OGH 1Ob27/84 (1Ob28/84)

OGH1Ob27/84 (1Ob28/84)12.12.1984

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekurs- und Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Schragel als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schubert, Dr. Gamerith, Dr. Hofmann und Dr. Schlosser als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Adalbert K*****, vertreten durch Dr. Wolfgang Jeannee, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei Stadt Wien, vertreten durch Dr. Adolf Fiebich, Rechtsanwalt in Wien, wegen 1.238.104,50 S sA infolge Rekurses und Revision der klagenden Partei gegen den Beschluss und das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 4. Juni 1984, GZ 4 R 107/84-27, womit infolge Berufung der klagenden Partei aus Anlass des Rechtsmittelverfahrens die Klage teilweise zurückgewiesen und das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien vom 23. Dezember 1983, GZ 40 b Cg 528/82-22, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen und zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Dem Rekurs und der Revision wird nicht Folge gegeben. Der Kläger ist schuldig, der beklagten Partei die mit 18.120,30 S bestimmten Kosten des Rekurs- und Revisionsverfahrens (davon 1.647,30 S USt) binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Text

Entscheidungsgründe:

Dem Kläger wurde mit Bescheid des Magistratischen Bezirksgerichts für den 22. Bezirk vom 23. 2. 1972, MBA-Ba 6089/3/70, auf der Liegenschaft ***** (tatsächlich waren er und seine Frau je zur Hälfte Eigentümer des Grundstücks ***** Garten EZ ***** KG A*****) gemäß § 25 GewO 1859 eine Betriebsanlage zur Lagerung von Kaltbitumen bewilligt. Gemäß § 30 GewO 1859 wurde dem Kläger unter anderem vorgeschrieben, die Lagerräume für den Lagerbehälter flüssigkeitsdicht herzustellen und so zu bemessen, dass 60 % der gelagerten Menge in dieser Wanne zurückgehalten werden können. Der Kläger ließ, ohne um eine Baubewilligung anzusuchen, aus Schalsteinen eine ca 30 m lange und 1 m tiefe Betonwanne für die Lagerung von Bitumen und Bitumenbehältern herstellen. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Berufungsbescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 20. 11. 1975, MDR-B XXII-6/75, wurde den Eigentümern der auf dem Grundstück ***** errichteten Baulichkeiten gemäß § 129 Abs 10 der Bauordnung für Wien (im Folgenden: BO) der Auftrag erteilt, binnen drei Monaten nach Rechtskraft des Bescheids die ohne baubehördliche Bewilligung errichtete Betonwanne aus Schalsteinen (ca 30 m lang und 1 m tief) sowie den Betonpfeiler mit Stahltor beseitigen zu lassen. Die Berufungsbehörde war der Ansicht, dass die bauliche Anlage gemäß § 60 Abs 1 lit b BO bewilligungspflichtig gewesen wäre. Den Berufungswerbern stehe es frei, ein Ansuchen um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung einzubringen. Die Erteilung dieser Bewilligung dürfte aber wegen der Widmung des Grundstücks („Grünland-, Wald- und Wiesengürtel") nicht in Betracht kommen. Mit Bescheid vom 3. 6. 1977, MA 37/22-Asp 560/4/76, versagte der Magistrat Wien als Baubehörde erster Instanz gemäß §§ 70 71 BO die nachträgliche Bewilligung der Errichtung der Betonlagerwanne auf dem Grundstück ***** mit der Begründung, dass die Liegenschaft zum Wald- und Wiesengürtel gehöre und in diesem die Errichtung eines Gewerbebetriebs den öffentlichen Interessen widerspreche. Obwohl der Kläger in seiner Eingabe vom 14. 7. 1977 darauf hinwies, dass er gegen die Versagung der Baubewilligung rechtzeitig Berufung erhoben habe, erteilte der Magistrat der Stadt Wien dem Kläger mit Bescheid vom 5. 9. 1977, MA 64-E.A. XXII-2/76, gemäß § 4 Abs 2 VVG 1950 den Auftrag zur Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme der Beseitigung der Betonwanne in der Höhe von 300.000 S und verfügte mit Bescheid vom 19. 9. 1977, MA 25-22/3/77, gemäß § 4 VVG 1950 die zwangsweise Durchführung der angeordneten Beseitigung der Betonwanne im Wege der Ersatzvornahme dieser Maßnahmen durch zwei Wiener Unternehmen. Die Wiener Landesregierung wies mit Bescheid vom 26. 9. 1977, MA 64-1739/77, die Berufung des Klägers gegen den Vorauszahlungsbescheid vom 5. 9. 1977, MA 64-E.A, XXII-2/76, ab. Mit weiterem Bescheid vom 3. 10. 1977, MA 64-1840/77, wies das Amt der Wiener Landesregierung die Berufung des Klägers gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien vom 19. 9. 1977, MA 25-22/3/77, ab. Die Berufungsbehörde begründete seine Bescheide damit, dass eine Unzulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 10 Abs 2 lit a VVG 1950 nicht vorliege. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs könne zwar gegen die Vollstreckung der Abtragung geltend gemacht werden, dass ein Ansuchen um nachträgliche Baubewilligung noch unerledigt anhängig sei. In den dieser Rechtsprechung zugrundeliegenden Fällen sei aber immer von der zumindest theoretischen Möglichkeit der Sanierung der Bauordnungswidrigkeit ausgegangen worden. Da die abzutragende Betonwanne im Wald- und Wiesengürtel liege und daher aufgrund der zwingenden Nutzungsbestimmungen des § 6 Abs 3 BO eine Baubewilligung nicht erteilt werden könne, stünden der nachträglichen Erteilung der Baubewilligung zwingende gesetzliche Bestimmungen ohne Ausnahmemöglichkeit entgegen, sodass die Vollstreckung des Abtragungsbescheids zulässig sei.

Mit Bescheid vom 7. 11. 1977, MDR-B XXII-14/77, wies die Baubehörde für Wien die Berufung des Klägers und seiner Ehegattin gegen die Versagung der nachträglichen Baubewilligung als unbegründet ab, weil das Grundstück 982/6 im Wald- und Wiesengürtel gelegen sei. Der Kläger und seine Ehegattin erhoben sowohl gegen die Bescheide der Berufungsbehörde wegen Vorauszahlung der Kosten für die Ersatzvornahme, wegen Anordnung der Ersatzvornahme und wegen Versagung der Baubewilligung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Aus Anlass des letztgenannten Beschwerdeverfahrens (B 6/78) prüfte der Verfassungsgerichtshof von Amts wegen die Gesetzmäßigkeit des für das Grundstück 982/6 geltenden Flächenwidmungsplanes (Beschluss des Wiener Gemeinderats vom 2. 3. 1928) und hob diesen als Verordnung geltenden Plan mit Erkenntnis vom 13. 10. 1978, V 7/78-20, wegen Vorliegens eines Kundmachungsmangels gemäß Art 139 Abs 3 lit c B-VG als gesetzwidrig auf (VfSlg 8423/1978). Infolge Aufhebung dieser Verordnung hob der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 13. 10. 1978, B 6/78-7, VfSlg 8431/1978, den Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 7. 11. 1977, MDR-B XXII-14/77, auf und stellte fest, dass die Beschwerdeführer durch diesen Bescheid im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Unversehrtheit des Eigentums verletzt wurden. Die beiden weiteren Verfassungsgerichtshofbeschwerden gegen die Vollstreckungsbescheide wurden mit Erkenntnissen vom 18. 3. 1980, B 370/77-17 und B 404/77-13, VfSlg 8790/1980, abgewiesen und antragsgemäß an den Verwaltungsgerichtshof abgetreten. Der Verfassungsgerichtshof brachte in diesen Erkenntnissen die Meinung zum Ausdruck, die Erlassung der angefochtenen Bescheide mit den darin angeordneten Vollstreckungsmaßnahmen vor dem Abspruch über den von den Beschwerdeführern gestellten Antrag auf nachträgliche Erteilung der Baubewilligung sei im Hinblick auf den Wortlaut des § 129 Abs l0 BO nicht in einer solchen Weise unrichtig, dass dies einer Gesetzlosigkeit gleichzuhalten wäre. Der Verwaltungsgerichtshof hob mit Erkenntnis vom 30. 11. 1982, Zahl 05/1748, 1749/80, die Bescheide der Wiener Landesregierung vom 26. 9. 1977, MA 64-1739/77, und vom 3. 10. 1977, MA 64-1840/77, betreffend den Auftrag zur Vorauszahlung der voraussichtlichen Kosten der Ersatzvornahme und Anordnung der Ersatzvornahme wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhalts auf. Der Verwaltungsgerichtshof verwies auf seine ständige Rechtsprechung, wonach bei Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung ein Abtragungsauftrag nicht vollstreckt werden dürfe. Entgegen der Annahme der belangten Behörde komme es nur darauf an, ob ein solches Ansuchen unerledigt anhängig sei, aber nicht, ob es „genehmigungsfähig" sei: den Vollstreckungsbehörden stehe eine solche antizipative Wertung eines eingebrachten Bauansuchens nicht zu. Im Beschwerdefall erweise es sich überdies, dass die von den Vollstreckungsbehörden angenommene rechtliche Unzulässigkeit der von den Beschwerdeführern angestrebten nachträglichen Baubewilligung nicht vorgelegen sei, weil der Verfassungsgerichtshof den diesbezüglichen Raumordnungsplan der Stadt Wien als gesetzwidrig aufgehoben habe.

Mit Bescheid vom 25. 8. 1977, MA 37/22-AS/560/9/77, hatte der Magistrat der Stadt Wien dem Kläger außerdem gemäß § 29 Wiener Ölfeuerungsgesetz vom 22. 2. 1974, LGBl für Wien 1974/19, gemäß § 57 AVG 1950 den Auftrag erteilt, binnen 14 Tagen nach Zustellung des Bescheids die auf der Liegenschaft *****, Grundstück *****, EZ ***** des Grundbuchs der Katastralgemeinde A*****, befindlichen Öllagerbehälter und die mehrere tausend Liter umfassende Öllagerung beseitigen zu lassen. In der gegen diesen Bescheid gemäß § 57 Abs 2 AVG 1950 erhobenen Vorstellung machte der Kläger geltend, dass eine rechtskräftig bewilligte gewerbliche Betriebsanlage vorliege. die vom Anwendungsbereich des Wiener Ölfeuerungsgesetzes ausgenommen sei. Bei der am 21. 9. 1977 durchgeführten Verhandlung wurde festgestellt, dass betriebsführungsbedingt die Gefahr des Auslaufens von Altöl bestehe. Nach Erledigung der Vorstellung erging über Berufung des Klägers der Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. 3. 1978, MDR-BXXIl 25/77, womit den Eigentümern der auf dem Grundstück *****, EZ ***** des Grundbuchs Katastralgemeinde A*****, befindlichen Lagerungen der Auftrag erteilt wurde, brennbare Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt über 550 Celsius in einer Gesamtmenge von ca 18.250 Liter bis auf eine Menge von 300 Litern binnen 14 Tagen nach Zustellung dieses Bescheids beseitigen zu lassen. Die Bauoberbehörde war der Ansicht, dass das Wiener Ölfeuerungsgesetz auch bei einer gewerblichen Betriebsanlage. also auch für die gegenständliche Lagerung brennbarer Flüssigkeiten mit einem Flammpunkt über 550 Celsius. anzuwenden sei. Auch die Bescheide der ersten und zweiten Instanz wegen Beseitigung nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz führten am 27. 9. 1977 und am 24. 4. 1978 zur Einleitung von Vollstreckungsverfahren durch Androhung der Ersatzvornahme. Es kam jedoch zu keiner Durchführung der Vollstreckung. Über Beschwerde des Klägers und seiner Ehegattin hob der Verwaltungsgerichtshof mit Erkenntnis vom 18. 11. 1980, Zahl 1112/78-5, VwSlg 10.298 A, den zitierten Bescheid der Bauoberbehörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts auf.

Mit Schreiben vom 16. 10. 1980 forderte der Kläger durch seinen Rechtsanwalt die beklagte Partei unter Schilderung des wesentlichen Inhalts der zu den Vollstreckungsverfügungen führenden Verwaltungsverfahren zur Anerkennung seines Ersatzanspruchs im Sinne des § 8 AHG auf. Das Aufforderungsschreiben enthält ua folgende Absätze:

„Mit Rücksicht darauf, dass der Magistrat der Stadt Wien Berufungen meines Mandanten gegen die Vollstreckungsverfügungen, insbesondere die vom 19. 9. 1977, eine aufschiebende Wirkung nicht zuerkannte, war mein Mandant zur Vermeidung eines noch weitaus größeren Schadens gezwungen, selbst die in der Wanne gelagerten Materialien sowie die zur Lagerung in der Wanne vorgesehenen Materialien von seinem Grundstück entfernen zu lassen und die Wanne bzw die sonstigen Betriebseinrichtungen abtragen zu lassen. Mit diesen Maßnahmen begann mein Mandant ab dem 10. 10. 1977. Durch die rechtswidrige Vorgangsweise der erwähnten Magistratsabteilungen, nämlich die Einleitung eines Vollstreckungsverfahrens trotz laufenden Verfahrens zur Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung sowie durch die jedem pflichtgemäßen Ermessen widerstreitende Verweigerung der Zuerkennung einer aufschiebenden Wirkung der gegen diese Vollstreckungsbescheide eingebrachten Berufungen, ist meinem Mandanten durch die überhastete und sachlich nicht gerechtfertigte Beseitigung seines Lagers sowie seiner gewerblichen Anlage ein Schaden von zumindest 2.5 Millionen S erwachsen. Dieser Schaden setzt sich nicht nur aus den Kosten der eigentlichen Abtragung der Wanne und der Verführung des gelagerten Materials sondern auch daraus zusammen, dass die gelagerten Altöl-Materialien nicht einer gewinnbringenden Wiederverwertung zugeführt werden konnten". Das Verfahren, in dem dem Kläger Beseitigungsaufträge nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz erteilt wurden, ist im Aufforderungsschreiben nicht erwähnt.

Der Kläger behauptet, aufgrund der Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofs sei erwiesen, dass die Bescheide der beklagten Partei, mit denen der Auftrag zur Abtragung der Lagerwanne erteilt und seinen Berufungen gegen die Vollstreckungsverfügungen aufschiebende Wirkung versagt worden sei, rechtswidrig seien. Dieser Schaden sei ihm grob schuldhaft zugefügt worden, weil Organe der beklagten Partei die ständige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein Auftrag zur Abtragung eines Bauwerkes erst nach rechtskräftiger Abweisung des nachträglichen Bauansuchens vollstreckt werden dürfe, außerachtgelassen hätten. Die Gründe, mit denen die Berufungsinstanz von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs abgewichen sei, ließen eine sorgfältige Überlegung aller Umstände nicht erkennen. Ergänzend (AS 139) brachte der Kläger vor, die Organe der beklagten Partei hätten auch die ordnungsgemäße Verlautbarung des Flächenwidmungsplanss nicht geprüft. Infolge Versagung der aufschiebenden Wirkung sei der Kläger zur Vermeidung eines größeren Schadens gezwungen gewesen, ab 20. 10. 1977 die in der Lagerwanne gelagerten oder dafür vorgesehenen Materialien entfernen und die Lagerwanne abtragen zu lassen. Aus diesem Rechtsgrund begehrte der Kläger zuletzt (nach Umwandlung des Feststellungsbegehrens in ein Leistungsbegehren, ON 14,19) folgende Ersatzbeträge: 1.) Aufwand für schadlose Beseitigung von Teeröl

84.240 S; 2.) entgangener Gewinn wegen unterbliebener Verwertung dieses Teeröls 260.000 S; 3.) Kosten für den Abtransport von weiteren 240 t Altöl 47.023 S; 4.) entgangener Gewinn wegen unterbliebener Verwertung dieses Altöls 312.500 S; 5.) Kosten für Probebohrungen zum Nachweis, dass die dem Kläger zur Last gelegte Umweltverschmutzung nicht eingetreten sei 9.440 S; 6.) Propangas, um gelagerten Bitumen zum Zweck des Abtransportes zu erhitzen 1.441 S; 7.) Kosten des Abtransports von Bitumenbehältern 210.000 S; 8.) Bilanzverluste 1977 bis 1979; da der Lagerplatz *****, nicht mehr benützt werden konnte

189.560 S; 9.) Kosten des Rücktransports von sieben Behältern nach Wien 123.900 S; zusammen 1.238.104.50 S.

Die beklagte Partei beantragte Abweisung des Klagebegehrens. Der Bescheid, mit dem die Abtragung der ohne behördliche Bewilligung gebauten Betonwanne angeordnet worden sei, sei im Gesetz begründet und vom Kläger beim Verwaltungsgerichtshof nicht angefochten worden. Auch die Versagung der nachträglichen Baubewilligung sei gesetzlich gedeckt gewesen; die Erteilung einer Baubewilligung hätte dem damals geltenden Flächenwidmungsplan aus dem Jahre 1928 widersprochen. Die spätere Aufhebung dieses Flächenwidmungsplanes durch den Verfassungsgerichtshof wegen eines 50 Jahre vorher unterlaufenen Kundmachungsmangels könne ein Verschulden der Behörde nicht begründen. Die Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung beruhe auf einer vertretbaren Rechtsauffassung. Der Bescheid, mit dem dem Kläger aufgetragen worden sei, von der Liegenschaft brennbare Flüssigkeiten zu beseitigen, stehe mit der Anordnung zur Abtragung der Lagerwanne nicht in Zusammenhang. Außerdem erstattete die beklagte Partei zu den einzelnen Schadensposten ein umfangreiches Vorbringen. Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab und traf folgende Feststellungen: Der Kläger habe seit mindestens Februar 1968 auf dem ihm gemeinsam mit seiner mittlerweile verstorbenen Ehegattin gehörenden Grundstück ***** EZ ***** KG A***** ohne behördliche Bewilligung Öl oder Ölprodukte gelagert. Nach mehrmaligen behördlichen Interventionen und Beanstandungen habe er schließlich am 10. 9. 1970 die gewerbebehördliche Genehmigung der Betriebsanlage im Standort *****, Grundstück *****, beantragt, obwohl dieses Grundstück nicht in seinem Eigentum gestanden sei. Nach wiederholten weiteren behördlichen Aufforderungen habe der Kläger schließlich am 24. 11. 1971 sein Ansuchen auf die Lagerung von Kaltbitumen und dessen Abfüllung in Fässer eingeschränkt, worauf schließlich mit (dem bereits eingangs erwähnten) Bescheid vom 23. 2. 1972 die Betriebsanlage gemäß § 25 GewO 1879 gewerberechtlich genehmigt worden sei. Der Kläger habe eine Richtigstellung der erteilten Bewilligung auf das ihm tatsächlich gehörende Grundstück ***** nie beantragt und die im Bescheid vorgeschriebenen Bedingungen und Beschränkungen nicht eingehalten, sondern von Anfang an bewusst und kontinuierlich gegen bau- und gewerbebehördliche Vorschriften verstoßen und erst im Jahre 1976 den Antrag auf Erteilung der Baubewilligung für die errichtete Lagerwanne gestellt.

Das Erstgericht war der Ansicht, dass der Kläger mehrmals gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen habe. Er könne sich nicht dadurch beschwert erachten, dass ihm durch die Verfügungen der beklagten Partei eine Fortsetzung seiner rechtswidrigen Tätigkeit nur in eingeschränktem Umfang möglich gewesen sei. Der Schaden des Klägers sei erst durch sein mehrfaches und erhebliches Verschulden möglich geworden. Diesem gegenüber trete das Verschulden der Organe der beklagten Partei derart in den Hintergrund, dass von einem messbaren Organverschulden nicht mehr gesprochen werden könne. Das Berufungsgericht verwarf die Berufung, soweit Nichtigkeit geltend gemacht wurde, hob aus Anlass des Rechtsmittelverfahrens das Ersturteil und das vorangegangene Verfahren im Umfang eines Klagebegehrens von 322.900 S sA als nichtig auf und wies die Klage insoweit wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurück. Im übrigen Umfang gab es der Berufung nicht Folge. Im Amtshaftungsverfahren könne nur jenes Tatsachenvorbringen als Klagegrund geltend gemacht werden, das zuvor Gegenstand des Aufforderungsverfahrens gewesen sei. Der Rechtsträger müsse durch das Aufforderungsverfahren in die Lage versetzt werden, dem geltend gemachten Ersatzanspruch zu entsprechen. Der Kläger habe mit dem Aufforderungsschreiben vom 16. 10. 1980 nur jenen Schaden geltend gemacht, der sich aus der Abtragung der Betonwanne, der Verführung des gelagerten Materials sowie daraus ergebe, dass das gelagerte Altöl nicht einer gewinnbringenden Wiederverwertung habe zugeführt werden können. Für die Verhandlung und meritorische Erledigung der Ansprüche auf Zahlung von 9.440 S (Punkt 5), 189.560 S (Punkt 8) und 123.900 S (Punkt 9) fehle es somit an einem Aufforderungsverfahren. Die übrigen vom Kläger geltend gemachten Ersatzbeträge seien nicht durch das die Betonwanne betreffende Vollstreckungsverfahren verursacht worden, sondern hätten ihre Grundlage in den Bescheiden vom 25. 8. 1977 und vom 13. 3. 1978, mit denen Beseitigungsaufträge nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz erteilt worden seien. Diese Schäden beruhten somit nicht auf jenen Bescheiden, aus denen der Kläger seine Amtshaftungsansprüche ableite. Der Kläger habe sich zwar in seiner Klage auch auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs vom 18. 11. 1980, Zahl 1112/78-5, bezogen, mit dem der Bescheid der Bauoberbehörde für Wien vom 13. 3. 1980, MDR-B XXII-25/77, betreffend Beseitigungsauftrag nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufgehoben worden sei. Dieser Bescheid sei jedoch nicht Gegenstand des Aufforderungsverfahrens gewesen. Selbst wenn er in den anspruchsbegründenden Sachverhalt einzubeziehen wäre, wäre das Ersatzbegehren des Klägers nicht berechtigt, weil der Verwaltungsgerichtshof nur im Wege einer nicht unkomplizierten Auslegung des Wiener Ölfeuerungsgesetzes zur Rechtswidrigkeit des bekämpften Bescheids gelangt sei. Die davon abweichende Rechtsansicht der Organe der beklagten Partei beruhe auf einer vertretbaren Gesetzesauslegung.

Der Kläger erhebt gegen die teilweise Zurückweisung der Amtshaftungsklage durch das Berufungsgericht Rekurs und gegen die Sachentscheidung der zweiten Instanz Revision wegen unrichtiger Beweiswürdigung und Tatsachenfeststellung, Mangelhaftigkeit des Verfahrens, Nichtigkeit und unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Rechtliche Beurteilung

Die Rechtsmittel des Klägers sind nicht berechtigt. Gemäß § 8 AHG hat der Geschädigte zunächst den Rechtsträger, gegen den er den Ersatzanspruch geltend machen will, zur Anerkennung dieses Anspruchs schriftlich aufzufordern. Kommt dem Geschädigten binnen drei Monaten nach Einlangen dieser Aufforderung beim Rechtsträger eine Erklärung über sein Begehren nicht zu oder wird der Ersatz innerhalb dieser Frist ganz oder teilweise verweigert, kann er den Ersatzanspruch durch Klage gegen den Rechtsträger geltend machen. Die Aufforderung kann nicht mit einer die Fälligstellung bewirkenden Mahnung, die im allgemeinen auch durch die Klage ersetzt werden kann, verglichen werden (JBI 1960, 611); sie ist vielmehr ein Formalakt, ohne dessen Einhaltung der Rechtsweg unzulässig ist (JBI, 1984, 559; SZ 54/143; JBl, 1977. 270 uva; Loebenstein-Kaniak, Komm z AHG 106). Die Aufforderung eröffnet den Rechtsweg nur für darin geltend gemachte Ansprüche. Wird die Klage auf einen Rechtsgrund gestützt, der nicht schon im Aufforderungsschreiben angeführt wurde, fehlt insoweit die Rechtswegzulässigkeit (EvBl 1965/69). Der Kläger musste deshalb das schadenverursachende Verhalten des Schädigers schon im Aufforderungsschreiben individualisieren. So wie das Tatsachenvorbringen in der Klage der Klagegrund ist (SZ 46/109 ua), der ohne Klagsänderung nicht verwechselt werden darf, kann im Amtshaftungsverfahren nur jenes Tatsachenvorbringen als Klagegrund geltend gemacht werden, das zuvor Gegenstand des Aufforderungsverfahrens war (SZ 54/143 ua). Bei der Beurteilung der Frage, ob der Ersatzanspruch ausreichend individualisiert wurde, darf zwar nicht kleinlich vorgegangen werden (vgl SZ 33/37 ua), doch muss der Rechtsträger durch das Aufforderungsschreiben in die Lage versetzt werden, zunächst im eigenen Bereich die Stichhältigkeit des Anspruches zu prüfen und eine Sichtung der wirklich strittigen Rechtsfälle vorzunehmen (JBI 1984, 559; SZ 51/7; SZ 43/78 ua; AB 515 BlgNR 5. GP bei Loebenstein-Kaniak aaO 166).

Diese Grundsätze gelten auch für die Frage, welche Angaben das Aufforderungsschreiben zur Schadenshöhe enthalten muss. Der Geschädigte muss den behaupteten Schaden nicht nur beziffern, sondern auch klarstellen und mit entsprechender Begründung aufschlüsseln, um welche durch das behauptete schädigende Verhalten eines Organs des Rechtsträgers verursachte Schäden es sich im einzelnen handelt, weil nur so der Zweck des § 8 AHG, die Stichhältigkeit des Anspruchs auch der Höhe nach beurteilen zu können, erreicht werden kann (l Ob 25/80). Der Geschädigte kann sich nicht darauf berufen, dass die Angaben zur Schadenshöhe - rückblickend betrachtet - nicht erforderlich gewesen wären, weil der Rechtsträger ohnehin die Ersatzleistung zur Gänze verweigert habe. Gewiss darf gerade bei der Frage, ob der Ersatzanspruch der Höhe nach ausreichend individualisiert wurde, nicht kleinlich vorgegangen werden, zumal wenn eine genaue Schadensbezifferung im Zeitpunkte der Aufforderung noch nicht möglich ist. Im vorliegenden Fall erklärte aber der Kläger im Aufforderungsschreiben ausdrücklich, dass sich der - global auf

2.5 Mio S geschätzte - Schaden nicht nur aus den Kosten der eigentlichen Abtragung der Wanne und der Verführung des gelagerten Materials, sondern auch daraus zusammensetze, dass die gelagerten Altölmaterialien nicht einer gewinnbringenden Wiederverwertung zugeführt werden konnten. Einen darüber hinausgehenden Verdienstentgang. der infolge Unbenützbarkeit des Lagerplatzes nach Abtragung der Wanne entstanden wären machte der Kläger ebensowenig geltend wie spätere Rücktransportkosten und Kosten für Probebohrungen zum Nachweis, dass keine Umweltverschmutzung eingetreten sei. Der Revisionsrekurswerber behauptet, das (später in ein Leistungsbegehren) umgewandelte Feststellungsbegehren eröffne ihm auch den Rechtsweg für das ergänzend erhobene Leistungsbegehren. Inwieweit die Aufforderung zur Anerkennung eines Feststellungsbegehrens ausgereicht hätte um den Rechtsweg für weiterem diesem Feststellungsbegehren entsprechende Leistungsansprüche ohne neuerliche Aufforderung des Rechtsträgers zu eröffnen kann dahingestellt bleiben, weil der Geschädigte den Rechtsträger jedenfalls auch zur Anerkennung eines zu erhebenden Feststellungsbegehrens aufzufordern hätte (SZ 34/48), was hier nicht geschehen ist. Dem Schreiben des Klägers vom 16. 10. 1980 ist eine solche Aufforderung nicht zu entnehmen. Er strebte zwar ein „Anerkenntnis der Ersatzpflicht dem Grunde nach" an, aber nicht für künftige, sondern für bereits entstandene, aus seinen Geschäftsbüchern nachweisbare Schäden.

Dem Rekurs ist daher ein Erfolg zu versagen.

Der Revisionsgrund der unrichtigen Tatsachenfeststellung und Beweiswürdigung ist dem Gesetz fremd. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nach Prüfung nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO). Vermeintliche, in erster Instanz unterlaufene Nichtigkeitsgründe, die das Berufungsgericht als nicht gegeben erkannt hat, können mit der Revision nicht neuerlich geltend gemacht werden. Dass der Verfassungsgerichtshof der Beschwerde des Klägers B 370/77 mit Beschluss vom 11. 1. 1977 aufschiebende Wirkung zuerkannte, geht aus den beigeschafften Verwaltungsakten hervor und wird der Erledigung der Rechtsrüge zugrundegelegt, die sich jedoch im Ergebnis als nicht berechtigt erweist.

Mit Recht wendet sich der Kläger gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die Entfernung der verschiedenen Altöle und Bitumenbehälter durch den Kläger durch die Bescheide vom 25. 8. 1977, MA 37/22-AS/560/12/77, und vom 13. 1. 1978, MDR-B XXII-25/77, also durch die Beseitigungsaufträge nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz, ausgelöst wurde. Jene Verfahren führten nur bis zur Androhung der Ersatzvornahme (am 27. 9. 1977 und 26. 4. 1978) und kamen schließlich nicht mehr zur Durchführung, weil der Kläger wegen der bereits angeordneten Ersatzvornahme der Abtragung der Lagerwanne (Berufungsbescheid vom 3. 10. 1977, MA 64-1840-77) auch Altöle und Bitumenbehälter entfernen ließ. Der Kläger erwähnte zwar in seiner Klage auch die von der beklagten Partei angeordneten Beseitigungsmaßnahmen nach dem Wiener Ölfeuerungsgesetz, stützte aber seinen Anspruch darauf, dass der Auftrag, die Lagerwanne abzutragen und insbesondere die Versagung einer aufschiebenden Wirkung seiner Rechtsmittel gegen die Abtragungsbescheide rechtswidrig war. Dies geht eindeutig auch aus dem - später in ein Leistungsbegehren umgewandelten (ON 14, 19) - Feststellungsbegehren hervor. Zu prüfen ist, ob die beklagte Partei für die geltend gemachten Schäden haftet, die dem Kläger nach seinen Behauptungen dadurch entstanden, dass er sein Grundstück mangels Aufschiebung der Vollstreckung der Abtragung der Ölwanne bis zur Entscheidung über seinen Antrag auf nachträgliche baubehördliche Bewilligung der Anlage räumte, um diese Zwangsmaßnahmen zu vermeiden. Soweit diese Frage von der Rechtswidrigkeit des Bescheids der Wiener Landesregierung vom 3. 10. 1977, MA 64-1840/77, abhängig ist, ist der erkennende Senat an die Rechtsanschauung des Verwaltungsgerichtshofs gebunden (§ 11 Abs 1 AHG idF BGBl 1952/60). Diese Rechtsansicht geht - im Sinne der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs - dahin, dass zwar während der Anhängigkeit eines Ansuchens um Erteilung der nachträglichen Baubewilligung für ein konsenslos errichtetes Gebäude (Bauwerk) ein unbedingter Auftrag zu dessen Abtragung rechtmäßig ist (VwSlg 7813 A), dieser Auftrag aber erst nach rechtskräftiger Abweisung des Bauansuchens vollstreckt werden darf (VwSlg 7813 A; ebenso Zahl 1634/71 vom 10. 12. 1971 in Egger, Rspr des VwGH 1971 bis 1974, 193; ferner Zahl 1259/75 vom 17. 11. 1975 in Egger aaO 1975 bis 1977, 211). Solange das Bauansuchen nicht rechtskräftig abgewiesen worden ist, ist der Bauwerber vor einer Vollstreckung des Abtragungsauftrags kraft Rechtsanspruchs durch § 10 Abs 2 lit a VVG 1950 geschützt (VwSlg 8402 A). Der Verwaltungsgerichtshof vertrat dazu in dem die Beschwerde des Klägers betreffenden Erkenntnis die Ansicht, dass es nur darauf ankomme, ob das nachträgliche Bauansuchen unerledigt aufrecht sei, nicht aber, ob es „genehmigungsfähig" sei, also Aussichten auf seine positive Erledigung bestünden. Damit steht - für die Auffassung Vrba-Zechners, Komm z Amtshaftungsrecht 163, dass § 1 Abs 1 AHG im Sinne einer „spezifischen Rechtswidrigkeit" verstanden werden müsse, sodass rechtlich unrichtige, aber vertretbare Auffassungen nicht rechtswidrig seien, bietet das Gesetz keinen Anhaltspunkt - zwar fest, dass die Organe der beklagten Partei rechtswidrig vorgingen; zu prüfen ist aber auch, ob sie schuldhaft handelten. Es begründet keineswegs jede objektiv unrichtige Entscheidung einer Behörde Amtshaftung, insbesondere dann nicht, wenn die zur Anwendung kommenden gesetzlichen Bestimmungen nicht vollkommen eindeutig sind. Unklarheiten über die Tragweite ihres Wortlauts enthalten und höchstrichterliche Rechtsprechung als Entscheidungshilfe nicht zur Verfügung steht. Im Amtshaftungsprozess ist nicht wie in einem Rechtsmittelverfahren zu prüfen, ob die in Betracht kommende Entscheidung richtig war, sondern ob sie auf einer bei pflichtgemäßer Überlegung vertretbaren Gesetzesauslegung oder Rechtsanwendung beruht (SZ 53/83; SZ 52/56; EvBl 1977/16; zuletzt 1 Ob 10/84; vgl Loebenstein-Kaniak, aaO 64; WeIser, Öffentlichrechtliches und Privatrechtliches aus Anlass einer Amtshaftungsklage. JBl, 1975, 238 f). Nur ein Abweichen von einer klaren Gesetzeslage oder von der ständigen Rechtsprechung des zuständigen Höchstgerichts, das nicht erkennen lässt, dass es auf einer sorgfältigen und damit auch schriftlich begründeten Überlegung beruht, wird in der Regel als ein Verschulden anzusehen sein (5Z 52/56; 1 Ob 10/84). Die Frage der Aufschiebung einer Vollstreckung ist zwar in besonderen Fällen, zB für den Fall der Erhebung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof (§ 30 Abs 2 VWGG) oder Verfassungsgerichtshof (§ 86 Abs 2 VfGG), unter Normierung der Aufschiebungsvoraussetzungen geregelt. Das Verwaltungsvollstreckungsgesetz enthält hingegen weder für die Einstellung noch für die Aufschiebung der Exekution irgendwelche Regelungen; lediglich § 10 Abs 2 lit a VVG 1950 sieht vor, dass die Unzulässigkeit der Vollstreckung mit Berufung gegen die Vollstreckungsverfügung geltend gemacht werden kann. Diese lückenhafte Regelung kann zu schwierigen Fragen führen (Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Verwaltungsverfahrensgesetzes, 313). Der Hinweis des Revisionswerbers auf die Begründung, mit der der Verfassungsgerichtshof am 11. 11. 1977 dem Antrag des Klägers und seiner Ehegattin, der Beschwerde aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, gemäß § 85 Abs 2 VfGG 1953 Folge gab („weil dem nicht zwingende öffentliche Interessen entgegenstehen und nach Abwägung aller berührten Interessen mit dem Vollzug des angefochtenen Bescheids für die Beschwerdeführer ein unverhältnismäßiger Nachteil verbunden wäre") besagt nichts, weil die Organe der beklagten Partei nicht die Bestimmungen des Verfassungsgerichtshofsgesetzes über die Aufschiebung (wegen Einbringung eines außerordentlichen Rechtsmittels) anzuwenden, sondern die Frage der Unzulässigkeit der Vollstreckung gemäß § 10 Abs 2 lit a VVG wegen eines anhängigen Verfahrens auf nachträgliche Erteilung der Baubewilligung zu beurteilen hatten. Über die dazu bestehende einschlägige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs setzte sich die Berufungsbehörde der beklagten Partei bei der Erlassung des Bescheids aber keineswegs unbegründet hinweg, sondern vertrat in Auseinandersetzung mit dieser Judikatur die Ansicht, dass in den bisher entschiedenen Fällen immer von der zumindest theoretischen Möglichkeit der Sanierung der Bauordnungswidrigkeit ausgegangen worden sei. Diese Möglichkeit sah die Berufungsbehörde im Falle des Klägers wegen der zwingenden Bestimmung des § 6 Abs 3 BO nicht als gegeben an. Die Rechtsfrage, ob auch dann, wenn die Erteilung einer Baubewilligung wegen eines bestehenden Bebauungsplans unter keinen Umständen erteilt werden dürfe, ein Abtragungsauftrag während der Anhängigkeit eines Verfahrens um Erteilung einer nachträglichen Baubewilligung nicht vollstreckt werden dürfe, war bis dahin vom Verwaltungsgerichtshof noch nicht entschieden und wurde von der Berufungsbehörde in vertretbarer Weise gelöst. Das Abgehen von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs im besonderen Fall des Klägers beruhte auf einer sorgfältigen und auch schriftlich begründeten Überlegung.

Darauf, dass Organe der beklagten Partei ein Verschulden treffe, weil sie die ordnungsgemäße Kundmachung des Flächenwidmungsplans nicht geprüft haben, kann der Kläger die Amtshaftungsklage nicht stützen, weil er diesen Rechtsgrund im Aufforderungsschreiben nicht geltend gemacht hat.

Der Revision ist daher ein Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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