Spruch:
Der Revision wird nicht stattgegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 17.360,01 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens (darin enthalten an Umsatzsteuer 1.578,18 S) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist eine Handelsgesellschaft mit dem Sitz in Düsseldorf, die Beklagte betreibt als inländische Handelsgesellschaft das Transportgewerbe. Die Beklagte bezog über die Klägerin im Zuge einer langjährigen Geschäftsbeziehung Treibstoffe. Der Einzelbezug erfolgte (in den verschiedensten Ländern) im Wege von Kreditkarten der Klägerin. Im Sinne der allgemeinen Geschäftsbedingungen der Klägerin galt unter anderem als vereinbart, daß die Klägerin ihre Lieferungen grundsätzlich in DM-Währung berechne. Ferner galt folgende Regelung als vereinbart:
"Wird das Zahlungsziel nicht eingehalten, verfallen sämtliche Vergünstigungen und die Zahlungsziele späterer Rechnungen, soweit sie vereinbart waren, d.h. die Rechnungen sind brutto für netto sofort zu begleichen."
Über Lieferungen in den Monaten Juli 1985 bis Januar 1986 stellte die Klägerin der Beklagten mit folgenden Rechnungen folgende Beträge in Rechnung:
a) mit Rechnung vom 30.September 1985
für Lieferungen zwischen Juli und
September 1985 DM 38.054,28
b) mit Rechnung vom 31.Oktober 1985
für Lieferungen im Oktober 1985 DM 35.680,75
c) mit Rechnung vom 15.November 1985
für Lieferungen zwischen September und
November 1985 DM 36.916,10
d) mit Rechnung vom 30.November 1985
für Lieferungen im Oktober und November 1985 DM 32.755,50
e) mit Rechnung vom 15.Dezember 1985
für Lieferungen zwischen Oktober und
Dezember 1985 DM 23.543,56
f) mit Rechnung vom 31.Dezember 1985
für Lieferungen im November und Dezem-
ber 1985 DM 38.121,45
g) mit Rechnung vom 15.Januar 1986
für Lieferungen im November und Dezem-
ber 1985 DM 7.286,42
h) mit Rechnung vom 31.Januar 1986
für Lieferungen zwischen November 1985
und Januar 1986 DM 3.798,06.
In den erstgenannten fünf Rechnungen (bis zu jener vom 15. Dezember 1985) war jeweils ein 30-tägiges Zahlungsziel eingeräumt, in den drei letztgenannten Rechnungen (ab 31. Dezember 1985) war kein Zahlungsziel mehr eingeräumt. Die Beklagte leistete seit Ausstellung der Rechnung vom 30. September 1985 keine Zahlungen mehr. So haftete zum Jahresende 1985 die volle Summe der ersten sechs Rechnungen im Gesamtbetrag von DM 205.071,64 unberichtigt aus. Die Klägerin nahm daraufhin eine Bankgarantie im Betrag von DM 60.000 in Anspruch und brachte die Valuta zuzüglich Zinsen im Betrag von DM 66,70 auf die fälligen Verbindlichkeiten der Beklagten zur Anrechnung, so daß ein offener Betrag von DM 145.004,94 verblieb. Dazu kamen die Beträge aus den Rechnungen vom 15. und 31.Januar 1986 im Betrag von zusammen DM 11.084,48. Das ergibt den Klagsbetrag von DM 156.089,42. Auf eine Mahnung mit Aufforderung zur Erstattung eines angemessenen Ratenzahlungsvorschlages erbot sich die Beklagte durch ihren damaligen Geschäftsführer fernmündlich (am 20.Januar 1986) zur Abstattung der Verbindlichkeiten ab 1.Februar 1986 in monatlichen Raten von DM 6.000. Die Telefongesprächspartnerin des Geschäftsführers der Beklagten erklärte sich zum Abschluß einer solchen Vereinbarung als nicht ermächtigt und forderte die Beklagte zur Erstattung eines schriftlichen Ratenzahlungsvorschlages auf. Mit Schreiben vom 30.Januar 1986 ersuchte die Beklagte, den offenen Saldo ab 15.Februar 1986 in monatlichen Beträgen von DM 6.000 abstatten zu dürfen. Dieses schriftliche Ersuchen der Beklagten kreuzte sich mit einem Schreiben der Klägerin vom 31.Januar 1986, mit dem die Klägerin die Bestellung des Klagevertreters mitteilte und die Beklagte ersuchte, sich zwecks Teilzahlungen mit diesem Rechtsanwalt in Verbindung zu setzen. Trotz Zugang dieses Schreibens nahm die Beklagte mit dem ihr genannten Rechtsanwalt keinen Kontakt auf.
Vielmehr richtete sie wieder unmittelbar an die Klägerin das vom Geschäftsführer der Beklagten unterfertigte Schreiben vom 21. Februar 1986. In diesem - nach der am 14.Februar 1986 erfolgten Klagszustellung verfaßten - Schreiben wies die Beklagte unter "betr" auf die Klage, den offenen Saldo von DM 152.291,36 und das Anbot zu einem außergerichtlichen 50 %igen Vergleich hin. Im Text des Schreibens legte die Beklagte ihre wirtschaftlichen Verluste und die sich daraus ergebende Folgerung dar, von ihrem Wirtschaftstreuhänder aufgefordert worden zu sein, "unbedingt einen Vergleich vorzunehmen, jedoch mit einer 50 %igen Zahlung garantieren". Daran schloß die Beklagte ihre Bitte um "aufrechte Erledigung".
Das Erstgericht folgerte aus diesem von ihm festgestellten Sachverhalt, daß die Klagsforderung fällig und eine Ratenzahlungsvereinbarung nicht zustande gekommen sei. Es verurteilte die Beklagte nach dem Klagebegehren zur Zahlung des Schillinggegenwertes von DM 156.089,42 samt staffelweise berechneten Zinsen in der Höhe von 5 %.
Die Beklagte führte ihre Berufung nur zu den Anfechtungsgründen der Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie der unrichtigen Beweiswürdigung und unrichtigen Tatsachenfeststellung aus. Sie bemängelte vor allem, daß die von der Klägerin vorgelegten Ablichtungen der Rechnungen samt den zugehörigen Bezugsbestätigungen, deren Richtigkeit die Beklagte bestritten habe, mit den Parteien nicht erörtert worden seien.
Das Berufungsgericht verneinte das Vorliegen des gerügten Verfahrensmangels mit dem Hinweis, daß die Beklagte im zweiten Rechtsgang in der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 2. Oktober 1987 zu den vorgelegten Urkunden zwar die Übereinstimmung mit den jeweiligen Originalen und deren Echtheit zugestanden, und die Richtigkeit der Urkunden bestritten habe, nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles jedoch nicht näher erläutert habe, inwieweit die vorgelegten Urkunden unrichtig seien. Es begründe keinen Verfahrensmangel, daß nach neuerlich eingetretenem Richterwechsel in der folgenden Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 5. November 1987 nach Verlesung des Akteninhaltes und der Erklärung der Parteien, ihre bisherigen Vorbringen und ihre bisherigen Anträge aufrechtzuerhalten, keine neuerliche Erörterung der einzelnen Urkunden stattgefunden habe.
Zur Würdigung des sich aus dem Urkundeninhalt ergebenden Forderungsbetrages hätte das Berufungsgericht auf die vom ehemaligen Geschäftsführer der Beklagten abgelegte Zeugenaussage hinweisen können, der nach dem Inhalt des Verhandlungsprotokolles vom 5. November 1987 wörtlich bekundete: "Der Brief vom 21.2.1986 an..."
(die Klägerin) "...wurde von mir verfaßt. Es ist daher richtig, daß die Forderungen in der Höhe von DM 152.291,36 offen waren bzw. noch sind."
Das Berufungsgericht erachtete jedenfalls auch die Tatsachen- und Beweisrüge als unberechtigt.
Das Berufungsgericht bestätigte das klagsstattgebende Urteil
erster Instanz.
Die Beklagte ficht dieses Urteil aus dem Revisionsgrund nach § 503 Abs 1 Z 2 ZPO mit einem auf Abweisung des Klagebegehrens gerichteten Abänderungsantrag und einem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag an.
Die Klägerin strebt die Bestätigung der angefochtenen Entscheidung an.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist nicht berechtigt.
Das Berufungsgericht hat den von der Rechtsmittelwerberin gerügten angeblich in erster Instanz unterlaufenen Verfahrensmangel unter Vermeidung eines eigenen Verfahrensmangels als nicht gegeben angenommen und dazu eine nachvollziehbare Auslegung der betreffenden Verfahrensbestimmungen gegeben.
Der Rechtsmittelwerberin ist es nach einem Größenschluß verwehrt, angeblich in erster Instanz unterlaufene Verfahrensmängel, deren Vorliegen das Berufungsgericht verneint hat, als Revisionsgrund neuerlich geltend zu machen, weil sogar die Verneinung eines mit Nichtigkeit bedrohten erstinstanzlichen Verfahrensverstoßes durch das Berufungsgericht (in Form einer Beschlußentscheidung) einer weiteren Nachprüfung durch das Revisionsgericht entzogen bliebe (arg: § 5l9 Abs 1 ZPO).
Der Inhalt der in der Revision erwähnten Privaturkunden war im
übrigen - mit Ausnahme des Klagsausdehnungsbetrages von weniger als
2,5 % des gesamten Klagsbetrages - durch das vom Geschäftsführer der
Beklagten unterfertigte Schreiben vom 21.Februar 1986 und vor allem
durch die erwähnte Zeugenaussage inhaltlich vollauf gedeckt, so daß
nach Ablegung dieser Aussage kein Anlaß mehr zu einer mit den
Parteien zu erörternden Möglichkeit für eine Verbreiterung der
Beweiswürdigungsgrundlagen in Ansehung der hinsichtlich ihrer
Richtigkeit bestrittenen Urkunden bestehen konnte. Nach Ablegung der
Aussage des ehemaligen Geschäftsführers der Beklagten und Verlesung
des Protokolles über die im Rechtshilfewege erfolgte Vernehmung der
Angestellten der Klägerin waren deren Buchungsunterlagen und
Rechnungen nur noch zur inhaltlichen Erläuterung und Aufgliederung
des Inhaltes der der freien Beweiswürdigung unterlegenen Aussagen,
aber nicht mehr als selbständige, allein tragende Beweisgrundlage
vonnöten. Dies vernachlässigen die Revisionsausführungen.
Der Revision war ein Erfolg zu versagen.
Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht
auf den §§ 41 und 50 ZPO im Zusammenhalt mit § 8 Abs 2 bis 4 RATG.
(Die Bemessungsgrundlage beträgt 1,100.149 S.
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