OGH 5Ob516/85 (5Ob517/85)

OGH5Ob516/85 (5Ob517/85)16.4.1985

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon.Prof.Dr.Griehsler, Dr.Jensik, Dr.Zehetner und Dr.Klinger als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr.Franz A, öffentlicher Notar, Hauptstraße 25, 2640 Gloggnitz, vertreten durch Dr.Elisabeth Zimmert, Rechtsanwalt in Neunkirchen, wider die beklagte Partei Ludwig B, kaufmännischer Angestellter, Haidbachgraben 6, 2680

Semmering, vertreten durch Dr.Rudolf Breuer, Rechtsanwalt in Wiener Neustadt, wegen Räumung, infolge Revision und Rekurs der beklagten Partei gegen das Urteil des Kreisgerichtes Wiener Neustadt als Berufungsgerichtes vom 28.November 1984, GZ R 356/84-47, und den in dieses Urteil aufgenommenen Beschluß, womit die Berufung der beklagten Partei, soweit sie Nichtigkeit geltend machte, verworfen wurde und im übrigen das Urteil des Bezirksgerichtes Gloggnitz vom 7. Mai 1984, GZ C 63/83 -34, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

  1. 1. Der Rekurs wird zurückgewiesen.
  2. 2. Der Revision wird nicht Folge gegeben.

    Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.603,68 S bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens, darin 240 S an Barauslagen und 214,88 S an Umsatzsteuer, binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist und war bereits zur Einbringung der vorliegenden Klage (9.Februar 1983) Alleineigentümer der Liegenschaft EZ 11, KG Kurort Semmering, die aus mehreren Grundstücken, darunter auch das Grundstück Nr. 70, Baufläche samt Haus Nr. 6, besteht. Die eine Hälfte dieser Liegenschaft erwarb der Kläger mit Notariatsakt vom 16. November 1982 von Willibald C, die zweite Hälfte von der 'GRUND und BAU' Aufschließung und Errichtung Gesellschaft m.b.H. (in der Folge kurz: D und E Gesellschaft m.b.H.). Der Beklagte war Angestellter der D und E Gesellschaft m.b.H. Im August 1979 bezog er mit seinen Kindern das Haus Haidbachgraben Nr. 6, wobei seine Kinder dort ständig wohnten, er selbst teilweise in Haidbachgraben, teilweise in Wien. Am 4.Mai 1982 wurde der Beklagte von der D und E Gesellschaft m.b.H.

rechtswirksam fristlos entlassen.

Der Kläger begehrte vom Beklagten die Räumung des auf der Liegenschaft EZ 11 KG Kurort Semmering befindlichen Hauses. Der Beklagte bewohne das Haus und benütze den dazugehörigen Garten ohne Rechtstitel. Bezüglich der Liegenschaft bestehe weder ein mündlicher noch ein schriftlicher Mietvertrag und auch keinerlei Benützungsregelung.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens, weil ihm von den ehemaligen 'Mitbesitzern' Ing.Wolfgang F und Franz G im Beisein des Klägers ein außerbücherliches Wohnrecht an der Liegenschaft mündlich eingeräumt worden sei; das Wohnrecht sollte unbegrenzt bis zur geplanten übertragung der Liegenschaft in das Eigentum des Beklagten gelten.

Das Erstgericht gab dem Räumungsbegehren statt. Es traf über den bereits wiedergegebenen Sachverhalt hinaus im wesentlichen noch folgende Feststellungen:

Voreigentümer der Liegenschaft war Franz G, der sie mit Kaufvertrag vom 1.August 1979 je zur Hälfte an Ing.Wolfgang F und die D und E Gesellschaft m.b.H. verkaufte. In diesem Vertrag erteilte Franz G bereits die Einwilligung, daß das Haus auf der Baufläche Nr. 70 sofort nach Unterfertigung des Vertrages durch ihn von der Käuferseite benützt werden könne. Nachdem Ing. Wolfgang F von diesem Kaufvertrag zurückgetreten war, trat an seiner Stelle Willibald C in diesen Vertrag ein. Willibald C schloß mit Franz G am 30.Juli 1980 einen Kaufvertrag über die Liegenschaftshälfte. Geschäftsführer der D und E Gesellschaft m.b.H. war bis 4.März 1980 Darko H, von März 1980 bis 12.Dezember 1981 bzw. laut Handelsregister bis 20.Jänner 1982 Armin G***;

seither ist Geschäftsführerin Ingeborg A (die Ehefrau des Klägers). Der Beklagte war von Darko H generalbevollmächtigt, von Armin I erhielt er eine Vollmacht zum Verkauf der Grudstücke im Haidbachgraben; er war auch von der D und E Gesellschaft m.b.H. zum Verkauf der Grundstücke bevollmächtigt. Der Beklagte sollte als Angestellter der D und E Gesellschaft m.b.H. und als Vollmachtsträger der Eigentümer im Haus wohnen, um den Interessenten die Liegenschaft zeigen zu können. Mit Ing. Wolfgang F hatte der Beklagte vereinbart, daß das Bauland parzellenweise verkauft werden sollte und Haus und Grünland je zur Hälfte dem Beklagten und Ing.F verbleiben sollten. Der Beklagte hatte grundsätzlich vor, später nach Abverkauf aller Parzellen als Verwalter dieser Grundstücke weiter im Haidbachgraben tätig zu bleiben. Willibald C verhandelte mit dem Beklagten über den Ankauf der Hälfte der Liegenschaft; es kam letztlich zu einem Kauf mit einer Vereinbarung, wie sie in dem im Akt unter (richtig) Beilage 2 erliegenden Anbot festgehalten ist.

Dieses Anbot hat folgenden Wortlaut:

'Herr Ludwig B Haidbachgraben 6, 2680 Kurort Semmering stellt hiermit Herrn Willibald C 7551 Stegersbach, Hauptstraße 33 nachstehendes Anbot zum Erwerb von 12.000 m 2 (zwölftausend in Worten) Baugrund im sogenannten Haidbachgraben am Semmering:

1) Der Kaufpreis pro Quadratmeter darf netto S 400,-- (in Worten Schilling vierhundert) nicht unterschreiten. Ein allfälliger Fehlbetrag bei der Verwertung einer Parzelle unter diesem Preis ist von der Firma 'D und E' abzudecken.

2) Beim Verkauf der Parzellen ist der gesamte Kaufpreis zu treuen Handen des Dr. Franz A, öff. Notar, 2640

Gloggnitz zu hinterlegen, der diesen Kaufpreis im Verhältnis zu 10/22 für die Firma 'D und E' und 12/22 für Willibald C nach Maßgabe deren Anweisung zu verwerten hat.

Dabei ist vordringlich der bestehende Schuldendienst abzudecken, und erst ein späterer Mehrerlös an die Verkäufer auszubezahlen.

3) Für den Abverkauf wird eine Frist bis spätestens 31.12. 1981 gesetzt. Sollte ein Preis von mehr als 400 S/m 2 erzielt werden, so wird dieser Mehrerlös zwischen beiden

Vertragsteilen halbiert.

4) Herr Willibald C kann in dieses Anbot einsteigen, wenn er eine Barleistung von 2,500.000 S (in Worten zwei Millionen fünfhunderttausend Schilling) in nachstehender Weise erbringt;

a) S 500.000,-- werden bis spätestens 8.7.1980 treuhändig

bei Dr.A erlegt oder einbezahlt, womit der Rücktritt des

vorherigen Teilhabers vereinbarungsgemäß abgedeckt werden

soll.

b) S 1,000.000,-- werden an Hand des Schätzwertes der

Liegenschaft durch Aufstockung eines bereits bestehenden

Kredites für das Pro-

jekt Haidbachgraben aufzubringen sein.

c) S 1,000.000,-- werden bar bis spätestens 31.7.1980

aufgebracht und beim Treuhänder, Herrn Dr. A,

für das Projekt Haidbachgraben erlegt.

5) Die Herrn Willibald C erwachsenden Spesen und Auslagen, wie Zinsendienst für ein Jahr, staatliche Kreditgebühr, Grundbuchsgebühr und Notarskosten dürfen einen Rahmen von S 500.000 (fünfhunderttausend Schilling) nicht überschreiten. Sie werden nach Maßgabe der Vorschreibung von ihm zur Zahlung übernommen, bzw. aus den Grundverkäufen von seinem Anteil abzudecken sein.

In dem unter lit a) des Punktes 4) genannten Betrag von 500.000 S ist die zu erwartende Grunderwerbssteuer betreffend den Kaufvertrag bereits enthalten.

6) An dieses Anbot hält sich Herr Ludwig B unwiderruflich bis 11.7.1981, 14.00 Uhr gebunden.

Gloggnitz, am 30. Juni 1980.' Der Beklagte wollte nach Abverkauf der Grundstücke das Haus für sich behalten. Willibald C war damit grundsätzlich einverstanden und wurde ein Abkommen getroffen, wonach nach positivem Abverkauf aller Grundstücke bis 31.Dezember 1981 der Beklagte die Liegenschaftshälfte des Willibald C sehr günstig erwerben können sollte. Dieses übereinkommen ist mit 31.Dezember 1981 ausgelaufen. Eine Vereinbarung darüber, was geschehen sollte, wenn es nicht bis zu diesem Zeitpunkt zum positiven Abschluß der Verkäufe kommen sollte, wurde nicht getroffen. Von der Einräumung eines Wohnrechtes an den Beklagten war Willibald C nichts bekannt, er wußte nur, daß der Beklagte eine Kaufmöglichkeit eingeräumt haben wollte. Der Beklagte hat für das Bewohnen des Hauses nie etwas bezahlt. Von den Gesprächen bzw. Vereinbarungen des Beklagten mit Ing.F und Willibald C darüber, daß das Haus nach positivem Abschluß der Geschäfte bis Ende 1981 vom Beklagten käuflich erworben werden könnte, hatte der Kläger Kenntnis. Diese Verkäufe wurden aber bisher nicht durchgeführt. In der Nacht vom 13. auf den 14.Jänner 1982 kamen in der Kanzlei des Rechtsanwaltes Dr.Heinrich J der Kläger, der Beklagte, Dr.Otto K als Rechtsanwalt des Klägers, Ingeborg A, Willibald C und Gertrude L (eine Gesellschafterin der D und E Gesellschaft m.b.H.) zusammen. über die dabei getroffenen Vereinbarungen und geführten Gespräche wurde von Dr.J ein Protokoll aufgenommen. Bei dieser Besprechung wurde die bereits ausgesprochene Kündigung der Dienstverhältnisse zwischen der D und E Gesellschaft m. b.H. einerseits und Gertrude L und dem Beklagten anderseits zurückgenommen, ebenso die ausgesprochene Kündigung der Dienstwohnung. Wegen der finanziellen Situation sollte die gesamte Liegenschaft verkauft werden. Der Beklagte zeigte aber Interesse am Kauf des Hauses und wollte sich dieses vorbehalten. Es kam zu einer Vereinbarung, wonach 'Einigkeit darüber besteht, daß vom Grundstück am niederösterreichischen Semmering zuerst die Parzellen verkauft werden sollen, das dort stehende Bauernhaus nur im äußersten Notfall. Was als äußerster Notfall angesehen wird, muß noch formuliert und umschrieben werden'. Der Beklagte und Gertrude L erklärten, in das Haus rund 800.000 S investiert zu haben und bereit zu sein, es innerhalb einer Frist von drei Monaten im äußersten Notfall zu räumen, wenn ihnen diese Investitionen in Höhe von 800.000 S spätestens Zug um Zug mit der Räumung ausgehändigt werden. Weiters erklärte sich der Beklagte bereit bzw. interessiert, das Haus samt einer Liegenschaft im Gesamtausmaß von 790 m 2 um eine Million Schilling lastenfrei zu kaufen und dabei auf den Ersatz seiner Investitionen zu verzichten, wobei der Kaufpreis Zug um Zug mit der Errichtung des Kaufvertrages hinterlegt werden müsse. Darüber, was als äußerster Notfall anzusehen sei, wurde keine Einigung erzielt. Der Beklagte hat sich aber grundsätzlich der Auslegung Dris.J angeschlossen. Nach Meinung aller Anwesenden, mit Ausnahme des Beklagten sollte als äußerster Notfall die Einleitung der Exekution durch die M N gegenüber den genannten Personen bzw. die Versteigerung der Liegenschaft anzusehen sein. Bei dieser Verhandlung hat der Beklagte kein Wohnrecht behauptet oder eingewendet.

Nicht festgestellt werden konnte, daß der Beklagte die Hälfte der Liegenschaft von der D und E Gesellschaft m.b.H. am 4.März 1980 erworben und der Beklagte für den Ankauf des Hauses bereits Vorauszahlungen geleistet habe, sowie daß dem Beklagten vom Kläger oder von dessen Voreigentümern ein Wohnrecht eingeräumt worden wäre. Schließlich wurde noch festgestellt, daß im Notariatsakt, der zwischen dem Kläger und Willibald C abgeschlossen wurde, Willibald C erklärte, die von ihm an den Kläger veräußerte Liegenschaft sei frei von dinglichen und obligatorischen Rechten, insbesondere von dinglichen und obligatorischen Rechten des nunmehrigen Beklagten am Grundstück Nr. 70, Baufläche Haus Nr. 6, weil die Vereinbarung, die er mit dem Beklagten getroffen habe, durch Fristablauf mit 31.12.1981 rechtsunwirksam geworden sei.

Bei der rechtlichen Beurteilung dieses Sachverhaltes ging das Erstgericht davon aus, daß Voraussetzung für ein Wohnrecht ein zwischen dem Eigentümer und dem Wohnungsberechtigten abgeschlossener Vertrag sei. Ein solcher Vertrag sei aber nicht einmal vom Beklagten angegeben worden. Der Beklagte habe sich immer nur auf die ihm eingeräumten Kaufmöglichkeiten bezogen. Er könne daher keinen Titel nachweisen, der ihn berechtige, das Haus weiterhin zu bewohnen. Das Gericht zweiter Instanz verwarf mit dem in sein Urteil aufgenommenen Beschluß die gegen das Ersturteil erhobene Berufung des Beklagten soweit sie Nichtigkeit geltend machte. Im übrigen gab es der Berufung nicht Folge und sprach es aus, daß der Wert des Streitgegenstandes, über den es entschieden habe, 300.000 S übersteige.

Die vom Beklagten in der Nichtigkeitsberufung geltend gemachte Verletzung der Anleitungs- und Belehrungspflicht des Erstgerichtes im Sinne des § 432 Abs 1 ZPO gegenüber dem in erster Instanz unvertretenen Beklagten stelle keine Nichtigkeit sondern bloß einen Verfahrensmangel dar, den es aber mangels rechtlicher Relevanz auch nicht als gegeben erachtete.

Im übrigen bejahte das Berufungsgericht die sachliche Zuständigkeit des Erstgerichtes zur Entscheidung über das Räumungsbegehren ungeachtet des Umstandes, daß es sich um eine Dienstwohnung gehandelt habe, weil der Kläger und nunmehrige Eigentümer der Liegenschaft in keinerlei arbeitsrechtlicher Beziehung zum Beklagten stehe. Das Berufungsgericht übernahm weiters die Feststellungen des Erstgerichtes als Ergebnis eines mängelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Würdigung der aufgenommenen Beweise und erachtete den festgestellten Sachverhalt auch zur rechtlichen Beurteilung des geltend gemachten Klagebegehrens als ausreichend.

In rechtlicher Hinsicht führte das Berufungsgericht im wesentlichen folgendes aus:

Die von Klang in Klang 2 II 357 ff entwickelte Lehre über den außerbücherlichen Eigentumserwerb an Liegenschaften werde vom Obersten Gerichtshof seit der grundlegenden Entscheidung SZ 48/184 abgelehnt. Gemäß § 431 ABGB müsse zur übertragung des Eigentums unbeweglicher Sachen das Erwerbungsgeschäft - von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen - in die dazu bestimmten öffentlichen Bücher eingetragen werden. Der Berufungswerber meine daher zu Unrecht, daß er im Hinblick auf den Kaufvertrag, Beilage 1, 'außerbücherliches Eigentum' an der Hälfte der streitgegenständlichen Liegenschaft erworben habe. Fraglich könnte im vorliegenden Fall aber sein, ob er dem Räumungsbegehren des Klägers nicht etwa einen obligatorischen Anspruch entgegensetzen könne, weil ihm ja nach seiner Behauptung in der Berufung ein ideeller Hälfteanteil an der Liegenschaft am 4.März 1980 verkauft worden sei.

Im Falle der Doppelveräußerung von Liegenschaften werde dem ersten Käufer gegen den Zweiterwerber ein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB mit dem Ziel auf übergabe der gekauften Liegenschaft gewährt, wenn das durch den Besitz verstärkte Forderungsrecht des Ersterwerbers für seinen Gegner deutlich erkennbar gewesen sei. Dabei genüge es, daß der Gegner die obligatorische Position des Erstkäufers gekannt habe und bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte kennen müssen. Der Beklagte behaupte demgemäß auch in der Berufung, daß der Kläger vom Kaufvertrag vom 4.März 1980, Beilage 1, Kenntnis gehabt habe.

Vorerst sei zu bezweifeln, ob für den Kläger ein durch den Besitz des Beklagten verstärktes Forderungsrecht auf Grund dieses Kaufvertrages erkennbar gewesen sei, weil vom Erstgericht im Einklang mit den Behauptungen des Beklagten festgestellt worden sei, daß der Beklagte schon vor Abschluß des Kaufvertrages, nämlich seit August 1979 das gegenständliche Haus mit seinen Kindern bezogen habe und seither dort wohne. Es könne daher nicht gesagt werden, daß sich das Recht des Beklagten zum Bewohnen dieses Hauses aus dem Forderungsrecht des Beklagten, welches er möglicherweise auf Grund des Kaufvertrages vom 4.März 1980 erworben hätte, abgeleitet habe. Umsoweniger könne dies dem Kläger erkennbar gewesen sein. Aber selbst wenn man diese Umstände außer Acht ließe, könne nicht angenommen werden, daß der Kläger die möglicherweise gegebene obligatorische Position des Beklagten gekannt habe oder bei gehöriger Aufmerksamkeit hätte kennen müssen. Auf Grund der Feststellungen über die Gespräche in der Nacht vom 13. auf 14.Jänner 1982 in der Kanzlei Dris.J habe der Kläger die Erklärung des Beklagten, er verzichte auf den Ersatz seiner Investitionen, wenn ihm von der 'D und E' und formell auch von Herrn C das Bauernhaus mit Grundfläche lastenfrei verkauft würde, nur so verstehen können, daß allenfalls früher abgeschlossene Kaufverträge über den Eigentumserwerb an diesem Objekt aus welchen Gründen auch immer rückgängig gemacht worden seien. Hätte nämlich der Beklagte, so wie er jetzt behaupte, einen Anspruch auf übertragung eines Eigentumsanteiles der zu räumenden Liegenschaft gegenüber der D und E Gesellschaft m.b.H. und Ing. Wolfgang F gehabt, so hätte es dieser Erklärung nicht bedurft. Vor allem aber habe der Kläger, dem ja der Rücktritt Ing. Wolfgang FS vom ursprünglich abgeschlossenen Kaufvertrag bekannt gewesen sei, angesichts dieser Erklärung nicht davon ausgehen können, daß der Beklagte noch Rechte aus dem Kaufvertrag vom 4.März 1980 ableite. Der Kläger sei angesichts dieser Erklärungen des Beklagten auch nicht verpflichtet gewesen, weitere Nachforschungen über die vom Beklagten behaupteten Rechte anzustellen, zumal er davon habe ausgehen können, daß der Beklagte das Haus als Angestellter der 'D und E' also als Dienstwohnung benützt habe; dies umsomehr, als es dem Beklagten ja freigestanden wäre, auf Grund der von ihm behaupteten Verträge die Intabulierung seines Eigentumsrechtes durchzusetzen.

Da somit für den Kläger das vom Beklagten behauptete Forderungsrecht auf übertragung von Liegenschaftsanteilen, selbst wenn ein solches Recht bestanden hätte, nicht erkennbar gewesen sei, könnte dem Beklagten auch kein Schadenersatzanspruch nach § 1323 ABGB gegen den Kläger zugebilligt und damit das Räumungsbegehren nicht als unberechtigt angesehen werden. Im übrigen sei die gegen den titellosen Inhaber einer Wohnung eingebrachte Räumungsklage als Eigentumsklage zu beurteilen, bei der der Kläger vor allem den Beweis seines Eigentums an der Liegenschaft zu erbringen habe, der auf Räumung geklagte Benützer der Wohnung hingegen einen tauglichen Rechtstitel, der ihn zum Bewohnen der Räumlichkeiten berechtigte, zu behaupten und zu beweisen habe. Nach den Feststellungen des Erstgerichtes habe der Beklagte die von ihm benützten Räumlichkeiten als Dienstwohnung verwendet. Das Dienstverhältnis sei aber am 4.Mai 1982 beendet worden. Damit sei auch der Anspruch des Beklagten auf Benützung dieser Wohnung erloschen. Eine Vereinbarung, nach der der Beklagte zur Benützung der Wohnung unabhängig vom Dienstverhältnis berechtigt gewesen wäre, sei den Feststellungen nicht zu entnehmen. Aus den Gesprächen in der Nacht vom 13. auf 14.Jänner 1982, die ja vor Entlassung des Beklagten stattgefunden hätten, könne eine derartige Vereinbarung nicht geschlossen werden, weil die daran beteiligten Personen davon ausgegangen seien, daß der Beklagte als Angestellter der D und E Gesellschaft m.b.H. die Liegenschaft möglicherweise kaufen werde. Unter diesem Gesichtspunkt könne die Erklärung des Beklagten und der Gertrude L, sie hätten in das Haus rund 800.000 S investiert und seien bereit, es innerhalb einer Frist von drei Monaten im äußersten Notfall zu räumen, wenn die Investitionen ersetzt werden, nicht als schlüssige Einräumung des Wohnrechtes angesehen werden, das über die Dauer des Dienstverhältnisses wirken sollte. Das Wohnungsrecht könne zwar auch mit nur obligatorischer Wirkung vereinbart werden, Voraussetzung für das Zustandekommen eines Wohnrechtes sei aber, daß hierüber ein Vertrag abgeschlossen worden sei, wofür Einigung über den Vertragsinhalt und die Erklärung des Abschlußwillens erforderlich sei. Als konkludente Willenserklärung könne nur eine Handlung angesehen werden, die mit überlegung aller Umstände keinen vernünftigen Grund übrig ließe, am Vertragswillen der beteiligten Personen zu zweifeln. Da der Beklagte, der für die Benützung der Liegenschaft außer den laufenden Betriebskosten kein Entgelt geleistet habe, somit keinen ihn zur Benützung des Objektes berechtigenden tauglichen Rechtstitel habe nachweisen können, habe das Erstgericht der Klage zu Recht stattgegeben.

Die in das Urteil aufgenommene Verwerfung der Nichtigkeitsberufung bekämpft der Beklagte mit Rekurs, der jedoch unzulässig ist. Gegen das Urteil des Erstgerichtes richtet sich die auf die Anfechtungsgründe des § 503 Abs 1 Z 1 bis 4 ZPO gestützte Revision des Beklagten mit dem Antrag, die Urteile der Vorinstanzen im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens abzuändern; hilfsweise werden Aufhebungsanträge, letztlich wegen Nichtigkeit der Entscheidungen der Vorinstanzen gestellt.

Der Kläger beantragte in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist nicht berechtigt.

1. Zum Rekurs:

Gegen die im Berufungsverfahren ergehenden Beschlüsse des Berufungsgerichtes ist der Rekurs nur in den im § 519 Abs 2 ZPO genannten Fällen zulässig. Der Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem eine wegen Nichtigkeit erhobene Berufung verworfen wurde, fällt nicht darunter und kann daher - auch wenn er in das Berufungsurteil aufgenommen wurde - weder mit Rekurs noch mit Revision bekämpft werden (Fasching IV 299, 409; Fasching, Lehrbuch, Rz 1979; ÖBl. 1984, 5 uva).

Der Rekurs des Beklagten mußte daher zurückgewiesen werden.

2. Zur Revision:

Eine dem Berufungsgericht unterlaufene Nichtigkeit erblickt der Revisionswerber vorerst darin, daß das Berufungsgericht 'beweiswürdigend eine Schlußfolgerung über die mangelnde Kenntnis des Klägers in Ansehung des mehrfach dargelegten käuflichen Erwerbes des Beklagten ausspreche'. Das Berufungsgericht hätte vielmehr die durch das auf die mangelnde Anleitung des unvertreten gewesenen Beklagten zurückzuführende Unterbleiben eines weiteren Vorbringens und weiteren Beweisanbotes notwendig gewordene Verfahrensergänzung 'selbst vornehmen oder zur Anordnung bringen müssen'. Da dies unterblieben sei, liege eine Einschränkung des Parteiengehörs vor. Dem kann nicht gefolgt werden.

Aus den weiteren Ausführungen zu diesem Anfechtungsgrund, wonach dem Beklagten die Vorlage des Originales des Kaufvertrages 'vom 4.3.1980' (Beilage 1) hätte aufgetragen und Zeugen hätten vernommen werden müssen, weshalb das Berufungsverfahren ebenso wie das erstinstanzliche Verfahren an einer Nichtigkeit leide, ergibt sich, daß der Revisionswerber hier bloß die Entscheidung des Berufungsgerichtes über die Nichtigkeitsberufung auch im Rahmen der Revision zu bekämpfen versucht, was aber - wie bereits dargetan - unzulässig ist.

Unter dem Anfechtungsgrund des § 503 Abs 1 Z 2 ZPO wiederholt der Revisionswerber die schon in seiner Berufung vorgetragene und vom Berufungsgericht verworfene Rüge der Verletzung der Anleitungs- und Belehrungspflicht im Sinne des § 432 ZPO durch das Erstgericht. Angebliche Mängel des Verfahrens erster Instanz, die vom Berufungsgericht nicht als solche anerkannt worden sind, können aber nach § 503 Z 2 ZPO nicht geltend gemacht werden (SZ 22/106; SZ 41/8 uva).

Als Mangelhaftigkeit des Verfahrens und Aktenwidrigkeit (§ 503 Abs 1 Z 2 und 3 ZPO) macht der Revisionswerber weiters geltend, das Berufungsgericht habe die Aussage des Zeugen Dr.K nicht beachtet, wonach der Beklagte bei der Besprechung vom 13. auf 14.Jänner 1982 in Gegenwart des Klägers für ca. eine halbe Minute einen Kaufvertrag vorgewiesen habe, der die Unterschrift der 'D und E' als Hälfteeigentümerin getragen habe, woraus sich ergebe, daß sich der Beklagte dem Kläger gegenüber auf den käuflichen Erwerb auf Grund des Kaufvertrages vom 4.März 1980 berufen habe, sodaß das Berufungsgericht zu der 'beweiswürdigenden Schlußfolgerung über eine mangelnde Kenntnis des Klägers' nur deshalb habe gelangen können, weil die wiedergegebene Aussage des Zeugen Dr.K keine Beachtung gefunden habe. Damit zeigt der Revisionswerber weder eine Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens noch eine Aktenwidrigkeit auf. Nach den in dem von Rechtsanwalt Dr.J aufgenommenen Protokoll ihre aktengetreue Deckung findenden Feststellungen der Vorinstanzen hat der Beklagte im Zuge der Gespräche in der Nacht vom 13. auf 14. Jänner 1982

lediglich ein Interesse am Abschluß eines Kaufvertrages behauptet, dies schließt aber die Annahme eines bereits abgeschlossenen Kaufvertrages aus.

Insoweit der Beklagte seinen bisherigen Rechtsstandpunkt wiederholt, wonach er im Hinblick auf das Vorliegen des Kaufvertrages 'vom 4.3.1980' außerbücherlicher Eigentümer der Liegenschaftshälfte sei, ist er auf die zutreffenden Ausführungen des Berufungsgerichtes, mit welchen es diesen Standpunkt widerlegt hat, zu verweisen. Unter diesen Umständen kann nicht gesagt werden, daß vom Berufungsgericht bei Sammlung des Prozeßstoffes ein Verfahrensgesetz verletzt wurde und diese Gesetzesverletzung geeignet gewesen wäre, eine erschöpfende und gründliche Beurteilung der Sache zu hindern (vgl. Fasching IV, 310; 8 Ob 266/74; 7 Ob 546/84 ua). Da eine Aktenwidrigkeit nur bei einem Widerspruch zwischen Prozeßakten und tatsächlichen Urteilsvoraussetzungen vorliegt, wobei dieser Widerspruch sowohl wesentlich als auch unmittelbar aus den Akten ersichtlich und behebbar sein muß (vgl. Fasching IV, 317 f; 5 Ob 683/81; 5 Ob 739/82 ua), liegt auch der behauptete Anfechtungsgrund der Aktenwidrigkeit nicht vor. Die vom Revisionswerber erhobene Rüge, daß das Berufungsgericht sich mit Beweisergebnissen nicht auseinandergesetzt habe, bedeutet vielmehr in Wahrheit nur eine im Revisionsverfahren unzulässige Bekämpfung der Beweiswürdigung der Vorinstanzen (vgl. 5 Ob 683/81; 5 Ob 739/82 ua).

Insoweit die Revisionsausführungen dahin verstanden werden können,

daß das Berufungsgericht zu Unrecht angenommen habe, es könne nicht

gesagt werden, daß der Kläger die möglicherweise gegebene

obligatorische Position des Beklagten bei gehöriger Aufmerksamkeit

kennen mußte (vgl. Berufungsurteil S 13), handelt es sich um eine

Rechtsrüge, die aber - von der dafür allein maßgeblichen

Sachverhaltsgrundlage ausgehend - nicht berechtigt ist. Zutreffend

hat das Berufungsgericht darauf hingewiesen, daß der Beklagte sich

im Zuge des Gespräches in der Nacht vom 13. auf 14.Jänner 1982, an

dem auch der Kläger teilgenommen hat, bereit erklärt hat, das Haus

samt Grund im Ausmaß von 790 m 2 um eine Million Schilling

lastenfrei zu kaufen und in diesem Fall auf den Ersatz der Investitionen in der Höhe von 800.000 S zu verzichten, wobei er als Vertragspartner die D und E Gesellschaft m.b.H. und formell auch Willibald C nannte. Hat der Beklagte aber im Jänner 1982 in Anwesenheit des Klägers seine Bereitschaft zum Kauf der Liegenschaftshälfte bekundet, so kann - abgesehen von den übrigen, vom Berufungsgericht in diesem Zusammenhang angestellten überlegungen - in der Annahme des Berufungsgerichtes, der Kläger habe nicht davon ausgehen müssen, daß der Beklagte Rechte aus einem Kaufvertrag vom 4.März 1980 ableite, ein Rechtsirrtum nicht erblickt werden, zumal eine Bereitschaft zu einem neuerlichen Kauf der Liegenschaftshälfte tatsächlich kaum verständlich wäre, wenn der Beklagte diese Liegenschaftshälfte bereits einmal wirksam gekauft hätte. Kann aber nicht einmal ein fahrlässiger Eingriff des Klägers in ein allfälliges Forderungsrecht des Beklagten als nicht befriedigter erster Käufer der Liegenschaftshälfte der D und E Gesellschaft m.b.H. angenommen werden, so steht dem Beklagten als nicht befriedigter Käufer keinesfalls ein Schadenersatzanspruch gegen den Kläger als im Hinblick auf die erfolgte grundbücherliche Einverleibung seines Eigentumsrechtes als befriedigt anzusehender Käufer aus dem Titel der Beeinträchtigung fremder Forderungsrechte zu, selbst wenn man mit dem Berufungsgericht der von Schilcher-Holzer (JBl 1974, 445 ff, 512 ff) vertretenen Ansicht den Vorzug gibt und annimmt, daß bereits fahrlässige Unkenntnis des Forderungsrechtes des Erstkäufers durch den Zweitkäufer diesen zum Schadenersatz verpflichtet (vgl. die Darstellung der dazu vertretenen Lehre und Rechtsprechung von Aicher in Rummel, ABGB, RZ 14 zu § 1053 und Spielbüchler in Rummel, ABGB, RZ 11 zu § 431). Da dem Beklagten selbst bei weitgehender Ausdehnung der Haftung für schuldhafte Eingriffe in Forderungsrechte Dritter kein Schadenersatzanspruch gegen den Kläger zusteht, könnte dem Räumungsbegehren nur dann ein Erfolg versagt bleiben, wenn es dem Beklagten gelungen wäre, nachzuweisen, daß ihm ein obligatorisches Wohnrecht eingeräumt wurde. Eine solche Feststellung konnte aber von den Vorinstanzen nicht getroffen werden. Wenn der Revisionswerber schließlich im Rahmen der Rechtsrüge noch den Standpunkt vertritt, auf Grund der über die Besprechung vom 13. auf 14. Jänner 1982

getroffenen Feststellungen habe die Klausel, wonach das Bauernhaus nur im 'äußersten Notfall' zur Veräußerung gelangen sollte nur die Bedeutung einer Sicherung seines Wohnungsrechtes haben könnte, geht er nicht von den Feststellungen der Vorinstanzen aus, die eben die Einräumung eines solchen Wohnrechtes nicht als erwiesen annehmen konnten. Mangels Bestehens eines Wohnungsrechtes des Beklagten kann die vom Revisionswerber erwähnte 'Klausel' auch nicht im Sinne der gewünschten Sicherstellung eines Wohnrechtes ausgelegt werden. Die diesbezüglichen Ausführungen des Beklagten stellen sich daher in Wahrheit bloß als unzulässige Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen und Beweiswürdigung der Vorinstanzen dar.

Da es im vorliegenden Fall nur um die Frage geht, ob dem Beklagten ein Titel zur Benützung des von ihm tatsächlich bewohnten Hauses zusteht, und nicht darum, ob er berechtigt ist, auf Grund irgendeines Kaufvertrages vom Kläger die Einräumung von Miteigentum an einem Teil der Liegenschaft EZ 11 der KG Kurort Semmering zu begehren, erweist sich die Revision als unberechtigt. Es mußte ihr daher der Erfolg versagt werden.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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