Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die am 25.6.1983 geschlossene Ehe der Parteien wurde mit Urteil des Bezirksgerichtes St.Pölten 2.9.1992, 1 C 39/92 nach § 49 EheG wegen gleichteiligen Verschuldens beider Ehegatten geschieden. Das Urteil ist seit 3.9.1992 rechtskräftig. Im Scheidungsverfahren schlossen die Ehegatten in der Tagsatzung vom 2.9.1992 einen Vergleich. In dessen Punkt 1 stellten sie einvernehmlich fest, daß zwischen ihnen - auch für den Fall der Not, geänderter Verhältnisse oder geänderter Rechtslage - kein Unterhaltsanspruch besteht und auch nach Scheidung der Ehe nicht entstehen kann. Unter Punkt 2 verpflichtete sich die Frau, unbeschadet einer allfälligen Einbeziehung in die Vermögensabrechnung eines allfälligen F-Verfahrens, dem Mann folgende Gegenstände in natura auszufolgen: einen Kristallkronleuchter, einen Fitneßapparat, ein Herrenfahrrad, zwei Alu-Latten, einen Rennradständer, ein antikes schwarzes Bügeleisen, zwei Wandbilder und ein Buch. Zu Punkt 3 wurden die Kosten des Scheidungsverfahrens gegenseitig aufgehoben.
Am 2.10.1992 stellte der geschiedene Ehemann (ASt) den Antrag auf Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Das eheliche Gebrauchsvermögen bestehe aus
a) der Liegenschaft EZ ***** GB *****,
b) der Hauseinrichtung,
c) einem auf die Frau (AG) zugelassenen Pkw,
d) Wertpapieren über 100.000 S,
e) Bausparverträgen für beide Ehegatten,
f) diversem persönlichem Inventar, wie Werkzeug etc, und
g) dem Hausrat.
Vor Einleitung des Scheidungsverfahrens seien Verhandlungen über die Vermögensaufteilung aufgenommen worden. Die AG habe dem ASt bereits 340.000 S gezahlt. Dies sei aber kein angemessener Aufteilungsbetrag. Über dessen Höhe sei es auch im Scheidungsverfahren zu keiner Einigung gekommen. Sollte der ASt eine angemessene Entschädigung von weiteren 410.000 S erhalten, sei er bereit, das Haus samt Einrichtungsgegenständen und Hausrat und den Pkw (Punkt a bis c und g) der AG zu überlassen und wünsche lediglich einige Fahrnisse: das persönliche Werkzeug in zwei Werkzeugkisten, darunter drei Alulatten, einen Rennradständer und ein antikes schwarzes Bügeleisen.
Die AG wendete in erster Linie ein, daß sie mit dem ASt bereits im Oktober 1991, als sie bereits getrennt gelebt hätten, im Hinblick auf die damals geplante Scheidung eine einvernehmliche Regelung über die Aufteilung des ehelichen Vermögens iS des § 97 Abs 2 EheG getroffen habe. Es sei auch über eine Ausgleichszahlung abgesprochen und vereinbart worden, daß dem ASt eine solche von 340.000 S zustehe. Diese sei ihm auch in drei Teilbeträgen zugekommen, und zwar 90.000 S am 23.10.1991, 124.000 S am 8.11.1991 und 126.000 S am 12.11.1991. Er habe eine Erklärung unterschrieben, daß mit der Zahlung dieses Betrages alle wie immer gearteten Forderungen an die AG abgegolten und erledigt seien. Da er deshalb keine weiteren Ansprüche mehr geltend machen könne, sei sein Antrag abzuweisen. Dazu berief sich die AG auf die schriftliche Vereinbarung und die Vernehmung der Parteien. Für den Fall, daß das Gericht nicht davon ausgehen sollte, daß der ASt im Hinblick auf die erwähnte Abfindungserklärung keine wie immer gearteten Ansprüche mehr habe, stellte die AG am 9.11.1992 ihrerseits einen Antrag auf Aufteilung des ehelichen Vermögens.
In der Tagsatzung zur mündlichen Verhandlung vom 14.1.1993 bestritt der ASt das Bestehen einer formgültigen Aufteilungsvereinbarung. Die zwischen den damaligen Ehegatten geführten Gespräche über eine einvernehmliche Scheidung hätten zu keinem Ergebnis geführt. Im Rahmen dieser Gespräche sei auch die "Bestätigung vom Oktober 1991" ausgestellt worden, nachdem die AG zugesagt gehabt hätte, daß die gemeinsame Tochter in die Obhut des ASt käme. Nach Erhalt der Bestätigung habe die AG diese Zusage zurückgezogen. Eine Bindung des ASt ohne Gesamtregelung sei von ihm nie beabsichtigt worden. Er habe jedoch das "Geld" erhalten. Im Scheidungsverfahren seien die Parteien davon ausgegangen, daß keine vermögensrechtliche Vereinbarung getroffen worden und eine einvernehmliche Scheidung daher nicht möglich sei. Zum Beweis bot der ASt den Scheidungsakt, eine Zeugin und die Parteienvernehmung an.
Die AG erwiderte, daß ein gemeinsamer Antrag auf Scheidung im Einvernehmen mit den der vorgelegten "Bestätigung vom Oktober 1991" entsprechenden Regelungen verfaßt und abgegeben worden sei. Es sei damals nicht vereinbart worden, daß dem ASt die Obsorge für das Kind zukommen solle. Die AG habe ihm nur ein ausgedehntes Besuchsrecht zugestanden. Zur Scheidung im Einvernehmen sei es aber nicht gekommen. Der ASt habe sich nämlich am Tag des Scheidungstermines so erregt verhalten, daß der Richter den Ausspruch der Scheidung abgelehnt habe. Die Obsorge für das Kind habe der ASt erst im Februar 1992 verlangt. Dazu berief sich die AG auf eine Besuchsrechtsvereinbarung vom 28.11.1991, auf den Antrag auf Scheidung im Einvernehmen und auf die Vernehmung der Parteien.
Das Erstgericht verlas zwar die vorgelegten Urkunden, nahm aber von weiteren Beweisaufnahmen Abstand, weil der entscheidungswesentliche Sachverhalt durch die Urkunden und die Behauptungen ausreichend geklärt sei. Dann wies es den Antrag des ASt ab.
Es stellte im wesentlichen fest, daß die Ablichtung einer "Mehrfachbestätigung" über die Leistung der Ausgleichszahlung von 340.000 S in Raten vorliegt; deren am 12.11.1991 (vom ASt) gefertigten letzten beiden Sätze lauten: "Damit sind alle Forderungen von Herrn K***** Ewald an Frau K***** Hildegard erfüllt. Herr K***** wird daher keine wie immer gearteten zusätzlichen Forderungen an Frau K***** stellen." Der nicht datierte, aber offenbar am 12.12.1991 (beim Bezirksgericht St.Pölten) überreichte Antrag auf Scheidung im Einvernehmen 1 Sch 70/91 enthält im beiliegenden, von den Parteien gefertigten Fragebogen, der üblicherweise zur Vorbereitung der Scheidungsvereinbarung dienen soll, einerseits die Klausel, daß die Tochter aus dieser Ehe in die Obsorge der Mutter komme, andererseits auch den Vermerk, daß die Ansprüche des Herrn K***** durch eine bereits ausgezahlte Ausgleichszahlung von 340.000 S abgefunden wurden.
Das Erstgericht vertrat die Rechtsansicht, daß der zwischen den damals noch miteinander verheirateten Parteien geschlossene und erfüllte Abfindungsvergleich wirksam sei. Damit sollte schon vor der Scheidung nach Aufhebung der Geschlechts- und Wohngemeinschaft auch eine einvernehmliche, vollständige Trennung der beiden Wirtschafts- und Eigentumsbereiche bewirkt werden. Die vollständig durchgeführte Vermögensaufteilung habe ihre Rechtswirksamkeit auch über den streitigen Ausspruch der Scheidung hinaus behalten. Sie stehe dem Antrag auf Zuweisung von Gegenständen oder auf eine Ausgleichszahlung entgegen.
In seinem Rekurs machte der ASt vor allem geltend, daß die Vereinbarung vom Oktober/November 1991 keine abschließende Regelung der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse gewesen sei. Dies ergebe sich auch aus dem im streitigen Scheidungsverfahren getroffenen Vergleich. Dazu wären die vom ASt angebotenen Beweise durch Vernehmung einer Zeugin und der Parteien aufzunehmen gewesen.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des ASt Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es sprach aus, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes 50.000 S übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
§ 97 Abs 1 EheG gelte nach Abs 2 leg cit nicht für Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung ... der Ehe über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse schließen. Unmittelbar sei der Zusammenhang dann, wenn er nicht durch irgendwelche Zwischenursachen, zB eine vorübergehende Versöhnung oder einen vorübergehenden Verzicht auf die Einbringung einer Scheidungsklage, beseitigt worden sei. Das Erfordernis der zeitlichen Nähe zwischen der Vereinbarung und dem Scheidungsverfahren dürfe jedoch nicht ganz vernachlässigt werden. Fast neun Monate seien zu lang. Unerheblich sei, daß die Scheidung letztlich nicht nach § 55a, sondern nach § 49 EheG ausgesprochen worden sei. Es werde daher zunächst zu prüfen sein, ob im vorliegenden Fall eine gemäß § 97 Abs 2 EheG wirksame und gültige Vereinbarung vorliege, nach der die AG dem ASt 340.000 S unter Verzicht auf jede weitere Geltendmachung eines Anspruches (auf Aufteilung) ausgefolgt habe. Komme man zu dem Ergebnis, daß die Vereinbarung der Parteien vom Oktober/November 1991 über die Zahlung von 340.000 S an den ASt (durch die AG) eine Vorwegnahme der Vermögensaufteilung iS des § 97 Abs 2 EheG sei, erhebe sich die Frage der Bedeutung des im (streitigen) Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleiches. Daneben bleibe weiter offen, wieweit dieser rechtswirksame Vergleich vom 2.9.1992 einer neuerlichen Antragstellung im Außerstreitverfahren entgegenstehe. Eine Reihe von in diesem Antrag genannten Gegenständen sei nämlich schon im Scheidungsvergleich aufgezählt. Der ASt werde daher anzuleiten sein, seinen Antrag auf Herausgabe bestimmter Gegenstände zu konkretisieren. Sonst werde der Antrag hinsichtlich einiger dieser Gegenstände wegen Unzulässigkeit des Rechtsweges zurückzuweisen sein. Ungeklärt sei auch noch, ob die Liegenschaft ausdrücklich der AG zukommen sollte, wie weit der ASt zur Wertvermehrung des der AG gehörenden Hauses beigetragen habe, wie weit der Lottogewinn zur Abdeckung der Schulden der AG beigetragen habe und ob dieser Lottogewinn allenfalls eine Wertsteigerung ohne Zutun der Ehegatten darstelle. Sollte der ASt der Meinung sein, daß die Vereinbarung vom Oktober/November 1991 wegen List anfechtbar sei, werde er dies im streitigen Verfahren geltend zu machen haben. Er werde aber den Antrag jedenfalls insbesondere im Hinblick auf den rechtswirksamen Vergleich im Scheidungsverfahren sowie der Bewertung einzelner Gegenstände zu konkretisieren haben.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses begründete das Rekursgericht ua damit, daß zur Frage, wie weit die Folgen des § 221 Abs 2 AußStrG und die sodann eingebrachte streitige Ehescheidungsklage den Zusammenhang der vorherigen Vereinbarung nach § 97 Abs 2 EheG aufrecht lassen, eine Rsp des OGH fehle.
Im Revisionsrekurs macht die AG unrichtige rechtliche Beurteilung geltend; sie beantragt, den angefochtenen Beschluß "aufzuheben".
Rechtliche Beurteilung
Der ASt erstattete eine Revisionsrekursbeantwortung. Er beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Der Revisionsrekurs ist nach § 14 Abs 1 und Abs 2 AußStrG zulässig; er ist jedoch jedenfalls im Ergebnis nicht berechtigt.
Die Rechtsmittelwerberin vermeint, die Aufhebung des Beschlusses der ersten Instanz und der dieser erteilte Auftrag, nach Ergänzung des Verfahrens eine neuerliche Entscheidung zu fällen, wären nicht zulässig, weil die von den damaligen Ehegatten (im Oktober/November 1991) geschlossene und am 12.11.1991 erfüllte Vereinbarung schon nach den bisherigen Feststellungen im unmittelbaren Zusammenhang mit der späteren Scheidung der Ehe stehe. Erstens bestehe ein zeitlicher Zusammenhang: Als die Vereinbarung erfüllt worden sei, sei die eheliche Lebensgemeinschaft der Ehegatten schon aufgelöst gewesen. Schon einen Monat nach Erfüllung der Vereinbarung hätten die Ehegatten gemeinsam die Scheidung nach § 55a EheG begehrt und im Scheidungsantrag angegeben, daß ihre Ausgleichsansprüche bereits erledigt seien. Nach Scheitern des Termines vom 23.1.1992 habe die Ehefrau am 10.3.1993 (richtigt 1992) die Scheidungsklage eingebracht. Ein weiterer Zusammenhang zwischen der Vereinbarung und dem Scheidungsverfahren bestehe darin, daß die Ehegatten in dem gemeinsamen Scheidungsantrag beigelegten Fragebogen angegeben hätten, daß bereits sämtliche Ansprüche des Ehemannes erfüllt seien. Der im streitigen Scheidungsverfahren geschlossene Vergleich habe keinen Einfluß auf die Gültigkeit der am 12.11.1991 erfüllten Vereinbarung. Die im Vergleich genannten Sachen würden nach § 82 Abs 1 EheG nicht der Aufteilung unterliegen, weil sie der Ehemann geerbt habe (Z 1) und weil sie seinem alleinigen persönlichen Gebrauch gedient hätten (Z 2).
Der ASt hingegen vertritt in der Revisionsrekursbeantwortung die Meinung, das Rekursgericht hätte bereits ausführen können, daß die strittige Bestätigung keine rechtsgültige Vereinbarung über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens iS des § 97 Abs 2 EheG sei. Da eine solche Vereinbarung ein Vertrag sei, müsse ihr Inhalt nach den Regeln der §§ 914f ABGB ermittelt werden. Demnach sei der Wille der Parteien zu erforschen. Dabei komme dem im Scheidungsverfahren geschlossenen Vergleich besondere Bedeutung zu. Darin habe sich die AG unbeschadet einer allfälligen Einbeziehung in die Vermögensabrechnung eines allfälligen Verfahrens zur Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse verpflichtet, dem ASt zahlreiche Fahrnisse in natura auszufolgen. Diese vergleichsweise Teileinigung stelle ein gewichtiges Indiz dafür dar, daß mit der Vereinbarung vom Oktober/November 1991 keine abschließende Regelung der Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens beabsichtigt gewesen sei. Weiters habe der ASt die Vereinbarung nur für den Fall einer Scheidung im Einvernehmen und unter der Voraussetzung akzeptiert, daß die Tochter in seine Obsorge komme bzw er ein ausgedehntes Besuchsrecht erhalte. Die strittige Vereinbarung stehe auch deshalb nicht im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung, weil damals noch nicht festgestanden sei, daß ein Verfahren auf Scheidung eingeleitet werde. Die Ehegatten hätten damals lediglich ein Verfahren auf Scheidung im Einvernehmen in Aussicht genommen. Das Nichtzustandekommen einer solchen Scheidung bedeute nicht automatisch, daß ein Verfahren nach § 49 EheG eingeleitet werde. Auch deshalb, weil zwischen der Vereinbarung im Oktober 1991 und der Einbringung der Scheidungsklage im März 1992 fünf Monate lägen, sei der im § 97 Abs 2 EheG geforderte Zusammenhang zu verneinen.
Beiden Meinungen ist nur teilweise zu folgen.
Nach § 97 Abs 1 EheG kann auf den Anspruch auf Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens nach den §§ 81 bis 96 im voraus rechtswirksam nicht verzichtet werden. Verträge, die die Aufteilung ehelicher Ersparnisse im voraus regeln, bedürfen zu ihrer Rechtswirksamkeit der Form eines Notariatsaktes. Der Absatz 1 gilt nach Abs 2 leg cit nicht für Vereinbarungen, die die Ehegatten im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung ... der Ehe über die Aufteilung ehelichen Gebrauchsvermögens und ehelicher Ersparnisse schließen.
Pichler wies erstmals in seinem der Besprechung von Schwind, Eherecht2 dienenden Aufsatz "Einige Probleme des neuen Eherechts", JBl 1981, 281 (289) darauf hin, daß es bei § 97 Abs 2 EheG nicht auf den zeitlichen, sondern auf den ursächlichen Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren ankomme. Bestehe einmal die, wenn auch einseitige, Absicht, auf Scheidung zu klagen, oder die beiderseitige Absicht, sich einvernehmlich scheiden zu lassen, so sei - wenn die Absicht beiden Ehegatten bekannt sei - auch eine außergerichtliche und formlose Vereinbarung wirksam, aufschiebend bedingt durch die künftige richterliche Eheauflösung. Zwischen einer solchen Vereinbarung und einem bestimmten, daher der Verfristung (§§ 40 und 57 EheG) unterliegenden Aufhebungs- oder Scheidungsgrund müsse ein Zusammenhang bestehen. Vereinbarungen für den abstrakten Fall, "wenn wir uns einmal scheiden lassen sollten", fielen daher nicht unter die Formbegünstigung.
Schwind, Familienrecht (1984) 116 führt zur Frage des Zusammenhanges zwar zunächst aus, in der Regel werde das zeitliche Element diesen Zusammenhang darstellen, dh also, daß Vereinbarungen, die wenige Wochen oder Monate vor einer Klage auf Scheidung ... geschlossen worden seien, zulässig bzw auch ohne Notariatsform formwirksam seien. Er berücksichtigt dann aber die zit Ausführungen Pichlers (sa FN 12) und räumt ein, daß das Gesetz allerdings auf den ursächlichen Zusammenhang abstelle, der sich meist in einem zeitlichen ausdrücken werde, dies aber nicht unbedingt müsse.
Nach Bernat in Schwimann, ABGB Rz 5 zu § 97 EheG wird ein Zusammenhang zwischen einer Vereinbarung über die Aufteilung der § 81 Abs 2 und Abs 3 unterfallenden Sachen und dem Verfahren auf Scheidung sowohl durch ein sachliches als auch ein zeitliches Naheverhältnis dieser zwei Ereignisse begründet. Die beiden Komponenten dürften zwar nicht starr gesehen werden.... Ein Vertrag stehe auch nicht im Zusammenhang mit einem Scheidungsverfahren, wenn geplant sei, die Ehe für einen ungewissen, tatsächlich jedoch längeren Zeitraum, fortzusetzen, weil im Hinblick auf § 97 Abs 2 EheG wesentlich sei, daß die Eheleute nach Vertragsabschluß die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft nicht mehr ernsthaft anstrebten. Im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsverfahren stünden jedenfalls Vereinbarungen, die unmittelbar vor Einleitung eines solchen Verfahrens geschlossen worden seien. Stehe ein solcher Zusammenhang fest, sei es unerheblich, ob die Scheidung letztlich auf Grund von § 49 EheG oder nach § 55a leg cit erfolge.
Pichler in Rummel, ABGB2 II Rz 3 zu § 97 EheG wiederholt seine schon in JBl 1981, 289 geäußerte Ansicht, daß es nicht auf den zeitlichen, sondern auf den ursächlichen Zusammenhang ankomme, nämlich auf die, wenn auch einseitige, Absicht, auf Scheidung zu klagen, oder auf die beiderseitige Absicht, sich einvernehmlich scheiden zu lassen. Ab dieser Absicht, die beiden Ehegatten bekannt sein müsse, sei auch eine außergerichtliche und formlose Vereinbarung wirksam, allerdings aufschiebend bedingt durch die künftige richterliche Eheauflösung. Dabei konnte sich Pichler insbesondere auf die E EvBl 1990/153 berufen, in der sich der 4.Senat des OGH der von Pichler auch in der 1. Auflage des zit Kommentars vertretenen Ansicht anschloß. Der erkennende Senat teilt diese Rechtsmeinung.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsansicht ergibt sich, daß die Vereinbarung(en) der damaligen Ehegatten im Oktober/November 1991 im Zusammenhang mit dem Verfahren auf Scheidung ihrer Ehe geschlossen wurde(n). Diese Vereinbarung(en), insbesondere die Generalklausel, in der der damalige Ehemann nach Erhalt des letzten Teilbetrages der mit 340.000 S vereinbarten Ausgleichszahlung am 12.11.1991 erklärte, daß damit alle seine Forderungen gegen die Ehefrau erfüllt seien und daß er daher an sie keine wie immer gearteten zusätzlichen Forderungen stellen werde, sind demnach nicht gemäß § 97 Abs 1 EheG rechtsunwirksam, weil auf sie die Ausnahmebestimmung des Abs 2 leg cit anzuwenden ist.
Dem Rekursgericht ist jedoch darin zuzustimmen, daß sich insbesondere aus dem im streitigen Scheidungsverfahren am 2.9.1992 zwischen den Ehegatten geschlossenen Vergleich, in dessen Punkt 2 sich die Ehefrau verpflichtete, unbeschadet einer allfälligen Einbeziehung in die Vermögensabrechnung eines allfälligen F-Verfahrens, dem Ehemann mehrere Gegenstände auszufolgen, Zweifel darüber ergeben, ob sich die Vereinbarung(en) vom Oktober/November 1991 auf die Aufteilung des gesamten ehelichen Gebrauchsvermögens und der gesamten ehelichen Ersparnisse bezog(en), bzw ob die Ehegatten von einer solchen ursprünglichen Generalregelung bis zum erwähnten Vergleich vom 2.9.1992 abgingen.
Aus den §§ 85 und 97 Abs 2 EheG und § 230 Abs 1 letzter Satz AußStrG ergibt sich, daß einer gütlichen Einigung der Ehegatten über die Aufteilung der Vorrang gegenüber einer gerichtlichen Aufteilung eingeräumt ist: der Außerstreitrichter hat daher nur dann und insoweit zu entscheiden, als eine Einigung nicht vorliegt (MietSlg 38.696; EFSlg 51.783; EvBl 1982/160 = RZ 1983/43 mwN; SZ 53/125 = JBl 1981, 599 = EvBl 1981/22; SZ 53/150 = JBl 1981, 483; 4 Ob 560/91; 1 Ob 568/92; Bernat in Schwimann, ABGB Rz 1 zu § 85 EheG). Ansprüche auf Durchsetzung oder Anfechtung nach § 97 Abs 2 EheG zulässig getroffener Aufteilungsvereinbarungen sind im Streitverfahren zu verfolgen (EvBl 1990/153; SZ 54/126 = JBl 1983, 435 = EvBl 1982/184; SZ 53/125 und 150; 1 Ob 568/92; Pichler in Rummel, ABGB2 II Rz 1 zu § 85 EheG, Rz 6 zu § 97 EheG). Trotz Einigung der Eheleute über die wesentlichen Folgen der Scheidung ihrer Ehe kann innerhalb der gesetzlichen Fristen ein Aufteilungsverfahren nach den §§ 81ff EheG und den §§ 229ff AußStrG eingeleitet werden, wenn eine solche vergleichsweise Aufteilung wegen Irrtums oder Unkenntnis eines Teiles oder beider Teile unvollständig geblieben ist und hierüber - kein Einvernehmen zu erzielen ist. Es widerspräche dem Zweck der gesetzlichen Aufteilungsanordnung, dem betroffenen früheren Ehegatten die Durchsetzung des restlichen Aufteilungsanspruches zu verweigern (EFSlg 51.785 und 54.619; SZ 57/139 mit zust Anm von Pfersmann in ÖJZ 1987, 112; Bernat aaO Rz 3 zu § 85 EheG). In einem solchen Fall sind nur jene Vermögensgegenstände aufzuteilen, bezüglich deren Aufteilung das Gericht angerufen wurde.
Bei der Beurteilung der Frage, ob ein geltend gemachter Anspruch in das Außerstreitverfahren oder auf den Rechtsweg gehört, ist von den Behauptungen des ASt auszugehen (MietSlg 20.659 und 38.696; 1 Ob 568/92). Behauptet ein geschiedener Ehegatte, daß zwischen den Ehegatten nur eine Teilvereinbarung geschlossen worden sei und begehrt er deshalb die ergänzende Entscheidung des Außerstreitrichters, ist dieser zur Entscheidung über dieses Begehren nach § 85 EheG auch dann berufen, wenn der Antragsgegner - wie hier - eine umfassende Aufteilungsvereinbarung behauptet. Im Streitfall hat der Außerstreitrichter zu prüfen, ob und in welchem Umfang eine Vereinbarung geschlossen wurde. Gelangt er zur Überzeugung, daß eine (das gesamte eheliche Gebrauchsvermögen und die gesamten ehelichen Ersparnisse umfassende) Vereinbarung vorliegt, dann hat er das Aufteilungsbegehren abzuweisen, weil nichts mehr aufzuteilen ist (SZ 53/150; SZ 60/95; EvBl 1990/153; 1 Ob 568/92). Ein Vergleich über die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse schließt eine Antragstellung nach den §§ 81ff EheG nur insoweit aus, als die Vereinbarung reicht (SZ 52/129; EFSlg 60.070). Der übereinstimmend erklärte Parteiwille entscheidet, was die Streitteile als Gegenstand der Streitbereinigung angenommen haben (EFSlg 33.838; EvBl 1992/45; 1 Ob 568/92; Harrer in Schwimann, ABGB Rz 17 zu § 1380).
Im zu ergänzenden Verfahren wird daher zu prüfen sein, was der erklärte Parteiwille der Vereinbarung(en) vom Oktober/November 1991 war, insbesondere ob sich diese Vereinbarung(en) auf die Aufteilung des gesamten ehelichen Gebrauchsvermögens und der gesamten ehelichen Ersparnisse bezog(en), bzw ob die damaligen Ehegatten von einer solchen ursprünglichen Generalregelung bis zum Vergleich vom 2.9.1992 wieder abgingen. Dabei werden gemäß § 230 Abs 2 AußStrG die Bestimmungen der Zivilprozeßordnung über die Beweise anzuwenden und die von den Parteien angebotenen erheblichen Beweise aufzunehmen sein. Dazu zählen vor allem der vom ASt angebotene Zeugenbeweis und die von beiden Parteien beantragte Parteienvernehmung.
Schon deshalb ist der Aufhebungs- und Zurückverweisungsbeschluß des Rekursgerichtes aufrechtzuerhalten, dessen nicht mit § 97 EheG zusammenhängende Ausführungen bzw Aufträge im Revisionsrekursverfahren nicht releviert wurden.
Der Vorbehalt der Entscheidung über den Ersatz der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung beruht auf der sinngemäßen Anwendung des § 52 Abs 1 ZPO iVm § 234 AußStrG.
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