OGH 5Ob552/89 (5Ob553/89)

OGH5Ob552/89 (5Ob553/89)18.4.1989

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofes Dr. Zehetner als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Hofmann, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Substitutionssache nach der am 7. April 1943 verstorbenen Klara W***, Beamtenswitwe, zuletzt wohnhaft gewesen in Winiwarterstraße 29, 2020 Hollabrunn, infolge Revisionsrekurses der mj. Daniela B***, geboren am 1. Jänner 1979, Rennbahnweg 50/2/5/80, 1220 Wien, vertreten durch das Bezirksjugendamt für den 22. Bezirk, dieses vertreten durch Dr. Walter Schuppich, Dr. Werner Sporn, Dr. Michael Winischhofer und Dr. Martin Schuppich, Rechtsanwälte in Wien, gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Korneuburg als Rekursgerichtes vom 6. Dezember 1988, GZ 5 R 347, 348/88-33, womit der Rekurs der Genannten gegen den Mantelbeschluß und die Einantwortungsurkunde des Bezirksgerichtes Hollabrunn je vom 21.Oktober 1988, GZ A 106/88-29 und 30, zurückgewiesen worden ist, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Es wird dem Revisionsrekurs Folge gegeben, der angefochtene Beschluß aufgehoben und dem Rekursgericht die neue Entscheidung über den Rekurs der mj. Daniela B*** gegen die Beschlüsse des Erstgerichtes vom 21.Oktober 1988, ON 29 und 30, unter Abstandnahme von dem gebrauchten Zurückweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

Mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes A 190/43-11 wurde der Nachlaß der am 7.April 1943 verstorbenen Klara W*** auf Grund des erblasserischen Testamentes vom 16.November 1942 der erblasserischen Wahlenkelin Hilda B*** mit der Beschränkung eingeantwortet, daß die Liegenschaft EZ 2935 KG Hollabrunn von der Erbin an ihre ehelichen Nachkommen zu hinterlassen ist. Hilda B*** ist am 19.November 1987 verstorben.

Mit Mantelbeschluß des Erstgerichtes vom 21.Oktober 1988, A 106/88-29, wurde unter anderem die von Herta U***, Edda B*** und Rainer B*** auf Grund des Testamentes vom 16.November 1942 abgegebene bedingte Erbserklärung zu Gericht angenommen. Mit Einantwortungsurkunde des Erstgerichtes vom selben Tag, A 106/88-30, wurde der Substitutionsnachlaß der am 7.April 1943 verstorbenen Klara W*** den Erben Herta U***, Edda B*** und Rainer B*** zu je 1/3 eingeantwortet; zugleich wurde verfügt, daß nach dem Ergebnis der Substitutionsabhandlung im Grundbuch nachstehende Eintragung vorzunehmen sein wird: Ob der vormals der Klara W*** gehörigen Liegenschaft im Grundbuch 09028 Hollabrunn Einlage 2935 die Einverleibung 1.) des Eigentumsrechtes für Herta U***, Edda B*** und Rainer B*** zu je 1/3; 2.) der Löschung der Beschränkung des Eigentumsrechtes durch die im Testament vom 16. November 1942 zugunsten der ehelichen Nachkommen der Hilda (auch Hildegard) B*** angeordneten fideikommissarischen Substitution. Gegen Mantelbeschluß und Einantwortungsurkunde erhob die mj. Daniela B***, die uneheliche Tochter der am 27.Februar 1986 vorverstorbenen Monika B***, einer ehelichen Tochter der Hilda B***, Rekurs mit dem Antrag, die angefochtenen Beschlüsse aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen.

Das Rekursgericht wies diesen Rekurs aus nachstehenden Erwägungen zurück:

Es sei der Rekurswerberin zunächst darin beizupflichten, daß die Erblasserin Klara W*** in ihrem Testament vom 16.November 1942 eine fideikommissarische Substitution zugunsten aller ehelichen Nachkommen ihrer Tochter (Wahlenkelin) Hilda B*** angeordnet habe.

Die Rekurswerberin argumentiere weiter, daß entgegen dieser testamentarischen Anordnung das Erstgericht den vierten ehelichen Nachkommen der Vorerbin, die vorverstorbene Monika B***, nicht berücksichtigt habe, sondern den lebenden ehelichen Kindern Herta U***, Edda B*** und Rainer B*** den Substitutionsnachlaß zu je 1/3 eingeräumt habe. Es sei der Monika B*** das Recht an dem ihr zustehenden Nachlaßteil jedoch mit der Geburt angefallen und es sei daher, da sie den Substitutionsfall nicht erlebt habe, dieses an ihre Tochter Daniela B*** übergegangen, da diese Transmission die eheliche Abstammung nicht voraussetze, weshalb die Rekurswerberin zu Unrecht vom Erbgang ausgeschlossen worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung komme auch einem berufenen Erben, der noch keine Erbserklärung abgegeben hat, grundsätzlich keine Parteistellung im Verlassenschaftsverfahren und sohin auch keine Rekurslegitimation zu (NZ 1966, 28; NZ 1975, 30; NZ 1981, 108). Der Erbanwärter könne jedoch eine solche Parteistellung erwerben, wenn er spätestens mit der Rekurserhebung zum Ausdruck bringt, den Nachlaß erwerben zu wollen (NZ 1966, 28; EvBl 1969/381). Dem Rekursvorbringen der mj. Daniela B*** lasse sich eine solche Absicht nicht ausreichend entnehmen, umso weniger eine Erbserklärung. Da auch der nicht auf Abänderung der angefochtenen Beschlüsse, sondern lediglich auf deren Aufhebung abzielende Rekursantrag die Absicht eines Nachlaßerwerbes nicht erkennen lasse, mangle es an der Beteiligtenstellung und sohin an der Rekurslegitimation der Einschreiterin im Sinne des § 9 AußStrG. Der Rekurs sei daher unzulässig.

Gegen den rekursgerichtlichen Zurückweisungsbeschluß richtet sich der Revisionsrekurs der mj. Daniela B*** mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Verlassenschaftssache zur neuerlichen Durchführung der Abhandlung und Einantwortung an das Erstgericht zurückzuverweisen, dem in eventu aufgetragen werden möge, gemäß dem nach §§ 125 ff AußStrG vorgesehenen Verfahren bei vorkommenden widersprechenden Erbserklärungen vorzugehen. Zugleich erklärt sich die Revisionsrekurswerberin (vorsorglich) zu einem Viertel mit der Rechtswohltat des Inventars auf Grund des Testaments der Klara W*** vom 16.November 1942 als Erbin.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist berechtigt.

Dem Rekursgericht ist zwar dahin beizupflichten, daß ein berufener Erbe in aller Regel erst durch Abgabe der Erbserklärung Partei des Abhandlungsverfahrens wird und ihm vorher infolgedessen die Antrags- und Rechtsmittellegitimation fehlt (SZ 23/240, SZ 27/146, SZ 42/50, JBl 1958, 23, EvBl 1974/300 uva). Dieser Rechtsprechung liegt der im allgemeinen tragende Gedanke zugrunde, daß es nicht angehe, einerseits die Erbserklärung mit ihren weitreichenden Rechtsfolgen vorerst oder überhaupt zu unterlassen, anderseits aber Einfluß auf das Abhandlungsverfahren zu nehmen. Aber nur dort, wo dieser Grundgedanke tragfähig ist, kann die Rekurslegitimation versagt werden. Deshalb hat auch der Oberste Gerichtshof in besonders gelagerten Fällen (SZ 42/50, EvBl 1974/300), vor allem dann, wenn der berufene Erbe bereits ein aktives Interesse am Erbantritt bekundet hat und das Fehlen einer förmlichen Erbserklärung auf einem Fehler im Verfahren beruht (NZ 1966, 28; NZ 1974, 60), die Rekurslegitimation bejaht, weil sich gegenteiligenfalls eine Vereitelung der Wahrnehmung von Rechten ergeben könnte und damit das Ziel der Rechtspflege verfehlt würde (2 Ob 608/87 ua).

Der Oberste Gerichtshof ist nun entgegen dem Rekursgericht der Ansicht, daß im vorliegenden Fall in dem Rekurs der mj. Daniela B*** gegen die erstgerichtlichen Beschlüsse ON 29 und 30 deutlich genug zum Ausdruck kommt, daß die Genannte ein aktives Interesse am Erbantritt hat und bei entsprechender Beteiligung am Abhandlungsverfahren eine förmliche Erbserklärung abgegeben hätte (wie dies inzwischen im Revisionsrekurs auch geschehen ist). Da der Rekurs der mj. Daniela B*** gegen die

erstgerichtlichen Beschlüsse ON 29 und 30 somit nicht zurückzuweisen, sondern sachlich zu behandeln gewesen wäre, war dem Revisionsrekurs der Genannten Folge zu geben und spruchgemäß zu entscheiden.

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