Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit S 17.371,80 bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin die Umsatzsteuer von S 2.895,30) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Der Kläger begehrte von der Beklagten die Bezahlung von S 599.052,32 s.A. Dieser Betrag setze sich aus rückständigem Mietzins von S 490.071,94 und stufenweise errechneten Zinsen von insgesamt S 108.980,38 zusammen.
Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete u.a. ein, daß die Mietzinse unangemessen hoch seien, Sittenwidrigkeit vorliege und Vorauszahlungen der Beklagten zu berücksichtigen wären. Eine Mietzinsvereinbarung wäre nicht zulässig gewesen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit S 519.836,14 s.A. statt und wies ein Mehrbegehren von S 79.216,18 s.A. ab. Es traf - zusammengefaßt dargestellt - folgende Feststellungen:
Die Beklagte hat mit dem Mietvertrag vom 12. November 1980 in Verbindung mit dem gerichtlichen Vergleich vom 12. November 1980 die Liegenschaft 1030 Wien, Klimschgasse 21, samt den darauf befindlichen Betriebsgebäuden rückwirkend ab dem 1. April 1979 gemietet. An monatlichem Haupmietzins wurde ein Betrag von S 10.000,-- zuzüglich der Betriebskosten, der öffentlichen Abgaben und der Umsatzsteuer vereinbart. Der Hauptmietzins ist am Ersten eines jeden Monats im Vorhinein fällig. Er ist nach dem Verbraucherpreisindex 1966 wertgesichert. Ausgangspunkt der Wertberechnung ist die Indexzahl für 1975, wobei Schwankungen bis 5 % unberücksichtigt bleiben.
Mit dem Beschluß vom 15. Mai 1986 wurde rechtskräftig festgestellt, daß sich die Beklagte mit der Bezahlung des Mietzinses betreffend den Zeitraum Jänner 1984 bis einschließlich Dezember 1985 mit einem Betrag von S 342.164,59 im Rückstand befindet, wobei sich diese Entscheidung lediglich auf den Hauptmietzins bezog. Mit dem Sachbeschluß vom 4. Februar 1987 wurde rechtskräftig festgestellt, daß der im Sinne des § 16 Abs 1 MRG angemessene monatliche Hauptmietzins S 12.300,-- beträgt. Seit Jänner 1984 hat die Beklagte lediglich insgesamt S 73.800,-- bezahlt. Zusammenfassend erachtete das Erstgericht unter Berücksichtigung sämtlicher hier nicht näher relevierter Feststellungen letztlich einen Mietzinsrückstand von S 490.071,94 für gegeben; dazu kämen stufenweise berechnete kapitalisierte Zinsen von S 29.764,20, was den zuzusprechenden Betrag ergebe.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten nicht Folge. Es verwarf deren Mängelrüge, wonach das Erstgericht zu Unrecht von der Parteienvernehmung der Beklagten Abstand genommen habe. Es sei unerfindlich, welche Aufklärung die beklagte Partei "über Art und Umfang der gesamten Mietzinsabrechnung und der gesamten von ihr geleisteten Zahlungen" hätte geben können. Auch die Rüge, daß das Erstgericht zu Unrecht den Zeugen Dr. N*** nicht vernommen habe, erachtete das Berufungsgericht nicht für stichhältig. Die Vernehmung dieses Zeugen sei für den Rechtsstreit irrelevant. Schließlich sei auch die unterlassene Beischaffung der Akten 15 Cg 27/86 und 15 Cg 15/86 des Handelsgerichtes Wien, welche "ein für den gegenständlichen Rechtsstreit wesentliches und relevantes Vorbringen" ergeben sollten, nicht als Verfahrensmangel anzusehen, weil es sich dabei um einen unzulässigen Erkundungsbeweis gehandelt habe. Die Feststellungen und die dazu führende Beweiswürdigung des Erstgerichtes seien nicht zu beanstanden, weshalb vom festgestellten Mietzinsrückstand auszugehen sei.
Gegen die Entscheidung des Gerichtes zweiter Instanz richtet sich die Revision der Beklagten aus den Anfechtungsgründen des § 503 Abs 1 Z 2 und 4 ZPO mit dem Antrag, das angefochtene Urteil aufzuheben, es für nichtig zu erklären oder dahin abzuändern, daß das Klagebegehren abgewiesen werde.
Der Kläger beantragt in der Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Die Beklagte rügt unter den dargestellten Anfechtungsgründen als Mängel des Berufungsverfahrens, daß das Gericht zweiter Instanz die unterlassene Parteienvernehmung der beklagten Partei durch das Erstgericht nicht als Verfahrensmangel wahrgenommen habe. Wäre die Parteienvernehmung durchgeführt worden, hätte sich ein ganz anderes Bild über die angeblichen Mietzinsrückstände ergeben. Es liege somit eine Verletzung des Parteiengehörs im Sinne des § 477 ZPO vor, welche der Beklagten die Möglichkeit genommen habe, auf Grund ihrer Unterlagen eine Auflistung der ihrerseits erbrachten Zahlungen zu erbringen. Aus der Parteienvernehmung hätte sich auch ergeben, daß der Zeugeneinvernahme Dr. N*** erhebliche Bedeutung zugekommen wäre. Schließlich wären auch die Akte 15 Cg 27/86 und 15 Cg 15/86 des Handelsgerichtes Wien beizuschaffen gewesen und das Berufungsgericht habe einen diesbezüglichen Mangel des erstgerichtlichen Verfahrens zu Unrecht verneint. Die Feststellungen des Erstgerichtes hätten vom Berufungsgericht nicht übernommen werden dürfen, ohne die Beklagte vorher als Partei zu hören. Die Feststellungsgrundlage sei demgemäß zu eng; die Parteienvernehmung hätte ein völlig anderes Bild ergeben und auch die unrichtige Verrechnung von Mietzinsbeträgen dargelegt.
Diesen Ausführungen ist jedoch die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes entgegenzuhalten, wonach angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, deren Vorliegen vom Berufungsgericht verneint wurde, nicht mit Erfolg im Revisionsverfahren geltend gemacht werden können (SZ 22/106; 2 Ob 550/88; 6 Ob 611/88 uza). Nur um solche Anfechtungspunkte handelt es sich aber bei den dargelegten, in der Revision vorgetragenen Argumenten. Wenn das Berufungsgericht daher der Ansicht war, daß das Erstgericht zu Recht von der Parteienvernehmung Abstand genommen habe, Dr. N*** als Zeuge nicht zu vernehmen und die Beischaffung der bezogenen Akte nicht erforderlich war, weil auch ohne diese Beweismittel eine verläßliche Sachverhaltsgrundlage über die behaupteten Mietzinsrückstände gegeben sei, kann dem in dritter Instanz nicht mehr entgegengetreten werden. Soweit die Beklagte schließlich die Feststellungen der Vorinstanzen zu bekämpfen versucht, ist ihr entgegenzuhalten, daß auch ihre diesbezüglichen Ausführungen im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof als unzulässig erfolglos bleiben müssen.
Ihrer Revision war somit der Erfolg zu versagen.
Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41, 50 ZPO.
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