Spruch:
Die außerordentlichen Revisionen der klagenden und der erstbeklagten Parteien werden gemäß § 508 a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Der Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den berufungsgerichtlichen Aufhebungsbeschluß wird als unzulässig zurückgewiesen.
Text
Begründung
Rechtliche Beurteilung
Zum Rekurs der erstbeklagten Partei gegen den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes:
Nach ständiger Rechtsprechung ist der Rekurs an den Obersten Gerichtshof gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO gegen berufungsgerichtliche Beschlüsse, soweit dadurch das erstgerichtliche Urteil aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen wird, nur zulässig, wenn das Berufungsgericht dies ausgesprochen hat; andernfalls ist weder ein ordentlicher noch ein außerordentlicher Rekurs hiegegen zulässig (RZ 1989/89 und 1992/18 [mit Hinweisen auf die Materialien]; 1 Ob 44,45/91 mwN). Einen derartigen Ausspruch hat das Berufungsgericht in dieser Rechtssache jedoch nicht gefaßt. Es ist dem Obersten Gerichtshof daher verwehrt, inhaltlich auf den Rekurs einzugehen.
Zur Revision der erstbeklagten Partei:
1.) Auch wenn nach der auch von der Revisionswerberin zitierten, mehrfach veröffentlichten (SZ 58/4 = EvBl 1986/110 = JBl 1986, 452 = KRSlg 698) Grundsatzentscheidung 1 Ob 661/85 Besucher oder (wie hier) Begleiter eines Patienten von der Krankenanstalt nicht aus dem mit diesem abgeschlossenen Behandlungsvertrag zu schützen sind (so JBl 1985, 293 = KRSlg 689 und 6 Ob 584/88) - ausgenommen, der Besucher besorgte eine für den Kranken notwendige oder zweckmäßige Betreuungsmaßnahme, die sonst das Krankenhauspersonal vornehmen mußte und die Schädigung erfolgt hiebei -, so ergibt sich doch die Haftung der erstbeklagten Partei bereits aus den allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Danach ist jeder Eigentümer eines Hauses und damit auch der verantwortliche Rechtsträger eines Krankenhauses verpflichtet, alle Gänge, Treppen und Teile desselben, die zu dessen ordnungsgemäßer Benützung erforderlich und einem größeren, mit den Besonderheiten des Hauses weniger vertrauten Kreis von Personen zugänglich sind, in einem verkehrssicheren und gefahrlosen Zustand zu erhalten (MGA ABGB34 E 330 zu § 1295; EvBl 1974/248 [Inhaber einer Kuranstalt]). Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen war eindeutig unfallkausale Nachlässigkeit der Pflicht des Reinigungspersonals, für eine während des gesamten Ambulanzbetriebes gefahrlose Benützung der im Ambulanztrakt gelegenen Gänge zu sorgen, Ursache für das Sturzgeschehen. Weder hatte sich nämlich die mit diesen Arbeiten betraute Bedienstete davon überzeugt, ob sich im Warteraum noch Personen aufhalten, noch wurden Absperrungen oder Hinweisschilder aufgestellt, damit Passanten den frisch mit Wasser und Spülmittel aufgewischten Gangbereich entweder meiden oder zumindest nur mit besonderer Vorsicht betreten. Wer aber eine (solche) Gefahrenquelle schafft, muß auch die notwendigen Vorkehrungen treffen, um eine Schädigung nach Tunlichkeit abzuwenden (MGA ABGB34 E 377 zu § 1295 mwN). Damit wurde aber die Haftung der erstbeklagten Partei zu Recht bejaht. Weder auf die in der Revision untersuchte Rechtsnatur des Behandlungsvertrages noch die versuchte Analogie zu Nebenleistungen aus einem Mietvertrag kommt es an. Der zum Schadenseintritt führende Vorfall ist nach dem Vorgesagten aber auch kein - offenbar dem § 1311 erster Satz ABGB zu unterstellender - "unglücklicher Zufall", den "derjenige, bei dem sich der Schaden ereignet" (also der Kläger) zu tragen hat. Die Entscheidungen MietSlg 31.243 und 35.254 betreffen jeweils anders gelagerte Sachverhalte. Von einer Überspannung oder gar "Überzogenheit" der Anforderungen der Verkehrssicherungspflichten kann in der gegebenen Situation ("Gefahr des offenen Hauses" einer öffentlichen Krankenanstalt) keine Rede sein.
2.) Auch die unter Hinweis auf Fasching IV 302 monierte Nichtigkeit (nach § 503 Z 1 ZPO) liegt nicht vor. Eine solche wäre nämlich (wie sich den Ausführungen des genannten Autors aaO entnehmen läßt) nur gegeben, wenn das Berufungsgericht durch Überschreitung von Berufungsanträgen in das Gebot der Wahrung der Teilrechtskraft eingegriffen hätte. Dies ist jedoch nicht geschehen, da das Ersturteil - im hier strittigen Umfang - sowohl vom Kläger als auch von der erstbeklagten Partei bekämpft worden war und der Kläger selbst sein noch in erster Instanz mit S 350.000 beziffertes Schmerzengeld in der Berufung nur mehr mit seiner Meinung nach angemessenen S 275.000 aufrecht erhielt, sodaß der vom Berufungsgericht im ersten Absatz seines abändernden Tenors mit S 75.000 als rechtskräftig abgewiesen deklarierte Teil des Leistungsbegehrens auch rechnerisch richtig ist. Tatsächlich meint die Revisionswerberin - wie durch die inhaltliche Verweisung zu diesem Revisionsgrund auf die Ausführungen ihres (unzulässigen) Rekurses hervorgeht - damit nur die nach ihrer Ansicht nicht vom klägerischen Vorbringen gedeckte und vom Berufungsgericht im Rahmen der Verfahrensergänzung beauftragte Haftungserweiterung auch auf Untersuchungs- und Behandlungsfehler am 29.11.1989 durch den Oberarzt Dr.Günther G*****. Sie übersieht und übergeht hiebei jedoch, daß der Kläger bereits in seinem vorbereitenden Schriftsatz ON 4 (vorletzte Seite = AS 41) ausdrücklich nicht bloß ein Verschulden des zweitbeklagten Primars, sondern generell "der behandelnden Ärzte des Krankenhauses G*****, die ... die erstbeklagte Partei als Rechtsträger zu vertreten hat", vorgebracht hat. Damit ist aber der nunmehr vom Berufungsgericht für erforderlich erachtete und hinsichtlich seiner Notwendigkeit vom Obersten Gerichtshof nicht weiter überprüfbare (MGA ZPO14 E 49 zu § 519; Kodek in Rechberger, ZPO Rz 5 zu § 519) Ergänzungsauftrag nicht mit einer Nichtigkeit behaftet.
3.) Auch die als Verfahrensmangel nach § 503 Z 2 ZPO gerügte unvollständige Erledigung des Klagebegehrens liegt nicht vor, hat doch das Berufungsgericht in Punkt 3. seines Teilurteils ausdrücklich das von der Revisionswerberin vermißte Mehrbegehren des Feststellungsbegehrens abgewiesen. Da in Punkt 2. des Spruches die Haftung im Umfang von 50 % ausgesprochen wurde, ist ausreichend klargestellt, daß auch das nicht zu Recht bestehende Mehrbegehren nur 50 % betragen kann (so auch ausdrücklich in S 27 oben = AS 399 der Entscheidungsgründe zum Berufungsurteil).
Zur Revision des Klägers:
1.) Zur auch in diesem Rechtsmittel relevierten Haftung der erstbeklagten Partei kann zur Vermeidung von Wiederholungen auf die obigen Ausführungen zu deren Revision verwiesen werden.
2.) Soweit behauptet wird, daß ihn keinerlei Mitverschulden treffe und die erstbeklagte Partei daher zu 100 % für seine Schäden einzustehen habe, wird keine besondere Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Nach den maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen hatte der Kläger - der anders etwa als frisch versorgte oder sonst behinderte Patienten als körperlich gesunde Begleitperson ins Krankenhaus gekommen war - beim Verlassen der Ambulanzkanzlei und Betreten des zwischenzeitlich frisch gewischten Ganges "auf den noch sichtbar feuchten Boden" nicht geachtet und auch die dort immer noch mit dem Wischen beschäftigte Reinigungskraft nicht bemerkt. "Vor die Füße zu schauen" ist aber grundsätzlich von jedem Fußgänger zu verlangen (vgl ZVR 1987/82, 1990/85, 7 Ob 589/89). Die Gewichtung dieser "Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern" (MGA ABGB34 E 3 zu § 1304; Reischauer in Rummel, ABGB II2, Rz 1 zu § 1304) ist aber in der Regel eine solche des Einzelfalles und keine solche von grundsätzlicher Bedeutung (ZVR 1986/11; Petrasch in ÖJZ 1983, 177). Die Kürzung betrifft im übrigen auch nur den auf das Sturzgeschehen vom 21.11.1989 entfallenden Schmerzengeldanteil, nicht jenen, der aus den im zweiten Rechtsgang noch näher aufzuklärenden und allenfalls der Erstbeklagten zuzurechnenden ärztlichen Behandlungsfehlern bzw -verzögerungen resultiert.
3.) Auch die Höhe des angemessenen Schmerzengeldes ist eine Frage des Einzelfalles, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu begründen vermag (8 Ob 607/93; Petrasch aaO). Nur bei einer eklatanten Fehlbemessung, die völlig aus dem Rahmen der ständigen oberstgerichtlichen Rechtsprechung fiele, wäre eine solche aus Gründen der Einzelfallgerechtigkeit zulässig und berechtigt. Davon kann jedoch nach den von den Vorinstanzen festgestellten Verletzungen samt Heilungsverlauf des Klägers keine Rede sein. Bei einem allenfalls zusätzlichen, gegenüber dem nunmehrigen Teilurteil im zweiten Rechtsgang erhöhten Leistungszuspruch wird allerdings zu berücksichtigen sein, daß von dem bereits global bemessenen Gesamtschmerzengeld von S 120.000 zu ermitteln sein wird, welcher Teil desselben auf den (mitverschuldensmäßig zu halbierenden) eigentlichen Sturzvorgang und welcher Teil (im Rahmen einer der erstbeklagten Partei allenfalls haftungsmäßig zuzuordnenden und nicht mitverschuldensmäßig zu kürzenden Fehlbehandlung) diesem weiteren Haftungsgrund zuzuordnen ist, um so zur endgültig ziffernmäßigen Bemessung (im Rahmen des noch strittigen Aufhebungsbetrages von S 45.000) gelangen zu können.
Beide außerordentliche Revisionen erweisen sich damit mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO als unzulässig.
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