjährungsverzichts am 20.7.1993 andererseits verjährt. Für die Hemmung und Unterbrechung der Verjährung sei das Recht des angerufenen Gerichts anzuwenden. Beim Anspruch gegen die Zweitbeklagte handle es sich überdies um einen aus dem Versicherungsvertrag, der die Verjährungsfrist zulässigerweise mit einem Jahr bestimme.

Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts im Sinne der gänzlichen Stattgebung des Klagebegehrens ab. Es sprach aus, daß die ordentliche Revision zulässig sei. Privatversicherungsverträge seien gemäß § 38 Abs 2 IPRG nach dem Recht am Ort jener Niederlassung des Versicherers zu beurteilen, in deren Rahmen der Vertrag abgeschlossen worden sei. "Niederlassung" sei dabei jede mit selbständiger Vertretungs- und Geschäftsführungsbefugnis ausgestattete Unternehmenseinheit. Der Versicherungsvertrag sei mit einem luxemburgischen Makler der Zweitbeklagten abgeschlossen worden, sodaß vom Vorliegen einer luxemburgischen Niederlassung auszugehen sei. Die Anwendung luxemburgischen Rechts auf den Versicherungsvertrag ergebe sich aber auch aus § 45 IPRG, weil der Versicherungsvertrag als Nebenvereinbarung im Rahmen des als Hauptvertrag anzusehenden Frachtvertrags mit der Erstbeklagten anzusehen sei, auf den gemäß § 36 IPRG luxemburgisches Recht anzuwenden sei, soweit es nicht durch die Regelung der CMR verdrängt werde.

Die Ansicht der Zweitbeklagten, die Klägerin verfolge einen außervertraglichen Anspruch, so daß das anzuwendende Recht nach § 48 Abs 1 IPRG zu ermitteln sei, wonach es auf den in Österreich gelegenen Eintritt des Schadensereignisses ankomme, treffe nicht zu. Die Klägerin leite ihren eigenen oder den ihr abgetretenen Anspruch nämlich aus der Verletzung eines Frachtvertrags durch die Erstbeklagte in Verbindung mit dem von dieser abgeschlossenen Haftpflichtversicherungsvertrag ab. Die Rechtsbeziehung zwischen der Klägerin und der Zweitbeklagten bei Geltendmachung der Direktklage folge dem Statut des Versicherungsvertrages jedenfalls soweit, als es um deren Zulässigkeit und die Verjährung gehe. Insoweit als Voraussetzung der Berechtigung des Anspruchs gegen die Zweitbeklagte die Berechtigung des Anspruchs gegen die Erstbeklagte zu prüfen sei, weil die Klägerin ihren Anspruch auf die Abtretung der F***** GmbH stütze, sei allerdings in erster Linie die CMR und ergänzend luxemburgisches Recht anzuwenden. Daß die Direktklage nach luxemburgischem Recht zulässig sei, habe die Zweitbeklagte nicht ausdrücklich bestritten. Die Zweitbeklagte sei offenbar selbst von deren Zulässigkeit ausgegangen, weil sie der Klägerin die geforderte Verlängerung der Verjährungsfrist gewährt habe. Die Zulässigkeit der Direktklage ergebe sich aber auch aus den von der Klägerin vorgelegten luxemburgischen Rechtsunterlagen. Die Klägerin habe auch unbedenklich dargelegt, daß die Klage des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer grundsätzlich binnen desselben Zeitraums verjähre wie die Klage des Geschädigten gegen den Verursacher. Die davon abweichende Regelung im Versicherungsvertrag sei gegenüber dem geschädigten Dritten nicht anzuwenden, müsse aber auch einschränkend in dem Sinn ausgelegt werden, daß sie für Regreßansprüche nicht gelte, weil andernfalls Regreßansprüche verjähren könnten, bevor sie überhaupt entstanden seien.

Auf den Beförderungsvertrag seien in erster Linie die CMR und, soweit im Übereinkommen eine konkrete Regelung fehle, die nationalen Rechte der jeweiligen Länder anzuwenden. Der ursprüngliche Frachtführer sei nicht verpflichtet gewesen, die Beförderung selbst durchzuführen. Er könne die von ihm selbst geschuldete Beförderung einem Unterfrachtführer im eigenen Namen übertragen, der sein Erfüllungsgehilfe sei und auch weitere Frachtführer heranziehen könne. Nach Art 3 CMR (§ 432 Abs 1 HGB) hafte der Hauptfrachtführer für die Ausführung der Beförderung bis zur Ablieferung des Gutes an den Empfänger. Auch Frachtverträge zwischen dem Hauptfrachtführer und einem Unterfrachtführer unterlägen bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen der CMR. Deren Kapitel VI enthalte Bestimmungen über die Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer. Nach Art 34 CMR hafte, wenn eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages sei, von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt werde, jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung; der zweite und jeder folgende Frachtführer werde durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartner des Absenders. Art 34 CMR umfasse auch jene Fälle, in denen der Hauptfrachtführer den gesamten Auftrag einem Unterfrachtführer weitergebe. Für die Anwendung des Art 34 CMR werde nur vorausgesetzt, daß die grenzüberschreitende Beförderung Gegenstand eines einzigen Vertrages gewesen sei und auch ein einziger (durchgehender) Frachtbrief ausgestellt werden, den jeder der unter Umständen aufeinanderfolgenden Frachtführer mit dem Gut annehme und allenfalls weitergebe. Mehrere Unterfrachtführer hafteten den berechtigten Personen gegenüber als Gesamtschuldner. Ein durchgehender Frachtbrief müsse die gesamte Beförderungsstrecke umfassen, vom Absender des Hauptfrachtvertrages oder vom Hauptfrachtführer in dessen Vollmacht ausgestellt und vom Unterfrachtführer mit dem Willen übernommen worden sein, die im Frachtbrief umschriebene Beförderung ganz oder teilweise auszuführen. Im vorliegenden Fall sei zwar ein einziger "durchgehender" Frachtbrief ausgestellt worden. Die Erstbeklagte habe den Frachtbrief aber nicht von der Klägerin als Hauptfrachtführerin übernommen. Sie sei daher nach dem Inhalt des Frachtbriefes nicht einem von der Klägerin abgeschlossenen Frachtvertrag als Gesamtschuldnerin beigetreten. Aber auch ein selbständiger, zwischen der F***** GmbH und der Erstbeklagten abgeschlossener Frachtvertrag unterliege ebenfalls der CMR. Die Erstbeklagte hafte gegenüber der F***** GmbH als Absenderin gemäß Art 17 iVm Art 3 CMR für den von ihr verschuldeten Schaden. Daß die F***** GmbH den Schaden nicht selbst liquidiert habe, schade dabei nicht. Ersatzberechtigt nach Art 17 Abs 1 CMR sei nämlich derjenige, der mit dem Beförderer den Frachtvertrag abgeschlossen habe, auch wenn er selbst nicht der Geschädigte sei. Es schade daher auch nicht, wenn der F***** GmbH nur ein Speditionsauftrag erteilt worden sein sollte. Da der Spediteur die Beförderungsverträge, wenn auch im eigenen Namen so doch auf fremde Rechnung, eingehe, sei er als Interessenvertreter des Auftraggebers auch dann befugt, dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen oder dem Auftraggeber, obwohl er diesem für den Schaden nicht hafte, Schadenersatz zu leisten und sich beim schuldtragenden Frachtführer zu regressieren. Die Verjährungsfrist nach Art 32 Abs 1 CMR betrage ein Jahr. Art 39 Abs 4 CMR bestimme für den Rückgriff im Fall einer Beförderung durch aufeinanderfolgende Frachtführer die Geltung der Bestimmung des Art 32 CMR, jedoch mit der Abweichung, daß die Verjährung erst mit dem Tage des Eintritts der Rechtskraft eines Urteils über die nach den Bestimmungen des Übereinkommens zu zahlende Entschädigung oder, wenn ein solches rechtskräftiges Urteil nicht vorliege, mit dem Tag der tatsächlichen Zahlung beginne. Der Grundsatz des Art 39 Abs 4 CMR gelte aber nicht nur für Frachtverträge, die den Bestimmungen des 6. Kapitels der CMR unterlägen, sondern auch für andere der CMR unterliegende Frachtverträge, sodaß der Anspruch der Klägerin gegen die Erstbeklagte, der innerhalb eines Jahres ab Rechtskraft des die Klägerin zur Schadensliquidierung verpflichtenden Urteils mit Klage geltend gemacht worden sei, nicht verjährt sei.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen von der Zweitbeklagten erhobene Revision ist berechtigt.

Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß die Klägerin keinen vertraglichen Regreßanspruch im Sinne des Art 34 CMR (§ 432 Abs 2 HGB) geltend machen kann. Wird eine Beförderung, die Gegenstand eines einzigen Vertrages ist, von aufeinanderfolgenden Straßenfrachtführern ausgeführt, so haftet jeder von ihnen für die Ausführung der gesamten Beförderung; der zweite und jeder folgende Frachtführer wird durch die Annahme des Gutes und des Frachtbriefes nach Maßgabe der Bedingungen des Frachtbriefes Vertragspartei (Art 34 CMR). Ein Frachtführer, der das Gut von dem vorhergehenden Frachtführer übernimmt, hat seinen Namen und seine Anschrift auf der zweiten Ausfertigung des Frachtbriefes einzutragen (Art 35 CMR). Abweichend von der Regelung des allgemeinen Frachtrechts ist allerdings die Solidarhaftung der Gesamtfrachtführer insofern eingeschränkt, als neben dem ersten (Haupt-)Frachtführer und dem letzten der mehreren Frachtführer nur der vom Verfügungsberechtigten in Anspruch genommen werden kann, in dessen Transportabschnitt das schädigende Ereignis eintrat (Art 36 CMR; Schütz in Straube, HGB2 Rz 1 zu Art 36 CMR). Liegen die Voraussetzungen der Art 34 ff CMR nicht vor, steht weder der Spediteur noch der erste Hauptfrachtführer in unmittelbaren Vertragsbeziehungen mit den nicht von ihnen bestellten Unterfrachtführern. Ein Anspruch der Genannten gegen einen solchen Unterfrachtführer wird daher verneint (EvBl 1963/273; SZ 57/75; Schütz aaO Rz 3 zu § 432 HGB; Csoklich, Zur Anspruchsberechtigung im Straßengüterverkehr, RdW 1997, 188 ff [190]). In SZ 63/211 hat der erste Senat des Obersten Gerichtshofes aus der Entstehungsgeschichte des § 432 Abs 2 HGB, welcher eine dem Art 34 CMR entsprechende Vorschrift enthält allerdings, abgeleitet, daß dem Frachtführer, der Schadenersatz geleistet hat, gegen den schuldtragenden Frachtführer unmittelbare Regreßansprüche auch dann zustehen, wenn dieser nicht dessen Vertragspartner war. Der Gesetzgeber habe anläßlich der Schaffung des § 432 Abs 3 HGB bewußt von der Regelung des bürgerlichen Rechts, wonach im Falle der Aufeinanderfolge einer Reihe von (selbständigen) Erfüllungsgehilfen Regreßansprüche nur jeweils gegen den unmittelbaren Vertragspartner, nicht aber gegen die Vertragspartner der Vertragspartner geltend gemacht werden könnten, abgehen wollen. Daran kann aber seit der Einführung des § 439 a HGB (BGBl 1990/459), der die Anwendung der CMR ua über das Rechtsverhältnis zwischen aufeinanderfolgenden Frachtführern auch auf reine Binnenbeförderungsverträge anordnet, nicht mehr festgehalten werden, weil die Entstehungsgeschichte des § 432 HGB auf Art 34 CMR nicht zutrifft und die Gesamtfrachtführerschaft und die sich daraus ergebenden Rechtsfolgen darin auf das Vorliegen eines durchgehenden Frachtbriefes eingeschränkt sind. Ein Rückgriff auf § 432 HGB ist seither somit nicht möglich (Csoklich aaO 193). Im vorliegenden Fall stehen die Klägerin und die Erstbeklagte (letzte Frachtführerin) in keinem vertraglichen Verhältnis. Ein Regreßanspruch im Sinne der Art 34 ff CMR steht der Klägerin gegen die Erstbeklagte somit nicht zu, wenngleich sie dem Sachversicherer ihres Vertragspartners dessen Schadenersatzanspruch im Regreßweg beglichen hat.

Der nicht mit dem Unterfrachtführer im Vertragsverhältnis stehende erste Frachtführer (Spediteur) kann gegen diesen ohne Abtretung der Rechte dessen Vertragspartners nicht mit Schadenersatzansprüchen vorgehen. Nach der Rechtsprechung (EvBl 1963/273; SZ 57/75; JBl 1997,

532) wird der Spediteur allerdings als Interessenvertreter seines Auftraggebers für berechtigt erachtet, dessen Rechte aus Schäden am Frachtgut dem Frachtführer gegenüber geltend zu machen. In der Entscheidung JBl 1997, 532 hat der erkennende Senat unter Hinweis auf die dort zitierte deutsche Rechtsprechung und Lehre ausgesprochen, daß auch dem Hauptfrachtführer das Recht zuerkannt werden muß, den seinem Auftraggeber erwachsenen Schaden gegenüber dem Unterfrachtführer geltend zu machen, also einen Drittschaden zu verfolgen, solang der Hauptfrachtführer seinem Auftraggeber den Schaden nicht ersetzt hat und mangels eines eigenen Schadens auch nicht Regreß nehmen kann. Der Regreßanspruch setzt nämlich die Zahlung des Regreßberechtigten (SZ 58/6; SZ 58/122; SZ 63/211; WBl 1996, 330) und die Durchsetzbarkeit gegenüber dem Schädiger (Vertragsband zwischen den Regreßparteien) voraus. Mangelt es an den letztgenannten Voraussetzungen für einen Regreßanspruch, dann kann das Klagerecht nur mit dem Recht zur Drittschadensliquidation begründet werden Csoklich (aaO 192) hat zutreffend darauf hingewiesen, daß die Überlegungen in JBl 1997, 532 über das Recht des Hauptfrachtführers zur Drittschadensliquidierung auch auf jeden folgenden Unterfrachtführer anzuwenden sind, weil jeder nachfolgende Unterfrachtführer seinerseits mit späteren Unterfrachtführern einen Frachtvertrag abschließt. In einer Kette aufeinanderfolgender (Unter-)Frachtführer ist daher jeder nachfolgende Unterfrachtführer aus demselben Grund berechtigt, von seinem unmittelbar nachfolgenden Unterfrachtführer Schadenersatz zu verlangen. Dieses Recht zur Schadensliquidierung, das nicht mit dem Regreßanspruch identisch ist, kann daher auch schon vor Zahlung an einen Vormann abgetreten werden. Einen solchen Schadenersatzanspruch gegen die Erstbeklagte hat die F***** GmbH der Klägerin in Wahrheit abgetreten. Damit kann die Klägerin aber nur den sich aus der Drittschadensliquidation ergebenden Anspruch der F***** GmbH gegen die Erstbeklagte geltend machen. Nur solche Ansprüche konnten ihr wirksam abgetreten werden. Anders als der Regreßanspruch entsteht der Schadenersatzanspruch bei der Drittschadensliquidation nicht erst mit der Zahlung, sondern bereits mit dem Eintritt des Schadens beim unmittelbar Geschädigten (Versender oder Empfänger), dessen Rechte auf diesem Wege gewahrt werden.

Auch mit der Rechtsprechung, daß sich die Schutzwirkungen des zwischen Spediteur und Hauptfrachtführer geschlossenen Frachtvertrags nach der Ablieferung des Gutes auf den Empfänger erstreckten, so daß der Empfänger des Ladegutes deshalb auch direkt - und ohne Abtretung von Ansprüchen - den Unterfrachtführer auf Ersatz des durch die Beschädigung des Ladegutes entstandenen Schadens in Anspruch nehmen könne (WBl 1996, 410), kann der Sprungregreß gegen einen weder mit dem Versender, dem Spediteur oder Hauptfrachtführer im Vertragsverhältnis stehenden Unterfrachtführer nicht begründet werden.

Im vorliegenden Fall hat die F***** GmbH (Zedentin) mit dem Sitz in Wien den letzten (Unter-)Frachtvertrag mit der Erstbeklagten, einem Unternehmen mit dem Sitz in Luxemburg geschlossen. Das Recht zur Drittschadensliquidation ergibt sich aber nicht aus diesem - soweit es sich nicht um Ansprüche aus der CMR handelt gemäß § 36 IPRG nach luxemburgischem Recht zu beurteilenden - Frachtvertrag, sondern aus der aus dem ersten Vertrag zwischen Versender und Frachtführer (Spediteur) abzuleitenden Pflicht zur Wahrung der Interessen des Warenversenders, die im Wege der Weitergabe des Transportsauftrags durch die Klägerin an die F***** GmbH an diese übergegangen ist. Das nicht in der CMR geregelte Recht zur Drittschadensliquidation (SZ 57/75) durch die F***** GmbH ist daher nach österreichischem Recht zu beurteilen, weil der Vertrag zwischen der N***** AG (Warenversenderin) und der Klägerin, soweit sich Ansprüche daraus nicht aus der CMR ergeben, gemäß § 36 IPRG österreichischem Recht unterliegt.

Der hier gegen die Erstbeklagte aus der Drittschadensliquidation für die F***** GmbH sich ergebende Schadenersatzanspruch entstand aber bereits mit dem Zeitpunkt, in dem der Schaden beim unmittelbar Geschädigten (der N***** AG) eingetreten ist (vgl Csoklich aaO 195), sodaß der Beginn der Verjährungsfrist - anders als nach der Rechtsprechung zum Regreßanspruch (SZ 58/122 ua) - nach den in Art 32 CMR geregelten Kriterien festzulegen ist. Art 39 Abs 4 CMR ist auf diesen Schadenersatzanspruch ebensowenig anwendbar, wie die bisherige Rechtsprechung zur Verjährung des Regreßanspruchs des Hauptfrachtführers gegen einen mit ihm nicht im Vertragsverhältnis stehenden Unterfrachtführer (s dazu SZ 58/122; 4 Ob 568/95; 6 Ob 538/95). Die Verkürzung der Verjährungsfristen durch Art 32 CMR betrifft alle Ansprüche aus einer der CMR unterliegenden Beförderung, also auch solche, die nicht aus den Bestimmungen der CMR selbst abgeleitet werden (Schütz aaO Rz 1 zu Art 32 CMR). Sie begann im vorliegenden Fall demnach spätestens mit dem Ablauf von drei Monaten nach dem Abschluß des Beförderungsvertrags zu laufen (Art 32 Abs 1 lit c CMR). Da der internationale Frachtbrief am 19.7.1990 ausgestellt wurde, kommt daher als Beginn der Verjährungsfrist spätestens der 19.10.1990 in Frage. Die gesetzliche Verjährungsfrist von einem Jahr wurde durch die Vereinbarung zwischen den Streitteilen zuletzt bis 20.7.1993 verlängert. Im Zeitpunkt der Anbringung der Klage am 27.7.1994 war der Schadenersatzanspruch gegen die Erstbeklagte daher bereits verjährt. Eine Hemmung der Verjährung ist nicht eingetreten. Die in Art 32 CMR als Hemmungsgrund genannte "Reklamation" bezieht sich nur auf solche hinsichtlich des Zustandes oder des Verlustes des Gutes oder der Überschreitung der Lieferfrist (SZ 58/22; Schütz in Straube aaO Rz 8 zu Art 32 CMR). Eine solche liegt in der Streitverkündung im Vorprozeß zwischen dem Haftpflichtversicherer des Versenders und der Klägerin an die Erstbeklagte nicht.

Die Erstbeklagte ist allerdings im vorliegenden Verfahren mit rechtskräftigem Versäumungsurteil zum Schadenersatz an die Klägerin verurteilt worden. Zu beurteilen sind daher die Fragen, ob der Haftpflichtversicherer wegen einer solchen Verurteilung seines Versicherungsnehmers deckungspflichtig ist und dem Geschädigten gegenüber im Fall einer Direktklage nicht den Einwand der Verjährung des Schadenersatzanspruchs gegen den Versicherungsnehmer erheben kann. Der Frachtvertrag zwischen der F***** GmbH und der Erstbeklagten unterliegt gemäß § 36 IPRG luxemburgischem Recht. Der zwischen der Erstbeklagten und der Zweitbeklagten abgeschlossene CMR-Versicherungsvertrag ist als Nebenvereinbarung im Rahmen des als Hauptvertrag anzusehenden Frachtvertrags zu beurteilen, sodaß sich wegen § 45 IPRG die akzessorische Anknüpfung an das Hauptvertragsstatut empfiehlt (Schwimann in Rummel, ABGB2 Rz 4 zu § 38 IPRG). Der Kläger macht im Wege der Drittschadensliquidation das Interesse des Versenders, somit einen vertraglichen Schadenersatzanspruch geltend. Daher ist hier der Anknüpfung nach dem Vertragsstatut gegenüber der nach dem Deliktsstatut (§ 48 IPRG), nach welchem das Recht des Deliktsortes maßgebend wäre, der Vorzug zu geben. Die Frage, ob der Direktanspruch des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer des Schädigers dem Deliktsstatut, dem Versicherungsvertragsstatut oder im Wege einer Sonderanknüpfung dem Sachrecht am Sitz des Haftpflichtversicherers unterliegt (vgl hiezu Schwimann aaO Rz 8 zu § 48 IPRG), ist hier nicht zu prüfen, weil es hier um einen vertraglichen Schadenersatzanspruch geht. Die aufgezeigten Fragen sind demnach nach luxemburgischen Recht zu beurteilen, weil auch das (Versicherungs-)Vertragsstatut des luxemburgischen internationalen Privatrechts entsprechend der zweiten Richtlinie des Rates vom 22.6.1988 zur Koordinierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften für die Direktversicherung (mit Ausnahme der Lebensversicherung) und zur Erleichterung der tatsächlichen Ausübung des freien Dienstleistungsverkehrs sowie zur Änderung der Richtlinie 73/239/EWG (ABl vom 4.7.1988, NrL 172/1) für die Nichtlebensversicherung mangels Rechtswahl an das Recht jenes Mitgliedsstaates anknüpft, in dem der Versicherungsnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort oder seine Hauptniederlassung hat und das Risiko gelegen ist, oder jenes Mitgliedstaates, zu dem der Vertrag in der engsten Beziehung steht, wobei vermutet wird, daß der Vertrag die engsten Beziehungen zu einem Mitgliedsstaat aufweist, in dem das Risiko belegen ist. Sitz der Erstbeklagten und die Belegenheit der in ihrem Eigentum stehenden Fahrzeuge ist in Luxemburg. Das luxemburgische Recht nimmt somit keine Rück- oder Weiterverweisung vor.

Nach den von der Klägerin vorgelegten Rechtsunterlagen verjährt auch nach luxemburgischen Recht die Klage des Geschädigten gegen den Haftpflichtversicherer grundsätzlich binnen desselben Zeitraums wie die Klage des Geschädigten gegen den Verursacher; die Verurteilung des Transportunternehmers bedeutet für den Versicherer aber den Eintritt eines gedeckten Versicherungsfalles, der dem Versicherer somit zur Gänze entgegengehalten werden kann. Daraus ergibt sich aber noch nichts für die hier zu lösenden Fragen, ob der Versicherer, gegen den die Klage - ebenso wie gegen seinen Versicherungsnehmer - verspätet erhoben wurde, den Einwand der Verjährung erheben kann, wenn der Versicherungsnehmer im selben Prozeß mit Versäumungsurteil zur Zahlung verurteilt wurde, demnach selbst den (möglichen) Einwand der Verjährung nicht erhoben hat, worauf der Versicherer keinen Einfluß nehmen konnte.

Die Mitwirkungspflicht der Parteien und das allfällige Erfordernis, ein Sachverständigengutachten einzuholen (§ 4 IPRG) führt daher zur Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen und zur Zurückverweisung der Rechtssache an das Erstgericht zur Ermittlung des luxemburgischen Rechts zu den bezeichneten Fragen (SZ 34/134; JBl 1980, 600; JBl 1990, 792 ua).

Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

Stichworte