Spruch:
Der außerordentlichen Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei hat die Kosten des Revisionsverfahrens selbst zu tragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin Insolvenzausfallgeld in Höhe von S 11.209 samt 4 % Zinsen seit 27. April 1990 (Austritt gemäß § 25 KO). Ein Vorbringen zum Zinsenbegehren wurde nicht erstattet.
Die beklagte Partei beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wandte insbesondere ein, daß Zinsen zufolge der Konkurseröffnung am 30. März 1990 gemäß § 3 Abs 2 Z 2 IESG nur bis 30. Juli 1991 (richtig 1990) gebührten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren im wesentlichen statt. Es vertrat hinsichtlich der Zinsen die Rechtsauffassung, daß die Bestimmung des § 3 IESG lediglich die Voraussetzungen bzw. die zeitliche Limitierung des öffentlich rechtlichen Anspruches auf Insolvenzausfallgeld regle, nicht aber die Voraussetzungen von Schadenersatzansprüchen des Antragstellers im Falle eines rechtswidrigen schuldhaften Verhaltens bei der Entscheidung über Anträge auf Zuerkennung der öffentlich-rechtlichen Leistung.
Das Berufungsgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, daß es das über den 31. Juli 1990 hinausgehende Zinsenbegehren abwies. Es sprach aus, daß die Revision nicht zulässig sei und vertrat die Rechtsauffassung, daß für einen Zuspruch von Zinsen über einen Zeitraum von vier Monaten ab Konkurseröffnung hinaus die gesetzliche Voraussetzung fehle. Im Rahmen des Verfahrens um Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld könne sich der Anspruch auf Verzugszinsen nur gegen den ehemaligen Arbeitgeber richten; dieser Anspruch sei durch die Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 2 IESG beschränkt. Soweit die Verzugsfolge in keinem rechtlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit dem ehemaligen Arbeitsverhältnis stehe, sondern auf das Verhalten eines Dritten (Arbeitsamt) zurückzuführen sei, bestehe kein Anspruch auf Verzugszinsen als Folge eines allenfalls schuldhaften Verhaltens bei der Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld (ZfVB 1984/166). Abgesehen davon habe die Klägerin keinerlei Vorbringen zu ihrem Zinsenbegehren erstattet, so daß anzunehmen sei, daß sie Zinsen ohnehin nur in dem Rahmen begehrt habe, den das IESG einräume.
Gegen dieses Urteil richtet sich die aus dem Grunde der unrichtigen rechtlichen Beurteilung erhobene außerordentliche Revision der klagenden Partei mit dem Antrag auf Abänderung der angefochtenen Entscheidung im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.
Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision mangels Erheblichkeit der Rechtsfrage nicht zuzulassen, in eventu, ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig, da es zu der Frage, ob ein selbständiger und unmittelbarer Anspruch auf Verzugszinsen aus dem zuerkannten Insolvenzausfallgeld gegenüber der beklagten Partei besteht, noch keine ausdrückliche, auf diese Frage abgestellte Entscheidung des Obersten Gerichtshofes gibt; die Revision ist aber nicht berechtigt.
Vorauszuschicken ist, daß es einerseits keine betragliche Untergrenze für die Zulässigkeit einer Grundsatzrevision gibt (9 Ob A 54/88) und daß der Rechtsweg auch für das noch strittige Zinsenbegehren zulässig ist (zuletzt 10 Ob S 287/92 mwH). In der Sache selbst ist davon auszugehen, daß gemäß § 3 Abs 2 Z 2 IESG Insolvenzausfallgeld für Zinsen für die gemäß § 1 Abs 1 Z 1 bis 3 IESG gesicherten Ansprüche ab der Fälligkeit dieser Ansprüche bis zum Ablauf der Frist nach § 6 Abs 1 IESG (in der Regel vier Monate ab Eröffnung des Insolvenzverfahrens) gebühren. Demnach gebührt Insolvenzausfallgeld grundsätzlich auch für Verzugszinsen, die für Entgelt-, Schadenersatz- oder sonstige gesicherte Ansprüche entstehen, wobei der Zeitraum, für den Insolvenzausfallgeld zuerkannt wird, gegenüber den Bestimmungen der Konkursordnung (§ 58 Z 1 KO) erweitert ist. Kosten im Sinne des § 1 Abs 2 Z 4 IESG sind hingegen nicht zu verzinsen (vgl. Schwarz-Holler-Holzer, Die Rechte des Arbeitnehmers bei Insolvenz 93 f; 143 und 288). Ein darüber hinausgehender Zinsenzuspruch - etwa bis zur Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld - ist gesetzlich nicht vorgesehen (9 Ob S 3-6/88; 9 Ob S 8/88; 9 Ob S 3/90; 9 Ob S 3/92; Arb. 10.205 ua).
Dem Einwand der Revisionswerberin, ihr Anspruch auf Verzugszinsen stütze sich auf § 1333 ABGB (SZ 54/4) und richte sich als gleichsam sozialversicherungsrechtlicher Anspruch, der dem öffentlichen Recht angehöre, nicht gegen den Arbeitgeber, sondern unmittelbar gegen den in der Zuerkennung durch seine Organe (§§ 5 und 13 IESG) säumigen Insolvenzausfallgeld-Fonds, ist entgegenzuhalten, daß die Bestimmung des § 1333 ABGB unmittelbar nur für Rechtsverhältnisse des Privatrechts gilt und daher im öffentlichen Bereich nur im Wege der Analogie angewendet werden könne. Voraussetzung für eine analoge Anwendung einer Bestimmung ist aber eine planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes (vgl. Koziol-Welser, Grundriß des bürgerlichen Rechts9 I 24 ff). Eine solche planwidrige Unvollständigkeit ist hinsichtlich der Ansprüche auf Verzugszinsen dem IESG aber nicht zu entnehmen.
Wie bereits aufgezeigt, regelt die Bestimmung des § 3 Abs 2 Z 2 IESG den Anspruch auf Verzugszinsen abschließend, indem dem Anspruchsberechtigten einerseits Verzugszinsen für einen gewissen Zeitraum zugebilligt werden, dieser Zeitraum aber ausdrücklich auf die Frist des § 6 Abs 1 IESG beschränkt wird. Gemäß § 4 IESG hat das Arbeitsamt dem Anspruchsberechtigten in berücksichtigungswürdigen Fällen einen Vorschuß auf das Insolvenzausfallgeld zu gewähren, wobei jedoch der Anspruch auf Zinsen außer Betracht zu lassen ist. Schon daraus folgt, daß der Gesetzgeber bereits bestimmte Leistungen während der Dauer des Verfahrens auf Zuerkennung von Insolvenzausfallgeld vorgesehen hat, zu denen allerdings Verzugszinsen bis zur Zuerkennung des Ausfallgeldes nicht gehören. Die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung des § 1333 ABGB liegen daher nicht vor (vgl. DRdA 1991/55 = SSV NF 4/131 mwH).
Die Kostenentscheidung ist in § 77 Abs 1 Z 2 lit b ASGG begründet. Gründe, die einen ausnahmsweisen Kostenzuspruch auf Billigkeit rechtfertigen könnten, wurden von der Klägerin nicht geltend gemacht.
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