OGH 7Ob547/86

OGH7Ob547/8624.4.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Flick als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Wurz, Dr. Warta, Dr. Egermann und Mag. Engelmaier als Richter in der Sachwalterschaftssache betreffend Dr. Margarete K***, geboren am 15. April 1924, Wien 8., Kochgasse 34/13, infolge Revisionsrekurses der Betroffenen, vertreten durch Dr. Gerhard Mory, Salzburg, Petersbrunnstraße 1a, gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 9. Dezember 1985, GZ. 44 R 181/85-277, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 7. August 1985, GZ. 4 Sw 135/84-255, teilweise abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Staatsanwaltschaft Wien beantragte am 12. Oktober 1981 die Einholung eines psychiatrischen Gutachtens darüber, ob Dr. Margarete K*** zur gehörigen Besorgung ihrer Angelegenheiten eines Beistandes bedarf. Dieser Antrag wurde am 19. April 1985 zurückgezogen. Auf Grund der bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden Verfahrensergebnisse wurde das Verfahren zur Bestellung eines Sachwalters amtswegig weitergeführt.

Mit Beschluß vom 7. August 1985, ON 255, bestellte das Erstgericht Dr. Theo F***, Rechtsanwalt in Wien 1., Naglergasse 6, gemäß § 273 ABGB zum Sachwalter für Dr. Margarete K***. Es betraute den Sachwalter mit deren Vertretung in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren sowie vor Behörden und mit der Empfangnahme und Verwaltung des Pensionseinkommens, wobei Dr. Margarete K*** über ihre Pension jedoch frei verfügen und sich verpflichten können sollte, soweit diese nicht zur Bestreitung von Verfahrenskosten benötigt wird. Das Erstgericht sprach aus, daß Dr. Margarete K*** die Kosten des Verfahrens zu ersetzen habe. Das Rekursgericht gab den Rekursen der Dr. Margarete K*** und ihres gewählten Vertreters teilweise Folge und änderte den Beschluß des Erstgerichtes, den es im übrigen bestätigte, dahingehend ab, daß der Aufgabenkreis des Sachwalters gemäß § 273 Abs. 3 Z 2 ABGB um die Empfangnahme und Verwaltung des Pensionseinkommens reduziert wird, dieser Aufgabenbereich sohin in der Verfügungsgewalt der Betroffenen Dr. Margarete K*** selbst verbleibt.

Folgende Feststellungen liegen den Entscheidungen der Vorinstanzen zugrunde:

Dr. Margarete K*** wurde am 15. April 1924 in Krems, Niederösterreich, geboren. Ihr Vater war Magistratsbeamter; ihre Mutter, die im Haushalt tätig war, verstarb bereits, als Dr. Margarete K*** zwei Jahre alt war, an den Folgen einer Lungenentzündung. Zwei Cousinen väterlicherseits verübten Selbstmord, ein Neffe war wegen paranoider Schizophrenie im März 1974 in stationärer Krankenhausbehandlung, ein anderer Neffe betreibt Alkoholabusus. Der Vater litt unter agitierter Depression und ging deshalb schon mit 55 Jahren in Frühpension; er verstarb nach einem Schlaganfall etwa 1957. Die Stiefmutter, mit der der Vater in zweiter Ehe verheiratet war, verstarb 1966. Drei Halbgeschwister der Dr. Margarete K*** - zwei Halbbrüder sind Ingenieure, die Halbschwester Diplomkrankenschwester - sind gesund und gründeten eigene Familien.

Dr. Margarete K*** wuchs im Elternhaus auf und maturierte nach dem Besuch von Volks- und Mittelschule im Jahre 1942. Sie absolvierte danach den Arbeitsdienst auf einem Bauernhof und wurde dann zum Kriegsdienst als Straßenbahnschaffnerin eingezogen. Anschließend studierte sie in den Jahren 1943/44 bis zur Schließung der Hochschule für Welthandel und wurde danach im Rahmen des Kriegseinsatzes Pflegeschwester beim Roten Kreuz. Nach dem Krieg, im Jahre 1946, begann sie an der Philosophischen Fakultät der Universität Wien Neuphilologie zu studieren und arbeitete nebenbei als Dolmetscherin bei der US-Militärregierung, später als Übersetzerin bei der "Weltpresse" und verschiedenen Nachrichtenagenturen. Sie versuchte sich in einigen Nebenbeschäftigungen (Stenotypistin in einer Anwaltskanzlei, Kindermädchen, Köchin usw.), wobei dadurch die finanzielle Unabhängigkeit vom Elternhaus angestrebt wurde. 1949 promovierte Margarete K*** zum Doktor phil. und legte 1951 die Lehramtsprüfung für Englisch und Deutsch ab. Nach ihrem Probejahr weilte sie 1952/53 als Austauschlehrerin in England und trat 1954 wieder in den Wiener Schuldienst ein, der später durch weitere Auslandsaufenthalte unterbrochen wurde, insgesamt drei Jahre in Großbritannien und ein Jahr in den USA. In den USA-Aufenthalt fällt die Zeit großer Reisen. Nach ihrer Rückkehr, etwa 1962, war Dr. Margarete K*** bis zu ihrem Krankenstand ab Herbst 1973 durchgehend im Schuldienst tätig. Im emotionell-partnerschaftlichen Bereich spielten drei Bindungen eine Rolle, die jedoch zu keiner Eheschließung führten. Zuletzt bestand eine langjährige Lebensgemeinschaft mit einem höheren Angestellten, die jedoch auseinanderging.

Dr. Margarete K*** fühlte sich nach ihren eigenen Angaben 1948 das erste Mal psychisch krank, wobei sie sowohl unglücklich verliebt als auch beruflich überarbeitet gewesen ist. Es kam zu einem ein halbes Jahr andavebnden depressiven Zustand, der sich in Ein- und Durchschlafstörungen, verminderter Leistungsfähigkeit, Kopfschmerzen, Weinen und Zuständen, in denen ihr die Stimme versagt hätte, äußerte. Nach halbjähriger Studienunterbrechung und Aufenthalt in Krems im Elternhaus ist die frühere Leistungsfähigkeit wieder zurückgekehrt. Eine Wiederholung dieses Zustandsbildes trat im November 1969 auf, allerdings wesentlich verstärkt, und dauerte fast ein Jahr. Dr. Margarete K*** wurde damals innerhalb weniger Tage schwer depressiv, ohne eigentlich traurig sein oder weinen zu können. Es traten bei ihr Angstzustände auf und das Gefühl, sie könnte die Stimme verlieren. Bei Appetitlosigkeit kam es zu Ein- und Durchschlafstörungen, die Leistungsfähigkeit nahm stark ab. Ein stationärer Krankenhausaufenthalt im Maria-Theresien-Schlößl mit medikamentöser Behandlung wurde notwendig. Ab Herbst 1970 klang diese depressive Phase ab und Dr. Margarete K*** konnte wieder arbeiten gehen. Seitdem sei zwar eine ganz leicht depressive Stimmung vorhanden, allerdings sei die Unruhe nicht mehr so stark wie damals, aber immer noch vorhanden.

Im September 1973 ging Dr. Margarete K*** neuerlich in den Krankenstand, litt besonders unter Antriebsschwäche und Grübelzwängen sowie Zwangsdenken, wodurch praktisch ihre Aktivität beseitigt war. Die Diagnose erbrachte ein depressives Zustandsbild bei neurotisch-ängstlicher Persönlichkeit.

Es fanden sich sohin bei Dr. Margarete K*** einerseits zwei zeitlich gut abgrenzbare depressive Phasen (1948 und Ende 1969/Herbst 1970), andererseits ein von der Kindheit her zu verfolgender Hang zum Grübeln, eine im Mischzustand massiv ausgeprägte schwere Zwangsneurose. Diese dauernd bestehende, schwere zwangsneurotische Symptomatik sowie die verschiedenen anderen neurotischen Abwehrmechanismen behinderten Dr. Margarete K*** in einem derart großem Ausmaß, daß im Rahmen der Untersuchung für den Stadtschufrat für Wien die Gleichstellung an Schwere mit einer Geisteskrankheit vorgenommen worden ist, weshalb auch die Pensionierung der Dr. Margarete K*** erfolgte. Ihre Versetzung in den zeitlichen Ruhestand mit 1.Juli 1975 erfolgte gemäß § 85 Abs. 1 der Lehrerdienstpragmatik. Eine Erwerbstätigkeit war ihr nicht mehr zumutbar.

Im psychiatrischen Befund der Psychiatrischen Universitätsklinik des Allgemeinen Krankenhaus der Stadt Wien vom 12. Februar 1975 wird unter anderem ausgeführt, daß Dr. Margarete K*** während ihres stationären Aufenthaltes in der Klinik in der Zeit vom 13. bis 17. Jänner 1975 affektiv verzögert war und querulatorisch sowie innerlich unruhig erschien.

Am 30. August 1983 unterzog sich Dr. Margarete K*** auf eigenen Wunsch einer ambulanten neuro-psychiatrischen Untersuchung im Neurologischen Krankenhaus der Stadt Wien, Rosenhügel. Der klinisch-neurologische Befund war damals völlig normal, ohne jegliche Ausfallserscheinungen. Psychisch erschien sie persönlich, örtlich und zeitlich voll orientiert, ihre Bewußtseinslage war klar, ihr Duktus geordnet, der Gedankenablauf rasch, die Stimmungslage eher angehoben. Es waren keine klinischen Zeichen eines psychotischen Geschehens feststellbar. Das EEG erschien noch am Rande der altersmäßigen Norm, auf der linken Seite wurde eine minimale akzentuierte Veränderung im Rahmen eines vaskulären Prozesses festgestellt. Im psychologischen Test stellte sich eine überdurchschnittlich intellektuelle Begabung mit sehr guter Konzentrationsfähigkeit und sehr guter verbaler Abstraktionsfähigkeit heraus. Im Rohrschach-Test ergab sich eine aggressiv-neurotische Komponente.

Bei der Befundaufnahme durch den bestellten Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Werner L*** war Dr. Margarete K*** orientiert und geordnet. Ihr Verhalten war kooperativ, jedoch nicht in allen Situationen adäquat. Aus Aversion gegen psychiatrische Krankenhäuser weigerte sie sich, der Ladung zur Befundaufnahme, die am Institut für gerichtliche Medizin stattfinden sollte, Folge zu leisten, sie bestand darauf, daß diese Befundaufnahme in der Privatordination des Sachverständigen durchgeführt wurde. Ein Grübelzwang oder eine Neigung zu Zwangsgedanken konnte nicht mehr eruiert werden, wohl aber war eine querulatorisch wirkende Überaktivität festzustellen. Das Psychogramm ergab einen starren Denk- und Vorstellungsablauf mit angstneurotischem Persönlichkeitshintergrund. Der Sachverständige führt in seinem Gutachten aus, daß die Betroffene überdurchschnittlich intelligent ist, sie erreicht einen IQ von 136. Zeichen eines hirnorganischen Abbaues oder einer Psychose konnten nicht festgestellt werden. Eine eigentliche Geisteskrankheit ist mit Sicherheit auszuschließen, allerdings liegen neurotische Abnormitäten vor. Im Alltag benötigt Dr. Margarete K*** keine Hilfe, sie ist auch in den meisten Angelegenheiten ihres Lebens handlungsfähig. In seinem ergänzenden Gutachten, erstattet in der Tagsatzung vom 8.7.1985 (ON 240), stellt der Sachverständige fest, daß Dr. Margarete K*** an einer Zwangsneurose leidet bzw. durch sogenannte Zwänge eingeengt ist. Durch diese Zwänge ist sie zwar nicht außerstande gesetzt, Prozesse zu führen, die Zwänge beeinträchtigen jedoch die vernünftige freie Willensentscheidung zumindest zeitweilig. Dr. Margarete K*** hat bezüglich der Sachverhalte, die dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegen, fixe Ideen, die einer Krankheit gleichgestellt werden können. Bei ihr liegt ein Symptom einer depressiven Grundstimmung vor.

Dr. Margarete K*** hat folgende Angelegenheiten zu besorgen:

Sie ist Pensionistin und bezieht ein Pensionseinkommen. Sie war Miteigentümerin der Liegenschaft EZ 326 KG Josefstadt. Diese Anteile hat sie am 3.7.1978 an Ernst Karl B*** verkauft. Anläßlich der Errichtung des Kaufvertrages schloß Dr. Margarete K*** einen Räumungsvergleich, mit dem sie sich verpflichtete, die ihr gehörige Wohnung bis 1.7.1979 unter Verzicht auf jeden Räumungsaufschub zu räumen. Da sie in weiterer Folge dieser Verpflichtung nicht nachkam, wurde sie zu 46 C 665/79 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien auf Räumung geklagt. In diesem Verfahren erstattete sie durch ihren Vertreter die Prozeßeinrede, daß der Räumungsvergleich unter der mündlichen Nebenabrede zustande gekommen sei, daß ihr Zug um Zug eine Eigentumswohnung in dem Haus angeboten werde. Nach Bestellung eines vorläufigen Beistandes erstattete der gesetzliche Vertreter der Dr. Margarete K*** die Prozeßeinrede der Handlungsunfähigkeit im Zeitpunkt der Errichtung des Räumungsvergleiches. Das Verfahren ruht seither. Dr. Margarete K*** ist überdies Partei auf der Aktiv- wie Passivseite in vielen anhängigen Verfahren wegen Räumung, Kündigung, Honorarklagen, Ehrenbeleidigungsverfahren. Eine genaue Übersicht kann derzeit nicht gegeben werden, weil Dr. Margarete K*** die Mitarbeit verweigert. Sie versuchte auch, sich dem gegenständlichen Verfahren zu entziehen, und hat sämtlichen Ladungen des Gerichtes erster Instanz und auch des Rekursgerichtes nicht Folge geleistet. Sie beantragte jedoch in zahlreichen Eingaben die Einstellung des Verfahrens.

Anläßlich der Einleitung des gegenständlichen Verfahrens betrug die Zahl der anhängigen Verfahren, in denen Dr. Margarete K*** Partei ist oder war, 41. In diesen Verfahren war sie zwar durch eine Vielzahl von frei gewählten Anwälten vertreten, sie kündigte jedoch immer wieder die Vollmachten dieser Vertreter. Während der Verfahren wechselte sie sehr oft den Wohnsitz, und zwar von Wien 8, Kochgasse 34, nach Krems, Stiftgasse 12, weiter nach Krems, Dreifaltigkeitsplatz 1, nach Salzburg, Aignerstraße 68, nach Salzburg, Lastenstraße 6 a, oder nach Senftenberg, Neuer Markt 57. Den jeweiligen Aufenthalt teilte sie dem Gericht mit, doch war sie an den angegebenen Anschriften selbst nicht erreichbar. Auch im gegenständlichen Verfahren teilte Dr. Margarete K*** am 10.12.1981 durch ihren Vertreter mit, daß sie ihren ordentlichen Wohnsitz nach Salzburg, Aignerstraße 68, verlegt habe. Wie sich in der Folge herausstellte, hat sie ihren ordentlichen Wohnsitz jedoch niemals nach Salzburg verlegt. Bei der bekanntgegebenen Anschrift handelt es sich um eine Pension, in der sie mehrmals genächtigt hat und den Meldevorschriften entsprechend polizeilich angemeldet wurde. Von einer Abmeldung wurde über Ersuchen der Dr. Margarete K*** seitens des Pensionsinhabers abgesehen.

Wie Dr. Margarete K*** in ihren Anträgen auf Aufschub der Räumung, die zu 46 C 429/83 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien bewilligt wurden, ausführt, wäre sie für den Fall der Räumung der Obdachlosigkeit preisgegeben, da sie keine andere Wohnung besitze und über keine andere Wohnmöglichkeit verfüge. Bei den angegebenen Anschriften handle es sich entweder um alte Urlaubsadressen oder Zustelladressen, wo sie nie gewohnt habe, oder bei denen es sich überhaupt um Fiktionen handle (Ausführungen der Betroffenen in ihrer Klage auf Exekutionseinstellung und Aufschub der Exekution, eingebracht am 19.7.1985 beim Exekutionsgericht Wien zu 16 C 14/85). Im Verfahren 46 C 429/83 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien wurde die Aufkündigung der von Dr. Margarete K*** gemieteten Wohnung Nr. 13 und 18 im Haus Wien 8, Kochgasse 34, für rechtswirksam erklärt; die Entscheidung ist rechtskräftig. In der Entscheidung des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien vom 29.3.1985, 41 R 1109/84, wird ausgeführt, daß Dr. Margarete K*** sich geflissentlich der Vernehmung als Partei entzogen habe. Zwar mögen einzelne ihrer Entschuldigungen, für sich betrachtet, noch eine gewisse Wahrscheinlichkeit für ihre Richtigkeit haben. Im Zusammenhang gesehen sind sie jedoch davon geprägt, daß Dr. Margarete K*** gar nicht beabsichtigte, vor Gericht zu erscheinen und auszusagen.

Bei der Unzahl der anhängigen Verfahren hat Dr. Margarete K*** aber auch schon lange die Übersicht verloren. So wurde zu 28 C 35/79 des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien der dort klagenden und betreibenden Partei Exekution zur Hereinbringung einer vollstreckbaren Forderung am 11.1.1980 bewilligt. Es wurde Fahrnisexekution geführt und nach Pfändung von Fahrnissen deren Versteigerung am 3.2.1981 angeordnet. Dr. Margarete K*** befriedigte die betreibende Partei am 18.3.1981 und begehrte die Einstellung der Exekution unter Vorweisung eines Aufgabescheines. Gegen den ergangenen Kostenbestimmungsbeschluß erhob sie zunächst durch ihren Vertreter Dr. S*** Rekurs und in der Folge erhob sie neuerlich am 24.3.1981 einen Rekurs gegen den bereits bekämpften Beschluß, diesmal vertreten durch ihren Anwalt Dr. R***. Beim Postamt 1080 Wien gab Dr. Margarete K*** unmittelbar nach Zustellung der Ladung vom 6.5.1983, ON 44, bekannt, daß sie für drei Monate im Ausland sei. Weitere Ladungen konnten ihr mit Zustellnachweis nicht mehr zugestellt werden (ON 45, 48 ua). Dr. Margarete K*** war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht im Ausland, sie war auch nicht ortsabwesend, sondern hat am 17.5.1983 beim Bezirksgericht Innere Stadt Wien auf der Abteilung 4 zu 4 Nc 52/83 vorgesprochen, wobei mit ihr auch ein Protokoll errichtet wurde.

Dr. Margarete K*** ist der Meinung, daß diese Art der Verfahrensführung ihrer Rechtsverteidigung und Rechtsverfolgung dienlich sei. Auf den Vorhalt des Sachverständigen Dr. Werner L***, daß sie ihre Rechte besser wahre, wenn sie den Ladungen des Gerichtes Folge leiste und sich am Verfahren beteilige, ging sie überhaupt nicht ein. Andererseits vermeint Dr. Margarete K***, daß sie ihre Rechte in geeigneter Weise wahre, wenn sie den Akteninhalt anläßlich einer Akteneinsicht, die sie in der Ordination des Sachverständigen vornahm, mit zahlreichen handschriftlichen Vermerken versieht. Der ON 1 wurde ein Konvolut von Kopien angeheftet, ebenso dem Revisionsrekurs ON 98. Auch die Entscheidung des Obersten Gerichtshofes vom 29.11.1983 wurde mit Glossen versehen. ON 92 fehlt. Nach der Mitteilung der Dr. Margarete K*** vom 14.6.1985, ON 232, stammen die schriftlichen Zusätze und Anmerkungen von ihr.

Das Rekursgericht, das eine ergänzende Befragung des Sachverständigen Univ.Prof. Dr. Werner L*** vornahm, führte in seinen Feststellungen abschließend aus:

"Geht man nun vom zuletzt eingeholten Sachverständigengutachten des Univ.Prof. Dr. Werner L*** (ON 219) aus, so ergibt sich auch daraus, daß Dr. Margarete K*** an zwangsneurotischen Zwängen leidet, die im Rahmen der Frühpensionsfrage einer Geisteskrankheit gleichgesetzt wurden. Nunmehr ist zwar eine eigentliche Geisteskrankheit mit Sicherheit ausgeschieden worden, allerdings hat ihr Zustandsbild einen derartigen Grad angenommen, daß Dr. Margarete K*** zumindest in ihrem Aktivitätsradius betreffend die Verfahrensführungen stark eingeschränkt, wenn nicht überhaupt dafür uneinsichtig und handlungsunfähig ist. Gerade zu diesem Detailpunkt befragt, deponierte auch der Sachverständige Dr. L*** (AS 793), daß bei Dr. Margarete K*** in der Verfahrensproblematik ein echter Zwang und sicherlich auch eine mögliche Behinderung vorliege, die bei ihr den faktischen Problempunkt darstellt."

In seiner rechtlichen Beurteilung führte das Erstgericht aus, das Verfahren habe ergeben, daß Dr. Margarete K*** zur Erledigung ihrer täglichen Angelegenheiten keiner Hilfe bedürfe. Sie könne auch ihr Vermögen selbst verwalten. Sie sei jedoch von krankhaften Ideen "bezüglich des mit dem gegenständlichen Verfahren zugrundeliegenden Sachverhalts" beherrscht. Durch die allfällige Bestellung von bevollmächtigten Vertretern im Verfahren werde dieser Mangel der Handlungsfähigkeit nicht behoben, da Dr. Margarete K*** die Vollmachten jederzeit kündigen und die erteilten Aufträge widerrufen könne. Insbesondere im derzeitigen Stadium, in welchem die Räumung der von ihr benützten Wohnungen 13 und 18 des Hauses Wien 8, Kochgasse 34, bewilligt worden sei und Dr. Margarete K*** die Wiederaufnahme des Verfahrens anstrebe oder zumindest einen Räumungsaufschub erlangen wolle, bedürfe sie dringend des Schutzes eines Sachwalters zur Wahrung ihrer Rechte. Hiezu sei sie selbst jedoch auf Grund ihrer schweren zwangsneurotischen Symptomatik, die ihr eine gezielte und überlegte Aktivität unmöglich mache, nicht in der Lage.

Das Rekursgericht stellte seiner rechtlichen Beurteilung eine ausführliche Darlegung über den Begriff und die Voraussetzungen von Neurosen voran. Es vertrat die Ansicht, daß zwar Dr. Margarete K*** im "Verfahrensbereich" schutzbedürftig und die Bestellung eines Sachwalters insoweit notwendig sei, daß aber im "Wirtschaftsbereich" eine eigene Verantwortlichkeit vertretbar und notwendig erscheine.

Das durchgeführte Verfahren sei keineswegs nichtig: Seine Einleitung und Fortführung von Amtswegen stehe mit dem Gesetz im Einklang. Dr. Margarete K*** bekämpft die Entscheidung des Rekursgerichtes mit Revisionsrekurs - und zwar, "sollte die Erhebung eines ordentlichen Revisionsrekurses als unzulässig angesehen werden", mit außerordentlichem Revisionsrekurs aus den Revisionsgründen der Nichtigkeit, Aktenwidrigkeit und der "unrichtigen rechtlichen Beurteilung", wobei diese Beurteilung eine offenbare Gesetzwidrigkeit begründe - und beantragt, den angefochtenen Beschluß ersatzlos aufzuheben und das Verfahren zur Sachwalterbestellung einzustellen, in eventu, den angefochtenen Beschluß und das Verfahren als nichtig aufzuheben, in eventu, den Beschluß aufzuheben und die Sache zur Verfahrensergänzung an das Erstgericht oder das Rekursgericht zurückzuverweisen. Ein ordentliches Rechtsmittel liegt entgegen der Ansicht der Rekurswerberin nicht vor. Die Rechtsprechung hat vor der Zivilverfahrens-Novelle 1983 die Ansicht vertreten, es könne von einer bestätigenden Entscheidung nur dann gesprochen werden, wenn die Entscheidung der ersten Instanz durch das Gericht zweiter Instanz vollständig bestätigt wird (JB 56). Es gelte dieser im Streitverfahren entwickelte Grundsatz auch im Außerstreitverfahren; Nur dann, wenn das Gericht in einem Beschluß über verschiedene Gegenstände entscheide, sei die Anfechtbarkeit für jeden Gegenstand gesondert zu prüfen (SZ 41/109). Die Anfechtbarkeit teilweise bestätigender Entscheidungen wurde aber nun durch die Zivilverfahrens-Novelle 1983 für das Streitverfahren abweichend von den Grundsätzen des Judikats 56 neu geregelt. Ein Revisionsrekurs gegen den bestätigenden Teil einer zweitinstanzlichen Rekursentscheidung ist jetzt immer unzulässig. Diese neuen Rechtsmittelbeschränkungen sind auch auf andere Verfahrensarten nicht nur dann anzuwenden, wenn dort auf die Vorschriften der Zivilprozeßordnung verwiesen wird. Sie müssen zu einer Änderung der Rechtslage auch dort führen, wo bisher das Judikat 56 bloß auf Grund einer jetzt fortgefallenen Analogie angewendet wurde, wie im Außerstreitverfahren (Petrasch, ÖJZ 1985, 303; Rz 1985/35). Das Rechtsmittel der Rekurswerberin richtet sich gegen den bestätigenden Teil der Entscheidung des Rekursgerichtes. Es ist daher als außerordentlicher Revisionsrekurs im Sinne des § 16 AußStrG zu werten, so daß seine Zulässigkeit nur unter den dort genannten Voraussetzungen gegeben ist.

Eine Nichtigkeit erblickt die Betroffene in mehreren Umständen.

1.) So seien wesentliche Verfahrensgrundsätze, insbesondere jene der Mündlichkeit und Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme dadurch in einem Ausmaß verletzt worden, daß damit das gesamte Verfahren mit Nichtigkeit behaftet sei, daß das Rekursgericht auf den Seiten 9 bis 12 seiner Entscheidung Feststellungen aus dem Pensionsakt des Stadtschulrates für Wien (aus dem Jahr 1974; ON 38) getroffen habe. Verfahrensverstöße begründen Nichtigkeit im Sinne des § 16 Abs. 1 AußStrG nur dann, wenn sie für die Sachentscheidung von ganz einschneidender Bedeutung sind (EFSlg. 47.241, 47.262 ua). Es ist richtig, daß - anders als im Verfahren Außerstreitsachen im allgemeinen (EFSlg. 47.243, SZ 47/35 ua) - im Verfahren nach dem Sachwaltergesetz (§§ 239 ff AußStrG) ebenso wie auch schon im Widerspruchsverfahren nach der Entmündigungsordnung die Grundsätze der Unmittelbarkeit und Mündlichkeit gelten (EvBl. 1954/456, EvBl. 1971/142; Maurer, Sachwalterrecht in der Praxis, Anm. 1 und 4 zu § 239 AußStrG). Es hat jedoch nicht nur das Erstgericht den Pensionsakt der Betroffenen in der mündlichen Verhandlung vom 8.7.1985, ON 240, vorgetragen (AS 791), sondern auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Rekursgericht vom 9.12.1985, ON 273, wurde der bisherige Verfahrensgang in wesentlichen Zügen dargelegt (AS 973). Wollte man in dieser Vorgangsweise des Rekursgerichtes nicht eine Ergänzung oder Neudurchführung des Verfahrens im Sinne des § 250 Abs. 1 AußStrG sehen, so daß das Rekursgericht gemäß § 250 Abs. 2 AußStrG nicht berechtigt gewesen wäre, die vom Erstgericht aus dem Pensionsakt getroffenen Feststellungen zu ergänzen, könnte darin doch mit Rücksicht auf die Art der vom Rekursgericht ergänzend getroffenen Feststellungen keinesfalls ein Verfahrensverstoß von einschneidender Bedeutung für die Sachentscheidung gesehen werden:

Denn bei den gerügten Feststellungen handelt es sich um die Wiedergabe der Lebensgeschichte der Betroffenen - auf Grund ihrer eigenen Angaben - bis zum Jahre 1973, der das Rekursgericht selbst - mangels eines entsprechenden Hinweises - keinen weiteren Einfluß auf seine Entscheidung beigemessen hat.

2.) Die Rekurswerberin macht als Nichtigkeit weiter geltend, das Verfahren hätte nur über Antrag einer nach § 26 EntmO berechtigten Person eingeleitet werden dürfen; eine solche Antragstellung sei nie erfolgt. Die Voraussetzungen für eine amtswegige Einleitung seien nicht vorgelegen. Ein Entmündigungsverfahren hätte daher nicht eingeleitet werden dürfen. Es sei weder ein Einleitungsbeschluß gefaßt, noch ein ärztliches Zeugnis im Sinne des § 28 EntmO beigebracht worden. Die Betroffene sei nicht angehört, Auskunftspersonen seien nicht vernommen worden.

Die Einleitung des Verfahrens entspricht jedoch durchaus dem Gesetz. Nach der zur Zeit der Verfahrenseinleitung geltenden Bestimmung des § 25 EntmO wird die Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche auf Antrag oder von Amts wegen ausgesprochen. Im vorliegenden Fall hat die Abteilung 46 des Erstgerichtes den Akt 46 C 725/79 am 6.7.1981 der zuständigen Abteilung des Erstgerichtes mit dem Ersuchen übersandt, die Notwendigkeit der Einleitung eines Entmündigungsverfahrens zu prüfen. Die Staatsanwaltschaft Wien, der die Akten vorerst "zur Einsicht und allfälligen Antragstellung" übermittelt wurden, hat am 12.10.1981 einen "Antrag gemäß § 26/2 EntmO" gestellt und ersucht, ein psychiatrisches Gutachten darüber einzuholen, ob Dr. Margarete K*** zur gehörigen Besorgung ihrer Angelegenheiten eines Beistandes bedarf. Damit aber hat die Staatsanwaltschaft Wien die Einleitung eines Entmündigungsverfahrens beantragt. Das Erstgericht hat diesem Antrag durch die Anordnung einer Tagsatzung zur Untersuchung des Geisteszustandes der Dr. Margarete K*** zwecks Entscheidung über die Entmündigung entsprochen (ON 4). Zur amtswegigen Fortsetzung des Verfahrens war das Erstgericht nach § 25 EntmO ebenso berechtigt wie nach § 236 AußStrG idF des Sachwaltergesetzes, BGBl. 1983/136. Ein besonderer Einleitungsbeschluß ist im Verfahren nach der Entmündigungsordnung nicht vorgesehen (SZ 7/187, EvBl. 1975/280). Die Beibringung eines ärztlichen Zeugnisses konnte das Gericht gemäß § 28 EntmO vor Einleitung des Verfahrens über einen Antrag auf Entmündigung wegen Geisteskrankheit oder Geistesschwäche anordnen. Daß die Rekurswerberin nicht iS des § 29 EntmO (§ 237 Abs. 1 AußStrG idF des Sachwaltergesetzes) gehört wurde, hat sie sich selbst zuzuschreiben, da sie keiner einzigen der wiederholten Ladungen Folge geleistet hat. Einen persönlichen Eindruck vermochte der Erstrichter bei Vorsprachen der Betroffenen (ON 58, 60) zu gewinnen. Eine Nichtigkeit mangels gesetzmäßiger Verfahrenseinleitung liegt daher entgegen den Rechtsmittelbehauptungen nicht vor.

3.) Einen Nichtigkeitsgrund bildet es nach Ansicht der Rekurswerberin auch, daß die Vorinstanzen kein weiteres Gutachten eingeholt haben, obwohl der Sachverständige Dr. L*** ausgeführt habe, die Betroffene sei aus psychiatrischer Sicht in der Lage, sich im allgemeinen selbst bei Behörden und Ämtern zu vertreten und Prozesse zu führen (AS 713, 792), und die Vorinstanzen diese Beurteilung nicht geteilt hätten.

Rechtliche Beurteilung

Nach § 241 Abs. 2 AußStrG idF des Sachwaltergesetzes sind, nur "erforderlichenfalls" mehrere Sachverständige zu bestellen. In der Unterlassung der Beiziehung eines weiteren Sachverständigen kann schon aus diesem Grund kein Verfahrensverstoß, geschweige denn ein solcher vom Range einer Nichtigkeit gesehen werden. Die Subsumtion einer Geistesstörung unter einen der beiden von der Entmündigungsordnung gebrauchten Ausdrücke "Geisteskrankheit" und "Geistesschwäche" ist darüber hinaus rechtlicher Natur und von medizinischen Gutachten unabhängig. Die Gerichte sind daher auch dann, wenn eine Geisteskrankheit oder Geistesschwäche medizinisch nicht einwandfrei feststellbar ist, berechtigt, auf Grund des durch Sachverständigengutachten und auf andere Weise ermittelten Zustandsbildes des Betroffenen eine Geistesstörung anzunehmen, die den Kuranden unfähig macht, seine Angelegenheiten selbst zu besorgen (JBl. 1968, 373, 6 Ob 526/80 ua). Nicht anders verhält es sich mit der Beurteilung des Vorliegens einer psychischen Krankheit oder geistigen Behinderung iS des § 273 ABGB idF des Sachwaltergesetzes. Den Vorinstanzen lag bei der Beurteilung der Sache nicht nur ein Sachverständigengutachten vor, sie vermochten sich ein Bild über den Zustand der Betroffenen auch durch Einsicht in eine Reihe von Akten sowie durch ihr Verhalten im vorliegenden Verfahren zu machen.

4.) Die Möglichkeit, die Verfahrensergebnisse zur Kenntnis zu erhalten und dazu Stellung zu nehmen, wurde der Rekurswerberin entgegen ihrem Vorbringen im Revisionsrekurs nicht genommen. Dr. Margarete K*** war in der mündlichen Verhandlung vor dem Rekursgericht zwar nicht selbst anwesend (da sie der Ladung zu dieser nicht Folge leistete), sie war aber durch ihren gewählten Vertreter Dr. P*** vertreten (vgl. auch das Schreiben der Betroffenen ON 279), der die Möglichkeit hatte, zu den ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen Stellung zu nehmen und Fragen an den Sachverständigen zu richten.

Einem Ersuchen des neu gewählten Vertreters der Betroffenen, Dr. M***, den Akt noch vor Erlassung der Rekursentscheidung zur Einsicht an das Bezirksgericht Salzburg zu übersenden, konnte das Rekursgericht schon deshalb nicht entsprechen, weil die Entscheidung am 13.1.1986 ergangen ist, Anträge auf Aktenübersendung aber am 17.1.1986 (ON 293) und 4.2.1986 (ON 284) beim Erstgericht eingegangen sind.

5.) Verfehlt ist auch die Behauptung, die Vorinstanzen seien zur Erlassung der angefochtenen Entscheidungen (örtlich) nicht zuständig gewesen, weil die Rekurswerberin "zumindest im Zeitpunkt der Erlassung der Entscheidungen" ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr in Wien, sondern in Salzburg gehabt habe.

Nach § 12 EntmO wird die Entmündigung durch Beschluß des Bezirksgerichtes ausgesprochen, in dessen Sprengel die Person, die entmündigt werden soll, zur Zeit der Einleitung des Verfahrens ihren ständigen Aufenthalt hat (Abs. 1). Wenn die zu entmündigende Person während des Entmündigungsverfahrens ihren ständigen Aufenthalt wechselt, so kann die Verhandlung und Entscheidung dem Bezirksgericht des neuen Aufenthalts übertragen werden, soferne dies zur Vermeidung von erheblichen Kosten oder einer wesentlichen Erschwerung oder Verzögerung des Verfahrens notwendig ist (Abs. 2). Nach § 109 JN idF des Bundesgesetzes BGBl. 1983/135 ist zur Bestellung des Sachwalters das Gericht zuständig, in dessen Sprengel der Betroffene seinen gewöhnlichen Aufenthalt zur Zeit der Einleitung des Verfahrens hat (Maurer aaO, Anm. 6 zu § 236 AußStrG). Die einmal begründete Zuständigkeit dauert gemäß § 29 JN auch dann an, wenn sich in der Zwischenzeit die Zuständigkeitsvoraussetzungen geändert haben (vgl. Maurer aaO). Die Zuständigkeit kann gemäß § 111 JN einem anderen Gericht übertragen werden, wenn dies im Interesse des Betroffenen gelegen erscheint und namentlich dadurch die wirksame Handhabung des dem Betroffenen zugedachten Schutzes voraussichtlich befördert wird.

Wie festgestellt wurde, hatte Dr. Margarete K*** ihren ständigen (gewöhnlichen) Aufenthalt stets in Wien 8, bei den anderen im Akt aufscheinenden Anschriften handelt es sich um Urlaubsadressen oder Zustelladressen, unter denen sie nie gewohnt hat. Sie selbst hat ihre "derzeitige Zustelladresse" noch am 8.8.1985 mit "Wien 8, Kochgasse 34" angegeben (ON 259). Geht man davon aus, wurde das Verfahren dem Gesetz entsprechend vor dem Erstgericht eingeleitet. Es bestand weder nach § 12 Abs. 2 EntmO, noch auch nach § 111 JN ein Anlaß, die Zuständigkeit an das Bezirksgericht Salzburg zu übertragen.

Eine Verletzung der Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit muß im Verfahren Außerstreitsachen im übrigen nach nunmehr ständiger Rechtsprechung keinesfalls Nichtigkeit zur Folge haben. Dies ist nur dann der Fall, wenn der angestrebte Rechtsschutz nicht erreicht wurde, bzw. wenn rechtlich geschützte Interessen beeinträchtigt wurden (SZ 51/140, 2 Ob 594/83). Ein Nichtigkeitsgrund ist daher nur bei effektivem Einfluß des Mangels der örtlichen Zuständigkeit auf die Erledigung der Sache gegeben. Eine Beeinträchtigung rechtlich geschützter Interessen der Rekurswerberin dadurch, daß mit dem Erstgericht etwa entgegen den getroffenen Feststellungen ein örtlich unzuständiges Gericht entschieden haben sollte, kann dem Akt nicht entnommen werden und wird von der Betroffenen auch gar nicht behauptet.

6.) Die Rekurswerberin wirft dem Rekursgericht schließlich vor, es habe sich mit dem von ihr selbst erhobenen Rechtsmittel (§ 246 AußStrG), abgesehen von einer allgemein gehaltenen Behandlung der Nichtigkeitsrügen, nicht befaßt, sondern ihre Ausführungen nur als "Konvolut weitwendig dargestellter, subjektiver Eindrücke" bezeichnet. Das Rekursgericht habe damit das der Rekurswerberin vom Gesetz eingeräumte Rekursrecht zu einem reinen Formalakt degradiert; ihr sei auf diese Weise das Rekursrecht im Ergebnis entzogen worden. Mit Ausnahme der von der Rekurswerberin selbst in ihrem Rechtsmittel ON 265 behaupteten Nichtigkeiten, mit denen sich das Rekursgericht ohnedies eigens befaßt hat, stimmen jedoch die gegen den erstgerichtlichen Beschluß erhobenen Vorwürfe im Rekurs (ON 265) mit jenen im Rekurs ihres Vertreters (ON 264) inhaltlich weitgehend überein. Es war deshalb entbehrlich, hiezu gesondert Stellung zu nehmen. Es mag im übrigen eine nicht jeden Beschwerdepunkt eigens behandelnde und damit unter Umständen nicht ganz zureichende Entscheidungsbegründung höchstens eine einfache, nicht aber auch eine mit Nichtigkeit bedrohte Mangelhaftigkeit des Verfahrens zu begründen (3 Ob 537/82, iglS EFSlg. 35.053 ua).

Aktenwidrig sind nach Meinung der Rekurswerberin die medizinischen Ausführungen des Rekursgerichtes auf den Seiten 13 bis 15 seiner Entscheidung, sowie bestimmte andere, im einzelnen zitierte (S 12 des Rechtsmittels), "als rechtliche Beurteilungen formulierte, in Wahrheit aber Tatsachenfeststellungen beinhaltende Ausführungen" in der Rekursentscheidung. Das Rekursgericht maße sich an, medizinische Feststellungen zu treffen, die jeder Grundlage im Akt entbehren.

Eine Aktenwidrigkeit haftet einer Entscheidung nur an, wenn die für die richterliche Willensbildung bestimmenden Verfahrenserklärungen oder Beweisergebnisse in der Begründung der Entscheidung in Abweichung vom Inhalt der Niederschriften, Eingaben oder Beilagen dargestellt wurden. Bloße Schlußfolgerungen begründen selbst bei Unrichtigkeit dieser Folgerungen keine Aktenwidrigkeit im Sinne des Gesetzes (EFSlg. 44.702, 44.704, 47.274 ua). Der Versuch des Rekursgerichtes, Begriff, Ursachen und Symptome einer Neurose an Hand medizinischer Fachwerke darzustellen, kann nicht als aktenwidrig bezeichnet werden. Die Ausführungen auf Seite 17 der angefochtenen Entscheidung geben - im Rahmen der rechtlichen Beurteilung - die Ansicht des Rekursgerichtes über den Zustand der Rekurswerberin auf Grund der von ihm aus den Akten gewonnenen Erkenntnisse wieder. Der Umstand, daß diese Ansicht sich mit jener des Sachverständigen Dr. L*** nicht deckt - wie die Vorinstanzen ausdrücklich und auch in diesem Zusammenhang hervorheben -, verschlägt, wie bereits dargelegt wurde, nichts, da die Gerichte berechtigt sind, das Zustandsbild auch auf andere Weise zu ermitteln und zu beurteilen. Im übrigen aber finden gerade die Ausführungen des Rekursgerichtes auf S 17 seiner Entscheidung entgegen den Rechtsmittelausführungen (S 12) ihre wesentliche Grundlage durchaus im Gutachten des Sachverständigen Dr. L*** ("Skrupel und Ängste, voller Mißtrauen und Bedenken", "abnorme Zwänge" AS 711; "bisweilen werden Zwangsneurosen einer Psychose gleichgestellt" AS 792; "depressive Grundstimmung" AS 794). Die Feststellung, es hätten sich bei der Betroffenen zwei zeitlich gut abgrenzbare depressive Phasen (vor 1973) gefunden, gründen sich auf die Angaben der Betroffenen im Pensionsakt, AS 103 und 105; Aktenwidrigkeit liegt auch hier keineswegs vor. Die Feststellungen auf S 13 der angefochtenen Entscheidung, die Betroffene sei zumindest in ihrem Aktivitätsradius betreffend die Verfahrensführungen stark eingeschränkt, wenn nicht überhaupt dafür uneinsichtig und handlungsunfähig, finden ihre wesentliche Grundlage in den Ausführungen des Sachverständigen AS 752 f, die Rekurswerberin sei bei Prozessen durch ihre Zwänge in einer vernünftigen freien Willensentscheidung zumindest zeitweilig behindert, sie sei bezüglich des Prozeßgegenstandes von einer Art fixen Idee beherrscht, bisweilen würden derartige fixe Ideen einer Krankheit gleichgestellt, der Rekurswerberin sei es nicht möglich, diese Zwänge in Bezug auf gerichtliche Verfahren zu überwinden. Eine Aktenwidrigkeit ist daher auch insoweit nicht gegeben. In den Rechtsmittelausführungen S 13 unten bis 16 oben werden unrichtige Tatsachenfeststellungen geltend gemacht. Unrichtige Tatsachenfeststellungen geben jedoch, soweit nicht eine Aktenwidrigkeit vorliegt, gemäß § 16 AußStrG keine Möglichkeit zur Anfechtung einer bestätigenden Entscheidung der zweiten Instanz. Eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur vor, wenn ein Fall im Gesetz ausdrücklich und so klar gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann, und trotzdem eine damit in Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wird. Es bildet daher nicht jede unrichtige rechtliche Beurteilung eine offenbare Gesetzwidrigkeit (EFSlg. 47.208, 47.209).

§ 273 ABGB bestimmt, daß einer Person, die an einer psychischen Krankheit leidet oder geistig behindert ist und die alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst zu besorgen vermag, auf ihren Antrag oder von Amts wegen dazu ein Sachwalter zu bestellen ist.

Bei der Rekurswerberin wurde eine querulatorisch wirkende Überaktivität festgestellt. Das Psychogramm ergab einen starren Denk- und Vorstellungsablauf mit angstneurotischem Persönlichkeitshintergrund. Die festgestellten neurotischen Abnormitäten der Rekurswerberin, die an einer - im Gutachten des Sachverständigen näher beschriebenen - Zwangsneurose leidet bzw. durch sogenannte Zwänge eingeengt ist, die ihre vernünftige freie Willensentscheidung zumindest zeitweilig beeinträchtigen, das bei ihr vorliegende Symptom einer depressiven Grundstimmung lassen in der Annahme einer geistigen Behinderung durch die Vorinstanzen keine offenbare Gesetzwidrigkeit sehen, zumal der Begriff der geistigen Behinderung nicht näher definiert wird und das Gesetz nur davon ausgeht, daß von der Norm abweichende psychische Zustände, soweit sie nach dem Gesetz von Bedeutung sind, am zweckmäßigsten durch die beiden Begriffe "psychische Krankheit" und "geistige Behinderung" umschrieben werden (Ent-Hopf, Sachwalterrecht 38 f; vgl. auch ebendort die als Anm. 7 zu § 273 ABGB wiedergegebenen Ausführungen von Henry V. Cobb und Peter Mittler, Wesentliche Unterschiede zwischen geistiger und psychischer Behinderung: "Eine geistige Behinderung selbst ist keine Krankheit. Sie enthält eine große Anzahl von Zuständen, die, obwohl sie oft durch eine biologische Krankheit oder eine organische Schädigung verursacht sind, auch durch komplexe soziale oder psychologische Ursachen entstehen können. Vielfach ist der spezifische Grund für eine geistige Behinderung unbekannt."). Die Vorinstanzen haben auch geprüft, ob die Betroffene durch diese geistige Behinderung alle oder einzelne ihrer Angelegenheiten nicht ohne Gefahr eines Nachteiles für sich selbst zu besorgen vermag. Sie sind auch insoweit gesetzmäßig vorgegangen, weil sie zum Ergebnis gekommen sind, daß die Rekurswerberin ihre Rechte im Verfahrensbereich auf Grund ihrer schweren zwangsneurotischen Symptomatik, die ihr eine gezielte und überlegte Aktivität unmöglich mache, nicht ordnungsgemäß wahren könne.

Die weiteren, von der Rekurswerberin zu diesem Rekursgrund aufgeworfenen Fragen, so, daß der Gesetzesbegriff der psychischen Krankheit einschränkend auszulegen sei, betreffen nicht eine offenbare Gesetzwidrigkeit, sondern die schlichte rechtliche Beurteilung, so daß darauf im Rahmen eines außerordentlichen Revisionsrekurses nicht eingegangen werden kann.

Da ein Rekursgrund im Sinne des § 16 AußStrG nicht gegeben ist, mußte das Rechtsmittel in diesem Umfang zurückgewiesen werden. Rekurse gegen Entscheidungen der zweiten Instanz über den Kostenpunkt sind gemäß § 14 Abs. 2 AußStrG unzulässig. Der Revisionsrekurs war deshalb auch insoweit zurückzuweisen.

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