OGH 4Ob537/88

OGH4Ob537/8826.4.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Prof. Dr. Friedl als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Gamerith, Dr. Kodek, Dr. Niederreiter und Dr. Redl als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*** Fleischhandelsgesellschaft mbH, Mühlheim am Main, Dietesheimerstraße 125, Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch Dr. Leo Kaltenbäck, Dr. Hanspeter Pausch und Dr. Elisabeth Simma, Rechtsanwälte in Graz, wider die beklagte Partei K*** Kühltransporte-Spedition Gesellschaft mbH, Wien 3., Gottfried Kellergasse 2/4/20, vertreten durch Dr. Gerhard Blasche, Rechtsanwalt in Wien, und die Nebenintervenientin auf Seite der beklagten Partei K*** T*** Gesellschaft mbH, Villach, Hauptplatz 19, vertreten durch Dr. Werner Masser, Dr. Ernst Großmann und Dr. Eduard Klingsbigl, Rechtsanwälte in Wien, wegen DM 70.021 s.A., infolge der Rekurse der beklagten Partei und der Nebenintervenientin gegen den Beschluß des Oberlandesgerichtes Wien als Berufungsgerichtes vom 18. Dezember 1987, GZ 5 R 227/83-33, womit das Urteil des Handelsgerichtes Wien vom 10. August 1987, GZ 27 Cg 316/85-28, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit S 17.462,- bestimmten Kosten des Rekursverfahrens (darin S 1.587,40 Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile arbeiten seit einiger Zeit bei der Durchführung von Fleischtransporten zusammen. Im Frühjahr 1984 erteilte die Klägerin der Beklagten den Auftrag, gegen ein Frachtpauschale von DM 4.500 die Beförderung von 20.681 kg Fleisch von Lübeck nach Krusevac (Jugoslawien) zu veranlassen oder durchzuführen. Die Beklagte beauftragte dem Transport die Nebenintervenientin, mit der sie in ständiger Geschäftsverbindung steht. Am 2. Mai 1984 wurde der Kühl-LKW in Lübeck von Leuten der N***FT

mbH & Co KG beladen. Am 8. Mai 1984 traf die Sendung am Bestimmungsort ein. Die Firma J*** teilte der Klägerin sofort mit, daß die gesamte Ladung als verdorben anzusehen sei. Das teilte die Klägerin mit dem Telex vom 8. Mai 1984, 16.45 Uhr, der Beklagten mit und ersuchte sie, den Schaden sofort ihrer Versicherung zu melden. Mit Telex vom 9. Mai 1984, 10.23 Uhr, bestätigte die Beklagte ihr Einverständnis, zur Geringhaltung des Schadens die Ware zuzuputzen und Teile davon wegzuschneiden; sie verwies außerdem darauf, daß sie ihre CMR-Versicherung veranlaßt habe, die Fleischwaren von einem Sachverständigen an Ort und Stelle besichtigen zu lassen.

Im Jänner 1985 traf Peter W***, der mit der Auftragsabwicklung betraute Disponent der Beklagten, mit dem Geschäftsführer der Klägerin in Frankfurt am Main zusammen. Dabei wurde über diesen Schadensfall gesprochen. Peter W*** erinnerte an die Gefahr der Verjährung und wies darauf hin, daß die Beklagte der Klägerin bei der Schadensabwicklung behilflich sein wolle, dazu jedoch noch genauere Unterlagen benötige. Er erklärte, daß die Beklagte jede Haftung für diesen Schadensfall ablehne und sich die Klägerin deshalb wegen einer Liquidierung an den Frachtführer und dessen CMR-Versicherer halten müsse; die Beklagte sei bereit, der Kläger etwaige Ansprüche gegen den Frachtführer abzutreten. Mit Schreiben vom 1. Februar 1985 wies die Beklagte die Klägerin darauf hin, daß sie ohne Unterlagen keine Schadensabwicklung vornehmen könne, und kündigte an, daß sie im Fall der Verjährung die Frachtrate einfordern werde.

Nachdem die Klägerin weitere Informationen erhalten hatte, übermittelte sie mit Schreiben vom 22. Februar 1985 der Beklagten eine Rechnung über den ihr entstandenen Transportschaden samt einigen Begleitpapieren zum Nachweis des Schadens. Im Zuge eines umfangreichen Schriftverkehrs teilte die E*** A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft als CMR-Versicherer der Nebenintervenientin am 26. März 1985 der Klägerin mit, daß sie mit einer Erstreckung der gesetzlichen Verjährungsfrist bis 30. Juni 1985 einverstanden sei. Die Nebenintervenientin lehnte der Beklagten gegenüber im Hinblick auf den unterfertigten Frachtbrief und den Temperaturbericht eine Verantwortung für den eingetretenen Schaden ab. Mit Schreiben an die Nebenintervenientin vom 17. April 1985 lehnte die E*** A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft gleichfalls die Haftung für den Schaden ab, unter anderem deshalb, weil das Fahrzeug nach der Ankunft in Krusevac 4 Stunden lang offen im Schlachthaus gestanden sei. Bereits mit Schreiben vom 7. März 1985 hatte die Beklagte der Klägerin die E*** A*** Versicherungs-Aktiengesellschaft als zuständigen Versicherer genannt und empfohlen, ihre Ansprüche energisch und direkt geltend zu machen, weil der Frächter den Schaden zurückweise. Mit Schreiben vom 8. Mai 1985 übermittelte die Beklagte der Klägerin das Ablehnungsschreiben des CMR-Versicherers vom 17. April 1985 und ersuchte um Überweisung der offenen Fracht. Nach dem Empfang dieses Schreibens, teilte die Klägerin am 15. Mai 1985 der Beklagten noch einmal ihren Standpunkt schriftlich mit und ersuchte um Stellungnahme bis 25. Mai 1985. Die Beklagte hat der Klägerin gegenüber in dieser Angelegenheit nie auf die Geltendmachung der Verjährung verzichtet; sie hat auch die Verjährungsfrist nicht bis 30. Juni 1985 verlängert. Mit der am 25. Juni 1985 beim Erstgericht eingelangten Klage begehrt die Klägerin von der Beklagten den Ersatz des durch die unsachgemäße Beförderung entstandenen Schadens von DM 77.961 (darin kapitalisierte Zinsen von DM 7.940) sA. Die Ursache für das Verderben des Fleisches sei offenbar in der mangelnden Funktion der Umluft im Kühl-LKW gelegen.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens und wendete ua Verjährung ein; sie habe niemals auf diese Einrede verzichtet. Sie sei ausschließlich als Spediteur beauftragt worden und hafte daher nicht für Fehler des Frachtführers. Zwischen den Streitteilen seien die AÖSp vereinbart worden, so daß der Anspruch der Klägerin auch nach § 64 AÖSp verjährt sei. Sie, die Beklagte, habe die Reklamation der Klägerin mit Schreiben vom 7. März 1985 zurückgewiesen. Da es sich bei der Verjährungshemmung des Art. 32 Abs.2 CMR um eine Ablaufhemmung handle, hätte die Klage unmittelbar nach der Zurückweisung der Reklamation eingebracht werden müssen; die Klägerin habe aber bis zum 23. Juni 1985 zugewartet.

Auch die Nebenintervenientin beantragte die Klageabweisung. Der Erstrichter, der die Verhandlung auf den Verjährungseinwand eingeschränkt hatte (ON 13 S. 43), wies das Klagebegehren ab. Den von ihm festgestellten, eingangs wiedergegebenen Sachverhalt beurteilte er rechtlich wie folgt:

Auf den Transport von Lübeck nach Krusevac sei das Übereinkommen über den Beförderungsvertrag im internationalen Straßengüterverkehr (CMR) anzuwenden. Die Beklagte sei als Fixkostenspediteur anzusehen, der die Rechte und Pflichten eines CMR-Frachtführers habe. Nach Art. 32 Abs.1 CMR beginne im Fall der Beschädigung die einjährige Verjährungsfrist mit dem Tag der Ablieferung des Gutes. Umstände, die auf ein schweres Verschulden oder eine Hemmung der Verjährung hindeuten würden, seien weder behauptet worden noch hervorgekommen. Da die Beklagte die Verjährungsfrist auch nicht verlängert habe, sei der gegen sie erhobene Anspruch im Zeitpunkt der Klage bereits verjährt gewesen. Eine arglistige Täuschung der Klägerin durch die Beklagte über die Verjährung liege nicht vor. Die Erklärung der Versicherung über die Verlängerung der Verjährungsfrist binde die Beklagte mangels vertraglicher Beziehung nicht.

Mit dem angefochtenen Beschluß hob das Berufungsgericht das Ersturteil unter Rechtskraftvorbehalt auf. Da sich die Beklagte mit der Klägerin auf einen bestimmten Satz der Beförderungskosten geeinigt habe, habe sie nach § 413 Abs.1 HGB ausschließlich die Rechte und Pflichten eines Frachtführers und könne sich daher nicht auf ihre Stellung als Spediteur und die Anwendung der Verjährungsbestimmungen der AÖSp berufen. Auf sie als Fixkostenspediteur seien die Bestimmungen der CMR anzuwenden. Nach Art. 41 CMR seien Vereinbarungen, soweit sie von den Bestimmungen der CMR abweichen, nichtig. Die von Art. 32 CMR abweichenden Bestimmungen der AÖSp über die Verjährung seien somit nicht anzuwenden; die Frage der Verjährung sei vielmehr nach Art. 32 CMR zu prüfen, nach dessen Absatz 1 Ansprüche aus einer diesem Übereinkommen unterliegenden Beförderung in einem Jahr verjährten. Da Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit nicht behauptet worden seien, komme die für diesen Fall vorgesehene dreijährige Verjährungsfrist hier nicht in Betracht. Die Verjährungsfrist für Ansprüche aus der Beschädigung des beförderten Gutes beginne mit dessen Ablieferung. Nach Art. 32 Abs.1, letzter Satz, CMR werde der Tag, an dem die Verjährung beginne, bei der Berechnung der Frist nicht mitgerechnet, so daß an sich die Verjährungsfrist am 8. Mai 1985 abgelaufen wäre. Die Verjährung werde aber gemäß Art. 32 Abs.2 CMR durch eine schriftliche Reklamation bis zu dem Tag gehemmt, an dem der Frachtführer die Reklamation schriftlich zurückweise und die beigefügten Belege zurücksende. Der Beweis für den Empfang der Reklamation oder der Antwort sowie für die Rückgabe der Belege obliege demjenigen, der sich darauf beruft. Weitere Reklamationen, die denselben Anspruch zum Gegenstand haben, hemmten die Verjährung nicht. Nach Art. 32 Abs.3 CMR gelte unbeschadet der Bestimmungen des Absatzes 2 für die Hemmung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichtes.

Das Fernschreiben der Klägerin vom 8. Mai 1984 sei bereits eine die Verjährung hemmende schriftliche Reklamation gewesen, weil darin die Inanspruchnahme der Beklagten ausdrücklich erklärt worden sei. Der Spezifizierung von Grund und Höhe des Schadens im einzelnen bedürfe es für die Reklamation nicht. Die Erklärung der Reklamation mit Fernschreiben reiche zur Erfüllung der verlangten Schriftform aus. Diese Reklamation sei von der Beklagten nicht ausdrücklich schriftlich zurückgewiesen worden. Im Schreiben der Beklagten vom 7. März 1985 liege keine solche Zurückweisung, weil darin nur mitgeteilt worden sei, daß die Nebenintervenientin den Schaden zurückweise und der zuständige Versicherer die E*** A*** Versicherungs-AG sei. Die weiters darin enthaltene Empfehlung, die Ansprüche energisch und direkt geltend zu machen, lasse erkennen, daß die Beklagte die Ansprüche allenfalls für berechtigt gehalten habe; eine schlüssige Zurückweisung der Reklamation durch die Beklagte könne somit darin nicht erblickt werden. Erst das Schreiben vom 8. Mai 1985 könne allenfalls als Zurückweisung der Reklamation aufgefaßt werden.

Nach der jüngst ergangenen Entscheidung des Obersten Gerichtshofes JBl. 1987, 664, der sich das Berufungsgericht anschließe, handle es sich bei der durch die schriftliche Reklamation bewirkten Verjährungshemmung um eine Fortlauf- und nicht um eine Ablaufhemmung. Demnach sei bei Einbringung der Klage die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen gewesen, weil sie durch die Reklamation vom 8. Mai 1984 bis zur (allenfälligen) Zurückweisung durch das Schreiben vom 8. Mai 1985 gehemmt gewesen sei. Selbst wenn man aber die Reklamation nicht schon in dem Fernschreiben vom 8. Mai 1984, sondern erst in dem Schreiben vom 22. Februar 1985 und der damit übersandten Schadensrechnung sähe, wäre die Verjährungsfrist noch nicht abgelaufen, weil auch in diesem Fall eine Hemmung in der Dauer von rund 2 1/2 Monaten eingetreten wäre. Der Auffassung der Beklagten, auf die von der Klägerin erst in der Berufung erhobene Hemmungseinrede wäre nicht Bedacht zu nehmen, sei nicht zu folgen. Das Gesetz bestimme nur, daß auf die Verjährung ohne Einwendung der Parteien kein Bedacht zu nehmen sei; das gelte auch dann, wenn die die Verjährung begründenden Tatsachen vom Kläger behauptet worden seien. Eine gleichartige Vorschrift für die "Hemmungseinwendung" bestehe hingegen nicht. Es bleibe hier bei den allgemeinen Grundsätzen über die Behauptungslast, wonach die Parteien verpflichtet seien, diejenigen konkreten Behauptungen aufzustellen, die die abstrakten Voraussetzungen für die ihnen günstigen Normen ergeben. Um die Hemmung der Verjährung wahrnehmen zu können, habe es somit nicht der Erhebung einer ausdrücklichen Hemmungseinrede bedurft, sondern es habe genügt, daß die Klägerin jene Tatsachen behauptete, die die Heranziehung des Art. 32 Abs.2 CMR indizierten. Ob die Klägerin im Verfahren erster Instanz an die Hemmung der Verjährung gedacht habe, sei unerheblich, sofern nur die maßgeblichen Tatsachenbehauptungen vorlägen. Die Klägerin habe aber schon in der Klage behauptet, mit Fernschreiben vom 8. Mai 1984 reklamiert zu haben; das Erstgericht habe das auch festgestellt. Für den Empfang einer so frühzeitigen Antwort, daß trotz der Hemmung die Verjährungsfrist am 25. Juni 1985 schon abgelaufen gewesen wäre, wäre die Beklagte nach der ausdrücklichen Vorschrift des Art. 32 Abs.2 Satz 3 CMR behauptungs- und beweispflichtig gewesen. Trotz des Fehlens einer ausdrücklichen "Hemmungseinrede" sei daher auf die Hemmung der Verjährung Bedacht zu nehmen gewesen.

Erweise sich aber die Einwendung der Verjährung als nicht berechtigt, so sei die Rechtssache noch nicht spruchreif. Gegen diesen Beschluß wenden sich die Rekurse der Beklagten sowie der ihr beigetretenen Nebenintervenientin mit dem Antrag, das Ersturteil wiederherzustellen, allenfalls dem Berufungsgericht die neuerliche Entscheidung in diesem Sinne aufzutragen. Die Klägerin beantragte, den Rekursen nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Rekurse sind nicht berechtigt.

Die Nebenintervenientin meint, die in Art. 32 Abs.2 Satz 1 CMR vorgesehene Hemmung sei als Ablauf-, nicht aber als Fortlaufhemmung zu beurteilen; die gegenteilige Entscheidung JBl. 1987, 646 sei vereinzelt geblieben. Dem kann nicht gefolgt werden. Der Oberste Gerichtshof hat zwar in den Entscheidungen 7 Ob 682/84 (transpR 1985, 132 = AnwBl. 1985, 208) und 6 Ob 578/85 die in Art. 32 Abs.2 CMR vorgesehene Hemmung der Verjährung als Ablaufhemmung beurteilt; die Entscheidung 1 Ob 558/87 (JBl. 1987, 664 = RdW 1987, 371) hat dann aber der gegen die vorerwähnten Entscheidungen in der Literatur (Horak in AnwBl. 1986, 166; Blasche in AnwBl. 1986, 389 und in Verkehr 1987 H. 13, 24) erhobenen Kritik Rechnung getragen und ausgesprochen, daß Art. 32 Abs.2 CMR eine Fortlaufhemmung normiere. Der in Art. 32 Abs.2 CMR enthaltene Verweis auf das nationale Recht sei nur als subsidiär anzusehen; im Interesse einer möglichst einheitlichen Anwendung in den Vertragsstaaten komme dem Wortlaut des internationalen Abkommens eine besondere Bedeutung zu. Aus den gemäß Art. 51 CMR authentischen englischen und französischen Texten der CMR folge eindeutig, daß eine Fortlaufhemmung verfügt werde, so daß auf das nationale Recht nicht zurückgegriffen werden müsse. Überdies diene Art. 32 Abs.2 CMR primär der Überprüfung der Anspruchsgrundlagen und nicht der Führung von Vergleichsverhandlungen, so daß auch aus diesem Grund die Annahme einer Ablaufhemmung nicht überzeugend erscheine. Die vergleichbaren Fälle des § 12 Abs.2 VersVG, § 63 Abs.2 KFG und § 25 Abs.2 LuftVerkG würden gleichfalls als Fortlaufhemmung verstanden, so daß die überwiegenden Gründe dafür sprächen, auch die in Art. 32 Abs.2 CMR verfügte Verjährungshemmung in diesem Sinne aufzufassen. Diese Ansicht hat in der Zwischenzeit weitere Zustimmung gefunden (Csoklich in RdW 1987, 371 f) und entspricht überdies der internationalen Rechtsprechung (vgl. die Nachweise bei Csoklich aaO 372). Im selben Sinne hat mittlerweile der Obersten Gerichtshof zu 6 Ob 692/87 entschieden. Auch der erkennende Senat schließt sich dieser überzeugend begründeten Ansicht an. Die Beklagte hält daran fest, daß das Berufungsgericht die Verjährungshemmung nach Art. 32 Abs.2 Satz 1 CMR mangels ausdrücklicher Hemmungseinwendung der Klägerin nicht hätte berücksichtigen dürfen. Dem ist nicht zuzustimmen:

Die Klägerin hat schon in erster Instanz die Tatsachen vorgetragen, aus denen sich rechtlich die Hemmung der Verjährung nach Art. 32 CMR ergibt. Die im Sinne dieses Vorbringens getroffenen Feststellungen müssen bei der rechtlichen Beurteilung auch dann berücksichtigt werden, wenn die Klägerin die Hemmung der Verjährung nicht ausdrücklich geltend gemacht hat. Beruft sich ein Kläger auf die Hemmung der Verjährung, dann muß er einen konkreten Sachverhalt behaupten, der eine Hemmung bewirkt hat; er kann sich nicht damit begnügen, darauf hinzuweisen, daß das Gesetz eine Hemmung der Verjährungsfrist kenne (SZ 41/29). Hat aber der Kläger einen solchen Sachverhalt behauptet, dann muß er nicht auch noch auf die Hemmung als rechtliche Konsequenz hinweisen. Die von der Beklagten zitierten Ausführungen Loewes (Europäisches Transportrecht 587 Anm. 268 zu Art. 32 CMR) sind nur dahin zu verstehen, daß der Kläger im Fall eines Verjährungseinwandes seines Gegners Tatsachen behaupten muß, aus denen sich die Hemmung der Verjährung ergibt.

Die Rechtslage ist mit der beim Verjährungseinwand nicht vergleichbar: Da auf die Verjährung nur auf Einwendung der Parteien Bedacht genommen werden darf (§ 1501 ABGB), kann eine Klage nicht schon dann wegen Verjährung abgewiesen werden, wenn die die Verjährung begründenden Tatsachen feststehen (vgl. Schubert in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1501), und zwar selbst dann nicht, wenn der Beklagte diese Tatsachen behauptet haben sollte, ohne damit aber eindeutig seinen Willen erkennen zu geben, sich auf Verjährung zu berufen. Es ist ja durchaus möglich, daß er bereit ist, trotz Ablaufes der Verjährungsfrist die Verbindlichkeit, sollten sich seine anderen Einwendungen als nicht berechtigt erweisen, zu begleichen. Eine besondere Willenserklärung des Klägers, die Hemmung der Verjährung ins Treffen zu führen, ist hingegen nicht erforderlich, weil sich sein Wille, die geltend gemachte Forderung durchzusetzen, schon aus der Aufrechterhaltung der Klage trotz des Verjährungseinwandes ergibt. Daß die Klägerin im vorliegenden Fall dem Verjährungseinwand mit einem unzutreffenden Argument und nicht mit dem Hinweis auf das schon in anderem Zusammenhang vorgebrachte Reklamationsschreiben entgegengetreten ist, kann ihr nicht schaden. Da das Berufungsgericht demnach mit Recht den festgestellten Hemmungstatbestand rechtlich gewürdigt hat und folgerichtig zu einer Verneinung des Verjährungseinwandes gelangt ist, mußten die Rekurse erfolglos bleiben.

Der Ausspruch über die Kosten des Rekursverfahrens gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO.

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