Normen
ABGB §1325
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333
AHG §1
ABGB §1325
Allgemeines Sozialversicherungsgesetz §333
AHG §1
Spruch:
Dem zeitverpflichteten Soldaten steht gegen den Bund ein Schadenersatzanspruch wegen einer im Dienst erlittenen Körperbeschädigung nur unter den Voraussetzungen des § 333 ASVG. zu.
Entscheidung vom 22. März 1961, 1 Ob 142, 143/61.
I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.
Text
Der Kläger war im Zeitpunkt des behaupteten Unfalles zeitverpflichteter Soldat. Er behauptet, am 1. April 1959 während seines Dienstes durch Verschulden des Lenkers eines auf einer Dienstfahrt befindlichen Heereskraftfahrzeuges schwer verletzt worden zu sein. Der Kläger begehrt ein Schmerzengeld von 85.000 S und die Feststellung, daß die beklagte Republik Österreich verpflichtet sei, ihm künftige aus dem Unfall entstehende Schäden zu ersetzen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren zur Gänze ab.
Das Berufungsgericht hob das Verfahren hinsichtlich des Ausspruches über das Feststellungsbegehren und den Ausspruch selbst als nichtig auf und wies die Klage in diesem Umfang zurück; im übrigen bestätigte es das Ersturteil. Es führte im wesentlichen aus:
Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens liege Unzulässigkeit des Rechtsweges vor, weil eine Aufforderung gemäß § 8 AmtshaftungsG., den Feststellungsanspruch anzuerkennen, nicht ergangen sei. Im übrigen sei das Klagebegehren sachlich nicht begrundet.
§ 10 WehrG. bestimme, daß Soldaten, die über die im § 28 Abs. 4 WehrG. genannte Zeit Präsenzdienst leisten, auf Grund freiwilliger Meldung auf Zeit verpflichtet werden können. Die Höchstdauer der Zeitverpflichtung betrage neun Jahre. § 45e GÜG. bestimme in seinem Abs. 1, daß die zeitverpflichteten Soldaten in einem zeitlich beschränkten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis stehen und keine Anwartschaft auf einen Ruhe-(Versorgungs-)Genuß haben. Tatsächlich sei auch das Dienstverhältnis der zeitverpflichteten Soldaten nicht nur in den Vorschriften der §§ 45e ff. GÜG., sondern auch in den §§ 75 ff. GehaltsG. 1956 geregelt. Die Ansicht des Klägers, daß sein Rechtsverhältnis den Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes unterliege, treffe nicht zu. Dieses Gesetz regle nur die Rechtsverhältnisse jener Personen, welche auf Grund der Wehrpflicht Präsenzdienst leisten müssen, nicht aber jener, die sich freiwillig zu einer weiteren Dienstleistung verpflichten.
Die Bestimmung des § 333 ASVG. finde auf das Dienstverhältnis zeitverpflichteter Soldaten Anwendung. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 a ASVG. seien von der Vollversicherung Dienstnehmer hinsichtlich einer Beschäftigung in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund ausgenommen. Der Kläger sei ein solcher Dienstnehmer. Punkt aa) dieser Bestimmung schaffe jedoch eine Ausnahme von dieser Ausnahme und besage, daß nur jene Dienstnehmer in einem öffentlichrechtlichen Dienstverhältnisse zum Bund von der Vollversicherung nach dem ASVG. ausgenommen seien, denen aus ihrem Dienstverhältnis die Anwartschaft auf Ruhe- und Versorgungsgenüsse, die den Leistungen der betreffenden Unfall- und Pensionsversicherung gleichwertig sind, zustehen. Eine solche Anwartschaft gebühre dem Kläger gemäß § 45e Abs. 1 GÜG. nicht. Demnach sei der Kläger zur Zeit des Unfalls als zeitverpflichteter Soldat der Vollversicherung nach dem ASVG. unterlegen. Es sei auch gerichtsbekannt, daß derartige Soldaten bei der örtlich zuständigen Gebietskrankenkasse zur Sozialversicherung angemeldet seien. Somit gelte für einen solchen auch die in § 333 ASVG. bestimmte Haftungsbeschränkung. Da eine vorsätzliche Verursachung des gegenständlichen Arbeitsunfalls nicht behauptet worden sei und eine Teilnahme des Verletzten am allgemeinen Verkehr (§ 333 Abs. 3. ASVG.) unstreitig nicht in Betracht komme, bestehe kein Anspruch auf Schmerzengeld.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs und der Revision des Klägers nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
I. Rekurs:
Der Oberste Gerichtshof pflichtet der Ansicht des Berufungsgerichtes bei, daß die Bestimmung des § 8 AmtshaftungsG. auch für Feststellungsansprüche zu gelten habe. Der Zweck der Bestimmung ist, eine Sichtung der wirklich strittigen Rechtsfälle zu ermöglichen (Bericht und Antrag des Ausschusses für Verwaltungsreform zum AmtshaftungsG., Loebenstein - Kaniak, Kommentar zum Amtshaftungsgesetz, S. 162). Dieser Zweck trifft bei Feststellungsbegehren ebenso zu wie bei Leistungsbegehren. Es ist ohne weiteres denkbar, daß durch eine außergerichtliche Anerkennung des Gründes des Anspruches der Rechtsstreit hierüber vermieden werden kann. Unter dem Begriff des Ersatzanspruches im Sinne der in Rede stehenden Bestimmung ist nicht nur ein ziffernmäßiges Begehren zu verstehen. Denn die Feststellungsklage dient dazu, mit Rechtskraftwirkung den Grund des Anspruches festzustellen. Sie dient daher der Klärung und Sicherung künftig entstehender Schäden.
II. Revision:
Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung 1 Ob 177/60 die Rechtsansicht ausgesprochen, daß für zeitverpflichtete Soldaten die Bestimmungen des ASVG. gelten, da sie als Dienstnehmer anzusehen sind. Diese Ansicht wird auch vom Schrifttum (Gehrmann - Rudolph - Teschner, ASVG., V A 9, S. 103 f.) vertreten. Die Revisionsausführungen sind nicht geeignet, diese Rechtsansicht zu widerlegen.
Vor allem wird, um Wiederholungen zu vermeiden, auf die zutreffenden Ausführungen des angefochtenen Urteils verwiesen, welchen im Hinblick auf die Revisionsausführungen folgendes hinzuzufügen ist:
Der Kläger behauptet, § 333 ASVG. komme bei Amtshaftungsansprüchen nicht zur Anwendung, weil in diesen Fällen nicht ein bürgerliches" Verschulden des Dienstgebers, sondern ein Verschulden der Republik Österreich als Hoheitsträgers vorliege.
Diese Unterscheidung ist nicht haltbar. § 1 AmtshaftungsG. verweist selbst auf die Normen des bürgerlichen Rechts. Damit wird zum Ausdruck gebracht, daß Amtshaftungsfälle grundsätzlich den allgemeinen Schadenstatbeständen des bürgerlichen Rechts gleichgestellt sind.
Ferner meint der Kläger, das Verhältnis des Staates zu den Wehrmachtsangehörigen könne, auch wenn es sich um zeitverpflichtete Soldaten handle, nicht einem Dienstverhältnis gleichgehalten werden. Diese Ansicht steht mit der Gesetzeslage im Widerspruch, wonach diese Gleichstellung ausdrücklich angeordnet ist. Es erübrigen sich daher Erwägungen in der Richtung, ob diese Gleichstellung sachlich begrundet ist.
Nach § 4 Abs. 2 ASVG. ist Dienstnehmer im Sinne dieses Gesetzes, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt ist. Es kommt also nicht darauf an, ob das Rechtsverhältnis ein privatrechtliches oder ein öffentlichrechtliches ist. Ferner wird in § 5 Abs. 1 Z. 3 a ASVG. bestimmt, daß das Gesetz unter gewissen Voraussetzungen auf öffentlichrechtliche Dienstverhältnisse Anwendung zu finden hat. Diese Voraussetzungen sind, wie das Berufungsgericht zutreffend ausführte, hier gegeben. Verfehlt ist der Hinweis auf die Stellung der Präsenzdienstpflichtigen, weil für diese eine andere gesetzliche Regelung getroffen wurde (1 Ob 177/60).
Beiden Rechtsmitteln mußte daher ein Erfolg versagt bleiben.
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