OGH 13Os21/90 (13Os22/90)

OGH13Os21/90 (13Os22/90)21.3.1990

Der Oberste Gerichtshof hat am 21.März 1990 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Kießwetter als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Hörburger, Dr. Brustbauer, Dr. Kuch und Dr. Markel als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Wolf als Schriftführer in der Strafsache gegen Stefan E*** wegen des Vergehens der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB und einer anderen strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und Berufung des Angeklagten sowie über dessen Beschwerde gemäß dem § 494 a StPO gegen das Urteil und den Beschluß des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 11.Dezember 1989, GZ 7 b Vr 9512/89-20, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung des Angeklagten und seine Beschwerde wird der Akt dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet. Gemäß dem § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde der Angeklagte Stefan E*** der Vergehen der gefährlichen Drohung nach dem § 107 Abs 1 StGB (Punkte 1. und 2. des Urteilssatzes) und der Sachbeschädigung nach dem § 125 StGB (Punkt 3. des Urteilssatzes) schuldig erkannt.

Darnach hat er jeweils am 30.September 1989 in Wien zu 1) und 2) Hermine G*** gefährlich bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, und zwar durch die Äußerungen "Laß mich hinein, das ist meine Wohnung, ich rotte euch alle aus" (2 des Schuldspruches) und er werde sie und ihre drei Kinder umbringen, wobei er diese Drohung dadurch unterstützte, daß er ein Küchenmesser in die Hand nahm (1 des Schuldspruches);

zu 3) an einer fremden Sache einen Schaden in einem 25.000 S nicht übersteigenden Wert herbeigeführt, indem er eine Fensterscheibe des Hauses Wien 10., Otto Probst-Gasse 3-5/6 einschlug.

Rechtliche Beurteilung

Gegen den Schuldspruch wegen gefährlicher Drohung richtet sich die auf die Gründe der Z 4, 5, 9 lit a und c sowie 10 des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Den Strafausspruch bekämpft er mit Berufung. Mit Beschwerde ficht er den gemeinsam mit dem Urteil gefaßten Beschluß auf Widerruf der mit dem Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 16. September 1988, 12 e E Vr 6277/88, gewährten bedingten Strafnachsicht an.

Der Nichtigkeitsbeschwerde kommt keine Berechtigung zu. Den Verfahrensmangel (Z 4) erblickt der Beschwerdeführer in der Abweisung seines in der Hauptverhandlung (S 97) gestellten Antrages auf Einvernahme der Silvia N., Nachbarin der Hermine G***, als Zeugin darüber, "daß Hermine G*** die Kinder selbst in deren Wohnung brachte und sodann freiwillig in ihre eigene Wohnung zurückkehrte", womit - wie in der Beschwerde vorgebracht wird - unter Beweis gestellt werden sollte, daß die von Hermine G*** geschilderten Äußerungen des Angeklagten bei ihr keine "begründete Besorgnis erzeugten", weil ihre Rückkehr in die Wohnung "anders nicht erklärbar" sei.

Verfahrensrechte wurden indes durch das ablehnende Zwischenerkenntnis nicht beeinträchtigt, weil das Beweisthema keine entscheidende Tatsache betrifft. Denn für die Beurteilung der objektiven Eignung einer Drohung genügt es, daß bei einem besonnenen Durchschnittsmenschen der Eindruck entstehen konnte, der Täter sei in der Lage und willens, das angedrohte Übel zu verwirklichen (13 Os 102/81, SSt. 50/17). Es ist nicht erforderlich, daß die Drohung tatsächlich Furcht und Unruhe bewirkte (Leukauf-Steininger, Komm.2, § 107, RN 3; Foregger-Serini, StGB4, § 107, Erl. IV). Daher bleibt im vorliegenden Falle für die Schuldfrage ohne Bedeutung, aus welchen Beweggründen die Zeugin G*** - sie erklärte dies in ihrer Aussage damit, daß sie "zu Kleidung für die Kinder kommen mußte" (S 92) - ungeachtet der vorangegangenen Drohungen die Wohnung wieder aufsuchte.

Auch der Mängelrüge (Z 5) war ein Erfolg zu versagen. Hermine G*** hat in der Hauptverhandlung die Auseinandersetzung in ihrer Wohnung (Faktum 1.) geschildert und dabei auch angegeben, der Angeklagte habe das Messer in der Hand gehabt und herumgeschrien, er werde alle umbringe, wobei sie erwähnte, sie könne nicht mehr so genau sagen, wie das war (S 90). Unter Bezugnahme auf diese letzte Bemerkung spricht der Beschwerdeführer der Aussage der Zeugin die Eignung ab, als Feststellungsgrundlage zu dienen. Damit ist die Rüge aber nicht prozeßordnungsgemäß ausgeführt, weil sie sich bloß auf einen aus dem Zusammenhang gelösten Teil dieser Aussage stützt, jedoch die übrigen Angaben der Zeugin und die Erwägungen des Gerichts dazu übergeht. Begründungsmängel können aber nur unter Berücksichtigung aller der jeweils gerügten Konstatierung zugrundegelegten maßgebenden Erwägungen der Tatsacheninstanz prozeßordnungsgemäß dargetan werden (15 Os 124/88).

Die Mängelrüge führt weiters ins Treffen, daß die Zeugin G*** eine von Robert P*** in seiner Zeugenaussage geschilderte Bedrohung ihrer Kinder (vgl. S 28, 94) nicht erwähnt habe. Diese Ausführungen sind nicht aktengetreu, weil die Zeugin ausdrücklich bekundete, daß der Angeklagte auch gegen ihre Kinder vorging, indem er sie vor die Türe der Wohnung stellte und (vgl. S 90, S 24) sich überdies äußerte, er werde auch die Kinder umbringen (S 24 in Verbindung mit S 98).

Unrichtig ist schließlich die Behauptung, das Urteil enthalte für die Feststellungen zum subjektiven Tatbestand keine Begründung. Diese Konstatierungen stützte das Gericht auf die Aussagen der Zeugen Hermine G*** und Robert P***; es hat ausführlich dargetan, warum es auf Grund der von den Genannten geschilderten Vorgangsweise des Angeklagten auch dessen Absicht als erwiesen angenommen hat, die Zeugin G*** in Furcht und Unruhe zu versetzen (vgl. S 111 f).

Soweit die Rechtsrüge behauptet, daß hinreichende Feststellungen zur inneren Tatseite des § 107 Abs 1 StGB fehlten, weil sich das Erstgericht insofern auf die Wiedergabe der verba legalia beschränke, übergeht sie die damit in Zusammenhang stehenden eingehenden Urteilsausführungen über die Begleitumstände der Tat und die psychische Verfassung des Angeklagten. Der geltend gemachte materielle Nichtigkeitsgrund gelangt so nicht zu prozeßordnungsgemäßer Darstellung. Dies gilt auch für das weitere Vorbringen, die Äußerungen des Beschwerdeführers seien vom Erstgericht deshalb zu Unrecht als Drohung mit einer Verletzung am Körper qualifiziert worden, weil es während der Dauer der Lebensgemeinschaft des Angeklagten mit der Zeugin G*** öfters zu in rüdem Ton ausgetragenen verbalen Streitigkeiten kam, sodaß - worauf die Rüge im Ergebnis abzielt - auch diese Drohungen wegen Fehlens des Merkmals der Ernstlichkeit nur als milieubedingte Unmutsäußerungen zu qualifzieren seien. Denn diese Ausführungen vernachlässigen die Konstatierungen, daß die Situation nicht milieubedingt, sondern eindeutig als ernst zu betrachten war (S 111) und daß der Beschwerdeführer im Urteilsfaktum 1 seine Drohung durch Ergreifen eines Messers unterstützte (S 100 und 106). Verfehlt ist schließlich auch das Vorbringen zum Grund der Z 10, mit welchem eine Unterstellung des inkriminierten Verhaltens unter den Tatbestand des § 115 StGB angestrebt wird. Denn diese Ausführungen halten sich nicht an den vom Erstgericht als erwiesen angenommenen Sinngehalt der Drohung des Angeklagten, einer Feststellung tatsächlicher Art (s. Mayerhofer/Rieder, StPO2, ENr. 47 zu § 281). Es läuft auf eine unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung hinaus, wenn eine solche Feststellung - wie hier - mit der bloßen Behauptung gerügt wird, es könnte der mit ihr interpretierten Äußerung allenfalls auch ein anderer Sinn unterlegt werden (Mayerhofer/Rieder, aaO, ENr. 46).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher teils als offenbar unbegründet, teils als nicht gesetzmäßig ausgeführt, schon bei einer nichtöffentlichen Beratung zurückzuweisen (§ 285 d Abs 1 Z 2 und Z 1 iVm § 285 a Z 2 StPO).

Demgemäß wird der Gerichtshof zweiter Instanz sowohl über die Berufung als auch über die Beschwerde gegen den in sachlichem Zusammenhang mit dem Strafausspruch stehenden Widerrufsbeschluß zu entscheiden haben (§ 285 i StPO iVm § 494 a Abs 5 StPO; 13 Os 55/88, 13 Os 110,111/88 uva).

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