OGH 2Ob523/89

OGH2Ob523/8923.5.1989

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Scheiderbauer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kralik, Dr. Vogel, Dr. Melber und Dr. Kropfitsch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Gernot Helmut K***, Baumeister, 1130 Wien, Dontgasse 6, vertreten durch Dr. Peter Getreuer, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Gerhard S***, Kaufmann, 1070 Wien, Lerchenfeldergürtel 6, vertreten durch Dr. Ludwig Hötzl, Dr. Manfred Michalek, Dr. Karl F. Leutgeb, Rechtsanwälte in Wien, wegen Räumung, infolge Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes für ZRS Wien als Berufungsgerichtes vom 12. Oktober 1988, GZ 48 R 598/86-16, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 18. Jänner 1988, GZ 47 C 598/86-11, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Der Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.977,60 S (darin keine Barauslagen und 329,60 S Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger forderte vom Beklagten die Räumung der im Hause Wien 7., Lerchenfelder Gürtel 6, befindlichen Wohnung top.Nr. 1. Er brachte vor, daß er zur Hälfte Eigentümer des Hauses Wien 7., Lerchenfelder Gürtel 6, sei. Der Beklagte sei erbserklärter Erbe nach seinem Vater Richard S***, der am 3. Juli 1985 verstorben sei. Dem Beklagten und seiner Mutter, der erblasserischen Witwe Maria S***, sei die Besorgung und Verwaltung des Nachlasses überlassen worden. Beide Erben hätten eine bedingte Erbserklärung abgegeben. Die Verlassenschaft nach Richard S***, unter anderem vertreten durch den Beklagten sowie durch einen seinerzeitigen weiteren Miteigentümer, Ing. Franz G***, hätten am 16. Dezember 1985 einen Mietvertrag betreffend die Wohnung top.Nr. 11 abgeschlossen. Zu diesem Zeitpunkt sei der Kläger zu einem Viertel Minderheitseigentümer gewesen. Die Vermieterseite selbst habe auf ihrer Seite drei Viertel der Anteile am Haus vereinigt. Gemäß § 833 ABGB sei die Mehrheit berechtigt, Mietverträge auf ortsübliche Zeit, zu den üblichen Bedingungen, abzuschließen. Der von der Mehrheit abgeschlossene Mietvertrag betreffend die Wohnung top.Nr. 11 im Hause Wien 7., Lerchenfelder Gürtel 6, beinhalte jedoch außergewöhnliche Bedingungen, sodaß der Abschluß dieses Mietvertrages nicht in die ordentliche Verwaltung falle, sondern eine außerordentliche Maßnahme darstelle, der der Zustimmung auch der Minderheit, nämlich des Klägers, bedürfe. Insbesondere sei außergewöhnlich die Bedingung, daß eine Wohnung im Ausmaß von ca. 50 m2 trotz baubehördlicheP Widmung als Wohnung auch zu Geschäftszwecken vermietet wurde und dies zu einem Mietzins von 6,10 S pro m2. Darüberhinaus habe die Vermieterseite auf die Geltendmachung der Kündigungsgründe wegen Untervermietung, Leerstellung oder dringenden Eigenbedarfes verzichtet und es sei überdies den Mietern ein Weitergaberecht eingeräumt worden. Der Mieter habe quasi die Stellung eines Wohnungseigentümers erhalten. Der Kläger sei daher berechtigt, vom Beklagten die Räumung zu begehren.

Der Beklagte bestritt dieses Vorbringen, beantragte kostenpflichtige Abweisung des Klagebegehrens und führte aus, daß keine ungewöhnlichen Vertragsbedingungen vorlägen. Die im Mietvertrag getroffenen Bedingungen, wie sie vom Kläger angesprochen würden, seien als gewöhnlich zu bezeichnen. Im übrigen habe der Kläger durch seine Firma S*** selbst derartige Verträge einerseits mit seiner Ehegattin, andererseits aber auch mit anderen Personen abgeschlossen, insbesondere zur Verwendung als Bordellbetrieb, sodaß der Kläger diese Umstände gegenüber der beklagten Partei nicht geltend machen könne.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt, wobei es im wesentlichen von folgenden Feststellungen ausging:

Der Beklagte hat mit Mietvertrag vom 16. Dezember 1985 mit den damaligen Eigentümern Ing. Franz G*** sowie mit den Erben nach dem zweiten Eigentümer Richard S***, nämlich mit Maria und Gerhard S***, einen Mietvertrag über die im Hause Wien 7., Lerchenfelder Gürtel 6, befindliche Wohnung top.Nr. 11 abgeschlossen. Das Objekt wurde sowohl für Wohn- als auch für Geschäftszwecke angemietet und unter § 12 dieses Vertrages dem Beklagten ein Weitergaberecht, sowie unter § 7 des Mietvertrages die Kündigungsverzichte hinsichtlich Untervermietung, Leerstehung und dringenden Eigenbedarfes eingeräumt. Gleichzeitig wurde ein monatlicher Hauptmietzins von 6,10 S pro m2 vereinbart. Bereits zu einem früheren Zeitpunkt wurde zwischen der Brigitte T*** GmbH, einer Verwalterin des Klägers, und Johanna K***, der Ehegattin des Klägers, ebenfalls ein Mietvertrag unter anderem auch über die gegenständliche Wohnung, nämlich am 2. Mai 1985, abgeschlossen. Auch hiebei wurde der Mieterin Johanna K*** das Recht der Untervermietung eingeräumt. Auch war die gegenständliche Wohnung zu einem früheren Zeitpunkt einer gewissen Frau Anita L*** vermietet worden, wobei sich der Kläger der Firma S***, bei der er Geschäftsführer ist, bei der Weitervermietung bedient hatte. Frau Anita L*** hat die gegenständliche Wohnung für Bordellzwecke verwendet. Im gegenständlichen Haus gibt es ungefähr 25 Bestandobjekte. Fest steht auch, daß das Haus früher zu Bordellzwecken verwendet worden ist, während es zum gegenständlichen Zeitpunkt keine "Hostessenwohnungen" im Hause gibt. Derzeit gibt es im gegenständlichen Haus nur den einen Mietvertrag, der mit dem spezifischen Inhalt (Leerstehen, Weitergaberecht etc.) ausgestaxtet ist. Fest steht auch, daß der Kläger auf den Abschluß des Mietvertrages mit dem Beklagten keinen Einfluß nehmen konnte, da er zum damaligen Zeitpunkt nur Vierteleigentümer war. Er wurde auch nicht vom Abschluß dieses Vertrages verständigt, sondern er hat erst nachträglich davon erfahren. Er ist nach wie vor nicht bereit, diesen Mietvertrag zu akzeptieren und hat auch den Beklagten aufgefordert, die Wohnung zu übergeben, was der Beklagte jedoch verweigert hat.

In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der zwischen den damaligen Mehrheitseigentümern und dem Beklagten abgeschlossene Mietvertrag nicht dem Bereich der ordentlichen Verwaltung im Sinn des § 833 ABGB zuzurechnen sei. Der Vertrag sei nämlich nicht zu üblichen Bedingungen abgeschlossen worden. Die Einräumung eines Kündigungsverzichtes wegen Untervermietung, dringenden Eigenbedarfs und Leerstehens verschaffe dem Mieter eine Rechtsstellung, die der eines Eigentümers nahekomme. Auch sei der vereinbarte Mietzins von 6,10 S pro m2 deshalb nicht als angemessen zu bezeichnen, da es sich bei dem Objekt um ein Geschäftslokal handle. Ob der Kläger bzw. dessen Firma S*** früher selbst Mietverträge ähnlichen Inhaltes abgeschlossen habe und die Mietobjekte als Bordelle zu verwenden gestattet habe, sei für die Beurteilung des gegenständlichen Vertrages schon deshalb ohne Belang, da das Haus derzeit nicht für Bordellzwecke verwendet werde. Die mit dem Beklagten getroffenen Nebenabreden und der vereinbarte Vertragsinhalt sei schon deshalb als ungewöhnlich zu bezeichnen, da bei vergleichbaren Mietobjekten ein Bedürfnis nach einer solchen Vereinbarung nicht oder kaum bestehe, dies der typischen Interessensituation der beteiligten Parteien auch nicht entspreche und jedenfalls nur äußerst selten vereinbart werde. Die Berufung des Beklagten blieb erfolglos; das Berufungsgericht sprach aus, daß der von der Bestätigung betroffene Wert des Streitgegenstandes 60.000 S, nicht aber 300.000 S übersteigt und, daß die Revision zulässig sei; in der mündlichen Berufungsverhandlung wurde außer Streit gestellt, daß die Wohnung top.Nr. 11 im Haus Lerchenfelder Gürtel 6 in 1070 Wien im Zeitpunkt des in Frage stehenden Mietvertragsabschlusses zwar über kein WC im Inneren, wohl aber über eine Wasserentnahmestelle und eine Gasetagenheizung verfügte; das Berufungsgericht erachtete das erstgerichtliche Verfahren als mängelfrei, übernahm die Feststellungen des Erstgerichtes als unbedenklich und billigte auch im Ergebnis die rechtliche Beurteilung der ersten Instanz. Das Berufungsgericht führte aus, der Kläger stütze sein Begehren ausschließlich darauf, daß die Vermietung der gegenständlichen Wohnung an den Beklagten eine außerordentliche Maßnahme im Sinn des § 834 ABGB darstelle, an die er mangels Zustimmung nicht gebunden sei. Untersuche man nun die einzelnen dem Beklagten eingeräumten Rechte und die von ihm übernommenen Verpflichtungen, so ergebe sich nicht, daß einzelne vertragliche Bedingungen als ortsunüblich anzusehen wären. Ziehe man zunächst die Mietzinsvereinbarung in Prüfung, so ergebe sich, daß der gesetzlich zulässige Höchstzins nicht ausgeschöpft wurde. Das fehlende Klosett im Inneren der Wohnung sei durch die Gasetagenheizung aufgewogen, weshalb die Wohnung des Beklagten in Kategorie C einzuordnen sei. Damit wäre für das Objekt - als Wohnung betrachtet - ein Höchstmietzins von 12,20 S pro Quadratmeter zulässig. Davon, daß im gegenständlichen Fall der Mietgegenstand überwiegend zu Geschäftszwecken verwendet werde (§ 16 Abs 1 Z 1 MRG) könne nicht ausgegangen werden, da dies weder behauptet noch unter Beweis gestellt wurde. Allein der Umstand, daß der Beklagte das Objekt auch zur Gänze für Geschäftszwecke verwenden könnte, rechtfertige nicht die Vereinbarung eines angemessenen Mietzinses. Zusammenfassend ergebe sich, daß die Vereinbarung eines Kategorie D-Mietzinses für ein Objekt der Kategorie C zwar nicht der Norm entspreche, doch für sich allein noch nicht den Charakter einer unüblichen Bedingung habe. Daß der Verzicht auf die Geltendmachung eines bestimmten Sachverhaltes als Kündigungsgrund in den Bereich der ordentlichen Verwaltung falle, entspreche ständiger Rechtsprechung. Dies gelte auch für die Einräumung eines Weitergaberechtes, wobei in der Regel letzteres dann als Maßnahme der ordentlichen Verwaltung gelte, wenn dafür eine Einmalzahlung geleistet werde. Dennoch stelle im konkreten Fall die Gesamtheit der dem Beklagten eingeräumten Rechte sowie die von ihm dafür erwirkte Gegenleistung einen Mietvertragsabschluß dar, der als ungewöhnlich und unüblich zu bezeichnen sei. So räume § 27 Abs 2 lit b MRG dem Vermieter das Recht ein, unter bestimmten Voraussetzungen für den Verzicht auf die Kündigungsgründe des § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG vom Mieter einen Betrag zu verlangen, der den Hauptmietzins für 10 Jahre nicht übersteige. Von dieser Möglichkeit, bei Abschluß des Mietvertrages eine gesetzlich zulässige Einmalzahlung vom Beklagten zu verlangen, sei kein Gebrauch gemacht worden. Desgleichen sei der gesetzlich zulässige Mietzins in seiner Höhe nicht ausgeschöpft worden. Betrachte man diese beiden Vertragspunkte miteinander, könne kaum mehr davon ausgegangen werden, daß üblicherweise Verträge zu solchen Bedingungen abgeschlossen würden. Dazu sei noch ein weiterer Kündigungsverzicht auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 8 MRG eingeräumt worden, was bedeute, daß der Kläger, der nunmehr Hälfteeigentümer sei, selbst niemals, wenn die zugegebenermaßen strengen Voraussetzungen dieses Kündigungstatbestandes für ihn vorlägen, gegenüber dem Beklagten davon Gebrauch zu machen imstande wären. Dazu komme noch das dem Beklagten unter § 12 des Mietvertrages eingeräumte echte Weitergaberecht. Betrachte man die dem Beklagten eingeräumten umfangreichen Rechte in ihrer Gesamtheit und stelle man dem gegenüber, daß seitens des Bestandgebers auf die Erzielung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in voller Höhe verzichtet und die Möglichkeit einer Einmalzahlung für die Einräumung des Kündigungsverzichtes nach § 30 Abs 2 Z 4 und 5 MRG nicht ausgeschöpft wurde, stelle sich der Vertragsinhalt als krasse Bevorzugung des Beklagten dar. Üblicherweise würden solche Verträge nicht geschlossen. Davon, daß der Abschluß dieses Mietvertrages den Interessen aller Miteigentümer diente, könne keine Rede sein. Somit handle es sich um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, die nur einstimmig oder mit rechtsgestaltender Entscheidung des Außerstreitrichters wirksam zustande komme. Der Kläger, der diese Maßnahme nicht bewilligt habe, könne daher gegen den Bestandnehmer mit Räumungsklage vorgehen. Ihm gegenüber benütze der Beklagte die gemeinsame Sache titellos.

Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes wendet sich die Revision des Beklagten aus den Anfechtungsgründen nach § 503 Abs 1 Z 2, 3 und 4 ZPO mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne der Klagsabweisung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig (§ 502 Abs 4 Z 1 ZPO), aber nicht berechtigt.

Die Revisionsgründe nach § 503 Abs 1 Z 2 (unrichtig im Rahmen der Rechtsrüge ausgeführt) und Z 3 ZPO liegen nicht vor, was nicht näher zu begründen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

In der Rechtsrüge bekämpft der Beklagte zunächst die Auffassung des Berufungsgerichtes, daß ein Mangel des Verfahrens erster Instanz durch Unterlassung der Heranziehung des mit Johanna K*** abgeschlossenen Mietvertrages zur Beurteilung der Üblichkeit der im verfahrensgegenständlichen Haus abgeschlossenen Mietverträge nicht vorliege.

Damit führt der Revisionswerber in Wahrheit nicht den Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung aus, sondern jenen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens (§ 503 Abs 1 Z 2 ZPO). Hat aber das Berufungsgericht einen angeblichen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens nicht als gegeben erachtet, ist eine neuerliche Geltendmachung im Berufungsverfahren unzulässig (vgl. SZ 41/8, EvBl 1968/344 ua). Auf die diesbezüglichen Revisionsausführungen war daher nicht einzugehen.

Der Beklagte führt weiters aus, in der Berufungsverhandlung sei zwar das Vorhandensein einer Zentralheizungsanlage außer Streit gestellt worden, nicht aber, daß diese Anlage auch funktionsfähig und betriebsbewilligt gewesen sei. Aus der Feststellung, daß eine Etagenheizung vorhanden sei, könne noch nicht der rechtliche Schluß mit Bestimmtheit gezogen werden, daß die Voraussetzungen für die Einordnung der klagsgegenständlichen Wohnung in Kategorie C vorliegen. Würden vergleichbare Mietverträge zur Beurteilung der Ungewöhnlichkeit von Nebenabreden herangezogen, hätte das Berufungsgericht selbst dann, wenn man die Gasetagenheizung zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses als im Sinne des MRG vorhanden bewerten wollte, feststellen müssen, daß die Vorschreibung von 6,10 S pro Quadratmeter nicht ungewöhnlich sei. Daß auch die restlichen Vertragspunkte nicht unüblich seien, gestehe auch das Berufungsgericht in seiner rechtlichen Beurteilung zu. Wenn einzelne Vereinbarungen nicht ungewöhnlich seien, könne auch die Summe nicht ungewöhnlich sein. Der gegenständliche Mietvertrag sei daher in seinen Nebenabreden keineswegs ungewöhnlich und daher auch insgesamt dem Bereich der ordentlichen Verwaltung zuzuzählen. Soweit der Revisionswerber von den vom Berufungsgericht auf Grund der Außerstreitstellung in der mündlichen Berufungsverhandlung getroffenen Feststellungen, daß die Wohnung top.Nr. 11 im Hause Lerchenfelder Gürtel 6 in 1070 Wien im Zeitpunkt des in Frage stehenden Mietvertragsabschlusses zwar über kein WC im Inneren, wohl aber über eine Wasserentnahmestelle und eine Gasetagenheizung verfügte, abweicht, bringt er, abgesehen davon, daß der Berücksichtigung dieses erstmalig im Revisionsverfahren erstatteten Vorbringens das Neuerungsverbot entgegensteht, die Rechtsrüge nicht zur gesetzmäßigen Darstellung, sodaß auf diese Rechtsmittelausführungen nicht einzugehen war.

Den weiteren Revisionsausführungen ist folgendes zu erwidern:

Es entspricht zwar der Lehre und Rechtsprechung, daß zu den Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung der gemeinsamen Sache betreffen und in welchem die nach dem Verhältnis der Anteile der Teilnehmer gezählte Mehrheit der Stimmen entscheidet, der Abschluß von Miet- und Pachtverträgen mit Dritten zählt, die auf ortsübliche Zeit und zu ortsüblichen Bedingungen abgeschlossen werden (Klang in Klang2 III, 1110; Ehrenzweig, Sachenrecht2 I/2, 153; Koziol-Welser7 II, 47; Gamerith in Rummel, Rz 5 zu § 833; MietSlg 33.071; MietSlg 29.076 ua). Ebenso ist aber unbestritten, daß zu den Angelegenheiten der ordentlichen Verwaltung jene Maßnahmen zur Erhaltung und Verwaltung des gemeinsamen Gutes gezählt werden, die sich im gewöhnlichen Verlauf der Dinge als notwendig und zweckmäßig erweisen, den Interessen aller Miteigentümer dienen und keine besonderen Kosten verursachen (Gamerith in Rummel, ABGB, Rz 4 zu § 833; Koziol-Welser7 II, 47; SZ 51/56; SZ 51/115 ua). Die ordentliche Verwaltung durch die Mehrheit hat aber auch die wohlverstandenen Interessen der überstimmten Minderheit einzubeziehen. Unüblich ist hingegen eine solche Nebenabrede, wenn sie bei vergleichbaren Mietgegenständen und vergleichbaren Vertragsinhalten nicht oder jedenfalls nur äußerst selten vereinbart wird, etwa weil ein Bedürfnis nach einer solchen Vereinbarung nicht oder kaum besteht oder weil sie der typischen Interessensituation der beteiligten Parteien nicht entspricht (MietSlg 38.269 (22) u.a.). Wohl gilt der Mehrheitsbeschluß nicht unbedingt, sondern erst nach der Erwirkung der Zustimmung des Richters im Verfahren außer Streitsachen. Gegenstand seiner Entscheidung nach Anrufung durch die Mehrheit der Teilhaber, deren Mehrheitsbeschluß durch den Widerspruch des nicht einverstandenen Teilhabers sistiert wurde (vgl. MietSlg 30.086/10;

MietSlg 33.071), ist dann die Frage, ob die wichtige Veränderung ohne Einschränkung oder unter Bedingungen (Sicherstellung) bewilligt oder aber abgelehnt wird. Zu der Frage, wie diese das Innenverhältnis zwischen den Teilhabern an der gemeinsamen Sache regelnden Vorschriften der §§ 833, 834 und 835 ABGB auf den mit dem Dritten abgeschlossenen Vertrag wirken, war die Rechtsprechung nicht einheitlich. Es wurde einerseits die Ansicht vertreten, daß die Nichtbeiziehung der Minderheit zu dem von der Mehrheit mit einem Dritten abgeschlossenen Vertrag das Geschäft nicht ungültig und unwirksam macht, auch wenn eine wichtige Änderung nach § 834 ABGB

erfolgt (MietSlg 18.057; EvBl 1958/361 = RZ 1958, 168

= MietSlg 6205; Klang in Klang2 III 1116; vgl. Gamerith in Rummel,

ABGB, Rz 7 zu § 834). Andererseits wurde aber betont, daß die Gültigkeit des von der Mehrheit gegen den Willen der Minderheit abgeschlossenen Vertrages über eine wichtige Veränderung im Sinne des § 834 ABGB von der Einhaltung der Vorschrift des § 835 ABGB abhängt. Allein diese Auslegung überzeugt. Die Minderheit darf nicht vor vollendete Tatsachen gestellt werden. Würde nach außen der ohne Anhörung der Minderheit oder gegen deren Einspruch vor Einholung der Entscheidung des Außerstreitrichters geschlossene Vertrag wirken, würde der durch die §§ 834 und 835 ABGB beabsichtigte Schutz der Minderheit auf bloße Schadenersatzansprüche beschränkt und damit weitgehend ausgehöhlt (EvBl 1967/110; MietSlg 22.050). Die Vertretungsbefugnis der Mehrheit erstreckt sich nur auf die Fälle der ordentlichen Verwaltung, nicht aber auf infolge Widerspruchs der überstimmten Minderheit oder deren Übergehung nicht unbedingt wirksamen wichtigen Veränderungen (SZ 23/351). Der überstimmte Minderheitseigentümer kann, solange die Maßnahme nicht vom Außerstreitrichter bewilligt ist, gegen den Bestandnehmer mit Räumungsklage vorgehen (vgl. SZ 45/49). Ihm gegenüber benützt der Bestandnehmer, der sich nur auf den mit der Mehrheit geschlossenen, aber noch nicht vom Richter genehmigten Vertrag über die wichtige Änderung stützt, die gemeinsame Sache titellos (vgl. Jensik, Miteigentum-Wohnungseigentum, 27; SZ 49/52; MietSlg 38.050; MietSlg 33.071 ua).

Werden diese Grundsätze auf den vorliegenden Fall angewendet, ist dem Berufungsgericht beizupflichten, daß bei Berücksichtigung der dem Beklagten ohne Gegenleistung eingeräumten Rechte in ihrer Gesamtheit, nämlich den Verzicht des Bestandgebers auf die Erzielung des gesetzlich zulässigen Mietzinses in voller Höhe und die Abstandnahme von der in § 27 Abs 2 lit b MRG vorgesehenen Möglichkeit der Einhebung einer Einmalzahlung für den Verzicht auf die Kündigungsgründe nach § 30 Abs 2 Z 4 und 6 MRG und überdies noch auf den ebenfalls zusätzlich erfolgten Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 8 MRG, wodurch dem Kläger, der nur mehr Hälfteeigentümer des Hauses ist, jede Möglichkeit genommen wurde, selbst bei Vorliegen aller Voraussetzungen des Eigenbedarfes im Sinne der zitierten Bestimmung von diesem Kündigungsgrund gegenüber dem Beklagten Gebrauch zu machen, der Vertragsinhalt sich als krasse Bevorzugung des Beklagten darstellt. Zu Recht ist das Berufungsgericht ferner der Auffassung, daß dieser Mietvertrag keineswegs auch im Interesse des Klägers als Miteigentümers gelegen ist, sondern im Gegenteil gegen die den übrigen Miteigentümern bekannten Interessen des Klägers gröblich verstößt und unter Anlegung eines objektiven Maßstabs üblicherweise solche Verträge nicht geschlossen werden und daß es sich damit um eine außerordentliche Verwaltungsmaßnahme, die nur einstimmig oder mit rechtsgestaltender Entscheidung des Außerstreitrichters wirksam zustande kommen kann, handelt. Ohne Rechtsirrtum hat daher das Berufungsgericht das auf Räumung gerichtete Klagebegehren als gerechtfertigt beurteilt.

Der Revision war daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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