OGH 6Ob545/84

OGH6Ob545/8411.7.1985

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Schobel, Dr. Riedler, Dr. Schlosser und Mag. Engelmaier als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Frieda A, Landwirtin, Desselbrunn, Buchleithen Nr. 2, Gemeinde Rüstdorf, vertreten durch Dr. Jörg Iro, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, wider den Antragsgegner Land B, Linz, Klosterstraße 7, vertreten durch C. Dr. Werner Scholl, Linz, Klosterstraße 7, wegen Neufestsetzung der Enteignungsentschädigung infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Kreisgerichtes Wels als Rekursgerichtes vom 23. November 1983, GZ R 1044/82-35, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Schwanenstadt vom 21. September 1982, GZ 1 Nc 180/81-28, aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß wird mit der Maßgabe bestätigt, daß er zu

lauten hat:

'Dem Rekurs wird Folge gegeben.

Der Beschluß des Erstgerichtes, der hinsichtlich der Festsetzung der Entschädigung für die Durchschneidung des Grundstückes 1110 Acker KG D mit dem Betrage von S 60.000 und in seinem abweisenden Teil (also hinsichtlich S 140.000 für die Durchschneidung des Grundstückes 1110 und S 496.845 an Entschädigung für die Grundstücke) als unangefochten unberührt bleibt, wird im übrigen aufgehoben. Die Rechtssache wird in diesem Umfange an das Erstgericht zurückverwiesen.'

Text

Begründung

Mit Bescheid des Amtes der Oberösterreichischen Landesregierung vom 19. Oktober 1981, BauR-175/3-1981 Gr/Pl wurden gemäß den §§ 58 bis 60 des Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975, LGBl. Nr. 22, in Verbindung mit den einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 aus der der Antragstellerin gehörenden Liegenschaft EZ 169 KG D folgende Grundstücksteile enteignet: Aus 1096 Acker 103 m 2 , aus 1097 Wiese 120 m 2 , aus 1099 Acker 58 m 2 , aus 1080 Acker 207 m 2 , aus 1093 Acker 245 m 2 , aus 1092 Wald (Wiese) 7 m 2 und aus 1110 Acker 2.005 m 2 . An Entschädigungen wurden für das Grundstück Nr. 1096 S 50 je m 2 , für das Grundstück Nr. 1097 S 41 je m 2 , für das Grundstück 1099 S 43 je m 2 , für das Grundstück 1080 S 47 je m 2 , für das Grundstück Nr. 1093 S 60 je m 2 , für das Grundstück 1.092 S 49 je m 2 , für das Grundstück Nr. 1110 S 40,50 je m 2 und 150 Laufmeter Durchschneidung bei Grundstück 1110 mit S 60.000 festgesetzt. Die Antragstellerin begehrte in ihrem innerhalb der Frist des § 60 Abs. 3 des Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 beim Erstgericht eingelangten Antrag die gerichtliche Festsetzung der Enteignungsentschädigung mit 250 S pro Quadratmeter und für die Durchschneidung des Grundstückes 1110 S 200.000 an Entschädigung. Zur Begründung führte sie aus, die enteigneten Grundflächen seien derzeit zwar noch landwirtschaftlich genutzt, es handle sich aber um 'hochwertiges Bauerwartungsland'. Für vergleichbare Grundstücke sei ein Quadratmeterpreis von S 215 bis S 395 bezahlt worden. Durch die diagonale Durchschneidung des Grundstückes 1110 sei eine Verwendung als Baugrundstück nur mehr in eingeschränktem Maße möglich. Die Antragstellerin müsse 'einen den Betrag von 200.000 S um ein mehrfaches übersteigenden Betrag' aufwenden, um ein gleichartiges Grundstück erwerben zu können. Das Land B beantragte die Ermittlung der Entschädigung für die enteigneten Flächen unter Zugrundelegung von Grünlandpreisen, weil es an den Voraussetzungen für die Beurteilung als Bauerwartungsland fehle. Es behauptete, der für die Durchschneidung des Grundstückes 1110 im Enteigungsbescheid zuerkannte Betrag sei überdies überhöht. Das Erstgericht setzte die Entschädigung für die 2745 m 2 große, der Antragstellerin enteignete Fläche mit S 189.405 fest und bestimmte für die Durchschneidung des Grundstückes 1110 Acker einen Entschädigungsbetrag in der Höhe von 60.000 S, sodaß es einen Gesamtentschädigungsbetrag von S 249.405 zuerkannte. Das Mehrbegehren auf Festsetzung eines Betrages von weiteren S 636.845 wies es ab. Das Erstgericht traf im wesentlichen folgende Feststellungen:

Die enteigneten Grundstücke liegen in der Gemeinde E beiderseits der Bezirksstraße in ebener Lage. Sie sind in dem seit 1979 rechtskräftigen Flächenwidmungsplan als landwirtschaftliche Grundstücke ausgewiesen. Am 18. Juli 1979 standen im Gemeindegebiet E laut Flächenwidmungsplan 255.460 m 2 für Bauland zur Verfügung. Seitdem wurde für 22.900 m 2 die Bauplatzbewilligung erteilt. Auf Grund dieser Tatsache ist nach Ablauf von 5 Jahren keine Revidierung des Flächenwidmungsplanes zu erwarten. Im Jahre 1981 wurden nur zwei Bauplatzbewilligungen beantragt und bewilligt. Die enteigneten Grundstücke sind landwirtschaftlich genutzt. Das Zentrum der Nachbargemeinde F ist ca. 2,9 km entfernt. Das 22.382 m 2 große Grundstück 1110 wird durch die neu angelegte Bezirksstraße auf 150 Laufmeter diagonal durchschnitten. Südlich der Straße weist dieses Grundstück als Kulturgattung Ackergrund auf. Im Anschluß an den Ackergrund folgt eine bewaldete Erhöhung. Nördlich der Straße befindet sich eine steil abfallende Böschung in Richtung 'Johannisthal'. Das durch die Straße abgetrennte und im Norden gelegene Restgrundstück ist nach den erfolgten Straßenbauarbeiten noch nicht rekultiviert. Die anderen enteigneten Teilstücke liegen unmittelbar neben der alten Straße. Das Gelände fällt etwa vom Straßenniveau 2 m ab und ist teilweise naß und sumpfig. Etwa 40 m neben der Straße befindet sich ein Teich mit einem Durchmesser von etwa 15 bis 25 m. Das Anwesen der Antragstellerin ist von der Bezirksstraße etwa 40 bis 50 m entfernt. Im Enteignungsgebiet und in der Katastralgemeinde D gab es in den letzten Jahren keine Käufe oder Verkäufe landwirtschaftlicher Grundstücke. Von Jänner 1979 bis einschließlich Juni 1981 wurden folgende Grundstücke in der Katastralgemeinde D um folgende Preise veräußert: Jänner 1979

Grundstück 1244/6 zu S 120/m 2 ; April 1979 Grundstück 749/2 zu S 37/m 2 ; Februar 1979 Grundstück 297/1 und 297/8 zu S 184,85/m 2 ;

Mai 1980 Grundstück 369/3 zu S 80/m 2 ; April 1980 Grundstück 293/2 zu S 155/m 2 ; April 1980 Grundstück 1027/14 zu S 25/m 2 ;

August 1980 Grundstück 837/2 zu S 100/m 2 ; Juli 1980 Grundstück 983 zu S 15/m 2 ; November 1980 Grundstück 733/1 zu S 84,88/m 2 ;

Juli 1980 Grundstück 350/4 zu S 160/m 2 ; September 1980 Grundstück 350/5 zu S 160/m 2 ; Dezember 1980 Grundstück 563/1 zu S 69,60/m 2 ; Juni 1981 Grundstück 616/2 zu S 69,88/m 2 ;

Jänner 1981 Grundstück 931/2 zu S 226,34/m 2 ; Juni 1981

Grundstück 720/2 zu S 160/m 2 . Der Durchschnittspreis aller dieser

Käufe betrug pro Quadratmeter S 122,13. Mit Kaufvertrag aus dem

Jahre 1981, TZ 1728/81 des Bezirksgerichtes F, wurden in der

Katastralgemeinde G landwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von

9.399 m 2 um S 45 je m 2 verkauft. Mit Kaufvertrag vom 3. März

1978, abgeschlossen zwischen Franz und Stefanie H einerseits und der

Gemeinde I andererseits wurde in der Katastralgemeinde I ein

Ackergrundstück im Ausmaß von 1190 m 2 um S 150 je m 2 verkauft.

Die Katastralgemeinde I schließt im Südwesten, die Katastralgemeinde G schließt im Süden an die Katastralgemeinde D an. Die beiden Grundstücke liegen von den enteigneten Flächen etwa 3 bis 4 Kilometer entfernt. Mit Kaufvertrag vom 30. Jänner 1978, abgeschlossen zwischen der Firma J einerseits und der Firma K andererseits, wurden landwirtschaftliche Grundstücke im Ausmaß von

26.787 m 2 um S 700.000 gekauft. Der Quadratmeterpreis errechnet sich mit S 26. Diese Grundstücke sind von der Katastralgemeinde D etwa 6 Kilometer entfernt. Bei den enteigneten Grundflächen handelt es sich um landwirtschaftliche Gründe, deren Wert sich aber wegen der Nähe der Stadt und der Gemeinde nach Baulandpreisen orientiert. Die Grundstücke unterliegen einem Bauverbot. Bei der Wertermittlung wählte der Sachverständige daher das Vergleichswertverfahren und nicht das Ertragsverfahren.

Unter Berücksichtigung des Umstandes, daß die in den Kaufverträgen angeführten Kaufpreise erfahrungsgemäß unter den tatsächlich bezahlten Kaufpreisen liegen, welcher Umstand einen Aufschlag von 15 % rechtfertigt, errechnet sich bei den oben angeführten Grundstücken ein Durchschnittsquadratmeterpreis von S 137,93. Davon ist ein Abzug von 50 % vorzunehmen, weil bei den Vergleichsgrundstücken auch echte Baulandgrundstücke mit bezahlten Baulandpreisen enthalten sind. Für Grundstücke mit 'Bauverbot' (als solche sieht das Erstgericht den Ausführungen des Sachverständigen folgend jene an, hinsichtlich derer auf Dauer die Errichtung von Gebäuden allgemein untersagt ist) werden 50 % der gegenständlichen Baulandpreise bezahlt. Daraus ergibt sich ein Quadratmeterpreis von 69 S. Selbst dann, wenn man nur jene Preise im Vergleichswertverfahren heranzieht, die sich offensichtlich auf landwirtschaftlich genutzte Flächen beziehen, errechnet sich bei Heranziehung aller Preise unter S 100 pro Quadratmeter ein Durchschnittspreis von etwa S 60 pro Quadratmeter. Für die diagonale Durchschneidung des Grundstückes 1110 ermittelte das Erstgericht auf Grund des Sachverständigengutachtens den von der Landwirtschaftskammer im ungünstigsten Fall mit S 400 pro Laufmeter veranschlagten Satz. Dabei wurde die derzeitige landwirtschaftliche Nutzung herangezogen. Bei der diagonalen Durchschneidung würde nur dann ein Nachteil für das Grundstück entstehen, wenn es als Bauland Verwendung fände. Auch für diesen Fall ergäbe sich eine Wertminderung von etwa S 62.100. Durch die diagonale Durchschneidung dieses Grundstückes ist eine Wertminderung der landwirtschaftlichen Flächen jedoch nicht gegeben. In rechtlicher Hinsicht führte das Erstgericht aus, daß der Antragstellerin unter Heranziehung des § 60 des Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 im Zusammenhalt mit § 4 EisbEG 1954 eine Entschädigung in der Höhe von 69 S je Quadratmeter enteigneter Fläche zustehe. Eine exakte Wertermittlung unter Bedachtnahme auf den Umstand, daß die betroffenen Grundstücke nur landwirtschaftlich genutzt würden, sei mangels Vorliegens von Verkäufen landwirtschaftlicher Grundstücke in der Nähe nicht möglich gewesen. Wenn der Sachverständige von mit Bauverbot belegten, derzeit landwirtschaftlich genutzten Grundstücken spreche, so könne es bei der Ermittlung des Entschädigungsbetrages nicht darauf ankommen, in welcher Verwendung ein enteignetes Grundstück zur Zeit der Enteignung stehe. Es müsse vielmehr auch berücksichtigt werden, welche Verwendungsmöglichkeit das Grundstück in diesem Zeitpunkt schon biete. Da sich unter den Vergleichsgrundstücken Grundstücke befänden, für die 'echte Baulandpreise' bezahlt worden seien, und da auf Grund der aufgeschlossenen Grundstücke grundsätzlich eine Verbauung nicht ausgeschlossen werden könne, seien auch die Baulandpreise im Vergleichswertverfahren heranzuziehen. Es könne aber auf keinen Fall von einem Bauland oder von einem Bauerwartungsland gesprochen werden. Eine solche Annahme sei schon auf Grund des vorliegenden rechtskräftigen Flächenwidmungsplanes ausgeschlossen. In den nächsten Jahrzehnten sei sicherlich eine Änderung des bestehenden Flächenwidmungsplanes nicht abzusehen. Es handle sich daher entgegen der Auffassung der Antragstellerin nicht um Bauerwartungsland. Auf hypothetische Käufer sei nicht einzugehen, weil diese einerseits infolge des Flächenwidmungsplanes Grundstücke gar nicht hätten erwerben können, andererseits aber auch nur einen der Widmung des zu kaufenden Grundstückes entsprechenden Preis bezahlt hätten. Konkrete Angaben über zu bezahlende Kaufpreise seien von den Auskunftspersonen nicht gemacht worden. Ein durchschnittlicher potentieller Käufer würde berücksichtigen, welche verschiedenen Möglichkeiten für ihn beim Erwerb eines Grundstückes oder Grundstücksteiles bestünden, und daher bei der Abwägung seines Preisanbotes darauf Bedacht nehmen, daß es sich um Grünland handle, bei dem es nur für die Zukunft noch nicht ganz sicher sei, ob und wann eine Verbauung möglich sein werde. Er werde dann einen Mischpreis bieten, der dem durch die vorgenommene Berechnung ermittelten ähnlich wäre.

Den Beschluß des Erstgerichtes bekämpfte das Land B insoweit, als die Entschädigung für die Enteignung von insgesamt 2.745 m 2 mit S

189.450 festgesetzt wurde; die Zuerkennung von S 60.000 Entschädigung für die Durchschneidung des Grundstückes Nr. 1110 blieb unbekämpft.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs dahin Folge, daß 'der angefochtene Beschluß' aufgehoben und dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen wurde.

Das Rekursgericht führte aus:

Nach § 60 Abs. 5 des Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetzes 1975 seien auf das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäß anzuwenden. Die Enteigneten hätten demnach Anspruch auf Vergütung aller durch die Enteignung verursachten vermögensrechtlichen Nachteile. Es werde damit der Schaden erfaßt, der sich unmittelbar aus der Enteignung ergebe. Die Entschädigung sei auf den Ersatz des positiven Schadens beschränkt. Mittelbare Schäden, der Wert der besonderen Vorliebe sowie Werterhöhungen, welche der Gegenstand der Enteignung in der Folge durch die Anlage der Straße allenfalls erfahre, seien ausgenommen. Mit Rücksicht auf den Umstand, daß die enteigneten Flächen ausschließlich landwirtschaftliche Grundstücke darstellten und eine Umwidmung in Bauland in überschaubarer Zeit nicht zu erwarten sei, seien zu Unrecht Bewertungskomponenten einbezogen worden, die eine Nutzungsmöglichkeit durch Verbauung berücksichtigten. Richtigerweise hätte die Wertermittlung unter gänzlicher Ausklammerung dieser Komponenten erfolgen müssen. Für die Höhe der Entschädigung habe daher der Grundsatz zu gelten, daß der Enteignete soweit wie möglich in die Lage versetzt werden solle, sich mit Hilfe der Entschädigungssumme dieselben Rechte und Vorteile zu verschaffen, die ihm durch die Enteignung im allgemeinen Interesse entzogen worden seien. Dem Enteigneten gebühre demnach nicht nur der Ersatz des Ertragswertes, sondern auch des darüber hinausgehenden Verkehrswertes. Für die Entschädigungsbemessung sei in der Regel der Verkehrswert maßgebend und zwar der Einkaufswert, weil der Enteignete durch die Entschädigung theoretisch in die Lage versetzt werden solle, sich einen dem enteigneten gleichwertigen und gleichartigen Gegenstand wieder zu beschaffen. Bei der Ermittlung der Entschädigung für landwirtschaftliche Liegenschaften sei daher zu beachten: Der Verkehrswertermittlung müsse die 'Bewertung der Grundstücksqualität' vorausgehen. Davon hänge nämlich ab, welche Vergleichsobjekte in Betracht kämen und welcher Ertrag sich mit dem Grundstück erzielen lasse. Als landwirtschaftliche Grundstücke hätten landwirtschaftlich nutzbare Flächen zu gelten, die am Wertermittlungsstichtag aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen einer höherwertigen Verwendung nicht zugeführt werden könnten. Stünden einer höherwertigen Verwendung am Wertermittlungsstichtag Hindernisse entgegen, für deren Beseitigung auf Grund von besonderen zum Wertermittlungsstichtag bereits bekannten Umständen die Voraussetzungen gegeben seien und werde diese Möglichkeit zum Wertermittlungsstichtag im Liegenschaftsverkehr der betreffenden Gegend bereits als werterhöhender Umstand angesehen, so stellten diese Flächen nicht mehr landwirtschaftliche Grundstücke dar. Anhaltspunkte dafür seien, wie schon dargestellt, im vorliegenden Fall zu verneinen. Auch für landwirtschaftliche Grundstücke sei der Verkehrswert in erster Linie nach dem Vergleichswertverfahren zu ermitteln. Es handle sich dabei um das von der Rechtsprechung anerkannte System der Wertermittlung. Bei dieser Methode werde so vorgegangen, daß die Wertermittlung auf Grund der Kaufpreise von Verkäufen gleichartiger oder möglichst gleichartiger Grundstücke innerhalb eines örtlich mehr oder weniger begrenzten Gebietes geschehe. Sollte in der nächsten Nähe, etwa innerhalb der Katastralgemeinde, in welcher sich die enteigneten Grundstücksteile befänden, eine ausreichende Zahl von Vergleichsgrundstücken nicht vorhanden sein, die 'um den Enteignungszeitpunkt herum' verkauft worden seien, könne auch der Grundverkehr in anderen Katastralgemeinden der näheren Umgebung, in denen ähnliche Verhältnisse vorlägen, herangezogen werden. Das Höchstgericht habe im Zusammenhang mit der Enteignung von Grundstücken für die Tauernautobahn im Sprengel des Bezirksgerichtes L die Heranziehung von Vergleichsgrundstücken in benachbarten Gebirgsgegenden des Landes M sowie im N O grundsätzlich zugelassen, sofern nicht das Vorliegen grundlegend anderer Verhältnisse dargetan worden sei. Erst wenn auf diese Art kein verläßliches Bild zu gewinnen wäre, könnte vom Sachverständigen auf andere geeignete Erkenntnisquellen der Wertermittlung zurückgegriffen werden. Die Vergleichsgrundstücke sollten hinsichtlich ihrer wertbeeinflussenden Umstände mit den zu bewertenden Grundstücken so weit wie möglich übereinstimmen. Insbesondere sollten sie nach Lage, Art, Nutzungsmöglichkeit, Größe, Grundstücksgestaltung und Aufschließung einen Vergleich zulassen. Soweit die herangezogenen Grundstücke hinsichtlich der wertbestimmenden Merkmale von den zu bewertenden Grundstücken abwichen, oder sich die Lage auf dem Grundstücksmarkt seit der Veräußerung der Vergleichsgrundstücke geändert habe, sei dies durch angemessene Zu- und Abschläge zu und von den Kaufpreisen zu berücksichtigen. Die Vergleichbarkeit von Grundstücken sei also, abgesehen von der vorgenannten 'Valorisierungsnotwendigkeit', auch dann gegeben, wenn es sich um landwirtschaftliche Grundstücke aus deren - unter Umständen weiter entfernten - Gegenden mit ähnlichen agrarischen Strukturen handle. Von den in den Verträgen aufscheinenden Kaufpreisen werde bis zum Beweis des Gegenteiles auszugehen sein, weil die Redlichkeit der Vertragspartner zu vermuten sei. Maßgeblicher Wertermittlungsstichtag werde der Zeitpunkt der Aufhebung des enteigneten Rechtes sein. Diese Aufhebung trete nicht bereits mit der Erlassung des Enteignungsbescheides ein, sondern erst mit Zahlung oder Erlag der von der Verwaltungsbehörde bestimmten Entschädigungssumme. In diesem Sinne sei das erstinstanzliche Verfahren von einer unrichtigen Rechtsansicht ausgegangen, zumal ein vom Sachverständigen durchgeführtes Vergleichsverfahren zugrunde gelegt worden sei, welches einerseits Verkäufe einbezogen habe, die mit den enteignungsbetroffenen Flächen nicht vergleichbar seien (Verkauf von Bauland), und andererseits nicht geklärt worden sei, ob es sich bei den herangezogenen Verkäufen von landwirtschaftlichen Grundstücken um rechtlich und wirtschaftlich überhaupt vergleichbare Objekte gehandelt habe. Im fortgesetzten Verfahren werde daher ein ergänzendes Gutachten nach den oben entwickelten Grundsätzen einzuholen sein. Dabei sei es selbstverständlich den Parteien unbenommen, nach ihrer Ansicht vergleichbare Grundstücksverkäufe namhaft zu machen. Auch werde es Aufgabe des Sachverständigen sein, von den Enteignungsflächen gleichsam in konzentrischen Kreisen nach außen fortschreitend Vergleichsgrundstücke mit möglichst gleicher rechtlicher und tatsächlicher Agrarstruktur zu ermitteln, allenfalls zu 'valorisieren' und als Grundlage für den Verkehrswert der enteigneten Flächen in seinem Gutachten zu berücksichtigen. Erst auf dieser wesentlich verbreiterten tatsächlichen Basis der Wertermittlung werde das Erstgericht in der Lage sein, über den Antrag der Antragstellerin, soweit dieser noch nicht rechtskräftig erledigt sei, neuerlich zu entscheiden. Nur im Falle des Fehlens der Voraussetzungen für die Anwendung des Vergleichswertverfahrens müßte subsidiär das Ertragswertverfahren herangezogen werden. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses abzuändern.

Rechtliche Beurteilung

Das Land B hat sich am Revisionsrekursverfahren nicht beteiligt. Auf das gerichtliche Verfahren zur Ermittlung der Entschädigung für Enteignungen nach dem Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975 finden gemäß § 60 Abs. 5 dieses Gesetzes die Bestimmungen des Eisenbahnenteignungsgesetzes 1954 sinngemäß Anwendung. Aus den §§ 24, 30 EisbEG 1954 ergibt sich die Anwendbarkeit der §§ 9

bis 16 AußStrG. Daraus folgt weiter, daß auch im Enteignungsentschädigungsverfahren nach dem Oberösterreichischen Landes-Straßenverwaltungsgesetz 1975 das Rechtsmittel gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes wie sonst im Außerstreitverfahren (JB 203 = GlUNF 6.486; EFSlg. 28.370, 39.713 u. a.) zulässig ist (SZ 46/74; SZ 48/54; JBl. 1983, 432). Das Rechtsmittel ist daher zulässig aber nicht berechtigt. Die Rechtsmittelwerberin bringt gegen keine der vom Rekursgericht in seiner Entscheidung vertretenen Auffassungen Argumente vor und versucht auch gar nicht, nachzuweisen, daß das Rekursgericht gegen die von der Rechtsmittelwerberin selbst im Rechtsmittel angeführten Grundsätze des Enteignungsentschädigungsverfahrens verstoßen habe. Sie meint nur, man müsse bei Anwendung dieser Grundsätze zum Schluß kommen, daß das Erstgericht keineswegs eine zu hohe Entschädigung zuerkannt habe.

Der vom Sachverständigen ermittelte Entschädigungsbetrag versetze die Rechtsmittelwerberin gar nicht in die Lage, eine gleichwertige und gleichartige Grundfläche zu beschaffen, sei aber notwendig, um sie einigermaßen zu entschädigen. Eine Ergänzung des Verfahrens würde ergeben, daß ein vergleichbares Grundstück unter dem vom Sachverständigen ermittelten Betrag nicht zu erhalten sei. Das Gutachten des Sachverständigen sei ausreichend und schlüssig, so daß es keiner Verfahrensergänzung bedürfe.

Die Rechtsmittelwerberin übersieht bei diesen Ausführungen, daß der Oberste Gerichtshof, der auch im Außerstreitverfahren nur Rechts- und nicht Tatsacheninstanz ist, einem Ergänzungsauftrag des Rekursgerichtes nicht entgegentreten kann, wenn dieser auf keiner unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht, die aufgetragene Beweisergänzung also den entscheidungserheblichen Sachverhalt betrifft (EFSlg. 25.860, 28.371, 28.372 u.a.). Da die Rechtsmittelwerberin - wie schon gesagt - keine der dem Erstgericht überbundenen Rechtsansichten bekämpft, diese aber auch im Rahmen der allseitigen rechtlichen Beurteilung - mit einer noch zu behandelnden Ausnahme - nicht zu beanstanden sind, kann der Hinweis auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichtes genügen. Lediglich bezüglich des maßgeblichen Wertermittlungsstichtages ist anzumerken, daß die vom Rekursgericht diesbezüglich unter Hinweis auf Brunner, Enteignung für Bundesstraßen, 153, vertretene Auffassung im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (JBl. 1974, 202; RZ 1978/107, S 219; EvBl. 1979/54, S 156 = SZ 51/175; 6 Ob 724/83 u.a.) steht, wonach der Zeitpunkt der Erlassung des Enteignungsbescheides der Verwaltungsbehörde erster Instanz maßgeblich ist. Eine neuerliche Auseinandersetzung mit den verschiedenen Argumenten zur Frage des maßgeblichen Bewertungsstichtages kann im vorliegenden Fall allerdings schon deshalb unterbleiben, weil der Enteigungsbescheid nach dem Vorbringen der Rechtsmittelwerberin am 19. Oktober 1981 ergangen ist, am Tage seiner Zustellung (27. Oktober 1981) auch die überweisung der Entschädigungssumme auf ein Konto der Rechtsmittelwerberin erfolgte und weder behauptet noch hervorgekommen ist, daß sich innerhalb dieser Zeit den Wert der enteigneten Grundstücke beeinflussende Umstände geändert hätten. Dem unberechtigten Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen. Das Rekursgericht ist zutreffend davon ausgegangen, daß der erstgerichtliche Beschluß hinsichtlich der Entscheidung über die Durchschneidungsentschädigung und in seinem abweislichen Teil unbekämpft geblieben, in diesem Umfange rechtskräftig geworden ist und das Erstgericht nur insoweit neuerlich zu entscheiden haben wird, als noch keine rechtskräftige Erledigung des Antrages der Rechtsmittelwerberin vorliegt. Dies kann nur dahin verstanden werden, daß das Rekursgericht den Beschluß insoweit als unbekämpft unberührt belassen und nicht aufgehoben hat, als damit über den Antrag auf Festsetzung der Durchschneidungsentschädigung in der Höhe von 200.000 S - in einer Höhe von 60.000 S stattgebend und in einer Höhe von 140.000 S (insoweit enthalten im Punkt 2 des erstgerichtlichen Beschlusses) abweisend - und über die Abweisung des Mehrbegehrens überhaupt entschieden worden war. Es war daher der angefochtene Beschluß mit der Maßgabe zu bestätigen, daß auch im Spruch klargestellt wurde, inwieweit der erstgerichtliche Beschluß als nicht in Beschwerde gezogen in Rechtskraft erwachsen ist und inwieweit der erstgerichtliche Beschluß aufgehoben wurde.

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