OGH 6Ob590/86

OGH6Ob590/8619.6.1986

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Samsegger als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Resch, Dr.Jensik, Dr.Schobel und Dr.Riedler als Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Gerda S***, geschiedene P***, geb. E***, Krankenschwester, 6020 Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, vertreten durch Dr.Hermann Tscharre, Rechtsanwalt in Innsbruck, wider den Antragsgegner Ferdinand P***, Rentner, 6020 Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, vertreten durch Dr.Harald Burmann, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse infolge Revisionsrekurses des Antragsgegners gegen den Beschluß des Landesgerichtes Innsbruck als Rekursgerichtes vom 21. Februar 1986, GZ 2 b R 24, 25/86-77, womit der Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 25.November 1985, GZ 3 F 7/83-71, abgeändert wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird teilweise Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluß, der im übrigen bestätigt wird, wird insoweit abgeändert, daß der Punkt 9. des erstgerichtlichen Beschlusses zu lauten hat:

"Der Antragsgegner Ferdinand P*** ist schuldig, die von ihm benützten Teile der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck, bestehend aus den Grundstücken 113/3 und 1662 (Baufläche) samt dem darauf errichteten Wohnhaus 6020 Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, die ihm im Rahmen der einstweiligen Benützungsregelung zur alleinigen Benützung zugewiesen wurden, nämlich sämtliche Räumlichkeiten des zweiten Stockwerkes (Mansarde) binnen drei Monaten nach vollständiger Bezahlung der Ausgleichszahlung durch die Antragstellerin an ihn zu räumen und von seinen Fahrnissen geräumt der Antragstellerin zu übergeben".

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin die mit 6.867,30 S bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung (darin enthalten 624,30 S Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen bei Exekution zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Streitteile haben am 28.August 1964 die Ehe geschlossen. Mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Innsbruck vom 10.Februar 1983 wurde die Ehe aus dem überwiegenden Verschulden der Antragstellerin geschieden. Der Ehe entstammen die mittlerweile volljährig gewordene Maria P***, geboren 21.November 1965 sowie die mj. Elisabeth P***, geboren 30.Juli 1967 und Thomas P***, geboren 28.Juni 1969. Mit rechtskräftigem Beschluß des Bezirksgerichtes Innsbruck vom 16.April 1985 wurden die elterlichen Rechte und Pflichten nach § 144 ABGB hinsichtlich der beiden mj. Kinder Elisabeth und Thomas der Mutter übertragen. Mit dem am 19.April 1983 beim Erstgericht eingebrachten Antrag begehrte die Antragstellerin die Aufteilung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse. Sie behauptete, an aufzuteilendem Vermögen sei das Einfamilienhaus in 6020 Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a vorhanden. Die Liegenschaft stehe im Hälfteeigentum der Antragstellerin und des Antragsgegners und stelle die ehemalige Ehewohnung dar. Weiters sei ein Grundstück in Axams im Ausmaß von ca. 2.000 m 2 vorhanden, auf welchem ein Bienenhaus mit ca. 40 Bienenstöcken errichtet sei. Diese Liegenschaft stehe im bücherlichen Alleineigentum des Antragsgegners. Schließlich seien ein Sparbuch mit einem Einlagenstand von ca. 260.000 S, die Einrichtung der Ehewohnung, ein Fahrzeug Toyota-Bus Baujahr 1980 und diverses wertvolles Werkzeug sowie Tischlereimaschinen im Wert von ca. 80.000 S vorhanden.

Die Antragstellerin begehrte die Aufteilung in der Weise, daß ihr die Liegenschaft Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, mit dem darauf errichteten Einfamilienhaus ins alleinige Eigentum übertragen werde. Die Antragstellerin brachte vor, sie habe das Grundstück von ihrer Mutter geschenkt erhalten, das Haus sei während der Ehe gebaut worden, wobei beide Streitteile Geldmittel und Arbeitsleistungen investiert hätten. Eine räumliche Trennung des Hauses in zwei getrennte Wohneinheiten sei nicht möglich. Das Haus diene dem dringenden Wohnbedürfnis der Antragstellerin und der drei ehelichen Kinder. Das Inventar der Ehewohnung wolle nach billigem Ermessen unter Bedachtnahme auf das Wohl der Kinder aufgeteilt werden. Hinsichtlich der Liegenschaft in Axams beantragte die Antragstellerin die Begründung von Hälfteeigentum zwischen den Streitteilen und Festsetzung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin bei gleichzeitiger Eigentumsbegründung am Bienenhaus und den Bienenstöcken zugunsten des Antragsgegners. Weiters beantragte sie die Zuweisung der Hälfte des Einlagenstandes des Sparbuches. Hingegen erklärte sie sich mit der Zuweisung des Toyota-Busses, des Werkzeuges und der Tischlereimaschinen an den Antragsgegner gegen Festsetzung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin einverstanden. Die Antragstellerin behauptete, sie habe zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse während ihrer Berufstätigkeit mit Geldmitteln und später durch Führung des gemeinsamen Haushaltes, Pflege und Erziehung der Kinder und sparsame Lebensführung maßgeblich beigetragen. Im Zuge des Verfahrens erklärte die Antragstellerin, daß sie auf die Liegenschaft in Axams und das Bienenhaus keinen Wert lege.

Der Antragsgegner bestritt die Existenz eines Sparbuches mit einem Einlagenstand von ca. 260.000 S. Im übrigen gab er das von der Antragstellerin behauptete, der Aufteilung unterliegende Vermögen als richtig zu jedoch mit der Einschränkung, daß der Wert des Werkzeuges und der Tischlereimaschinen lediglich 20.000 S betrage. Der Antragsgegner meinte, ein dringendes Wohnbedürfnis der Antragstellerin an der ehemaligen Ehewohnung sei zu verneinen. Dies ergebe sich schon daraus, daß die Antragstellerin und zeitweilig auch die ehelichen Kinder nicht im Hause wohnten sondern beim Lebensgefährten der Antragstellerin. Der Antragsgegner sei zu 100 % Invalide. Für ihn stelle es eine besondere Härte dar, wenn er Haus, bei dessen Bau auf seine Versehrtheit Rücksicht genommen worden sei, verlassen müsse.

Das Erstgericht teilte das eheliche Gebrauchsvermögen und die ehelichen Ersparnisse wie folgt auf:

1.) Der Antragstellerin wurde die Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck in das alleinige Eigentum übertragen und der Antragsgegner schuldig erkannt, in die Einverleibung des Eigentumsrechtes an seinem Hälfteanteil an dieser Liegenschaft einzuwilligen.

2.) Die Einrichtungsgegenstände des Hauses 6020 Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, wurden der Antragstellerin allein zugewiesen.

3.) Die Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz samt der darauf vom Antragsgegner betriebenen Bienenzucht verbleibt im Alleineigentum des Antragsgegners.

4.) Der PKW Toyota-Bus, Baujahr 1980, verbleibt im Alleineigentum des Antragsgegners.

5.) Das noch im Hause Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, befindliche näher umschriebene Werkzeug wird dem Antragsgegner in das alleinige Eigentum zugewiesen und die Antragstellerin schuldig erkannt, diese Gegenstände dem Antragsgegner binnen 14 Tagen ab Rechtskraft des Beschlusses herauszugeben.

6.) Die Antragstellerin ist schuldig, dem Antragsgegner innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft des Beschlusses eine Ausgleichszahlung von 500.000 S zu bezahlen.

7.) Die Antragstellerin ist schuldig, in die Einverleibung des Pfandrechtes für die Ausgleichsforderung des Antragsgegners im Betrag von 500.000 S auf der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck einzuwilligen.

8.) Sämtliche Kosten, Gebühren und Abgaben für die Verbücherung der Eigentumsübertragung hat die Antragstellerin, jene für die grundbücherliche Sicherstellung der Ausgleichszahlung der Antragsgegner zu tragen.

9.) Der Antragsgegner ist schuldig, die von ihm benützten Teile der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck, die ihm im Rahmen der einstweiligen Benützungsregelung zur alleinigen Benützung zugewiesen wurden, nämlich sämtliche Räumlichkeiten des zweiten Stockwerkes (Mansarde) binnen 14 Tagen nach vollständiger Bezahlung der Ausgleichszahlung an ihn durch die Antragstellerin zu räumen und von seinen Fahrnissen geräumt der Antagstellerin zu übergeben.

10.) Die Kosten des Verfahrens werden gegenseitig aufgehoben.

Das Erstgericht traf folgende Feststellungen:

Die eheliche Gemeinschaft zwischen den Streitteilen wurde im Dezember 1980 aufgelöst, wobei die Streitteile ab diesem Zeitpunkt gesondert nächtigten.

An ehelichem Gebrauchsvermögen und ehelichen Ersparnissen existiert die Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck. Es handelt sich dabei um das Wohnhaus Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, das während der aufrechten ehelichen Gemeinschaft die Ehewohnung darstellte. Es steht im Hälfteeigentum der Streitteile. Die Liegenschaft besteht aus einem Gartengrundstück im Ausmaß von 481 m 2 und der Baufläche im Ausmaß von 90 m 2 . Sie ist bücherlich nicht belastet und hat einen Wert von 1,866.230 S, davon 728.000 S Grundwert, 936.230 S Gebäudewert, 102.000 S Wert der fest eingebauten Einrichtung, 50.000 S Wert der losen Einrichtung und 50.000 S Wert eines auf der Liegenschaft befindlichen Schuppens. Beide Streitteile begannen bereits vor ihrer Eheschließung im Jahre 1964 mit dem Bau des Wohnhauses in der St. Nikolausgasse 3a. Die Liegenschaft wurde den Streitteilen mit Kauf- und Tauschvertrag vom 28.Februar 1967 von der Mutter der Antragstellerin ins Eigentum übertragen. Beide Streitteile bezahlten jedoch an die Mutter der Antragstellerin niemals einen Kaufpreis. Der Antragsgegner ist zufolge eines im Jahre 1961 erlittenen Arbeitsunfalles zu 100 % Invalide und bezog seit dieser Zeit eine Invaliditätspension. Die Antragstellerin arbeitete nach ihrer Eheschließung ganztägig als Säuglingsfürsorgerin des Stadtmagistrates Innsbruck und übte diese Beschäftigung bis zum 21.November 1966 aus. Beide Streitteile brachten in die Ehe kein Vermögen ein, abgesehen von der Ausstattung der Antragstellerin, die aus Geschirr und Wäsche bestand, deren Wert nicht mehr festgestellt werden konnte. Das Einkommen des Antragsgegners war immer wesentlich höher als das der Antragstellerin. Der Hausbau wurde großteils in Eigenregie durchgeführt, wobei auch Kollegen des Antagsgegners bei der Erbauung behilflich waren. Die Antragstellerin beteiligte sich am Hausbau insbesondere dadurch, daß sie die dort arbeitenden Personen verpflegte und auch selbst teilweise Hilfsarbeiten verrichtete. Der Antragsgegner legte bei der Erbauung des Hauses selbst Hand an und leitete die Errichtung des Wohnhauses. Zum Zeitpunkt der Eheschließung im Jahre 1964 war das Haus im Rohbau fertiggestellt, der 1. Stock zur Gänze verputzt, die Türen und Fenster waren eingebaut, das Dach war errichtet und sämtliche Installationen waren eingebaut. Ein Zimmer war komplett eingerichtet, auch die Böden waren zum größten Teil vorhanden. Das Haus ist teilweise unterkellert, besteht aus Parterre, 1. Stock und Mansarde, wobei die Mansarde erst zu einem späteren Zeitpunkt während des aufrechten Bestandes der ehelichen Gemeinschaft ausgebaut wurde. Das Haus wurde ca. im Jahre 1970 fertiggestellt. Nach Ablauf der Karenzzeit nach der Geburt der ältesten Tochter Maria übte die Antragstellerin keine Berufstätigkeit mehr aus, sondern betätigte sich ausschließlich im Haushalt. Die finanziellen Mittel zum Bau des Hauses in der St. Nikolausgasse 3a wurden aus dem monatlichen Einkommen des Antragsgegners bestritten, während mit dem Einkommen der Antragstellerin die Kosten des gemeinsamen Haushaltes beglichen wurden. Das Wohnhaus in der St. Nikolausgasse 3a diente beiden Streitteilen als Ehewohnung. Es bestand im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft aus dem Kellergeschoß, dem Parterre, bestehend aus Küche, Wohnzimmer und einem weiteren Zimmer, welches seit 1965 durchgehend vermietet war. Der 1. Stock besteht aus insgesamt drei Zimmern, nämlich dem ehelichen Schlafzimmer und zwei Kinderzimmern. Ein Kinderzimmer war zuvor vermietet und diente später den beiden Mädchen als gemeinsames Zimmer, während das andere Zimmer vom mj. Thomas bewohnt wurde. Die Mansarde besteht aus zwei Räumen. In sämtlichen Stockwerken befindet sich ein WC, ein Bad ist im ersten und zweiten Stock vorhanden. Die Schaffung von zwei separaten Wohneinheiten ist "prinzipiell möglich". Zur Begründung einer zweiten Wohneinheit müßte im Obergeschoß eine Mauer von ca. 3,5 m Länge errichtet und ein separater Wohnungseingang geschaffen werden, was durch den Umbau eines derzeit bestehenden Fensters zu einer Türe möglich wäre. Die Umbaukosten würden ca. 100.000 S betragen. Ferner wären der Einbau einer Etagenheizung erforderlich und der Umbau bzw. die Änderung der sanitären Anlagen. Welche Kosten in diesem Zusammenhang entstehen würden, konnte nicht festgestellt werden.

Infolge der Differenzen zwischen den Streitteilen bereits vor der Scheidung und nach der Scheidung sind Beide gegenseitigen Belastungen durch das gemeinsame Bewohnen des Hauses in der St. Nikolausgasse 3a ausgesetzt. Ein gemeinsames Wohnen der Streitteile insbesondere unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sich die ehelichen Kinder und der nunmehrige Ehegatte der Antragstellerin mit dem Antragsgegner nicht vertragen, ist nicht möglich.

Im Jahre 1973 erwarb der Antragsgegner die Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz im Ausmaß von insgesamt 2.356 m 2 . Auf dieser Liegenschaft betrieb und betreibt der Antragsgegner eine Bienenzucht, die im Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft einen Wert von 44.120 S repräsentierte. In diesem Betrag sind bereits die Beuten, Bienenvölker, Bienenkästen, ein Häuschen sowie Imkereigeräte berücksichtigt. Die Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz hat einschließlich des darauf errichteten Bienenhauses und des Zaunes einen Gesamtwert von 158.921,84 S. Der Antragsgegner ist bücherlicher Alleineigentümer dieser Liegenschaft, die nicht belastet ist. Sowohl die Anschaffung der Liegenschaft als auch die Beträge zur Errichtung der Gebäude und der Anschaffung der Imkereigerätschaften wurden vom Antragsgegner aus seiner Invaliditätspension finanziert. Ob der Antragsgegner aus der Liegenschaft, insbesondere aus der Bienenzucht, ein Einkommen bezogen hat, konnte nicht festgestellt werden.

Der PKW Marke Toyota-Bus Baujahr 1980 hatte im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft einen Wert von 80.000 S. Im Zeitpunkt der Aufhebung der ehelichen Gemeinschaft verfügte der Antragsgegner über ein Sparbuch bei der B*** FÜR A*** UND W*** AG mit einem Einlagenstand von 240.000 S. Außerdem war noch verschiedenes Werkzeug vorhanden, das zum Zeitpunkt der Auflösung der ehelichen Gemeinschaft einen Wert von 80.000 S hatte. Der Antragsgegner bezieht eine Invaliditätspension und eine Pension von der P*** DER A*** von

zusammen 22.861,37 S netto 12 x jährlich. Die Antragstellerin arbeitet halbtägig als diplomierte Krankenschwester und bezog im Jahre 1985 ein monatliches Nettoeinkommen von 9.192,55 S 12 x jährlich, wobei die von ihr bezogene Familienbeihilfe nicht berücksichtigt ist. Beide Streitteile haben zu Zeiten der aufrechten ehelichen Gemeinschaft sehr sparsam gelebt, insbesondere hat die Antragstellerin auch für die Kinder selbst genäht. Aushaftende Schulden der Streitteile aus der Zeit der ehelichen Gemeinschaft konnten nicht festgestellt werden.

Die Antragstellerin hat am 3.November 1984 mit Ing.Werner S*** die Ehe geschlossen. Dieser ist Vorstand der Zugförderungsleitung in Bludenz. Er hat von der Mutter der Antragstellerin eine Wohnung in Innsbruck, St. Nikolausgasse 3, im Ausmaß von 36 m 2 , bestehend aus einem Wohnzimmer, einem kleinen Schlafzimmer und einer Küche gemietet. Ein Bad und WC sind in der Wohnung nicht vorhanden.

Das Verhältnis zwischen dem Antragsgegner und Ing. Werner S*** ist äußerst schlecht. So kommt es bei Zusammentreffen zwischen den Beiden immer wieder zu wörtlichen Auseinandersetzungen. Ing.Werner S*** hat ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 27.000 S 14 x jährlich. Er hat seiner Gattin aus erster Ehe einen monatlichen Unterhalt von 8.864 S zu leisten und verfügt über keine Vermögenswerte, hat aber auch keine Schulden.

Die Antragstellerin ist Eigentümerin zweier Eigentumswohnungen in Innsbruck, St. Nikolausgasse 3, nämlich der Wohnungen Nummer 5 und 6 mit einer Wohnnutzfläche von jeweils ca. 50 m 2 . Beide Wohnungen sind Substandardwohnungen, keine von ihnen hat ein Bad oder ein WC. Beide Wohnungen sind an über 70jährige Personen vermietet, wobei die kündigungsgeschützten Mietparteien aus den Wohnungen nicht ausziehen würden.

Die eheliche Tochter der Streitteile Elisabeth P*** hat am 16. Juni 1985 die mj. Corinna P*** geboren, die im Haushalt der Antragstellerin aufwächst und dort verpflegt wird.

Rechtlich vertrat das Erstgericht die Auffassung, unter Berücksichtigung des Umstandes, daß sich die ehelichen Kinder und das Enkelkind im Haushalt der Mutter befänden, die Antragstellerin sich wieder verehelicht habe und ihr Gatte über keine ausreichende Wohnmöglichkeit verfüge, sei das Wohnbedürfnis der Antragstellerin am Haus St. Nikolausgasse 3a größer als jenes des Antragsgegners, dem es als Alleinstehenden leichter falle, einen entsprechenden Wohnraum zu beschaffen. Eine Benützungsregelung am Haus komme nicht in Frage, weil es selbst im Falle einer räumlichen Trennung durch die unvermeidbaren Berührungspunkte mit Sicherheit zu Auseinandersetzungen zwischen den Streitteilen, insbesondere dem nunmehrigen Gatten der Antragstellerin und den ehelichen Kindern einerseits und dem Antragsgegner andererseits, kommen würde. Hingegen seien die Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz samt der darauf befindlichen Bienenzucht, der PKW Toyota und die während der ehelichen Gemeinschaft angesammelten Werkzeuge und Gerätschaften dem Antragsgegner zuzuweisen, zumal die Antragstellerin auf diese Sachen keinen besonderen Wert lege. Hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck sei zu berücksichtigen, daß der Grund von der Mutter der Antragstellerin stamme. Bei Abwägung der beiderseitigen Beitragsleistungen sei im Hinblick auf die vorgenommene Zuweisung des ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 500.000 S an den Antragsgegner aufzuerlegen. Dadurch werde der Antragsgegner in die Lage versetzt, sich eine anderweitige Wohnmöglichkeit zu beschaffen. Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge, wohl aber dem Rekurs des Antragsgegners und änderte den erstgerichtlichen Beschluß - den es im übrigen bestätigte - dahin ab, daß der Antragstellerin eine Ausgleichszahlung von 650.000 S auferlegt und deren grundbücherliche Sicherstellung verfügt wurde. Es sprach ferner aus, daß der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei. Soweit der Antragsgegner die Feststellungen des Erstgerichtes bekämpfte, vertrat das Rekursgericht die Auffassung, es könne gemäß den §§ 230 Abs 1 AußStrG, 276 ZPO von den Feststellungen des Erstgerichtes nur auf Grund unmittelbarer Beweisaufnahme abgehen, die jedoch in den Verfahrensvorschriften der §§ 229 ff AußStrG nicht vorgesehen sei. Verfahrensmängel und Feststellungsmängel lägen nicht vor. Die Beitragsleistungen der Antragstellerin und des Antragsgegners an der Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens seien als etwa gleichwertig anzusehen. Die Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck mit dem darauf errichteten Haus, das den Streitteilen als Ehewohnung gedient habe, sei gemäß § 82 Abs 2 EheG zur Gänze in die Aufteilung einzubeziehen, wenn auch der Grundanteil den Streitteilen vor der Eheschließung geschenkt und der Rohbau des Hauses bereits vor der Eheschließung errichtet worden sei. Ein Weiterverbleib der beiden Streitteile in der früheren Ehewohnung erscheine auch im Falle einer räumlichen Abtrennung wegen der unvermeidbaren Berührungspunkte untragbar. Insbesondere im Interesse des Wohles der Kinder der Streitteile, die dem Antragsgegner ablehnend gegenüberstünden, aber auch auf Grund der zu erwartenden Auseinandersetzungen zwischen dem nunmehrigen Ehegatten der Antragstellerin und dem Antragsgegner komme ein Verbleib beider Streitteile in der bisherigen Ehewohnung nicht in Betracht. Da der inzwischen wiederverehelichten Antragstellerin die elterliche Rechte und Pflichten hinsichtlich der mj. Kinder Elisabeth und Thomas übertragen worden seien und überdies noch das inzwischen volljährige Kind Maria sowie das Enkelkind Corinna im Haushalt der Antragstellerin versorgt würden, erscheine das Wohnbedürfnis der Antagstellerin an der bisherigen Ehewohnung ungleich größer als jenes des alleinstehenden Antragsgegners. Die Zuweisung der Ehewohnung und des Hausrates an die Antragstellerin sei auch deshalb gerechtfertigt, weil ihr nach den getroffenen Feststellungen eine familiengerechte Ersatzwohnung nicht zur Verfügung stehe. In diesem Zusammenhang komme dem Umstand, daß die Antragstellerin das überwiegende Verschulden an der Ehescheidung getroffen habe, nur eine untergeordnete Bedeutung zu. Bei der Festsetzung der Ausgleichszahlung sei davon auszugehen, daß der Wert des zu verteilenden ehelichen Gebrauchsvermögens und der ehelichen Ersparnisse 2,469,270 S betrage. Nach der erfolgten Aufteilung erhalte die Antragstellerin die Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck mit dem darauf errichteten Haus und Inventar im Wert von zusammen 1,866.230 S. Auf Grund des Unterschiedes der zur Verteilung gelangenden Werte sei der Antragstellerin daher zur Erzielung eines der Billigkeit entsprechenden Ergebnisses eine Ausgleichszahlung von 650.000 S an den Antragsgegner aufzuerlegen gewesen. Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs des Antragsgegners mit den Anträgen, den Beschluß des Rekursgerichtes aufzuheben und die Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung und "eventueller Verfahrensergänzung" an das Rekursgericht zurückzuverweisen, allenfalls in der Sache selbst zu entscheiden, daß hinsichtlich der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck der Grundbuchstand nicht verändert werde und lediglich eine Benützungsregelung für den Garten und das Haus Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, durch Zuweisung des Parterres und eines Raumes im 1. Stock gemäß dem vom Antragsgegner vorgelegten Teilungsplan an den Antragsgegner und der restlichen Räume an die Antragstellerin unter Auflage einer entsprechenden Baumaßnahme zur Abtrennung vorgenommen werde, im übrigen die Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz, der Toyota-Bus und das Werkzeug laut Punkt 5. des Beschlusses des Erstgerichtes in das Alleineigentum des Antragsgegners übergehen und diesem eine entsprechend ermäßigte Ausgleichszahlung auferlegt werde. Hilfsweise wird die Zuweisung der Liegenschaft EZ 1466 KG Innsbruck zur Gänze an den Antragsgegner unter Neufestsetzung einer Ausgleichszahlung an die Antragstellerin begehrt. Die Antragstellerin beantragt, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist nur teilwiese berechtigt.

Soweit der Antragsgegner zunächst die Ansicht des Rekursgerichtes, es könne die Beweiswürdigung des Erstgerichtes nicht überprüfen, bekämpft, übersieht er, daß es sich dabei um eine Frage des Verfahrensrechtes handelt. Gemäß § 232 Abs 2 AußStrG kann der Rekurs an den Obersten Gerichtshof jedoch nur darauf gegründet werden, daß die Entscheidung des Rekursgerichtes auf einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung der Sache beruht. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Entscheidung daher nur wegen unrichtiger Lösung der materiellrechtlichen Frage bekämpft werden, nicht aber wegen unrichtiger Lösung von verfahrensrechtlichen Fragen (EFSlg. 44.793, 44.795, 47.398 u.a.). Dies entspricht auch den Materialien (916 Blg. Nr. XIV. GP, S 32) die auf § 503 Z 4 ZPO verweisen. Unter diesem Revisionsgrund kann aber nach ständiger Rechtsprechung (SZ 23/1 u.v.a.) gleichfalls nur die unrichtige Beurteilung in materiellrechtlicher Beziehung, nicht aber eine unrichtige Anwendung der Prozeßgesetze bekämpft werden. Gleiches gilt für die Rüge, über den Wert der Werkzeuge sei kein Sachverständigengutachten eingeholt und es sei der Wert der Außenanlagen des Grundstückes, des Gartens und der Holz- und Ölvorräte nicht erhoben worden. Soweit der Antragsgegner im Zusammenhang mit der Behauptung, der Wert zahlreicher Inventargegenstände sei vom Erstgericht nicht festgestellt worden, auf seinen Rekurs verweist, ist der Revisionsrekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt. Es stellt keine materiellrechtliche Frage dar, ob ein Augenschein durchzuführen war.

Soweit der Antragsgegner meint, die Vorinstanzen wären zu Unrecht von einer Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft bereits im Dezember 1980 ausgegangen, übesieht er, daß das Rekursgericht über Rüge darauf verwiesen hat, daß der Antragsgegner damit die Feststellung des Erstgerichtes bekämpfte, diese Feststellung jedoch auf dem übereinstimmenden Vorbringen beider Parteien beruhe. Eine Bekämpfung der tatsächlichen Feststellungen ist im Rahmen eines Rechtsmittelns nach § 232 Abs 2 AußStrG nicht möglich. Auch gegen die Zuweisung der Liegenschaft, auf welcher sich das Haus mit der Ehewohnung befindet, an die Antragstellerin bestehen keine Bedenken. Soweit der Antagsgegner zunächst davon ausgeht, die Beitragsleistungen zur Schaffung des ehelichen Gebrauchsvermögens seien nicht gleichwertig gewesen, und darauf verweist, das Gebrauchsvermögen sei im wesentlichen aus seinem Einkommen geschaffen worden, übersieht er, daß gemäß § 83 Abs 2 EheG als Beitrag auch die Führung des gemeinsamen Haushaltes und die Pflege und Erziehung gemeinsamer Kinder zu werten ist. Wenn die Antragstellerin neben der Führung des Haushaltes und der Erziehung von drei Kindern nach den getroffenen Feststellungen mit ihrem Einkommen auch noch die Kosten des gemeinsamen Haushaltes bestritten und auch teilweise beim Hausbau Hilfsarbeiten verrichtet hat, kann selbst unter Berücksichtigung des weit höheren Einkommens des Antragsgegners und seiner persönlichen Arbeitsleistung am Haus noch nicht davon gesprochen werden, daß sein Beitrag überwogen hätte. Den Vorinstanzen ist auch beizupflichten, daß die - technisch mögliche - Teilung des Hauses nicht zweckmäßig ist. Gemäß § 84 EheG soll die Aufteilung so vorgenommen werden, daß sich die Lebensbereiche der geschiedenen Ehegatten künftig möglichst wenig berühren. Wenn auch entsprechend den durch § 83 Abs 1 EheG vorgeschriebenen Billigkeitserwägungen ausnahmsweise ein gewisser Kontakt der Geschiedenen auch für die Zukunft in Kauf genommen werden kann, wenn ohne ihn dem Billigkeitsgebot nicht entsprochen werden könnte (SZ 54/114 u.a.), so muß hier doch berücksichtigt werden, daß die Antragstellerin wieder verheiratet ist, es nicht nur immer wieder zu Differenzen zwischen den geschiedenen Ehegatten kommt, sondern auch das Verhältnis des Antragsgegners zu seinen Kindern und zum nunmehrigen Gatten der Antragstellerin schlecht ist und es immer wieder zu wörtlichen Auseinandersetzungen zwischen dem nunmehrigen Gatten der Antragstellerin und dem Antragsgegner kommt. Unter diesen Umständen würde eine Teilung des Hauses eine Quelle weiterer Streitigkeiten darstellen, die aber möglichst zu vermeiden sind. Es kommt daher nur die Zuweisung an einen der beiden vormaligen Ehegatten in Frage. Dabei ist zu berücksichtigen, daß der Antragstellerin die elterlichen Rechte und Pflichten bezüglich der beiden noch minderjährigen Kinder übertragen wurden, diese und die bereits großjährige Tochter ebenso wie das Kind der mj. Elisabeth bei der Antragstellerin wohnen und das Haus daher dem dringenden Wohnbedürfnis nicht nur der Antragstellerin, sondern auch der Kinder und des Enkelkindes der vormaligen Ehegatten dient. Da die Antragstellerin (und auch ihr nunmehriger Ehegatte) über keine familiengerechte Ersatzwohnung verfügen, ist ihr Wohnbedürfnis ungleich größer als das des alleinstehenden Antragsgegners, der sich mit der Ausgleichszahlung eine entsprechende Wohnung verschaffen kann. Wenn der Antragsgegner darauf verweist, daß die Antragstellerin das Verschulden an der Ehescheidung treffe und sein übernommenes Mitverschulden "nur formeller Natur" gewesen sei, geht er nicht vom rechtskräftigen Scheidungsurteil aus, wonach die Ehe aus seinem Verschulden gemäß § 49 EheG geschieden wurde, wobei allerdings die Antragstellerin das überwiegende Mitverschulden traf. Wenn auch der Aufteilungswunsch des an der Auflösung der Ehe schuldlosen Teiles in der Regel Anerkennung finden soll (SZ 55/45 u. a.), kann dies bei einer Scheidung aus überwiegendem Verschulden eines Teiles nicht in dieser allgemeinen Form gesagt werden. Vielmehr spielt in einem solchen Fall das Verschulden keine so entscheidende Rolle, daß es gegenüber den anderen Aufteilungsgrundsätzen - hier vor allem dem Wohl der Kinder und des Enkelkindes - den Vorrang hätte. Die Vorinstanzen haben daher mit Recht dem Verschulden an der Ehescheidung im vorliegenden Fall nur eine untergeordnete Bedeutung beigemessen.

Soweit der Antragsgegner im Zusammenhang mit dem von ihm behaupteten Einkommen der Personen, die im Hause Innsbruck, St. Nikolausgasse 3a, wohnen werden, auf seinen Rekurs verweist, ist der Revisionsrekurs nicht gesetzmäßig ausgeführt.

Was aber die Höhe der Ausgleichszahlung anlangt, wurde dem Antragsgegner mit den zuerkannten 650.000 S zuzüglich des Wertes der Liegenschaft EZ 302 KG Birgitz, und der Fahrnisse ohnehin etwas mehr als die Hälfte des Wertes des der Aufteilung unterliegenden Vermögens zugesprochen.

Hingegen ist der Revisionsrekurs berechtigt, soweit sich der Antragsgegner gegen die Räumungsfrist von 14 Tagen ausspricht. Hier muß berücksichtigt werden, daß der Antragsgegner erst nach Erhalt der Ausgleichszahlung in der Lage ist, sich mit dem erhaltenen Geld eine andere Wohnmöglichkeit zu verschaffen. Hiefür erscheint eine Frist von 14 Tagen in Anbetracht der Verhältnisse auf dem Wohnungsmarkt zu gering. Es wäre unbillig, den Antragsgegner durch die kurze Räumungsfrist zu zwingen, eine ungünstige und allenfalls wesentlich teurere Ersatzwohnung zu erwerben, weil er in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit keine Möglichkeit besitzen würde, ein günstigeres Angebot abzuwarten. In teilweiser Stattgebung des Revisionsrekurses war daher die Räumungsfrist mit drei Monaten nach Erhalt der Ausgleichszahlung festzusetzen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 234 AußStrG, wobei dem Antragsgegner ein Drittel der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin aufzuerlegen waren.

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