OGH 1Ob34/92

OGH1Ob34/927.10.1992

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Schubert als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Hofmann, Dr.Schlosser, Dr.Graf und Dr.Schiemer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Marcel C*****, vertreten durch Dr.Joachim Sonnleitner, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wider die beklagte Partei Franz S*****, vertreten durch Dr.Peter S.Borowan und Dr.Erich Roppatsch, Rechtsanwälte in Spittal/Drau, wegen S 112.453,20 infolge Revision der klagenden gegen das Urteil des Oberlandesgerichtes Graz als Berufungsgerichtes vom 12.Mai 1992, GZ 1 R 287/91-28, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichtes Klagenfurt vom 20.September 1991, GZ 21 Cg 326/90-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden aufgehoben; die Rechtssache wird an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Die Republik Österreich ist Eigentümerin eines Seegrundstückes; dem Kläger steht seit 1984 als Rechtsnachfolger nach seiner Mutter an diesem Grundstück das Fischereirecht im Ausmaß von 60,71 ha zu.

Der Beklagte hat in dem Seegrundstück See-Einbauten vorgenommen, die ihm vom Liegenschaftseigentümer pachtvertraglich gestattet worden waren und die wasserrechtlich bewilligt sind. Schon 1984 wurde der Bade- und Verkehrsbetrieb bei den See-Einbauten des Beklagten etwa in der gleichen Form wie auch jetzt geführt. Schon in diesem Jahr gab der Kläger ein Gutachten über die Beeinträchtigung seines Fischereirechtes in Auftrag und übermittelte dieses dem Beklagten mit der Aufforderung zur Zahlung von S 17.000,--; Zahlungen hat der Beklagte jedoch nicht geleistet.

Der Beklagte verpflichtete sich im Pachtvertrag mit der Liegenschaftseigentümerin, diese für den Fall ihrer Inanspruchnahme im Zusammenhang mit der eingeräumten Nutzung schad- und klaglos zu halten.

Mit der am 21.12.1990 eingebrachten Klage begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zum Ersatz seines letztlich mit S 112.453,20 bezifferten Schadens infolge der durch die See-Einbauten eingeschränkte Fischerei für die Jahre 1988 bis 1990. Durch eine 200 m lange, 15 m breite und durch Bojen begrenzte Bootstrasse sowie die Aktivitäten der Badegäste des Beklagten sei die Sport- und Netzfischereiausübung durch den Kläger und dessen Kunden unmöglich geworden. Für den Fischbesatz komme dort eine Laichmöglichkeit nicht mehr in Betracht. Sämtliche wasserrechtliche Bewilligungsverfahren der See-Einbauten seien abgeschlossen; schon die Rechtsvorgängerin des Klägers sei mit ihren Ersatzforderungen 1982 auf den Rechtsweg verwiesen worden und habe damals den vom Sachverständigen ermittelten Betrag vom Beklagten gefordert, der aber Zahlungen verweigert habe.

Der Beklagte wendete ein, die schon 1967 bis 1983 vorgenommenen See-Einbauten seien wasserrechtlich bewilligt worden; sie würden nur zwei Monate im Jahr benützt und verursachten nicht nur keine Schäden, sondern seien als natürlicher Fischunterstand eher vorteilhaft. Schon 1982 sei über Entschädigungszahlungen verhandelt, diese seien aber abgelehnt worden. Die See-Einbauten seien dem Kläger bzw. dessen Rechtsvorgängerin seit 1971 bekannt, das Recht zur Einforderung einer Entschädigung, aber auch die Dienstbarkeit des Fischereirechtes seien infolge Nichtausübung verjährt; es sei auf diese Rechte konkludent verzichtet worden.

Bei der Verhandlungtagsatzung vom 24.4.1991 (ON 9, S.7) hat der Beklagte in seiner Parteiaussage erklärt, ihm sei schon klar, daß durch seinen Betrieb die Fischerei des Klägers beeinträchtigt worden sei, er sei auch bereit, irgendeine Entschädigung zu zahlen; was der Kläger verlange, erscheine ihm aber "wesentlich zuviel".

Im Hinblick auf diese Erklärung brachte der Kläger im Zuge des Verfahrens noch ergänzend vor, der Beklagte habe damit das Klagebegehren dem Grunde nach anerkannt.

Der Kläger bestritt diesen Rechtsgestaltungswillen; er habe damit bloß eine gewisse Vergleichsbereitschaft bekundet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Fischereirecht sei, soweit es von den See-Einbauten berührt werde, verjährt, weil sich der Kläger nicht widersetzt habe, sodaß Schadenersatzansprüche aus der Beeinträchtigung seines Rechtes nicht mehr in Frage kämen.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und sprach aus, daß die ordentliche Revision nicht zulässig sei. Es führte aus, das Fischereirecht verjähre als selbständiges dingliches Recht gleich einer Dienstbarkeit durch Nichtausübung gemäß § 1488 ABGB. Auch in der vom Liegenschaftseigentümer genehmigten Errichtung von See-Einbauten sei, soweit sie das Fischereirecht des Klägers beschränkten, eine solche Widersetzlichkeit zu erblicken, in deren Umfang die Verjährung nach § 1488 ABGB die Einschränkung der Dienstbarkeit bewirke. Die See-Einbauten hätten bereits 1984 in der gegenwärtigen Form bestanden, ohne daß sich der Kläger dagegen gewehrt habe. Deshalb sei das Fischereirecht bereits 1987 verjährt gewesen, sodaß ein Ersatzanspruch für die Zeit danach mangels verletzbaren Rechtes nicht in Betracht komme. Der Kläger berufe sich ferner auf ein Anerkenntnis des Beklagten bei dessen Parteivernehmung. Der Äußerung des Beklagten könne jedenfalls nicht unterstellt werden, daß dieser das von ihm bezweifelte Recht durch einseitiges Nachgeben im vollen Umfang habe zugestehen und damit einen Feststellungsvertrag abschließen wollen. Dieser Erklärung habe daher auch der redliche Erklärungsempfänger nicht die Bedeutung eines konstitutiven Anerkenntnisses beimessen können. Es reiche zwar zur Unterbrechung auch das deklarative Anerkenntnis aus. Diese Unterbrechungswirkung entfalle indessen, weil die Verjährung der Servitut nicht zugunsten des Beklagten, sondern des Grundeigentümers wirke.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision des Klägers ist berechtigt.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren in Entsprechung der Verjährungseinwendung des Beklagten abgewiesen, weil sich dieser zumindest seit 1984 der Ausübung des Fischereirechtes durch den Kläger widersetze und dieser es bis zur Einbringung der Klage (am 21.12.1990) dabei habe bewenden lassen. Der Kläger hielt der Verjährungseinwendung entgegen, der Beklagte habe bei seiner Vernehmung als Partei am 24.9.1991 das Ersatzbegehren dem Grunde nach anerkannt, sodaß die Verjährung unterbrochen sei. Diese Replik tat das Gericht zweiter Instanz mit dem Hinweis ab, die Verjährung der Servitut wirke nicht zugunsten des Beklagten, sondern des Grundeigentümers. Dem kann jedoch nicht beigepflichtet werden:

Das Fischereirecht, auf dessen Beeinträchtigung der Kläger seinen Ersatzanspruch stützt, ist, wenn es - wie hier - vom Grundeigentum abgesondert in Erscheinung tritt, als selbständiges dingliches Recht gleich einer Dienstbarkeit anzusehen (SZ 59/200 uva; Spielbüchler in Rummel, ABGB2 § 383 Rz 4). Es kann deshalb auch gleich einem solchen Recht verjähren (SZ 48/74). Nach § 1488 ABGB, auf welche Bestimmung sich der Beklagte zur Begründung seiner Verjährungseinwendung beruft, wird das Recht der Dienstbarkeit durch den Nichtgebrauch verjährt, wenn sich der Verpflichtete der Ausübung der Servitut widersetzt und der Berechtigte durch drei aufeinanderfolgende Jahre sein Recht nicht geltend gemacht hat. Diese Freiheitsersitzung ist ein Fall der Verjährung (SZ 48/74; Schubert in Rummel, ABGB II1 § 1488 Rz 1).

Entgegen der Ansicht des Gerichtes zweiter Instanz hat der erkennende Senat in SZ 48/74 (mwN) ausgesprochen, daß neben dem Liegenschaftseigentümer auch ein bloßer Besitzer des belasteten Grundstückes als verpflichteter Teil im Sinne der genannten Gesetzesstelle anzusehen sei. Werde der Besitzer - wie hier der Beklagte, dem die See-Einbauten und deren Nutzung vom Grundeigentümer pachtvertraglich gestattet sind - vom Dienstbarkeitsberechtigten mit der Behauptung, er störe dessen Rechte, belangt, bleibe ihm die Einwendung vorbehalten, daß eine Belastung des dienenden Gutes wegen Verjährung der Servitut nicht mehr bestehe und er deshalb zur Verweigerung der Anerkennung der Servitutsrechte (bzw. der Rechte in dem Umfang, in dem sie in Anspruch genommen werden) berechtigt sei. An dieser Auffassung ist festzuhalten.

Dann erscheint es aber auch nur folgerichtig, dem Servitutsberechtigten auf die Verjährungseinwendung des (bloßen) Besitzers des dienenden Grundstücks die Replik zuzubilligen, dieser habe durch das Anerkenntnis der auf das (möglicherweise bereits) verjährte Recht gestützten Forderung auf das Recht zur Erhebung der Verjährungseinwendung verzichtet (SZ 50/110 uva; Schubert aaO § 1497 Rz 4; Klang2 VI 654).

Nun hat der Beklagte in seiner Parteiaussage ausdrücklich erklärt, es sei ihm klar, daß die Fischerei des Klägers durch seinen Betrieb beeinträchtigt worden sei, und er sei auch bereit, eine Entschädigung zu leisten, doch erscheine ihm die Forderung des Klägers zu hoch. Er hat damit - in dem gerichtlichen Verfahren, in dem über die davon betroffene Forderung abzusprechen ist - nicht nur eindeutig zugestanden, daß der Kläger bei der Ausübung seines Fischereirechtes durch seinen Betrieb Schaden genommen habe, sondern sich auch verpflichtet, diesen Schaden - allerdings nur im tatsächlichen Ausmaß - zu ersetzen. Eine solche Verpflichtungserklärung kann bei Würdigung aller Umstände, insbesondere auch deshalb, weil sie der Beklagte im Rechtsstreit selbst abgab und nicht nur die Forderung - dem Grunde nach - anerkannte, sondern auch das schadensstiftende Verhalten zugestand, nur so verstanden werden, daß er die umstrittene Entschädigungsforderung jedenfalls - also auch, wenn inzwischen deren Verjährung eingetreten sein sollte, allerdings nur in der berechtigten Höhe - begleichen wolle (ähnlich auch 8 Ob 175/70).

Muß der Erklärung des Beklagten in seiner Parteiaussage somit ein solcher Rechtsgestaltungswille beigemessen werden, haben die Vorinstanzen zu Unrecht Verjährung angenommen. Im Hinblick auf das Anerkenntnis der Forderung durch den Beklagten dem Grunde nach ist vom Erstgericht somit im fortgesetzten Verfahren nur mehr die Höhe der berechtigten Forderung zu prüfen.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs.1 ZPO.

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