OGH 5Ob39/94

OGH5Ob39/9431.5.1994

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Schwarz, Dr.Floßmann, Dr.Adamovic und Dr.Baumann als weitere Richter in der Rechtssache des Antragstellers Mag.Dr.Wolfgang A*****, Unternehmer, ***** vertreten durch Dr.Hella Ranner und Dr.Franz Krainer, Rechtsanwälte in Graz, wider die Antragsgegner 1.) Dkfm Harald F*****, Geschäftsmann, 2.) Heinz W*****, Pensionist, vertreten durch Dr.Martin Pölzl, Funktionär der Mietervereinigung Österreichs, Lokalorganisation Graz, 3.) Dr.Barbara AstridS*****, Juristin, 4.) Dr.Norbert S*****, Rechtsanwalt, 5.) Ing.Walter K*****, Baumeister, 6.) Günther B*****, Selbständiger, und

  1. 7.) Prof.Dr.Helmut H*****, Arzt, alle ***** die Antragsgegner 3.),
  2. 5.) und 6.) vertreten durch den Viertantragsgegner, wegen Erhöhung der Hauptmietzinse (§ 18 MRG iVm § 37 Abs 1 Z 10 MRG) infolge Revisionsrekurses der Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstantragsgegner gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für ZRS Graz als Rekursgericht vom 28.Mai 1993, GZ 3 R 119/93-12, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes für ZRS Graz vom 25.Jänner 1993, GZ 6 Msch 29/91-8, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs der Dritt-, Viert- und Fünftantragsgegner wird zurückgewiesen.

Dem Revisionsrekurs des Sechstantragsgegners wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Nach der Aktenlage ist der Antragsteller grundbücherlicher Alleineigentümer der Liegenschaft EZ ***** des Grundbuches ***** I***** mit dem Haus E*****gasse Nr.3 in G*****. Mit Bescheid der Schlichtungsstelle der Stadt Graz vom 14.6.1991 wurde ihm zur Durchführung von Instandhaltungsarbeiten für die Zeit vom 1.7.1991 bis 30.6.2001 die Anhebung der Hauptmietzinse von acht Wohnungen bzw Geschäftsräumlichkeiten dieses Hauses bewilligt, wobei das Objekt Nr.5, das auf den Namen des nunmehrigen Viertantragsgegners lautet, in die Ausstattungskategorie A eingeordnet und der "noch nicht ausgebaute Dachboden des Hauses nicht in die Nutzfläche des Hauses einbezogen" (gemeint ist: bei der Ermittlung der im Sinne des § 18 Abs 1 Z 6 MRG anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse nicht berücksichtigt) wurde. Dieses Hauptmietzinserhöhungsverfahren ist durch einen Antrag der Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstantragsgegner (letzterer wurde offensichtlich nur irrtümlich im Kopf der ON 1 nicht angeführt) gerichtsanhängig geworden.

Die genannten Antragsgegner haben das Hauptmietzinserhöhungsbegehren in zwei Punkten bekämpft: Einerseits soll das Objekt 5 (ohne dies zum Gegenstand eines Zwischenfeststellungsbegehrens zu machen) der Ausstattungskategorie C zugeordnet werden; andererseits sei "der bereits außerbücherlich verkaufte Dachboden, dessen Ausbau unmittelbar bevorstehe, bei der Nutzflächenberechnung zu berücksichtigen".

Das Erstgericht bewilligte mit Sachbeschluß vom 25.1.1993 die beantragte Hauptmietzinserhöhung mit der Maßgabe, daß das Objekt Nr.5 (die nunmehrige Kanzlei des Viertantragsgegners) der Kategorie C zugeordnet wurde und der im Entscheidungszeitpunkt noch nicht fertig ausgebaute Dachboden bei der Ermittlung der anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse unberücksichtigt blieb. Insgesamt führte dies zu einer geringfügigen Änderung der Anhebungsbeträge für die (so wie im außer Kraft getretenen Bescheid der Schlichtungsstelle angenommenen) acht Objekte des Hauses.

Von Interesse für die Behandlung des Revisionsrekurses sind aufgrund der Anfechtungserklärung nur noch die Ausführungen des Erstgerichtes zur Frage, ob es sich beim fraglichen Dachboden um ein Objekt im Sinne des § 18 Abs 1 Z 6 lit c MRG (idF vor dem 3.WÄG) handelt, das der Vermieter (selbst) benützt oder trotz seiner Vermietbarkeit leerstehen läßt. Dazu steht lediglich fest, daß das verfahrensgegenständliche Haus - ein Altbau - in Wohnungseigentum übergeführt werden soll und daß neben Wohnungen (die bereits von den künftigen Wohnungseigentümern benützt werden) auch ein Dachboden "leerstehend verkauft" wurde, um ihn auszubauen (und offensichtlich als zusätzliches Wohnungseigentumsobjekt zu nutzen). Die Bauarbeiten waren im Entscheidungszeitpunkt bereits im Gang, aber noch nicht fertiggestellt, weshalb das Erstgericht den auf die Dachbodenfläche entfallenden fiktiven Kategoriemietzins in die Gesamtsumme der für die Mietgegenstände des Hauses anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse nicht einbezog, weil nur objektiv vermietbare Mietgegenstände heranzuziehen seien und diese Eignung erst mit dem (fertigen) Ausbau erreicht werde.

Das nur in diesem Punkt von den Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstantragsgegnern angerufene Rekursgericht bestätigte den erstinstanzlichen Sachbeschluß. Es teilte die Rechtsansicht des Erstgerichtes, daß der Dachboden bei der Ermittlung der für die Hauptmietzinserhöhung maßgeblichen Faktoren nicht berücksichtigt werden könne, weil für die Frage der Nutzflächenberechnung der Zustand im Zeitpunkt der Entscheidung der ersten Instanz maßgeblich sei. Damals habe sich der Dachboden jedenfalls noch im Ausbauzustand befunden.

Der Sachbeschluß des Rekursgerichtes enthält den Ausspruch, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei; Rechtsfragen von erheblicher Bedeutung im Sinne des § 528 Abs 1 ZPO hätten nämlich nicht gelöst werden müssen.

Rechtliche Beurteilung

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs machen die Dritt-, Viert-, Fünft- und Sechstantragsgegner geltend, daß der genaue Ausbauzustand des Dachbodens von Amts wegen hätte erhoben werden müssen, sollte von ihm tatsächlich die Gesamtsumme der für die Mietgegenstände des Hauses anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse beeinflußt werden. § 18 Abs 1 Z 6 lit c MRG ordne jedoch ohnehin an, alle vermietbaren Objekte in diese Rechnung einzubeziehen. Da ein leerer (auch noch nicht ausgebauter) Dachboden ohne weiteres vermietet werden könne (etwa um ihn auszubauen und dann als Wohnung zu nutzen), hätte jedenfalls die Dachbodennutzfläche festgestellt und bei der Hauptmietzinserhöhung berücksichtigt werden müssen. Der Revisionsrekursantrag geht dahin, den angefochtenen Beschluß entweder so abzuändern, daß bei der Berechnung der erhöhten Hauptmietzinse auch der Dachboden des verfahrensgegenständlichen Hauses miteinbezogen wird, oder aber aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an eine der Vorinstanzen zurückzuverweisen.

Den übrigen Parteien wurde die Beantwortung des Revisionsrekurses freigestellt; die Rechtsmittelbeantwortung des Antragstellers, der als einziger von dieser Möglichkeit Gebrauch machte, kann jedoch zufolge ihrer Verspätung (sie wurde entgegen § 508a Abs 2 ZPO beim Erstgericht eingebracht und langte erst nach Ablauf der vierwöchigen Notfrist des § 507 Abs 2 ZPO beim Obersten Gerichtshof ein - vgl E 1 zu § 465 ZPO, MGA14) nicht berücksichtigt werden.

Der von den Dritt-, Viert- und Fünftantragsgegnern erhobene Revisionsrekurs erweist sich aus Gründen, die bereits in der (dieselbe Rechtssache betreffenden) Entscheidung des Obersten Gerichtshof vom 7.12.1993, 5 Ob 102/93 (WoBl 1994, 27/4), ausgeführt wurden, als unzulässig. Durch die mittlerweiligen Zwischenerhebungen hat sich nämlich herausgestellt, daß die genannten Antragsgegner nicht Hauptmieter der von ihnen benützten Wohnungen sind, sondern ihr Benützungsrecht auf den (bislang nicht verbücherten) Kauf von Liegenschaftsanteilen und die Zusage von Wohnungseigentum stützen. Dieses obligatorische Nutzungsrecht verschafft ihnen keine Parteistellung in dem gemäß §§ 18 ff iVm § 37 Abs 1 Z 10 MRG anhängigen Verfahren zur Erhöhung der Hauptmietzinse. Der Umstand, daß in den Wohnungseigentums-Anwartschaftsverträgen vereinbart wurde, das bis zur Begründung des Wohnungseigentums andauernde obligatorische Rechtsverhältnis den Bestimmungen des MRG zu unterwerfen und die im Fall einer Hauptmietzinserhöhung auf die einzelnen Objekte entfallenden Anhebungsbeträge (auch) auf die Wohnungseigentumsbewerber zu überwälzen, ändert daran nichts, weil es am Wesentlichen der Rechtsposition eines Hauptmieters, der Verpflichtung zur Bezahlung eines Mietzinses, also eines laufenden Entgelts für die Benützung, fehlt. Da das Verfahren zur Erhöhung der von den Mietern zu zahlenden Hauptmietzinse auf einen rechtsgestaltenden Eingriff des Außerstreitrichters in diese Entgeltsvereinbarung abzielt (Würth in Rummel2, Rz 2 zu §§ 18 bis 19 MRG), wird die Rechtsposition der Dritt-, Viert- und Fünftantragsgegner durch das Verfahrensergebnis nicht unmittelbar berührt. Inwieweit sie vertraglich verpflichtet sind, zu jenen Erhaltungsarbeiten beizutragen, die Gegenstand des Hauptmietzinserhöhungsverfahrens sind, ist als Frage einer rein rechtsgeschäftlichen Bindung nicht vom Außerstreitrichter zu entscheiden (vgl WoBl 1992, 126/92 ua).

Anders verhält es sich mit dem Sechstantragsgegner, der nach den Ergebnissen der Zwischenerhebung Hauptmieter der nun "gekauften" Wohnung war und dies bis zur Begründung des zugesagten Wohnungseigentums auch bleiben sollte. Er wird von der verfahrensgegenständlichen Hauptmietzinserhöhung unmittelbar betroffen und ist daher als Partei des Verfahrens (§ 37 Abs 3 Z 3 MRG) auch zum Rekurs legitimiert. Sein Rechtsmittel erfüllt darüber hinaus die Zulässigkeitsvoraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO (iVm § 37 Abs 3 Z 16 MRG), weil er eine bisher von der Judikatur nicht gelöste Rechtsfrage anspricht; es ist allerdings nicht berechtigt.

Die Lösung der Frage, ob der vom Hauseigentümer zur Schaffung einer oder mehrerer Wohnungseigentumseinheiten bereits "verkaufte", aber im Entscheidungszeitpunkt noch nicht fertig ausgebaute Dachboden bei der Ermittlung der anrechenbaren monatlichen Hauptmietzinse zu Buche schlägt, hängt davon ab, ob er im Sinne des § 18 Abs 1 Z 6 lit c MRG als Objekt des Hauses qualifiziert werden kann, das der Vermieter (selbst) benützt oder trotz seiner Vermietbarkeit leerstehen läßt. Unter "Objekten des Hauses" sind dabei, wie sich aus der Einleitung des § 18 Abs 1 Z 6 MRG ergibt, Mietgegenstände des Hauses zu verstehen, nach der Legaldefinition des § 1 Abs 1 leg cit also Wohnungen, einzelne Wohnungsteile oder Geschäftsräumlichkeiten aller Art (vgl Würth in Rummel2, Rz 8 zu §§ 18 bis 19 MRG). Dachbodenräume fallen, weil es sich dabei weder um Wohn- noch Geschäftsräumlichkeiten handelt, grundsätzlich nicht darunter (MietSlg 42.172 = WoBl 1992,12/4 mit Anm von Würth). Auch nach dem weitergehenden Verständnis des in § 17 MRG verwendeten Begriffs "Mietgegenstand" wäre zu fordern, daß es sich um ein nach allgemeinem Verständnis "vermietbares Objekt" handelt (vgl Würth, WoBl 1991, 256, in der Anmerkung zu 5 Ob 59/91), was auf einen Dachboden in der Regel nicht zutrifft.

Als Mietgegenstand oder vermietbares Objekt im Sinne des § 18 Abs 1 Z 6 lit c MRG könnte demnach der verfahrensgegenständliche Dachboden nur dann angesprochen werden, wenn er sich aufgrund seiner besonderen baulichen Ausstattung als typischer Wohn- oder Geschäftsraum darstellt. Davon kann bei einem Dachboden, der im maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt erst zu einer Wohnung ausgebaut wird, keine Rede sein. Ein Vorgriff auf künftige Nutzungsmöglichkeiten, wie sie der Rechtsmittelwerber verlangt, ist im Gesetz nicht vorgesehen und würde auch dem Grundsatz widersprechen, daß es in Fragen der Vermietbarkeit von Räumen auf deren objektiven Ausstattungszustand (vgl WoBl 1991,255/159) - auch unter Beachtung der einschlägigen Rechtsvorschriften - ankommt (vgl MietSlg 42.272).

Damit entsprechen die Entscheidungen der Vorinstanzen der Sach- und Rechtslage. Den als Mangel des erstinstanzlichen Verfahrens gerügten Umstand, daß nicht versucht wurde, den allerletzten Ausbauzustand des Dachbodens durch einen amtswegigen Lokalaugenschein oder sonstige Beweise zu erheben, kann der Oberste Gerichtshof nicht aufgreifen, weil genau diese Mängelrüge bereits von der zweiten Instanz verworfen wurde. Daß Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr geltend gemacht werden können, wenn sie bereits das Rekursgericht verneint hat, gilt nämlich auch im Verfahren nach § 37 MRG (5 Ob 1071/91 ua). Im übrigen wurde bereits ausgeführt, daß die Vermutung gegen die Vermietbarkeit eines Dachbodenraums spricht (vgl MietSlg 42.172). Den ihm obliegenden Gegenbeweis hat der Rechtsmittelwerber, der sogar ausdrücklich auf weitere Beweisaufnahmen über den Ausbauzustand des Dachbodens verzichtete, nicht angetreten; irgendwelche Anhaltspunkte dafür, daß die an sich unstrittige Tatsache noch in Gang befindlicher Ausbauarbeiten unrichtig wäre, lagen nicht vor.

Es war daher wie im Spruch zu entscheiden.

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