OGH 5Ob1071/91

OGH5Ob1071/9129.10.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Klinger, Dr. Niederreiter, Dr. Schwarz und Dr. Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Josefine L*****, Gastwirtin, *****Wien, H*****straße 60/16, vertreten durch Dr. Peter Bock, Rechtsanwalt in Wien (zur Parteistellung der Antragstellerin siehe den Beschluß des Handelsgerichtes Wien vom 11. Juli 1991, 4 S 34/89-76), wider die Antragsgegnerin Dr. Edith W*****, Hauseigentümerin, *****Wien, H*****gasse 31, vertreten durch Dr. Hans Georg Mondel, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 8 MRG infolge ao. Rekurses der Antragsgegnerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 26. März 1991, GZ 48 R 404/90-19, den Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der außerordentliche Rekurs der Antragsgegnerin wird gemäß § 37 Abs 3 Z 16 und Z 18 MRG iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Rechtliche Beurteilung

Begründung

Die vermeintlichen Widersprüche in der Judikatur beruhen darauf, daß die Antragsgegnerin meint, Entscheidungen über den brauchbaren Zustand einer Wohnung oder von kategoriebestimmenden Einrichtungen auf die Beurteilung des zeitgemäßen Standards einer Badegelegenheit übertragen zu können. Gerade zu dieser Rechtsfrage liefert die vom Rekursgericht herangezogene Entscheidung MietSlg 40/28 einen geeigneten Beurteilungsmaßstab.

Nach der ständigen Judikatur des Obersten Gerichtshofes, die durch die soeben erwähnte Entscheidung MietSlg 40/28 fortgeschrieben wurde, sind bei Beurteilung der Frage, was unter einer dem zeitgemäßen Standard entsprechenden Badegelegenheit zu verstehen ist, neben den herrschenden Verkehrsauffassungen auch die Bauvorschriften und Förderungsrichtlinien heranzuziehen, die im maßgeblichen Zeitpunkt gegolten haben. Dieser Zeitpunkt ist - wie auch in MietSlg 40/28 mwN hervorgehoben wurde - der Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses (16 Abs 3 erster Satz MRG), im gegenständlichen Fall also das Jahr 1983 und nicht das angeblich 100 Jahre zurückliegende Datum der Baubewilligung. Nur nebenbei sei erwähnt, daß sich aus dem vorgelegten Bauplan (Beilage 1) die angebliche baubehördliche Genehmigung des fraglichen Badezimmers nicht ergibt.

Daß zum zeitgemäßen Standard einer Badegelegenheit auch eine ausreichende Entlüftung gehört, die verhindert, daß die Benützung anderer Räume durch Feuchtigkeitseinwirkungen beeinträchtigt wird, wurde vom Obersten Gerichtshof bereits wiederholt entschieden (siehe dazu die Nachweise in MietSlg 40/28; dazu noch 5 Ob 64/89). Ebenfalls nicht zu bestreiten ist, daß die maßgeblichen Bauvorschriften eine wirksame Entlüftung des Badezimmers ins Freie erfordert hätten (§ 89 Abs 5 der Wiener Bauordnung). Ob diesen auch noch durch die herrschende Verkehrsauffassung geprägten Voraussetzungen im gegenständlichen Fall entsprochen wurde, ist nach den konkret vorliegenden Umständen zu beurteilen, also keine Frage von grundsätzlicher Bedeutung für die Rechtseiheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung. Da sich das Rekursgericht an die von der Judikatur vorgegebenen Entscheidungsrichtlinien gehalten hat, ist die Fallentscheidung nicht revisibel (vgl WoBl 1991, 143/91 ua).

Die in § 16 Abs 2 Z 4 MRG normierte Anzeigepflicht hinsichtlich der Unbrauchbarkeit des Klosetts oder der Wasserentnahmestelle wird zwar auch analog auf die zu Ausstattungsmerkmalen der Wohnungskategorien B und A gehörigen Einrichtungen angewendet, jedoch dann verneint, wenn das kategoriebestimmende Ausstattungsmerkmal überhaupt fehlt (vgl MietSlg 38/28 ua). Wenn eine Badegelegenheit nicht dem zeitgemäßen Standard entspricht, ist dies dem Fehlen und nicht der bloßen Unbrauchbarkeit eines Ausstattungsmerkmals gleichzuhalten. In einem solchen Fall besteht daher keine Anzeigepflicht (MietSlg 40.347).

Auch im außerstreitigen Verfahren nach § 37 MRG können angebliche Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens nicht mehr geltend gemacht werden, wenn sie bereits das Rekursgericht verneint hat (5 Ob 1027, 1028/91 ua). Bei Behandlung eines außerordentlichen Revisionsrekurses könnten überdies nur Stoffsammlungsmängel aufgegriffen werden, die aus einer iS des § 528 Abs 1 ZPO erheblichen Nichtbeachtung von Vorschriften des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts resultieren (vgl 4 Ob 518/90 ua). Im konkreten Fall meint die Revisionsrekurswerberin, der Hinweis in einer Rechnung des Installateurs, daß die im Badezimmer montierte Etagenheizung über eine elektrisch gesteuerte Gasklappe entlüftet wird, hätte das Erstgericht zu zusätzlichen Erhebungen über eine weitere Entlüftungsmöglichkeit veranlassen müssen. Die Meinung des Rekursgerichts, daß die Abgasführung der Heizung nicht zwangsläufig auch der Entlüftung des Badezimmers diene, ist jedoch keineswegs von der Hand zu weisen. Da das Problem besteht, wie die Entlüftung über den Abgasstrang funktionieren soll, wenn die Heizung nicht in Betrieb ist oder wegen des Betriebs die volle Kapazität der Abgasführung beansprucht, hätte die Antragsgegnerin schon im erstinstanzlichen Verfahren die jetzt als wesentlich erachtete Tatsache vorbringen müssen.

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