Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Gemäß § 390 a StPO fallen der Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil, das auch einen in Rechtskraft erwachsenen Freispruch des Mitangeklagten Robert K***** enthält, wurde Agnieszka M***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Danach hat sie in der Zeit von Anfang Dezember bis 7.Dezember 1996 in mehrfachen Angriffen gewerbsmäßig fremde bewegliche Sachen Verfügungsberechtigten nachgenannter Geschäfte mit unrechtmäßigem Bereicherungsvorsatz weggenommen, nämlich
der Firma G***** eine Ledergeldbörse und eine Damenstrumpfhose im Wert von 878 S, zwei schwarze Damenlederjacken im Wert von je 5.798 S sowie Parfum im nicht mehr feststellbaren Wert,
der Firma P***** sieben Weihnachtskarten im Wert von 293,90,
der Firma F***** fünf Kindermodeartikel im Wert von zusammen 1.345,90 S und
der Firma Q***** Kinderspielzeug "Duplo" in nicht mehr feststellbarem Wert.
Rechtliche Beurteilung
Das Schöffengericht verhängte über die Angeklagte nach § 130 erster Fall StGB eine Freiheitsstrafe von acht Monaten, wobei es gemäß § 43 a Abs 3 StGB einen Teil der Strafe von sechs Monaten unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachsah. Bei der Strafbemessung wertete es als erschwerend die einschlägige Vorstrafe und die mehrfachen Angriffe, als mildernd das reumütige Geständnis und die teilweise Schadensgutmachung durch Sicherstellung.
Dieses Urteil bekämpft die Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf die Z 5 a, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO gestützt wird; den Strafausspruch ficht sie mit Berufung an.
In der Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht die Beschwerdeführerin mit der Behauptung der uneingeschränkten Glaubwürdigkeit ihrer Aussagen vor der Polizei und dem Untersuchungsrichter darzulegen, sie hätte beim Diebstahl von zwei Damenlederjacken im Wert von je 5.798 S sowie Parfum in nicht mehr feststellbarem Wert Gewerbsmäßigkeit deshalb nicht zu verantworten, weil sie in Ansehung dieser Fakten vom Zweitangeklagten angestiftet worden sei, ohne daß ihre Absicht darauf gerichtet gewesen wäre, sich daraus durch wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.
Solcherart versucht sie jedoch lediglich, auf der Basis dieser Depositionen die Beweiswürdigung des Schöffengerichtes auf eine auch im Rahmen der Tatsachenrüge nicht zulässige Weise (NRsp 1994/176; Mayerhofer StPO4 § 281 Z 5 a E 3, 4) in Zweifel zu ziehen, vermag allerdings keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen zu erwecken. Das Schöffengericht hat in einer ausführlichen und kritischen Gesamtschau aller maßgebenden Verfahrensergebnisse - einschließlich der zitierten Beweismittel - sowie unter Verwertung des persönlich gewonnenen Eindrucks nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) die objektiven und subjektiven Tatbestandselemente des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls festgestellt und auch aktenkonform ausreichend (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) - in Übereinstimmung mit den Denkgesetzen - plausibel begründet, warum es im Gegensatz zur Argumentation der Nichtigkeitswerberin von einer Bestimmungstäterschaft des Mitangeklagten K***** nicht ausgegangen ist (US 8, 9, 10).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) wendet sich gegen die konstatierte Gewerbsmäßigkeit der Diebstähle. Die Ausführungen zu diesem Nichtigkeitsgrund gelangen jedoch nicht zur prozeßordnungsgemäßen Darstellung, weil sie nicht, was stets Voraussetzung für die gesetzmäßige Ausführung eines materiellen Nichtigkeitsgrundes ist, an den die Grundlage des Schuldspruches bildenden tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils festhalten und mit dem darauf angewendeten Strafgesetz vergleichen und auf dieser Basis einen Rechtsfehler darzulegen suchen (Mayerhofer StPO4 § 281 Z 10 E 9 mwN). Die Beschwerdeführerin übergeht nämlich bei der - auf die Annahme der Unterschreitung der Bagatellgrenze abzielenden - Wiedergabe der Auflistung der vom Erstgericht als gestohlen festgestellte Gegenstände samt Wert (US 3) die Wegnahme (auch) zweier Damenlederjacken im Wert von je 5.798 S - somit in einem den Bagatellbereich weit übersteigenden Wert - sowie von Parfum (in nicht mehr feststellbarem Wert) und entfernt sich insoweit vom festgestellten Urteilssachverhalt (US 3, 7).
In Relevierung des Nichtigkeitsgrundes der Z 11, zweiter Fall, behauptet die Angeklagte eine offenbar unrichtige Beurteilung entscheidender Tatsachen für die Strafbemessung; das Erstgericht habe gegen das Doppelverwertungsverbot dadurch verstoßen, daß es die Begehung der strafbaren Handlungen in mehrfachen Angriffen "insbesondere im Hinblick darauf, daß diese beinahe allesamt unter die Bagatellgrenze fallen" als erschwerend gewertet habe; die Wiederholung strafbarer Handlungen sei bei gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht gesondert als Erschwerungsgrund zu werten, weil sie in dieser Qualifikation aufgehe.
Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor.
Das in der Beschwerde angeführte Judikaturzitat SSt 46/52 betrifft das (mehrfach veröffentlichte) Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26. September 1975, AZ 11 Os 83/75. In dieser, relativ kurz nach dem Inkrafttreten des StGB ergangenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, die Wiederholung der Betrugshandlungen sei angesichts der gewerbsmäßigen Begehung der Tat nicht überdies als gesonderter Erschwerungsgrund zu werten, vielmehr gehe die Wiederholung in der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung, die nach dem Wortlaut des § 70 StGB Wiederholungsabsicht voraussetze, auf. Daß in Ausnahmefällen auch eine einzige Tat zur Annahme der gewerbsmäßigen Begehung ausreichen könne, stehe dem nicht entgegen, zumal sich dann diese Einzeltat als die Quelle fortlaufender Einnahmen darstellen müsse und darum wiederum der Wiederholungskomponente, auf die das Gesetz ausdrücklich abstelle, entspreche. Allerdings könne die große Anzahl der vom Angeklagten verübten Taten bei der Beurteilung des Schuldgehaltes als Grundlage für die Bemessung der Strafe nicht völlig außer Betracht gelassen werden.
Die letztangeführte Erwägung fand bloß in den Leitsätzen der Veröffentlichungen keinen Niederschlag.
In der Folge wurde in der Entscheidung 10 Os 54/83 (= LSK 1983/120) bereits ausgeführt, daß die tatsächliche vielfache Wiederholung eines Diebstahls, möge sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, keineswegs zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation gehöre und daher auch bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens nicht außer Betracht bleiben könne.
In der Entscheidung 12 Os 135/88 (= EvBl 1989/53) hat der Oberste Gerichtshof zwar wieder unter Hinweis auf SSt 46/52 ausgesprochen, daß einem gewerbsmäßig handelnden Straftäter, der die Tat mehrmals wiederholt hat, der besondere Erschwerungsgrund der Wiederholung der Taten (§ 33 Z 1 StGB) nicht anzulasten sei, und ebenfalls die Rechtsansicht vertreten, daß die Wiederholung der strafbaren Handlungen nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen gewerbsmäßiger Tatbegehung gehört; sie sei jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen, weshalb die Bewertung der Wiederholung betrügerischer Angriffe als erschwerend trotz Annahme gewerbsmäßiger Begehung des schweren Betruges keine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StGB bewirke, weil lediglich eine irrige Einordnung eines nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung relevanten Umstandes als besonderer Strafzumessungsgrund vorliege.
Die jüngere und jüngste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 12 Os 9/89, 11 Os 113,114/93, 15 Os 16/95, 12 Os 54/95, 15 Os 119/95 und 15 Os 64/96) vertritt nunmehr - ausgehend davon, daß eine Tatwiederholung, mag sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation gehört (Leukauf/Steininger Komm3 § 70 RN 6) und daher bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens nicht außer Betracht bleiben kann - einhellig den Standpunkt, daß die Wiederholung strafbarer Handlungen auch bei gewerbsmäßiger Tatbegehung einen Erschwerungsgrund darstellen kann und demnach kein Verstoß gegen das Doppelverwertungsverbot darstellt. Allerdings mag das Gewicht dieses Erschwerungsgrundes je nach Fallgestaltung als gering anzusetzen sein.
Im gegenständlichen Strafverfahren liegen der Angeklagten zumindest vier Angriffe gegen das Rechtsgut des Vermögens zur Last. Die Annahme der Gewerbsmäßigkeit haben die Tatrichter mit dem Verhalten der Täterin vor der Tat und zur Tatzeit sowie aus ihrer schlechten Vermögens- und Einkommenssituation im Zusammenhang mit dem Umstand erschlossen, daß die elterliche Unterstützung nicht ausreicht und sie für sich und das Kind sorgen mußte, sodaß sie die gestohlenen Waren hauptsächlich für sich und für ihr Kind verwenden wollte, begründet. Nur dann, wenn die Anzahl der Angriffe als einzige Begründung für die genannte Qualifikation herangezogen worden wäre, könnte allenfalls die Anführung der Tatwiederholung als Erschwerungsgrund gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen, weil Erschwerungsgründe, die schon die Strafdrohung bestimmen, grundsätzlich nicht neuerlich zu berücksichtigen sind (Foregger/Serini StGB5 S 120). Weil im vorliegenden Fall aber die Tatrichter die gegenständliche Qualifikation nicht ausschließlich mit dem mehrfachen Angriff auf fremdes Vermögen begründet haben, wurde dieser Umstand zu Recht als Erschwerungsgrund nach § 33 Z 1 StGB gewertet, ohne daß damit gegen § 33 Abs 2 erster Satz StGB verstoßen wurde.
Dem weiteren Einwand, die strafbaren Handlungen fielen "beinahe allesamt" unter die Bagatellgrenze, sodaß auch aus diesem Grund bei Annahme der Gewerbsmäßigkeit "im Sinn des § 70 StGB" gegen das Doppelverwertungsverbot des § 32 Abs 2 StGB verstoßen worden sei, genügt die Erwiderung, daß die Beschwerdeführerin - wie bereits zur Subsumtionsrüge ausgeführt - insoferne prozeßordnungswidrig den Boden der Urteilsfeststellungen verläßt.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.
Über die Berufung wird der hiefür gemäß § 285 i StPO zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)