OGH 15Os129/95

OGH15Os129/9511.1.1996

Der Oberste Gerichtshof hat am 11.Jänner 1996 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Reisenleitner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Kuch, Mag.Strieder, Dr.Rouschal und Dr.Schmucker als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag.Riedl als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Alfred K***** wegen des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 9.Februar 1995, GZ 6 b Vr 13125/93-122, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugemittelt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alfred K***** des Verbrechens nach § 12 Abs 1, Abs 2 und Abs 3 Z 3 SGG schuldig erkannt.

Darnach hat er den bestehenden Vorschriften zuwider Suchtgifte, deren Menge zumindest das Fünfundzwanzigfache der im § 12 Abs 1 SGG angeführten Menge ausmachte, nämlich rund 900 kg Kokain, aus- und eingeführt sowie in Verkehr gesetzt, indem er als Mitglied einer Bande gewerbsmäßig aus Panama auf dem Seeweg Kokain nach Italien einführte und in Europa in Verkehr setzte, und zwar

1. im August 1991 rund 300 kg,

2. im Mai 1992 rund 300 kg und

3. im Jänner 1993 rund 300 kg.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch richtet sich die auf die Z 3, 4, 5 und 5 a des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde; indes zu Unrecht.

Der Beschwerdeführer behauptet unter Berufung auf die Z 3 des § 281 Abs 1 StPO durch die Verlesung des Gutachtens des medizinischen Sachverständigen Dr.Carl St***** in der Hauptverhandlung vom 9. Februar 1995 (503/V) eine Verletzung der Bestimmung des § 252 Abs 1 StPO und durch diejenige der zeugenschaftlichen Einvernahme des Gerhard Schu***** vor dem Untersuchungsrichter einen Verstoß gegen § 252 Abs 1 Z 2 StPO.

Dabei übersieht er aber die Bestimmung des § 252 Abs 1 Z 4 StPO, wonach die Verlesung von gerichtlichen und sonstigen amtlichen Protokollen über die Vernehmung von Mitbeschuldigten und Zeugen, anderer amtlicher Schriftstücke, in denen Aussagen von Zeugen oder Mitbeschuldigten festgehalten worden sind, von Gutachten von Sachverständigen sowie technischen Aufzeichnungen über die Vernehmung von Zeugen zulässig ist, wenn über die Vorlesung Ankläger und Angeklagter einverstanden sind. Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes (so jüngst 14 Os 82/94, 11 Os 78/94; 15 Os 89/94 = ÖJZ-LSK 1995/31 = JBl 1995, 537 [mit abl. Kritik von Bertel]; 14 Os 158/94; 12 Os 135/94) gilt die Unterlassung einer Äußerung zu der in der Hauptverhandlung angekündigten oder begonnenen Verlesung als Zustimmung. Den Gesetzesmaterialien zum StPÄnderungsG 1993 (abgedruckt bei Pleischl/Soyer StPO 176 ff) ist nicht zu entnehmen, daß - bei unverändert gebliebenem Text des § 252 Abs 1 Z 4 StPO - an der zu dieser Gesetzesstelle schon vor dem StPÄnderungsG 1993 ergangenen Judikatur eine Änderung eintreten sollte. Der Verteidiger gab aber keine Erklärung vor oder während der Verlesung ab (503, 505, 521, 533/V). Die Verlesung war somit wegen der stillschweigenden Zustimmung hiezu zulässig; es kann daher von einer Verletzung des Umgehungsverbotes keine Rede sein. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang, daß damit - auch schon vor der genannten Novelle - keine formelle Widerspruchspflicht im Sinn des § 281 Abs 1 Z 4 StPO statuiert, sondern lediglich eine eindeutige, die Annahme stillschweigender Zustimmung hindernde Prozeßerklärung für erforderlich gehalten wird.

Im übrigen hat der Verteidiger in der Hauptverhandlung nicht einmal vorgebracht, Fragen an den Sachverständigen stellen zu wollen, sodaß auch aus diesem Grund unzweifelhaft erkennbar ist, daß die vermeintliche Formverletzung keinen nachteiligen Einfluß auf die Entscheidung üben konnte.

Zur Frage der Verlesung der Aussage des in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen Gerhard Schu***** (541/V iVm ON 61 und 64) ergibt sich aus dem - vollen Beweis machenden - Hauptverhandlungsprotokoll, daß dem Zeugen einzelne Passagen seiner Verantwortung vor der Sicherheitsbehörde (481, 483, 489/II), die er vor dem Untersuchungsrichter aufrechterhalten hatte, vorgehalten - und in diesem Umfang zwangsläufig auch verlesen - worden sind (523, 533, 569/V) und sodann die erwähnten Aussagen zur Gänze verlesen wurden (541/V). Diese Verlesungen waren jedoch im Sinne der Bestimmung des § 252 Abs 1 Z 2 StPO ohnedies zulässig, wichen doch die Aussagen dieses Zeugen in der Hauptverhandlung in einigen Punkten von seinen früher gemachten Aussagen (der Angeklagte habe ihm - dem Zeugen - schon in Panama - vor der Verschiffung des Suchtiftes - mitgeteilt, Zigaretten zu schmuggeln), von der Erklärung, von einem Zigarettenschmuggel gar keine Mitteilung erhalten zu haben, wesentlich ab (§ 252 Abs 1 Z 2 StPO). Bei einer vom Gesetz gestatteten Verlesung kann von einer Verletzung des Umgehungsverbotes keine Rede sein.

Im übrigen war die Vernehmung des Zeugen Schu***** in der Hauptverhandlung kontradiktorisch; die Verteidigung hatte somit Gelegenheit, an den Zeugen auch Fragen zu den im Vorverfahren abgelegten Aussagen zu stellen, sodaß ihr auch das gemäß Art 6 Abs 3 lit d EMRK gewährte Recht zur Verfügung stand (15 Os 85/95 mwN).

Der Verfahrensrüge (Z 4) zuwider wurden durch die Abweisung der vom Verteidiger in der Hauptverhandlung vom 9.Februar 1994 - zwar unter "Aufrechterhalten" eines zuvor schriftlich eingebrachten Beweisantrages, jedoch unter Neuformulierung sowie (zum Teil) erstmaliger Angabe der Beweisthemen und somit als in dieser Hauptverhandlung als neu gestellt anzusehenden - Beweisanträge (539, 541/V) Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht beeinträchtigt, wobei es nach Lage des Falles auf sich beruhen kann, daß das Schöffengericht entgegen der Vorschrift des § 238 Abs 2 StPO das abweisende Zwischenerkenntnis in der Hauptverhandlung lediglich mit dem Hinweis auf "die Unerheblichkeit der gestellten Beweisanträge", und sodann - vorliegend - erst im Urteil begründet hat (Mayerhofer/Rieder StPO3 § 238 Abs 2 E 10 und 11).

Dem Antrag auf Einvernahme eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der technischen Mathematik zum Nachweis dafür, "daß auf Grund der Holzrechnungen jedes Mal immer 14 m3 Platz gewesen ist und daß bei diesen Lieferungen jeweils ein Rohgewinn von einer Million Schilling erzielt werden konnte" fehlt es am erforderlichen Hinweis, weswegen aus der beantragten Beweisaufnahme ein relevantes Beweisergebnis überhaupt zu erwarten war. Denn auch bei Gelingen des Nachweises, daß ein vom Angeklagten zugestandener Zigarettenschmuggel sowohl möglich als auch wirtschaftlich rentabel gewesen wäre, wäre der Schmuggel von Kokain aus diesen Gründen nicht ausgeschlossen gewesen, zumal nach den - insoweit gar nicht bekämpften - Urteilsfeststellungen das Suchtgift nicht zwischen, hinter oder unter den transportierten Holzbrettern, sondern jeweils in einer Anzahl der ca 5 cm dicken Bretter versteckt war (US 6, 8, 9, 10, 17, 22), die nach der Auskunft in Europa gegen andere Bretter ausgetauscht wurden (wobei notorisch ist, daß die Herstellung entsprechender Hohlräume mit Holzbearbeitungsmaschinen möglich ist). Damit hat aber das Erstgericht die Klärung der Frage, ob und wieviele Zigaretten allenfalls als (zusätzliches) Schmuggelgut in Freiräumen zwischen und neben den Holzbrettern noch hätten transportiert und wieviel Gewinn bei deren Verkauf hätte erzielt werden können, zu Recht als nicht entscheidungswesentlich angesehen (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 4 E 19).

Gleiches gilt für den Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme des Rechtsanwaltes Dr.Eichenseder zum Nachweis dafür, daß "der Zeuge Schu***** ihn in der Kanzlei unter Nennung eines falschen Namens" aufgesucht hat. Abgesehen davon, daß sich aus dem Aktenvermerk, Dris.Eichenseder vom 26.April 1994 (Beilage C/V) nicht ergibt, daß sich Schu***** dem Rechtsanwalt gegenüber mit falschem Namen ausgegeben hat - was auch unsinnig wäre, weil Schu***** dem Dr.Eichenseder bekannt war - sondern nur, daß "eine neue Rechtssache mit Namen Sch***** erscheint, wobei sich herausstellt, daß es sich um den Zeugen Schu***** in der Strafsache K***** handelt", somit der Zeuge diese Angaben anläßlich der Anmeldung dem Sekretariat des Rechtsanwaltes gegenüber gemacht hat, betrifft die Frage, ob der Zeuge Schu***** die Anmeldung zum Gespräch mit Dr.Eichenseder unter der Bezeichnung "Rechtssache Schn*****" vorgenommen hat, ebenfalls keinen für die vorliegende Strafsache entscheidungswesentlichen Umstand. Denn das Erstgericht hat die Überzeugung von der Richtigkeit der sachbezogenen Angaben des Zeugen einerseits ohnehin mit der Übereinstimmung "vieler Nebensächlichkeiten" der Angaben dieses Zeugen mit den Ergebnissen der polizeilichen Observation begründet, anderseits sein Auftreten im Sekretariat Dr.Eichenseder ohnedies in den Kreis seiner Erwägungen miteinbezogen, diesem Umstand jedoch keinen die Bedeutung der sachbezogenen Angaben relativierenden Wert beigemessen.

Aber auch der Versuch, unter dem geltend gemachten Nichtigkeitsgrund die fachliche Eignung des - auch zur Frage einer Vernehmungsfähigkeit fachlich kompetenten - gerichtsmedizinischen Sachverständigen Dr.Carl St***** und die inhaltliche Richtigkeit seines Gutachtens in Zweifel zu ziehen, schlägt fehl. Denn der Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens aus dem Fachgebiet der Psychiatrie und Neurologie zum Nachweis dafür, daß "der Angeklagte K***** durch die objektiviert eingenommenen Medikamente beeinträchtigt und damit vernehmungsunfähig war, auch wenn dies für die vernehmenden Beamten nicht ersichtlich war" stellt in Wahrheit darauf ab, das vom erkennenden Gericht seinen beweiswürdigenden Erwägungen zugrunde gelegten Gutachten des medizinischen Sachverständigen zu erschüttern. Einer allfälligen Fehlerhaftigkeit dieses Gutachtens in der Bedeutung der §§ 125, 126 StPO wäre nämlich durch eine - vom Beschwerdeführer unterlassene - Antragstellung in der Hauptverhandlung, und zwar insbesondere auch auf nochmalige Vernehmung des Sachverständigen iSd § 125 StPO, zu begegnen gewesen, deren abweisende Erledigung die Möglichkeit der Geltendmachung eines Verfahrensmangels in der Bedeutung der Z 4 des § 281 Abs 1 StPO eröffnet hätte. Auch eine besondere Schwierigkeit der Beobachung oder Begutachtung, wie sie § 118 Abs 2 StPO für die Einholung zweier Gutachten voraussetzt, wurde weder behauptet, noch ist sie gegeben. Soweit sich der Beschwerdeführer in Spekulationen darüber ergeht, der Sachverständige könnte in Ansehung eines in Österreich nicht erhältlichen Medikaments "lediglich vom Beipackzettel" ausgegangen sein, unterläßt er es im übrigen darzulegen, inwiefern der Beipacktext eine selbst einen Mediziner täuschende Unrichtigkeit enthalten haben sollte. Das Erstgericht konnte demnach auch diesen Beweisantrag ohne Verletzung von Verteidigungsrechten des Angeklagten abweisen.

Die Anträge auf zeugenschaftliche Vernehmung des Esteban J***** und Herbert Se***** vor dem erkennenden Gericht (eventualiter deren telefonische Einvernahme nach § 247 a StPO) zum Nachweis dafür, "daß es sich bei sämtlichen Transporten um Zigarettenladungen gehandelt hat", mußten ebenfalls am Fehlen des relevanten Beweisthemas scheitern. Wie bereits in der Begründung in Erledigung des Antrages auf Beiziehung eines Sachverständigen aus dem Fachgebiet der Mathematik dargelegt, schließt die Behauptung, daß bei sämtlichen Holztransporten Zigaretten geschmuggelt worden sein sollen, selbst bei ihrem Zutreffen nicht aus, daß zusätzlich in Hohlräumen von Brettern verstecktes Suchtgift transportiert wurde. Im übrigen wurde nicht (bzw hinsichtlich des Zeugen Se***** verspätet erst in der Beschwerdeschrift) behauptet, daß die beiden Zeugen beim Ladevorgang anwesend gewesen wären, sodaß es eines zusätzlichen Hinweises anläßlich der Stellung des Beweisantrages in der Hauptverhandlung bedurft hätte, aus welchen Gründen die Zeugen zum Beweisthema Angaben hätten machen können.

Otto Si***** und Guiseppe O***** hinwieder wurden jeweils als Zeugen zum Nachweis dafür beantragt, daß "er insgesamt elf und einschließlich der in der Anklage angeführten drei Transporte erhalten hat und daß es sich jeweils um Zigarettenransporte gehandelt hat" (wobei nicht ersichtlich ist, welcher der beiden unter "er" gemeint ist).

Dem Beschwerdestandpunkt zuwider bewirkte die Abweisung dieser Beweisanträge ebenfalls keine Beeinträchtigung wesentlicher Verteidigungsinteressen, weil das Erstgericht ohnedies - insoweit in Übereinstimmung mit der Verantwortung des Angeklagten - von dem angestrebten Beweisergebnis, nämlich der Verübung (auch) eines Zigarettenschmuggels, ausging (US 24). Unter Berücksichtigung der Angaben des Zeugen Schu*****, daß in der Hazienda in Panama Holzbretter in der Ladung gegen andere getauscht und nach Entladen des Containers in Genua bzw Livorno vor dem Weitertransport des (nahezu wertlosen) Holzes entnommen worden waren (469, 473/II), fehlt auch hier in der Begründung des Beweisantrages, warum der - als Endabnehmer des Holztransportes aufscheinende - Zeuge Si***** einen Schmuggel von Kokain in den - vor der Zustellung an ihn aus der Ladung wieder entfernten - Brettern ausschließen könnte. Gleiches gilt für den Zeugen O*****, der nach der Aktenlage (und dem Beweisantrag ON 116/V) in Martina Franca - Provinz Tarent in Süditalien - (vgl 11 in ON 68 ff) aufhältig ist.

Im Hinblick auf die Aussage des Zeugen Matthias Eh*****, er habe über Auftrag des Angeklagten den LKW bei den ersten beiden Transporten jeweils über einen Zeitraum von zwei Stunden unbeaufsichtigt unter Steckenlassen des Zündschlüssels abgestellt und sei beim dritten Transport während des Abladevorganges eingeschlafen, er habe nur gesehen, daß aus den Containern noch in Italien weiter abgeladen worden war (27 ff/V), wäre der Beschwerdeführer bei Stellung des Beweisantrages auf Einvernahme dieses Zeugen zum Nachweis dafür, "daß er gesehen hat, daß in diesen Containern Zigaretten geschmuggelt wurden" ebenfalls verhalten gewesen anzugeben, inwieweit das bei Durchführung der beantragten Beweise nach Ansicht des Antragstellers zu erwartende Ergebnis der Beweisaufnahme für die Schuldfrage von Bedeutung ist und aus welchen Gründen auch erwartet werden kann, daß die Durchführung der beantragten Beweise auch tatsächlich das vom Antragsteller behauptete Ergebnis haben werde.

Dem Antrag auf zeugenschaftliche Einvernahme der Marianne B*****, der im schriftlichen Beweisantrag (ON 116/V) gestellt und lediglich unter Hinweis auf diesen ohne Wiederholung im neu formulierten Antrag in der Hauptverhandlung aufrechterhalten wurde, mangelt es an der Angabe jeglichen Beweisthemas, sodaß schon aus diesem Grund durch dessen Abweisung Verteidigungsrechte des Angeklagten nicht verletzt werden konnten (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 4 E 18).

Daß B***** und O***** "insbesondere über den Geldtransfer" hätten vernommen werden sollen, war nicht Gegenstand eines in erster Instanz gestellten Beweisantrages und bleibt daher unbeachtlich (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 4 E 1).

Ob "sämtliche Personen, die sich in diesem Fall (in Italien) in Haft befunden haben, enthaftet wurden", ist mangels rechtlicher Präjudizialität für den gegen den Angeklagten erhobenen Schuldvorwurf ebenfalls nicht von entscheidungswesentlicher Bedeutung, sodaß auch die vom Angeklagten beantragte "Beischaffung der italienischen Akten" ohne nachteilige Auswirkung auf seine Verteidigungsrechte unterbleiben konnte.

In seiner Mängelrüge (Z 5) moniert der Beschwerdeführer vorerst, das Erstgericht habe sich auf die Aussage des Zeugen Matthias Eh***** gestützt, ohne daß dieser Zeuge vernommen bzw seine Aussage verlesen worden sei. Dabei übersieht er aber, daß nach dem Inhalt des Hauptverhandlungsprotokolls alle wesentlichen Aktenteile verlesen wurden (543/V) und insbesondere diese Aussage im Rahmen von Vorhalten an den Angeklagten (489/V ff) Gegenstand der Hauptverhandlung geworden ist. Was die unterlassene Einvernahme dieses Zeugen anlangt, ist auf die Ausführungen in Erledigung der Verfahrensrüge zu verweisen. Mit dem Vorbringen, aus der Aussage des Zeugen Eh***** seien jene Angaben, welche zum Vorteil des Angeklagten dienen, mit Stillschweigen übergangen worden, trachtet die Beschwerde lediglich unzulässigerweise durch isolierte Betrachtung einzelner, aus dem Zusammenhang gelöster Passagen unter Übergehung der bereits erwähnten Deponierungen, wonach Eh***** die Transporte keineswegs uneingeschränkt beobachtet hatte, eine Umdeutung von Beweisergebnissen zugunsten des Angeklagten vorzunehmen, ohne einen formellen Begründungsmangel in der Bedeutung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes aufzuzeigen. Denn gemäß § 270 Abs 2 Z 5 StPO ist es nicht notwendig, im Urteil zu allen Vorbringen und Aussagen Stellung zu nehmen und alle Umstände einer Erörterung zu unterziehen, die durch das Beweisverfahren hervorgekommen sind. Es genügt vielmehr, wenn der Gerichtshof in den Entscheidungsgründen in gedrängter Form die entscheidenden (also für die Schuld oder für den anzuwendenden Strafsatz maßgebenden) Tatsachen bezeichnet, die er als erwiesen annimmt, und die den Denkgesetzen entsprechenden Gründe anführt, die zu seiner Überzeugung von der Richtigkeit dieser Annahme geführt haben (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 7 f, 142).

Unter diesem Gesichtspunkt versagt der oben angeführte Beschwerdeeinwand, ergibt sich doch aus den Angaben des Zeugen Eh***** keineswegs, daß die im Auftrag des Angeklagten vorgenommenen Holztransporte auf gleiche Art wie die im Auftrag des Otto Si***** durchgeführten Transporte abgelaufen sind (57/V).

Gleiches gilt für die Behauptung, das Erstgericht habe sich mit der Aussage des Angeklagten sowohl vor dem Untersuchungsrichter als auch in der Hauptverhandlung nicht auseinandergesetzt und diese Aussage unerörtert gelassen, hat es doch die Richtigkeit des ersten (die Taten in groben Zügen umfassenden) Geständnisses des Angeklagten bei seiner Einvernahme vom 23.Februar 1994 vor der Sicherheitsbehörde, nämlich mit Rauschgiftgeschäften (durch Transport des Suchtgiftes von Südamerika nach Europa und Verbringung des Verkaufserlöses von Europa nach Südamerika) befaßt gewesen zu sein (161/II), mit dem Hinweis auf andere Beweismittel, wie Ergebnisse der Telefonüberwachung, unerklärlich hohe Geldflüsse, die Zeugeneinvernahmen Schu***** und Eh***** begründet und die weiteren, nachfolgend abgelegten Depositionen des Angeklagten, er habe angenommen lediglich am Schmuggel von Elektrogeräten bzw Zigaretten beteiligt zu sein, als unglaubwürdig verworfen (US 16 f). Die vom Beschwerdeführer vermißte Erörterung weiterer Einzelheiten seiner Verantwortung konnte aber somit unterbleiben.

Soweit der Beschwerdeführer eine detaillierte Befassung des Erstgerichtes mit dem Rechtsgrund der Zahlungen und der Verwertbarkeit von Schecks bzw näheren Umständen als Grundlage der Feststellungen über die hohen Geldflüsse betreffend den Angeklagten und seine Lebensgefährtin vermißt, und darin ersichtlich eine Unvollständigkeit im Sinn des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes erblickt, verkennt er, daß ein Urteil nur dann unvollständig ist, wenn das Gericht bei der Feststellung entscheidender Tatsachen wichtige, in der Hauptverhandlung vorgeführte Verfahrensergebnisse mit Stillschweigen übergeht, Widersprüche zwischen den Aussagen vernommener Personen nicht würdigt und die seinen Konstatierungen widerstreitenden Beweisergebnisse nicht erörtert oder die Gründe nicht angibt, aus denen es diese Beweise für nicht stichhältig erachtet. Die Tatrichter haben aber ihre Urteilsfeststellungen über die Geldflüsse (US 14 und 15) auf einen entsprechenden Erhebungsbericht des Landeskriminalamtes Baden-Würtemberg vom 9. Februar 1994 (77, 117 bis 121/II) gestützt und sich mit dem - ungeklärt gebliebenen - Verbleib des auf Marianne B***** ausgestellten Akkreditivs in der Höhe von 200.000 Dollar befaßt, welcher in dem vom Angeklagten und Marianne B***** umgesetzten Gesamtbetrag nicht enthalten ist. Daß sich aber die in Rede stehenden Geldbeträge zur Gänze als Erlös unerlaubter Drogengeschäfte darstellen, wurde vom Erstgericht ohnehin nicht angenommen, sodaß ein näheres Eingehen auf die vermißten Argumente nicht erforderlich war.

Weiters haben nach dem Wortlaut des § 281 Abs 1 Z 5 StPO dem Gesetz entsprechende Beschwerdeausführungen zum eben bezeichneten Nichtigkeitsgrund lediglich auf entscheidende Tatsachen abzustellen, wobei entscheidende Tatsachen jene sind, die entweder auf die Unterstellung der Tat unter das Strafgesetz oder die Wahl des anzuwendenden Strafsatzes Einfluß haben (EvBl 1992/17; EvBl 1980/57 uva). Ob einer der Container im Zollfreihafen in Genua eine längere Stehzeit hatte und ob sich der Angeklagte in den Zeiten von der Ankunft dieses Containers in Italien bis zu dessen Entladung bei einem Holzhändler in Deutschland aufgehalten hatte, stellt sich angesichts der konstatierten arbeitsteiligen Vorgangsweise einer bandenmäßig organisierten Suchtgiftschmuggelkriminalität nicht als entscheidungswesentlich im oben genannten Sinn dar, ist doch einerseits aus der Länge einer Stehzeit eines Containers im Hafen kein Rückschluß darauf zu ziehen, ob bereits anläßlich der Ankunft ein Teil der Ladung getauscht worden ist, und die Frage des möglichen Aufenthaltes des Angeklagten zum Ankunftszeitpunkt der Ladung in Deutschland deshalb irrelevant, weil er bei der Abholung des Containers nicht anwesend war, sondern nur telefonische Anweisungen gegeben hat (US 6, 7).

Ebenso betreffen die behaupteten Widersprüche in den Angaben des Zeugen Schu***** (Zahl der beim Entladen des Holztransportes in Italien beschäftigte Männer, den Zeitpunkt, zu dem er selbst noch in der Annahme eines Zigarettenschmuggels war) keine entscheidenden Tatsachen, sodaß eine Nichtigkeit im Sinne des oben Gesagten nicht vorliegt.

Soweit in der Beschwerde die Urteilspassage US 15 ("Diese Verdachtslage erhärtete sich im Lauf des Verfahrens noch durch mehrere Beweise, die mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit darauf hindeuten, daß insgesamt vom Angeklagten drei Suchtgifttransporte durchgeführt wurden und die darauf schließen lassen, daß der Angeklagte in alles eingeweiht war") als Grundlage vermeintlich unzureichender Begründung für die Annahme, vom Angeklagten seien drei Suchtgifttransporte durchgeführt worden, herangezogen wird, übergeht sie zum einen die weiteren zur Begründung der Täterschaft herangezogenen Urteilskonstatierungen (US 16, 17, 18), zum anderen verkennt sie, daß diese Passage die Verdachtslage der italienischen Behörden wiedergibt, nicht aber die abschließende Beweiswürdigung des Schöffensenates darstellt.

Mit seinem weiteren Vorbringen zum genannten Nichtigkeitsgrund verkennt der Angeklagte insgesamt das Wesen der freien Beweiswürdigung im Sinn des § 258 Abs 2 StPO, welche die Tatrichter nicht nur berechtigt, sondern sogar verpflichtet, Beweisergebnisse in dem Zusammenhang zu würdigen, durch Wahrscheinlichkeitsüberlegungen zu ergänzen und ihre Überzeugung frei von jeder Beweisregel auf denkmögliche Schlüsse zu stützen (Mayerhofer/Rieder aaO § 258 E 26 und 30). Demnach liegt der relevierte Nichtigkeitsgrund nur dann vor, wenn aus dem vom Gericht ermittelten Prämissen nach den Denkgesetzen die von ihm gezogenen Schlußfolgerungen überhaupt nicht abgeleitet werden können, das Urteil sohin mit logischen Fehlern behaftet ist. Wenn demnach auch andere als die vom Gericht abgeleiteten, für den Angeklagten günstigere Schlußfolgerungen möglich waren und sich das Gericht für die dem Angeklagten ungünstigeren entschied, hat es einen Akt der freien Beweiswürdigung gesetzt, der mit Mängelrüge nicht bekämpft werden kann, sofern die Annahme des Gerichtes keine willkürliche ist (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 E 147). Eine unzureichende Begründung in diesem Sinn vermag der Beschwerdeführer jedoch in keinem Fall aufzuzeigen.

In der Tatsachenrüge (Z 5 a) versucht der Angeklagte die Glaubwürdigkeit seiner leugnenden Verantwortung vor dem Untersuchungsrichter und in der Hauptverhandlung darzutun, indem er auf einzelne, aus dem Zusammenhang gerissene Ergebnisse des Beweisverfahrens verweist, welche er als für ihn günstig ansieht. Insbesondere gilt dies für den Einwand, der Schluß, "in den Brettern seien mehr als dreihundert Kilogramm Kokain versteckt gewesen" stütze sich lediglich auf ein - auf den Angaben des Zeugen Luigi L***** basierendes - "Gerücht". Mit dieser Behauptung vermag er - genausowenig wie mit der - unzutreffenden - Argumentation, die Tatrichter seien (lediglich) von der geständigen Verantwortung des Angeklagten vor der Polizei ausgegangen -, keine erheblichen, sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde gelegten entscheidenden Tatsachen aufzuzeigen, hat doch das Erstgericht die Größe der jeweils geschmuggelten Suchtgiftmenge auf die gesammelten Ergebnisse der Erhebungen der italienischen Sicherheitsbehörden (US 15, 17, 21, 22) und die Höhe der aus dem Verkauf erzielten Geldbeträge erschlossen (US 20 bis 23) und den Nachweis der Täterschaft aus der Gesamtheit der Verfahrensergebnisse abgeleitet. Derartige Bedenken sind aber auch den Akten nicht zu entnehmen. Vielmehr hat das Erstgericht in lebensnaher und schlüssiger, sohin überzeugender Weise dargelegt, aus welchen Erwägungen es zu den zum Schuldspruch führenden Feststellungen gelangt ist. Der Sache nach unternimmt der Angeklagte mit seinem Vorbringen erneut nur den im schöffengerichtlichen Rechtsmittelverfahren auch im Rahmen der Tatsachenrüge unzulässigen Versuch (Mayerhofer/Rieder aaO § 281 Z 5 a E 4), die Beweiswürdigung der Tatrichter in Zweifel zu ziehen, ohne schwerwiegende, unter Außerachtlassung der Pflicht zur amtswegigen Wahrheitsforschung zustande gekommenen Mängel in der Sachverhaltsvermittlung aufzuzeigen oder auf aktenkundige Beweisergebnisse hinzuweisen, die gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der Beweiswürdigung in entscheidungswesentlichen Punkten aufkommen lassen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285 d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen.

Über die vom Angeklagten und der Staatsanwaltschaft erhobenen Berufungen wird der hiefür zuständige Gerichtshof zweiter Instanz zu befinden haben (§ 285 i StPO).

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