OGH 5Ob59/91

OGH5Ob59/9128.5.1991

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Mietrechtssache des antragstellenden Hauptmieters Dipl.Ing.Wolfgang H*****, Architekt, ***** vertreten durch Dr.Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, wider den Vermieter Rudolf S*****, Kaufmann, ***** vertreten durch Christian A*****, Hausverwalter, ***** dieser vertreten durch Dr.Michael Gabler und Mag.Dr.Erich Gibel, Rechtsanwälte in Wien, wegen der Feststellung des Verteilungsschlüssels für die Gesamtkosten des Hauses (§ 37 Abs 1 Z 9 MRG), infolge Revisionsrekurses des Vermieters gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 6.Dezember 1990, GZ 41 R 133/90-21, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 6. Dezember 1989, GZ 44 Msch 18/88-17, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Der Antragsteller ist Hauptmieter der Wohnung Nr. 7a im Haus *****gasse 31 in 1030 Wien des Antragsgegners.

Über Antrag des Hauptmieters entschied das nach § 40 Abs 2 MRG angerufene Erstgericht ua, daß der auf diese Wohnung entfallende Anteil an den Gesamtkosten des Hauses nach § 17 MRG 2,73 % betrage.

Das Rekursgericht änderte den nur in diesem Punkt bekämpften Sachbeschluß des Erstgerichtes im Umfang der Anfechtung über den Rekurs des Hauptmieters dahin ab, daß es wegen der Einheit des Verteilungsschlüssels den Anteil aller Mietgegenstände des Hauses entsprechend den Nutzflächen mit Prozentsätzen feststellte, darunter den Anteil der Garage im Erdgeschoß mit einer Nutzfläche von 207,99 m2 mit 5,8 % und den der Wohnung des Antragstellers mit einer Nutzfläche von 92,22 m2 mit 2,57 % (also um 0,16 % der Gesamtkosten weniger als das Erstgericht).

Zu der im Revisionsrekursverfahren allein noch strittigen Beurteilung, ob der Garagenraum im Erdgeschoß mit seiner Nutzfläche von 207,99 m2 bei der Berechnung der Nutzfläche zu berücksichtigen oder nach § 17 Abs 2 Satz 2 MRG auszuscheiden ist, hat das Erstgericht im wesentlichen festgestellt: Die Möglichkeit, im Untergeschoß in einem Raum des Hauses Kraftfahrzeuge einzustellen, besteht schon seit dem Jahr 1953. Der Hausbesorger gestattete im Jahr 1980 Mietern des Hauses, ihre Fahrzeuge dort einzustellen, und erhielt von ihnen Geld, das er nach eigenem Gutdünken an den Verwalter abführte. Dann teilte der Hauseigentümer dem Hausbesorger mit, er wolle selbst einen Garagenplatz haben, und stellte seither sein Kraftfahrzeug in dem Raum ein. Zur Zeit benützen der Vermieter, seine Ehegattin und ihre Haushälterin unentgeltlich den Raum zum Einstellen von Kraftwägen. Ein Abstellplatz ist an eine nicht im Haus wohnende Frau vermietet, die das Entgelt an den Hausverwalter entrichtet.

Das Erstgericht meinte bei seiner rechtlichen Beurteilung, die Garage werde nach ihrer Ausstattung nicht zu Wohn- oder Geschäftszwecken verwendet und sei daher als Kellerraum bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen. Die Gesamtnutzfläche aller Mietgegenstände im Haus betrage ohne die Nutzfläche der Hausbesorgerwohnung und der Garage daher nur 3.378,98 m2, so daß sich der Anteil des Antragstellers, dessen Wohnung eine Nutzfläche von 92,22 m2 habe, mit 2,73 % (= 2,72922 %) errechne.

Das Rekursgericht bezog hingegen den als Garage verwendeten Raum in die Nutzflächenberechnung ein, weil es sich nicht um eine Neben- oder Kellerräumlichkeit sondern um einen sonstigen Mietgegenstand handle. Die Vermietbarkeit sei anzunehmen. Es sei aber ohne Rücksicht darauf, ob sich die übrigen Hauptmieter, denen die Gelegenheit zur Beteiligung gegeben wurde, formell als Parteien beteiligten, der Prozentanteil aller Mietgegenstände festzustellen (WoBl 1990, 13 mit Anm Würth).

Das Rekursgericht sprach aus, daß der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil der Rechtsfrage der Einbeziehung von Garagen in die Nutzfläche keine erhebliche Bedeutung zukomme.

Mit seinem außerordentlichen Revisionsrekurs strebt der Vermieter die Wiederherstellung des erstrichterlichen Sachbeschlusses an.

Rechtliche Beurteilung

Das Rechtsmittel ist zulässig, weil der Frage, ob zum Einstellen von Kraftfahrzeugen geeignete und verwendete Räumlichkeiten bei der Berechnung der Nutzfläche mit zu berücksichtigen sind, über den Einzelfall hinaus die im § 528 Abs 1 ZPO umschriebene Bedeutung zukommt, und somit die Voraussetzungen nach § 37 Abs 3 Z 16 und 18 (idF nach Art II RRAG BGBl 1989/654) MRG vorliegen.

Der Antragsteller hat beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Die übrigen Hauptmieter des Hauses, die durch Anschlag im Haus von der Revisionsrekurserhebung und der Freistellung seiner Beantwortung am 26.April 1991 verständigt wurden, haben sich auch am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt.

Der Revisionsrekurs ist nicht berechtigt.

Strittig ist nur mehr, ob die Nutzfläche der Garage top.Nr. 16 im Haus in die Gesamtnutzfläche einzubeziehen ist oder bei deren Ermittlung außer Betracht bleibt. Dadurch ergeben sich bei der Feststellung der Anteile der Mietgegenstände an den Gesamtkosten des Hauses nach § 17 Abs 1 MRG Unterschiede, weil sich der Anteil des einzelnen Mietgegenstandes nach dem Verhältnis seiner Nutzfläche zur Nutzfläche aller vermieteten, vom Vermieter benützten oder trotz Vermietbarkeit nicht vermieteten Wohnungen oder sonstigen Mietgegenstände des Hauses bestimmt. Die Nutzfläche der Hausbesorgerwohnung, für die kein besonderes Entgelt entrichtet wird, bleibt dabei außer Betracht (§ 17 Abs 1 MRG). Die in Quadratmetern auszudrückende Nutzfläche ist die gesamte Bodenfläche einer Wohnung oder eines sonstigen Mietgegenstandes abzüglich der Wandstärken und der im Verlauf der Wände befindlichen Durchbrechungen (Ausnehmungen). Keller- und Dachbodenräume, soweit sie ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind, Treppen, offene Balkone und Terrassen sind bei der Berechnung der Nutzfläche nicht zu berücksichtigen (§ 17 Abs 2 MRG).

Ein Raum, gleich ob er im Erdgeschoß oder im Untergeschoß des Hauses liegt, mit mehr als 200 m2 Nutzfläche, der zum Einstellen von Kraftwagen geeignet ist und dazu auch verwendet wird, indem der Vermieter eigene oder Kraftfahrzeuge von Angehörigen oder Dritten dort garagiert, kann weder der Hausbesorgerwohnung, die aus ganz anderen Gründen kraft gesetzlicher Anordnung bei Ermittlung der Gesamtnutzfläche ausscheidet, gleichgestellt werden, noch Keller- oder Dachbodenräumen, die ihrer Ausstattung nach nicht für Wohn- oder Geschäftszwecke geeignet sind. Bei letzteren handelt es sich vor allem um Nebenräume zu anderen Mietgegenständen, die weder zum Wohnen noch zu geschäftlicher Tätigkeit wie etwa dem Lagern von Warenbeständen geeignet sind. Es kommt dabei auf eine objektiv mögliche Nutzung an. Daß der Garagenraum nicht an einen Bestandnehmer zu geschäftlicher Betätigung vermietbar wäre, wurde nicht behauptet. Es ist dies auch nicht im Verfahren hervorgekommen.

Wie die Nutzfläche von Geschäftsräumlichkeiten, die bloß zu Lagerzwecken verwendbar sind, zu berücksichtigen ist (vgl MietSlg 38.373/34), so kann, auch wenn es sich weder um eine Wohnung noch um einen Geschäftsraum handelt, die Nutzfläche der vom Vermieter selbst benützten Garageräumlichkeit nicht unberücksichtigt bleiben; eine solche Garageräumlichkeit kann nur als sonstiger Mietgegenstand angesehen werden, nicht aber als bloße Nebenräumlichkeit wie die im § 17 Abs 2 MRG angeführten Keller- oder Dachbodenräume.

Ob bei Vermietung des Raumes das MRG auf den Mietvertrag anzuwenden ist, ändert daran für die Aufteilung der Gesamtkosten des Hauses nichts. Abgesehen davon, daß die Anwendbarkeit des MRG bei Vermietung des ganzen Garagenraumes oder räumlich abgetrennter Teile zu geschäftlichen Zwecken nicht fraglich wäre, kommt es nicht darauf an, ob die bloße Vermietung räumlich nicht abgeschlossener Abstellplätze vom MRG erfaßt würde (vgl MietSlg 39.208 = WoBl 1988/2 mit Anm Würth; MietSlg 39.207/57 = WoBl 1988/32; WoBl 1991/4 mit Anm Call und Anm Würth). Denn bei der Ermittlung der Nutzfläche aller "Mietgegenstände" des Hauses ist nicht die Anwendbarkeit des MRG auf einen abgeschlossenen Mietvertrag bedeutsam, sondern nur, ob es sich objektiv um einen Raum handelt, der vermietet oder vermietbar ist oder vom Vermieter benützt wird, und auf den die im § 17 MRG festgelegten Ausnahmeregelungen nicht zutreffen. Es würden sonst auch Räumlichkeiten, die nach § 1 Abs 2 MRG nicht in den Anwendungsbereich des MRG fallen, also etwa vom Vermieter überlassene Dienstwohnungen (Z 2), auf höchstens ein halbes Jahr befristet vermietete Mietgegenstände (Z 3) oder Zweitwohnungen (Z 4) bei der Nutzflächenermittlung außer Betracht bleiben. Dies kann der Vorschrift des § 17 MRG jedoch nicht entnommen werden.

Nach den diesem Verteilungsschlüssel zugrunde liegenden Wertungen kann die Einbeziehung eines zum Einstellen mehrerer Kraftfahrzeuge geeigneten Garagenraumes in die Nutzflächenberechnung nicht unterbleiben. So wurde etwa schon die Berücksichtigung von Abstellräumen, die zu geschäftlichen Lagerzwecken verwendet werden können, angenommen

(MietSlg 40.375). Palten in Korinek-Krejci, HBzMRG 395, hat eindeutig hervorgehoben, daß die Unanwendbarkeit des MRG auf einzelne Mietgegenstände nichts an deren Berücksichtigung bei der Ermittlung des Verteilungsschlüssels ändert, soweit es sich um nach § 1 Abs 2 MRG vom Anwendungsbereich des MRG ausgenommene Mietverträge handelt. Er hat angedeutet, es ließe sich die Ansicht vertreten, daß eine Einbeziehung von Objekten, die nach § 1 Abs 1 MRG von diesem Gesetz nicht erfaßt würden, in die Nutzfläche und damit in den Verteilungsschlüssel zu unterbleiben habe und als Beispiel die selbständige, nicht zu Geschäftszwecken erfolgte Vermietung von Garagen erwähnt.

Der Oberste Gerichtshof tritt jedoch der Ansicht des Rekursgerichtes bei, daß es nicht darauf ankommt, ob der Vermieter einen selbst benützten Garagenraum zu Geschäfts- oder zu anderen Zwecken vermieten könnte. Der Vermieter benützt den "sonstigen Mietgegenstand" selbst und hat den darauf nach dem Nutzflächenschlüssel entfallenden Anteil an den Gesamtkosten des Hauses zu tragen, als würde er die Räumlichkeit zu Wohn- oder Geschäftszwecken benützen.

Daraus folgt, daß der sonst von keiner Partei angezweifelte Sachbeschluß des Rekursgerichtes zutreffend den Verteilungsschlüssel für die Gesamtkosten des Hauses unter Einbeziehung der vom Vermieter selbst benützten Garagenräumlichkeit festlegt.

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