Spruch:
Der Revision wird teilweise Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, daß die beklagte Partei schuldig ist, künftighin den Abschluß von Bestandverträgen für Bojen auf den A*****grundstücken 801/7 KG A*****see, 2677 KG B*****, 1914 KG A***** und 2755 KG N***** im Bereich vom N***** Steg bis zum S***** soweit zu unterlassen, als die Fischereirechte der klagenden Partei bei deren Erwerb nicht ohnehin bereits gleichen oder zumindest gleichartigen Beschränkungen unterworfen waren.
Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, künftighin den Abschluß von Bestandverträgen darüber hinaus schlechthin zu unterlassen, wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens aller drei Instanzen werden gegeneinander aufgehoben.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Partei erwarb in den Jahren 1966 und 1979 die im Fischereikataster unter den Postzahlen 39 und 40 des Reviers A*****see eingetragenen Fischereirechte für die aus dem Spruch ersichtlichen Grundstücke.
Sie begehrte die Verurteilung der beklagten Partei zur Unterlassung des Abschlusses "künftiger Bestandverträge" für Bojen auf den genannten Seegrundstücken. Sie brachte vor, die beklagte Partei schränke ihr Fischereirecht dadurch ein, daß sie dritten Personen die Bewilligung zur Einbringung von Bojen in die Seegrundstücke erteile. Dadurch werde die befischbare Wasserfläche verringert und es komme auch zu Beschädigungen von Fischfangeinrichtungen. Im Bereich von Bojenfeldern werde die Fischerei völlig unmöglich gemacht; die Sportfischerei werde durch das Setzen von Bojen in Ufernähe negativ beeinflußt. Trotz entsprechender Aufforderung, die Genehmigung weiterer Bojen zu unterlassen, beabsichtige die beklagte Partei eine Aufstockung der bereits bestehenden Bojenanzahl und eine räumliche Erweiterung des Bereichs, in dem Bojen versetzt werden sollten. Durch die geplante Erweiterung der Bojenfelder und die weitere Einbringung von Bojen werde das Fischereirecht der klagenden Partei völlig entwertet.
Die beklagte Partei wendete mangelnde Schlüssigkeit des Klagebegehrens ein. Das begehrte Verbot umfasse auch den Abschluß von Bestandverträgen für bereits bestehende Bojen, in deren die klagende Partei offenkundig keine Beeinträchtigung erblicke. Eine allfällige Ausweitung der zulässigen Höchstzahl von Bojen durch eine Verordnung der oberösterreichischen Landesregierung sei von der beklagten Partei als Eigentümerin des Sees nicht zu vertreten. Abgesehen davon sei keine Erhöhung, sondern eine Verminderung der erlaubten Bojenhöchstzahl geplant. Die zulässige Höchstzahl an Bojen sei für den gesamten See mit 1.600 festgesetzt, zur Zeit seien etwa 1.500 Bojen bewilligt. Für die zulässige Bojenhöchstzahl sei die gesamte Fläche des Sees und nicht nur der vom Fischereirecht der klagenden Partei betroffene Teil des Gewässers zu berücksichtigen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.
Es stellte im wesentlichen fest, durch die Novelle zur A*****see-Bojenverordnung 1984 aus dem Jahre 1990 sei die höchstzulässige Anzahl der Bojen im gesamten Seegebiet von 1.664 auf
1.609 gesenkt worden. Der Bereich, über den sich Bojenfelder erstrecken dürfen, habe eine Erweiterung um 20 m bis ans Ufer erfahren. In dem Bereich des Sees, an dem der klagenden Partei das Fischereirecht zustehe, sei weder eine Zone für Einzelbojen noch ein Bojenfeld eingeschränkt worden. Es sei schwierig, Bestandrechte für eine Boje zu erlangen, weil sämtliche in der Bojenverordnung aufscheinenden Bojenplätze belegt seien. Die Gesamtzahl der Bojen, die in dem mit dem Fischereirecht der klagenden Partei belasteten Teil des Sees gesetzt seien, betrage 551. Seit dem Jahre 1989 seien in diesem Bereich jedenfalls neue Bojen gesetzt worden. Jede einzelne Boje stelle einen ökologischen Eingriff und eine Behinderung der Fischereiausübung dar. Das Fischereirecht der klagenden Partei erstrecke sich über eine Wasserfläche von etwa 944 ha. Die aufgrund der Bojensetzung der Fischereinutzung nicht zugängliche Fläche belaufe sich auf 128 ha. Eine Erweiterung der Bojenanzahl sei unzulässig. Da die beklagte Partei seit 1974, aber auch noch nach Klagseinbringung zusätzliche Bestandverträge über Bojen abgeschlossen habe und noch nicht sämtliche Bojen in der nach der Bojenverordnung zulässigen Höchstzahl vergeben worden seien, liege Wiederholungsgefahr vor.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstands zwar S 50.000,-- übersteige, die ordentliche Revision jedoch nicht zulässig sei. Nicht jeder künftige Abschluß eines Bestandvertrages sei mit einer Erweiterung des Bojenbestandes verbunden. Ein Wechsel in der Person des Bestandnehmers oder die Standortverlegung einer Boje bedeuteten keine zusätzliche Beeinträchtigung des Fischereirechts. Der Exekutionstitel im Sinne des Klagebegehrens sei nicht geeignet, Störungen der Ausübung des Fischereirechtes durch faktisches Einbringen zusätzlicher Bojen zu verhindern. Die begehrte Maßnahme würde für sich allein den Ausschluß der beanstandeten Störung nicht gewährleisten. Es liege aber auch Wiederholungsgefahr nicht vor, weil sämtliche in der Bojenverordnung aufscheinenden Bojenplätze belegt seien. Es fehle an einer Behauptung, daß sich die beklagte Partei nicht an die verordneten Höchstzahlen halten werde oder daß eine Novellierung der Bojenverordnung mit einer Erhöhung der Höchstzahl drohe.
Die Revision der klagenden Partei ist teilweise berechtigt.
Rechtliche Beurteilung
Das Fischereirecht der Klägerin ist ein selbständiges dingliches Recht gleich einer Dienstbarkeit (SZ 59/200; SZ 56/11; 1 Ob 34/92 uva). Der aus § 472 ABGB abzuleitenden Duldungspflicht zufolge hat der Eigentümer des belasteten Grundstücks (hier also die beklagte Partei) alle Maßnahmen zu unterlassen, die das Fischereirecht gefährden könnten (vgl 1 Ob 7/84). Klagegrund der Servitutenklage ist jede Störung der Dienstbarkeit, selbst wenn sie nur geringfügig ist, aber doch dauernd wirkt oder wenn Wiederholung droht (Pimmer in Schwimann, Rz 1 zu § 523 ABGB). Sie kann auf Beseitigung des Hindernisses oder der Beeinträchtigungen und gegen jeden gerichtet werden, der den Dienstbarkeitsberechtigten an der Ausübung seines Rechts hindert oder ihn darin stört. Als beachtliche Störungshandlung kommt jedes Verhalten in Betracht, daß unter oder auch ohne Mitwirkung des Störers in adäquat-kausaler Weise eine Beeinträchtigung der Servitut zur Folge haben kann (RZ 1990/81; JBl 1984, 608 ua). Es kann wohl nicht bezweifelt werden, daß durch den begehrten Exekutionstitel gegen die von der klagenden Partei behaupteten Eingriffe in deren Fischereirechte Abhilfe geschaffen werden kann, muß doch - wie noch zu zeigen sein wird - davon ausgegangen werden, daß die Bojensetzung sonst aufgrund weiterer Bestandverträge mit der klagenden Partei als Seeigentümerin fortgesetzt werden wird.
Ob im Einzelfall ein Anspruch auf Unterlassung besteht, ist nach dem einschlägigen materiellen Recht zu beurteilen. Im vorliegenden Fall ergeben sich Unterlassungsansprüche bereits aus dem Bestand des gleich einer Dienstbarkeit dinglichen und absoluten Fischereirechts der klagenden Partei, das somit gegen jeden Dritten durchgesetzt werden kann (SZ 64/137; SZ 56/124 uva). Das Ausmaß der Dienstbarkeit und der Umfang der deren Inhaber zustehenden Befugnisse richten sich nach dem Inhalt des Titels, bei dessen Auslegung insbesondere Natur und Zweck der Servitut zur Zeit deren Bestellung zu beachten ist (NZ 1990, 101; RZ 1985/27; zuletzt wieder 1 Ob 15, 16/94).
Das Unterlassungsbegehren ist demgemäß zu weit gefaßt, würde doch die beklagte Partei bei dessen Stattgebung auch zu Unterlassungen verurteilt werden, zu denen sie nach dem materiellen Recht nicht verhalten wäre (WBl 1991, 264; ÖBl 1991, 108 ua). Die klagende Partei hat nämlich das Fischereirecht so erworben, wie es ihrem Rechtsvorgänger zustand. Hat dieser selbst beim Erwerb den Rechtsumfang beschränkende Bojen vorgefunden oder die Setzung neuer Bojen hingenommen, so trifft gleiches auch für die klagende Partei zu. Daß sie Bestandrechten im Zusammenhang mit den vorgefundenen Bojen entgegengetreten wäre, hat sie selbst nicht behauptet, sie wendet sich mit ihren Klagsbehauptungen im Gegenteil ohnehin nur gegen den Abschluß weiterer (unrichtig: "künftiger") Bestandverträge für zusätzliche Bojen (Klage, S 2). Hat die klagende Partei beim Erwerb ihres Fischereirechts Beschränkungen hingenommen, bzw hinnehmen müssen, die sich aus Bestandverträgen für bestehende Bojen ergeben, so muß es - bei richtigem Verständnis des Servitutsumfangs - der beklagten Partei als Eigentümerin des dienenden Guts unbenommen bleiben, die bestehenden Bojen im gleichen Umfang wie zum Zeitpunkt des Rechtserwerbs durch die klagende Partei durch die Einräumung von Bestandrechten an Dritte zu nutzen; dadurch wird das Fischereirecht der klagenden Partei im berechtigten Umfang nicht beeinträchtigt.
Das bedeutet somit nicht, daß die beklagte Partei nur dazu verhalten wäre, künftighin den Abschluß von Bestandverträgen für erst neu zu setzende Bojen zu unterlassen; es kann schon allein die Verlegung des Standorts einer Boje zu einer Beeinträchtigung des Fischereirechts der klagenden Partei in einem das bisherige Ausmaß übersteigenden Umfang führen, indem etwa durch die Verlegung der Boje nunmehr bessere Fischgründe betroffen wären oder eine nun aus dem Verband zahlreicher Bojen herausgelöste Boje als Einzelboje gesetzt wird. Selbst der bloße Wechsel in der Person des Bestandnehmers kann sich auf das Ausmaß der Beeinträchtigung des Fischereirechts merkbar ungünstig dadurch auswirken, daß nun etwa ein wesentlich größeres Boot verwendet wird oder die Häufigkeit der Inanspruchnahme der Boje wesentlich gesteigert wird.
Da die klagende Partei jene Beschränkungen, die sie beim Erwerb ihres Fischereirechts vorfand und hingenommen hat, gegen sich gelten lassen muß, ist dem Begehren der klagenden Partei die aus dem Spruch ersichtliche einschränkende Fassung zu geben, die gegenüber dem Klagebegehren als bloß umfängliche Einschränkung kein Aliud, sondern ein Minus darstellt.
In dieser Fassung bleibt das Unterlassungsgebot auch einer allfälligen Exekution zugänglich, weil ihm Gegenstand, Art, Umfang und Zeit der Unterlassung mit ausreichender Bestimmheit entnommen werden können (vgl dazu ÖBl 1991, 105). Eine allgemein gehaltene Fassung ist deshalb notwendig, weil es sprachlich geradezu unmöglich wäre, in Ansehung jeder einzelnen Boje den Umfang des Fischereirechts im Urteilsspruch festzuhalten und demgemäß alle denkbaren Eingriffshandlungen zu umschreiben (vgl dazu SZ 43/199).
Die Wiederholungsgefahr ist schon dadurch indiziert, daß seit 1989 immer wieder neue Bojen gesetzt und Hand in Hand damit neue Bestandverträge abgeschlossen wurden. Im übrigen vertritt die beklagte Partei auch den Standpunkt, sie sei zum Abschluß von Bestandverträgen jedenfalls bis zur Höchstzahl der in der Bojenverordnung für den gesamten See aufgezählten Bojen berechtigt (vgl dazu JBl 1984, 608; SZ 56/124). Daß sich die beklagte Partei - wie das Gericht zweiter Instanz ins Treffen führt - wohl an die verordnungsgemäße Höchstzahl an Bojen halten werde, schließt - abgesehen davon, daß es sich dabei um eine bloße Vermutung handelt, - nicht aus, daß sie in Ansehung des vom Fischereirecht der klagenden Partei betroffenen Teil des Sees Bestandverträge abschließen wird, die deren Recht beeinträchtigen könnten.
Der Revision ist somit in dem aus dem Spruch ersichtlichen Umfang teilweise stattzugeben; das Begehren der klagenden Partei ist dabei sprachlich richtigzustellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 43 Abs 1 und § 50 ZPO.
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