Spruch:
Der Revisionsrekurs des Antragstellers wird, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, zurückgewiesen; im übrigen wird ihm nicht Folge gegeben. Der Revisionsrekurs der Antragsgegnerin wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Auf Grund rechtskräftigen Bescheides des Bürgermeisters der Gemeinde Seefeld wurde gemäß § 18 Abs. 1 Tiroler Bauordnung, LGBl. 1974/42, zu Straßenbauzwecken aus der im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundparzelle Nr. 73/3, EZ 558 KG Seefeld, eine Fläche von 350 m2 und aus der ebenfalls in seinem Eigentum stehenden Grundparzelle Nr. 73/4, EZ 551 KG Seefeld eine Fläche von 644 m2 gegen Festsetzung einer Entschädigung von jeweils S 500,-- pro Quadratmeter enteignet und weiters für die Wertminderung (Verlust der Bebaubarkeit) einer Restfläche von 205 m2 eine Entschädigung von S 366,-- pro Quadratmeter zuerkannt. Der Antragsteller begehrte die gerichtliche Festsetzung der Enteignungsentschädigung, und zwar zuletzt mit einem Betrag von S 6,058.596,-- s.A.
Die Antragsgegnerin beantragte die Abweisung dieses Begehrens. Nach den Ergebnissen der zwischenzeitig durchgeführten Schlußvermessung wurden tatsächlich von der Grundparzelle 73/3 insgesamt 320 m2, und zwar 172 m2 vor und 148 m2 über der Straßenachse liegend und von der Grundparzelle 73/4 insgesamt 638 m2, davon 316 m2 vor und 322 m2 über der Straßenachse liegend, in Anspruch genommen; bei einer im Bauland gelegenen Restfläche von 67 m2 und einer weiteren von 7 m2 traten Wertminderungen zufolge Unbebaubarkeit ein. Der Verkehrswert der Grundparzelle 73/3 betrug im Enteignungszeitpunkt November 1975 S 3.254,-- pro Quadratmeter, jener der Grundparzelle 73/4 S 2.839,-- pro Quadratmeter. Das Erstgericht bewertete die einzelnen Teilflächen nach dem Inhalte des Sachverständigengutachtens, die zusammengerechneten Beträge ergeben eine Summe von S 2,229.198,--. Diese Beträge wurden vom Erstgericht wegen zwischenzeitigen erheblichen Geldwertverlustes nach einem auf den Baukostenindex und Verbraucherpreisindex gegründeten Mischwert um S 1,961.694,-- aufgewertet. Weiters sprach es dem Antragsteller S 335.271,-- für Grunderwerbssteuer, S 51.489,-- für Vertragserrichtungskosten, S 5.000,-- für Vertragsanzeige beim Finanzamt, S 5.000,-- für die Grundbuchseingabe, S 6.150,-- für Umsatzsteuer sowie S 41.910,-- für Grundeintragungsgebühren, insgesamt somit einen Entschädigungsbetrag von S 4,635.712,-- samt 4 % Zinsen ab dem Tage seiner Entscheidung unter Abweisung des Mehrbegehrens von S 1,422.884,-- s.A. zu.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Antragstellers in der Hauptsache nicht und jenem der Antragsgegnerin teilweise Folge. Es trat der erstgerichtlichen, auf das Sachverständigengutachten gegründeten Errechnung der einzelnen Teilbeträge mit der Gesamtsumme von S 2,229.198,-- bei. Im Rahmen der vollen Schadloshaltung des Enteigneten müßten aber auch sämtliche Nebenkosten des dem Enteigneten zustehenden Erwerbes einer Ersatzliegenschaft, somit auch die Vertragserrichtungskosten und Eintragungsgebühren, ersetzt werden, mangels konkreten Nachweises aber nur pauschal in der Höhe von 2 % des Verkehrswertes. Der darüber hinausgehende erstgerichtliche Zuspruch sei hier daher verfehlt. Ebenso verhalte es sich mit der vom Erstgericht entgegen der Judikatur zuerkannten 8 %-igen Grunderwerbssteuer sowie der vom Erstgericht entgegen der einhelligen Rechtsprechung vorgenommenen Aufwertung des Entschädigungsbetrages, welche selbst dann nicht möglich erscheine, wenn seit der Enteignung viele Jahre vergangen seien. Dem Antragsteller sei daher eine Entschädigung von insgesamt S 2,273.782,-- s.A. zuzuerkennen, das Mehrbegehren von S 3,784.814,-- s.A. dagegen abzuweisen.
In seinem Revisionsrekurs beantragt der Antragsteller die Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung im Sinne der vollen Antragsstattgebung. Die Antragsgegnerin stellt in ihrem Rechtsmittel den Antrag, den angefochtenen Beschluß insoweit, als er ihrem Rekurs nicht Folge gab, sondern den erstgerichtlichen Zuspruch an den Antragsteller bestätigte, im Sinne einer diesbezüglichen Antragsabweisung abzuändern.
In ihren Rekursbeantwortungen beantragen die Parteien jeweils, dem Rechtsmittel des Gegners nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Wie der Oberste Gerichtshof schon in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen hat (RZ 1985/35; 1 Ob 671/84, 7 Ob 547/86 ua., Enteignungsverfahren betreffend: 1 Ob 574/86, 1 Ob 550/85) sind seit der durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 erfolgten Änderung des § 502 Abs. 3, aF ZPO auch im Außerstreitverfahren - welches für die vorliegende Enteignung im Sinne der Bestimmungen des § 18 Abs. 3 Tiroler Bauordnung, § 55 Abs. 5 Tiroler Straßengesetz, maßgebend ist - die Grundsätze des Judikates 56 neu über die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen nicht mehr anwendbar. Soweit einem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß in trennbarer Weise auch nur teilweise nicht Folge gegeben wurde, liegt eine bestätigende Entscheidung vor, welche grundsätzlich nur im Rahmen der Beschwerdegründe des § 16 AußStrG, also wegen offenbarer Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit, anfechtbar ist. Entscheidend für die Rechtsmittelzulässigkeit ist nunmehr also lediglich, ob der abändernde (aufhebende: Judikat 203 alt) oder bestätigende Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung angefochten wird.
Vorliegendenfalls wurde vom Rekursgericht dem Rekurs des Antragstellers nicht und jenem der Antragsgegnerin teilweise, nämlich hinsichtlich des den Betrag von S 2,273.782,-- übersteigenden erstgerichtlichen Zuspruches, Folge gegeben. Eine Anfechtung ist daher im Umfang der Abänderung ohne Beschränkung und im Umfang der Bestätigung jeweils nur gemäß § 16 AußStrG zulässig. Die Antragsgegnerin bekämpft den Beschluß des Rekursgerichtes insoweit, als ihrem Rekurs gegen den erstgerichtlichen Beschluß nicht Folge gegeben, der erstgerichtliche Beschluß also teilweise, und zwar hinsichtlich eines Betrages von S 2,273.782,-- s.A., bestätigt wurde. Sie ist somit auf die Beschwerdegründe des § 16 AußStrG beschränkt. Solche macht sie jedoch nicht geltend. Ihr Rechtsmittel war daher als unzulässig zurückzuweisen. Der Antragsteller bekämpft den rekursgerichtlichen Beschluß zunächst insoweit, als die teilweise erstgerichtliche Abweisung seines Begehrens vom Rekursgericht bestätigt wurde. Im Umfang dieser Teilbestätigung ist er im Sinne der vorstehenden Ausführungen ebenfalls auf die Beschwerdegründe des § 16 AußStrG beschränkt. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit, Aktenwidrigkeit oder Nichtigkeit des rekursgerichtlichen Beschlusses wird auch in seinem Rechtsmittel nicht behauptet. Der Revisionsrekurs ist daher, soweit er sich gegen den bestätigenden Teil der rekursgerichtlichen Entscheidung richtet, ebenfalls als unzulässig zurückzuweisen.
Hinsichtlich des abändernden Teiles der rekursgerichtlichen Entscheidung, das ist der rekursgerichtlichen Abweisung des vom Erstgericht zuerkannten Aufwertungsbetrages von S 1,961.694,--, der Grunderwerbssteuer von S 335.271,-- sowie der über
2 % hinausgehenden Kosten der Errichtung und Durchführung eines allfälligen künftigen Kaufvertrages über eine Ersatzliegenschaft, ist der Revisionsrekurs des Antragstellers zulässig, aber nicht gerechtfertigt.
Der Oberste Gerichtshof hat - mit der Ausnahme der Entscheidung EvBl. 1976/255 - in ständiger Rechtsprechung den Standpunkt vertreten, daß die Enteignungsentschädigung auf den Zeitpunkt der Aufhebung des Rechtes bezogen festgesetzt werden muß, maßgebender Zeitpunkt für die Höhe der Enteignungsentschädigung also jener der Erlassung des Enteignungsbescheides erster Instanz und nicht jener der tatsächlichen Bezahlung des Entschädigungsbetrages ist, und daß eine Valorisierung als Ersatz für die zwischenzeitige Geldentwertung durch Inflation mangels gesetzlicher Grundlage grundsätzlich nicht in Frage kommt (JBl. 1974, 202; EvBl. 1979/54; JBl. 1983, 432; SZ 56/14; 6 Ob 545/84 uva.). Lediglich dann, wenn das Geld seine Funktion als beständiger Wertmesser überhaupt verloren hätte, wäre eine Aufwertung möglich (3 Ob 509/76, 5 Ob 584/77; JBl. 1978, 541, JBl. 1983, 432; 5 Ob 512/83 ua.); solche Verhältnisse liegen aber nicht vor. Von dieser vom Rekursgericht zutreffend zitierten Rechtsprechung abzugehen bieten auch die Rechtsmittelausführungen des Antragstellers keinen Anlaß. Der Begriff der Wiederbeschaffungskosten bedeutet nicht, daß sich der Enteignete mit der Entschädigung tatsächlich immer einen dem enteigneten Gegenstand gleichartigen und gleichwertigen Gegenstand beschaffen kann; er soll vielmehr das volle Äquivalent für das enteignete Gut in Form einer Geldsumme erhalten (SZ 51/175; 6 Ob 559/79, 5 Ob 512/83, 6 Ob 530/85, 1 Ob 574/86 ua.). Im Rahmen der Enteignungsentschädigung gebührt dem Enteigneten der Ersatz all jener Kosten, die er - im Enteignungszeitpunkt - aufwenden muß, um ein dem Enteigneten gleichwertiges Grundstück gleicher Art wieder zu erwerben. Dazu gehören grundsätzlich auch die erforderlichen Vertragserrichtungskosten sowie die Eintragungsgebühren. Im Hinblick auf die - gemäß der Übergangsbestimmung des § 12 Abs. 2 Grunderwerbssteuergesetz 1987, BGBl. 1987/309, zur Anwendung kommenden - Bestimmung des § 3 Z 6 GrunderwerbssteuerG 1954, wonach für den Kauf einer gleichwertigen Ersatzliegenschaft unter den dort genannten, vom Enteigneten zu wahrenden Voraussetzungen keine Grundsteuer zu zahlen ist, gehört nicht dazu die allenfalls von ihm beim späteren Erwerb zu entrichtende Grunderwerbssteuer (SZ 50/158; 3 Ob 632/78, 7 Ob 649/78, 6 Ob 559/79, SZ 55/56, JBl. 1983, 432). Sind die tatsächlich anfallenden Auslagen noch nicht konkret vorhersehbar, so sind diesbezüglich an Wiederbeschaffungskosten je 1 % des Verkehrswertes der enteigneten Grundfläche an zu erwartenden Vertragserrichtungskosten und Eintragungsgebühren, also insgesamt 2 % des Verkehrswertes, zuzuerkennen (5 Ob 512/83, 7 Ob 664 - 672/81, 6 Ob 794/81 ua.). Einen darüber hinausgehenden Zuspruch hat das Rekursgericht vorliegendenfalls somit zu Recht abgelehnt.
Demgemäß war dem Revisionsrekurs des Antragstellers, soweit er sich nicht gegen den bestätigenden Teil des rekursgerichtlichen Beschlusses wendet, nicht Folge zu geben.
Die Antragsgegnerin hat in ihrer Rekursbeantwortung keine Kosten verzeichnet. Dem Antragsteller gebührt mangels Hinweises auf den vorliegenden Zurückweisungsgrund kein Kostenersatz für die Rekursbeantwortung.
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