OGH 7Ob682/84

OGH7Ob682/8429.11.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Petrasch, Dr. Wurz, Dr. Warta und Dr. Egermann als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei I*****, vertreten durch Dr. Michael Stern und DDr. Peter Stern, Rechtsanwälte in Wien, wider die beklagte Partei P*****, vertreten durch Dr. Viktor Cerha, Dr. Karl Hempel, Dr. Dieter Cerha und Dr. Benedikt Spiegelfeld, Rechtsanwälte in Wien, sowie den auf Seite der Beklagten beigetretenen Nebenintervenienten Josef K*****, vertreten durch Dr. Alfred Lukesch und Dr. Eduard Pranz, Rechtsanwälte in St. Pölten, wegen 149.268,71 S sA, infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 19. Juni 1984, GZ 3a R 70/84‑13, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Linz vom 20. März 1984, GZ 7 Cg 467/83‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:1984:0070OB00682.840.1129.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Klägerin ist schuldig, der Beklagten die mit 7.332 S (darin enthalten 1.920 S Barauslagen und 492 S USt) sowie dem Nebenintervenienten die mit 6.372 S (darin 960 S Barauslagen und 492 S USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte führte im Auftrag der Klägerin im Jahre 1982 als Frachtführer einen Transport von Linz nach Barcelona durch. Die Ware langte am 19. 7. 1982 beim Empfänger ein.

Mit der vorliegenden Klage macht die Klägerin aus dem Titel des Schadenersatzes einen Anspruch von 149.268,71 S sA wegen Beschädigung des Frachtguts geltend.

Die Beklagte wendete Verjährung ein.

Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren wegen Verjährung abgewiesen. Hiebei gingen sie von folgenden wesentlichen Feststellungen aus:

Der Schade wurde der Beklagten von der Klägerin umgehend bekannt gegeben. Mit Schreiben vom 20. 10. 1982 hat die Beklagte die Klägerin um Mitteilung der Schadenersatzansprüche ersucht. Die diesbezügliche Auskunft ist ihr mit Schreiben vom 24. 11. 1982 zugegangen. Mit Telex vom 15. 12. 1982 hat die Beklagte die Klägerin „um etwas Geduld“ ersucht. Es folgten dann noch diverse Erledigungsbetreibungen durch die Klägerin. Mit Schreiben vom 8. 6. 1983 hat ein Versicherungsbüro namens der Beklagten die Klägerin davon verständigt, dass die Beklagte weder als Spediteur noch als Frachtführer hafte. Dieses Schreiben ist am 13. 6. 1983 bei der Klägerin eingelangt.

Die vorliegende Schadenersatzklage wurde am 24. 10. 1983 eingebracht.

Rechtlich vertraten die Vorinstanzen den Standpunkt, es handle sich um einen grenzüberschreitenden Transport, weshalb die Bestimmungen der CMR anzuwenden seien. Die im Artikel 32 CMR enthaltenen Verjährungsbestimmungen gelten für alle Ansprüche aus einem derartigen Transport und zwar auch für solche, die nicht unmittelbar aus der CMR abgeleitet werden. Die in Art 32 CMR festgesetzte einjährige Verjährungsfrist habe mit Ablieferung des Gutes am 19. 10. 1982 zu laufen begonnen. Selbst wenn man von Vergleichsverhandlungen ausgehe, sei hiedurch lediglich eine Ablaufhemmung der Verjährung eingetreten. Eine solche Ablaufhemmung wäre nur wirksam, wenn nach Beendigung der Vergleichsverhandlungen unverzüglich geklagt werde. Die Klägerin habe jedoch mit der Klage mehr als vier Monate ab Zugang der Ablehnungserklärung zugewartet. Es könne also von einer unverzüglichen Klagsführung keine Rede sein. Ein Anerkenntnis der Schadenersatzforderung habe die Klägerin weder behauptet noch liege ein solches vor.

Das Berufungsgericht hat die Revision für zulässig erklärt.

Rechtliche Beurteilung

Die wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revision der Klägerin ist nicht gerechtfertigt.

Richtig ist, dass die Frage der Verjährung nach österreichischem Recht zu prüfen ist, doch ergibt sich dies nicht aus § 36 IPRG, sondern aus Art 32 Abs 3 der CMR, weil diese Bestimmung festsetzt, dass unbeschadet der Bestimmung des Art 32 Abs 2 CMR, für die Hemmung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichts gilt.

Auf die Frage, ob die Klägerin ein Anerkenntnis durch die Beklagte geltend gemacht hat oder nicht, muss hier nicht weiter eingegangen werden, weil die Klägerin diese ihre Behauptung lediglich auf die beiden Urkunden Beilage ./B und ./D stützt. Bei Beilage ./B handelt es sich um ein Telex vom 7. 7. 1982, dass schon deshalb kein Anerkenntnis einer Schadenersatzforderung beinhalten kann, weil es vor Ablieferung des Gutes und somit lange vor Geltendmachung einer Schadenersatzforderung abgesendet worden ist. In Beilage ./D (Schreiben der Beklagten vom 5. 10. 1982) wird jedoch ausdrücklich ein Verschulden verneint. Aus dem Inhalt dieses Schreibens ist klar ersichtlich, dass die Beklagte eine eigene Haftung grundsätzlich ablehnt, und sich lediglich für eine Regelung der Schadenersatzansprüche der Klägerin durch den Empfänger des Gutes einsetzen werde. Ob dieser Rechtsstandpunkt der Beklagten richtig war oder nicht muss nicht geprüft werden. Selbst wenn die Ablehnung einer Forderung auf einem unrichtigen Rechtsstandpunkt basiert, kann sie nicht als Anerkenntnis gewertet werden. Dass aber die Beklagte bereit wäre, Schadenersatzansprüche der Klägerin zu befriedigen, kann dem Schreiben Beilage ./D nicht einmal andeutungsweise entnommen werden.

Richtig haben die Vorinstanzen erkannt, dass Art 32 CMR alle Ansprüche aus einem der CMR unterliegenden Transport regelt, und zwar auch solche, die nicht aus der Konvention abgeleitet werden ( Precht/Endrigkeit CMR‑Handbuch 3 , 119, Muth Leitfaden zur CMR 5 , 177 f, SZ 49/3, EvBl 1982/162, EvBl 1976/215 ua). Dies wird aus dem Sinn der CMR abgeleitet. Die in der Revision zitierte Entscheidung SZ ¼ wurde lange vor Abschluss der CMR gefällt, weshalb sie der durch die CMR bewirkten Änderung der Rechtslage noch nicht Rechnung tragen kann.

Art 32 Abs 2 CMR spricht von einer Hemmung der Verjährung und nicht von einer Unterbrechung. Da diese Hemmung auf die schriftliche Ablehnung der Reklamation abstellt, liegt ihr der Gedanke zugrunde, dass die Prüfung der geltend gemachten Forderung und allfällige Vergleichsverhandlungen bei der Frage der Verjährung zu berücksichtigen sind. Ausgehend von demselben Gedanken haben die Lehre und die Judikatur in Österreich den Grundsatz entwickelt, dass es gegen die Grundsätze des Rechts verstoßen würde. wenn Vergleichsverhandlungen bei der Prüfung der Verjährung völlig außer Betracht blieben. Solche Vergleichsverhandlungen bewirken daher eine Hemmung der Verjährung, wobei es sich hiebei nicht um eine Fortlaufhemmung, sondern um eine Ablaufhemmung handelt. Eine solche Ablaufhemmung hat aber auf die Verjährungszeit nur dann einen Einfluss, wenn nach Abbruch der Vergleichsverhandlungen unverzüglich, also in angemessener Frist die Klage eingebracht wird ( Bydlinski in JBl 1967,130, Koziol‑Welser 6 I, 150, SZ 48/33, ZVR 1979/287, ZVR 1976/51 ua). Geht man also von der in Art 32 Abs 2 CMR festgesetzten Regelung aus, dass für die Hemmung der Verjährung das Recht des angerufenen Gerichts, also im vorliegenden Fall österreichisches Recht, zu gelten hat, so ist die Bestimmung des Art 32 Abs 2 CMR dahin auszulegen, dass die dort erwähnte Hemmung der Verjährung eine Ablaufhemmung im Sinne der dargelegten österreichischen Lehre und Rechtsprechung ist. Sie kann daher einen Einfluss auf die Verjährungszeit nur dann haben, wenn nach schriftlicher Ablehnung der Reklamation in angemessener Frist die Klage eingebracht wurde. Davon kann aber bei einem Zuwarten von mehr als vier Monaten im Allgemeinen nicht die Rede sein. Dass im vorliegenden Fall ein solcher Zeitraum aufgrund besonderer Umstände noch ausnahmsweise angemessen wäre, kann den klägerischen Tatsachenbehauptungen nicht entnommen werden.

Mit Recht sind sohin die Vorinstanzen von einer Verjährung des eingeklagten Anspruchs ausgegangen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41 und 50 ZPO. Dem Nebenintervenienten konnte allerdings kein Streitgenossenzuschlag zuerkannt werden, weil dessen Vertreter nicht mehr als eine Partei vertreten hat und auch nicht mehr als einem Gegner gegenüber stand.

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