OGH 15Os64/96

OGH15Os64/969.5.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 9. Mai 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kuch, Dr. Schindler, Dr. Rouschal und Dr. Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Waldner als Schriftführer, in der Strafsache gegen Klaus K***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 129 Z 1, Z 2 und 3, 130 zweiter Fall, 12 und 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Klaus K***** gegen das Urteil des Landesgerichtes Innsbruck als Schöffengericht vom 13. Februar 1996, GZ 28 Vr 3387/95-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten Klaus K***** auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil, das auch andere Entscheidungen enthält, wurde Klaus K***** des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 129 Z 1, Z 2 und Z 3, 130 zweiter Fall, 12 und 15 StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er im Zeitraum Jänner bis Juni 1995 anderen fremde bewegliche Sachen in einem 25.000 S, nicht jedoch 500.000 S übersteigenden Wert, nämlich Bargeldbeträge und Gegenstände im Gesamtwert von rund 37.000 S mit dem Vorsatz, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen,

teils im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit seiner Gattin Michaela als Mittäter (Faktengruppe A)

durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen von Behältnissen in der Religionsausübung dienenden Räumen in siebzehn Angriffen weggenommen und in drei Angriffen wegzunehmen versucht (I 1 und 2),

durch Einbruch, nämlich durch Einbrechen in Gebäude in vierzehn Angriffen weggenommen und in zwölf Angriffen wegzunehmen versucht (II 1 und 2),

durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen von Sperrvorrichtungen in zwei Angriffen weggenommen (III a und b),

durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen eines Behältnisses in einem Angriff weggenommen (IV),

in der Religionsausübung dienenden Räumen in sechs Angriffen weggenommen (V),

in einem Angriff weggenommen und in einem Angriff wegzunehmen versucht (VI) sowie

teils als Alleintäter

durch Einbruch, nämlich durch Aufbrechen von Behältnissen in drei Angriffen weggenommen (B a bis c).

Das Schöffengericht verhängte über diesen Angeklagten nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB eine Freiheitsstrafe von fünfzehn Monaten; es wertete bei der Strafbemessung als erschwerend die Vielzahl der einzelnen Fakten und das Vorliegen der mehrfachen Qualifikation sowie eine einschlägige Vorstrafe, die zur Zeit der Tatbegehung noch nicht tilgbar war, als mildernd hingegen das volle und reumütige Geständnis, daß die Taten teilweise beim Versuch geblieben sind sowie die teilweise Schadensgutmachung.

Rechtliche Beurteilung

Dieses Urteil bekämpft der Angeklagte mit Nichtigkeitsbeschwerde, die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützt wird; den Strafausspruch ficht er mit Berufung an.

In Relevierung des Nichtigkeitsgrundes der Z 11, zweiter Fall behauptet der Angeklagte eine offenbar unrichtige Beurteilung entscheidender Tatsachen für die Strafbemessung, weil das Erstgericht gegen das Doppelverwertungsverbot dadurch verstoßen habe, daß es die "Vielzahl der einzelnen Fakten" und das Vorliegen der mehrfachen Qualifikation als erschwerend gewertet habe; die Wiederholung strafbarer Handlungen sei bei gewerbsmäßiger Tatbegehung nicht gesondert als Erschwerungsgrund zu werten, weil sie in dieser Qualifikation aufgehe und das Vorliegen der mehrfachen Qualifikationen sei bereits im Schuldspruch wegen des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßig schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 2 und Z 4, 129 Z 1, Z 2 und Z 3, 130 zweiter Fall; 12 und 15 StGB konsumiert.

Die behauptete Nichtigkeit liegt nicht vor.

Die in der Beschwerde angeführten Judikaturzitate SSt 46/52, EvBl 1976/122 und LSK 1975/21 betreffen eine einzige (mehrfach veröffentlichte) Entscheidung, nämlich das Urteil des Obersten Gerichtshofes vom 26. September 1975, AZ 11 Os 83/75. In dieser, relativ kurz nach dem Inkrafttreten des StGB ergangenen Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof ausgeführt, die Wiederholung der Betrugshandlungen sei angesichts der gewerbsmäßigen Begehung der Tat nicht überdies als gesonderter Erschwerungsgrund zu werten, vielmehr gehe die Wiederholung in der Qualifikation der gewerbsmäßigen Begehung, die nach dem Wortlaut des § 70 StGB Wiederholungsabsicht voraussetze, auf. Daß in Ausnahmefällen auch eine einzige Tat zur Annahme der gewerbsmäßigen Begehung ausreichen könne, stehe dem nicht entgegen, zumal sich dann diese Einzeltat als die Quelle fortlaufender Einnahmen darstellen müsse und darum wiederum der Wiederholungskomponente, auf die das Gesetz ausdrücklich abstelle, entspreche. Allerdings könne die große Anzahl der vom Angeklagten verübten Taten bei der Beurteilung des Schuldgehaltes als Grundlage für die Bemessung der Strafe nicht völlig außer Betracht gelassen werden.

Die letztangeführte Erwägung fand bloß in den Leitsätzen der Veröffentlichung keinen Niederschlag.

In der Folge wurde in der Entscheidung 10 Os 54/83 (= LSK 1983/120) bereits ausgeführt, daß die tatsächliche vielfache Wiederholung eines Diebstahls, möge sie auch bei gewerbsmäßig handelnden Tätern die Regel sein, keineswegs zu den begrifflichen Voraussetzungen dieser Qualifikation gehöre und daher auch bei der Gewichtung der Strafzumessungsgründe innerhalb des aktuellen Strafrahmens nicht außer Betracht bleiben könne.

In der Entscheidung 12 Os 135/88 (= EvBl 1989/53) hat der Oberste Gerichtshof zwar wieder unter Hinweis auf SSt 46/52 ausgesprochen, daß einem gewerbsmäßige handelnden Straftäter, der die Tat mehrmals wiederholt hat, der besondere Erschwerungsgrund der Wiederholung der Taten (§ 33 Z 1 StGB) nicht anzulasten sei, und ebenfalls die Rechtsansicht vertreten, daß die Wiederholung der strafbaren Handlungen nicht zu den begrifflichen Voraussetzungen gewerbsmäßiger Tatbegehung gehört; sie sei jedoch nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung entsprechend zu berücksichtigen, weshalb die Bewertung der Wiederholung betrügerischer Angriffe als erschwerend trotz Annahme gewerbsmäßiger Begehung des schweren Betruges keine Urteilsnichtigkeit gemäß § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StGB bewirke, weil lediglich eine irrige Einordnung eines nach den allgemeinen Grundsätzen für die Strafbemessung relevanten Umstandes als besonderer Strafzumessungsgrund vorliege.

Die jüngere und jüngste Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (vgl 12 Os 9/89, 11 Os 113,114/93, 15 Os 16/95, 12 Os 54/95 und 15 Os 119/95) vertritt nunmehr einhellig den Standpunkt, daß die Wiederholung strafbarer Handlungen auch bei gewerbsmäßiger Tatbegehung einen Erschwerungsgrund darstellen könne.

Dieser Ansicht schließt sich auch der Senat im vorliegenden Fall an. Wie in den zuletzt angeführten Entscheidungen des Obersten Gerichtshofes ausgeführt kann Gewerbsmäßigkeit bereits bei einmaliger Tatbegehung vorliegen, wenn nur der Täter diese Tat in der Absicht begeht, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, mag auch die mehrmalige Wiederholung strafbarer Handlungen gegen fremdes Vermögen in der Regel ein Indiz dafür sein, daß der Täter mit derartiger Absicht gehandelt hat.

Im gegenständlichen Strafverfahren liegen dem Angeklagten insgesamt sechzig Angriffe gegen das Rechtsgut des Vermögens zur Last. Die Annahme von Gewerbsmäßigkeit haben die Tatrichter mit dem Geständnis des Angeklagten in der Hauptverhandlung und jenem der Mittäterin vor der Gendarmerie, mit dem äußeren Tatgeschehen, nämlich der (teilweisen) Verwendung eines Mopeds mit Anhänger zum Abtransport der Beute und der Vielzahl der Einzelfakten begründet. Nur dann, wenn die Anzahl der Angriffe als einzige Begründung für die genannte Qualifikation herangezogen worden wäre, könnte allenfalls die Anführung der Tatwiederholung als Erschwerungsgrund gegen das Doppelverwertungsverbot verstoßen, weil Erschwerungsgründe, die schon die Strafdrohung bestimmen, grundsätzlich nicht neuerlich zu berücksichtigen sind (Foregger/Serini StGB5 S 120). Weil im vorliegenden Fall aber die Tatrichter die gegenständliche Qualifikation nicht ausschließlich mit dem sechzigfachen Angriff auf fremdes Vermögen begründet haben, wurde die "Vielzahl der einzelnen Fakten" zu Recht als Erschwerungsgrund nach § 33 Z 1 StGB gewertet, ohne daß damit gegen § 33 Abs 2 erster Satz StGB verstoßen wurde.

Mit dem zweiten Einwand verkennt der Angeklagte das Wesen des in § 32 Abs 2 erster Satz StGB normierten Doppelverwertungsverbotes, das beinhaltet, daß Erschwerungs- und Milderungsgründe, die schon die Strafdrohung bestimmen, grundsätzlich bei der Strafbemessung nicht zu berücksichtigen sind.

Vorliegend wurde die Strafe nach dem höheren Strafsatz des § 130 StGB (Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren) ausgemessen; darnach ist zu bestrafen, war einen schweren Diebstahl (§ 128) oder einen Diebstahl durch Einbruch mit Waffen (§ 129) in der Absicht begeht, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen. Der Angeklagte K***** hat die Qualifikationen des schweren Diebstahls gemäß § 128 Abs 1 Z 2 und Z 4 StGB sowie des Diebstahls durch Einbruch nach § 129 Z 1, Z 2 und Z 3 StGB zu verantworten. Er hat demnach insgesamt fünf Qualifikationen zu vertreten, die jede für sich wegen der gewerbsmäßigen Tatbegehung die Strafdrohung des höheren Strafsatzes des § 130 StGB zu begründen geeignet ist. Demnach haben die Tatrichter völlig zu Recht "die mehrfache Qualifikation", gemeint damit die mehrfache Eignung der Tathandlungen zur Anwendung dieses Strafsatzes, als Erschwerungsgrund gewertet, der in seinem Gewicht den in § 33 StGB angeführten Umständen gleichkommt (Mayerhofer/Rieder StGB4 § 32 E 23).

Da sonach der behauptete Nichtigkeitsgrund nicht gegeben ist, war die offenbar unbegründete Nichtigkeitsbeschwerde gemäß § 285 d Abs 1 Z 2 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung fällt demnach in die Kompetenz des Gerichtshofes zweiter Instanz (§ 285 i StPO).

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