OGH 1Ob680/80

OGH1Ob680/803.12.1980

SZ 53/164

Normen

HGB §377
HGB §377

 

Spruch:

Auch nach Genehmigung der Ware durch den Zwischenhändler durch Unterlassung der Mängelrüge nach § 377 HGB bestehen weiterwirkende Vertragspflichten jedenfalls insoweit, als darüber, ob die vom Zwischenhändler bereits weiterveräußerte Ware mängelfrei war, bei Rückfrage wegen eines vom Letztverbraucher erhobenen Gewährleistungsanspruches nicht bewußt unrichtige Behauptungen aufgestellt werden dürfen

OGH 3. Dezember 1980, 1 Ob 680/80 (KG Wels R 684/79; BG Frankenmarkt 2 C 253/78)

Text

Die klagende Partei ist Rechtsschutzversicherer der Firma Regina V, einer Handelsagentur in G. Im Oktober 1976 bestellte Helmut L für den Neubau seines Hauses bei der Firma Regina V Fenster und Türen aus Mahagoni- Meranti in unterschiedlichen Größen. Die Firma Regina V leitete diese Bestellung an den Beklagten weiter. Der Beklagte teilte der Firma Regina V telefonisch mit, daß der Werklohn wegen der besonderen Ausführungsart zu niedrig angesetzt sei. Er erhielt von der Firma Regina V die Zusage, er könne höhere als in der Bestellung vorgesehene Preise verrechnen. Der Beklagte lieferte die Türen und Fenster am 17. Jänner 1977 an Helmut L. Dieser nahm sie aber nicht an, weil die Fenster entgegen der Bestellung nicht naturbelassen, sondern imprägniert waren. Der Firma Regina V wurde von Helmut L zur Verbesserung eine Nachfrist bis zum 20. Feber 1977 gesetzt. Bei der zweiten in Gegenwart des Beklagten und der Regina V ausgeführten Auslieferung an Helmut L wollte dieser die Lieferung erneut nicht annehmen, da die Fenster nach wie vor imprägniert waren; auch hatte er Zweifel, ob die gelieferte Ware zur Gänze aus Mahagoniholz sei. Ein Tischler der Firma Regina V durchschnitt aber mit der Behauptung, das gleiche Holz sei zur Herstellung der Fenster verwendet worden, ein Holzstück, wodurch sich Helmut L überzeugen ließ, daß Mahagoniholz verwendet worden war. Wegen der vereinbarungswidrigen Imprägnierung der Fenster einigten sich Helmut L und die Firma Regina V dahin, daß Helmut L ein Rechnungsnachlaß von 1000 S gewährt wurde, er aber den ordnungsgemäßen Erhalt der Fenster auf einem Lieferschein bestätigte. In der Folge holte Helmut L über die Qualität der gelieferten Türen und Fenster von einem allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen ein Gutachten ein, in dem festgestellt wurde, daß es sich um Mahagonifenster in sehr unterschiedlicher Farbe handle und die Art des verwendeten Mahagoniholzes nicht mehr einwandfrei feststellbar sei; auf keinen Fall handle es sich aber um ein Meranti-Mahagoniholz, sondern um ein viel weicheres. Überhaupt seien gemischte Mahagonihölzer verwendet worden, sodaß der von der Firma Regina V verlangte zusätzliche Aufpreis von 15% für Meranti-Mahagoni unbegrundet und unberechtigt sei. Die Qualität der Fenster entspräche einer Naturqualität. Es sei sehr viel gekittet worden. So fehlten bei einem Fensterflügel Holzsplitter bis zu 7 cm Länge. Einige Fenster paßten überhaupt nicht zusammen. Es müsse daher von einer unsach- und unfachgemäßen Arbeit gesprochen werden, sodaß eine Wertminderung von mindestens 20% des Rechnungsbetrages ohne Berücksichtung des Abzuges für das verwendete billige Mahagoniholz angemessen sei. Helmut L der den Rechnungsbetrag von 72 833.14 S bereits an die Firma Regina V überwiesen hatte, brachte daraufhin gegen diese zu 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels eine Klage auf Bezahlung von 30 516.70 S samt Anhang ein. Nach Erhalt der Klage übermittelte die Firma Regina V an den Beklagten eine Kopie der Klage und des von Helmut L eingeholten Privatgutachtens. Der Beklagte gab der Firma Regina V die Zusicherung, daß die von ihm angefertigten Fenster von einwandfreier Qualität und auch aus Mahagoni seien. Dem Beklagten war bewußt, dem Auftrag der Firma Regina V und der Bestellung des Helmut L zuwidergehandelt zu haben. Auf Grund der Zusicherung des Beklagten ließ sich die Firma Regina V in den Prozeß gegen Helmut L ein. Der in diesem Verfahren beigezogene Sachverständige bestätigte aber im wesentlichen die Richtigkeit des von Helmut L eingeholten Privatgutachtens. Die Firma Regina V übermittelte an den Beklagten auch eine Gleichschrift dieses Gutachtens und verkundete ihm am 14. Juni 1978 den Streit. Der Beklagte trat aber dem Verfahren 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels nicht als Nebenintervenient bei. In der Tagsatzung zur mündlichen Streitverhandlung vom 22. Juni 1978 schlossen die Firma Regina V und Helmut L einen Vergleich, mit dem sich die Firma Regina V verpflichtete, an Helmut L einen Betrag von 21 000 S und an Prozeßkosten 12 599.80 S zu bezahlen. Vom Kapitalbetrag entfielen 6 180 S als Preis für zurückgenommene Fenster, die nicht der Bestellung entsprachen. Der Restbetrag von 14 820 S entfällt auf den ungerechtfertigten Aufpreis für "Mahagoniqualität" und eine Preisminderung wegen der minderen Holz- und Verarbeitungsqualität durch den Beklagten. Die klagende Partei als Rechtsschutzversicherer der Firma Regina V bezahlte an Helmut L den verglichenen Prozeßkostenbeitrag von 12 599.80 S; sie trug auch die Prozeßkosten der Firma Regina V im Verfahren 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels. Hätte der Beklagte das bestellte Werk auftrags- und ordnungsgemäß ausgeführt, hätten alle Ansprüche, die Helmut L unter Berufung auf Gewährleistung geltend machte, abgewiesen werden müssen. Die von der klagenden Partei getragenen Vertretungskosten der Firma Regina V im Verfahren zu 3 Cg 300/77 betrugen 14 867.28 S. Unter Berufung auf § 67 VVG und Art. 9 der Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung begehrt die klagende Partei den Zuspruch eines Betrages von 21 520.16 S samt Anhang. Der im Verfahren 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels verglichene und an Helmut L bezahlte Kostenbeitrag von 12 599.80 S sei auf Basis des Vergleichsbetrages errechnet worden. Helmut L hätte dem Gründe nach Anspruch auf vollen Kostenersatz gehabt, da der Höhe nach seine Forderung von der Ausmittlung durch Sachverständige abhängig gewesen sei. Die Firma Regina V wäre im Verfahren 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels zu 4/5 nur deshalb sachfällig geworden, weil der Beklagte entgegen der Bestellung der Fenster und Türen in minderer Qualität und schlechter Verarbeitung erzeugt und geliefert hätte. Bei der Auslieferung im Feber 1977 sei der Beklagte anwesend gewesen; er habe sowohl der Firma Regina V als auch Helmut L bestätigt, die Ware sei einwandfrei und entspreche der Bestellung. Eine Bemängelung des Werkes durch die Firma Regina V sei nach Erkennbarkeit der Mängel nach Erhalt der Klage und des Privatgutachtens zu 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels und neuerlich nach Erhalt des Gutachtens im selben Verfahren erfolgt. Nur auf Grund der Zusagen des Beklagten, daß die gelieferten Waren in Ordnung seien und die behaupteten Mängel nicht vorlägen, habe sich die Firma Regina V in den Prozeß vor dem Kreisgericht Wels eingelassen. Der Mangel der minderen Holzqualität sei vom Beklagten auch arglistig verschwiegen worden. Dem Beklagten hätte klar sein müssen, daß die verwendete Mahagoniart zur Herstellung von Fenstern und Türen ungeeignet gewesen sei. Die Klage wurde auch auf den Rechtsgrund des Schadenersatzes gestützt.

Der Beklagte wendete ein, Fenster und Türen seien ordnungsgemäß hergestellt und von der Firma Regina V am 17. Jänner 1977 übernommen worden. Eine Bemängelung sei nicht erfolgt.

Das Erstgericht, das unbestritten annahm, daß die Firma Regina V Brancheninsider ist und die offenkundigen Mängel leicht erkennen konnte, gab dem Klagebegehren statt. Gewährleistungsansprüche stunden der Firma Regina V und damit der klagenden Partei, auf die die Rechte der Firma Regina V gemäß § 67 VVG übergegangen seien, schon deshalb nicht zu, weil die Lieferung am 19. Feber 1977 erfolgte und die Firma Regina V selbst nach Erhalt der Klage zu 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels nur eine Information des Beklagten darüber eingeholt habe, ob tatsächlich Mängel vorhanden seien. Die Klage sei jedoch aus dem Rechtsgrund des Schadenersatzes berechtigt. Durch die mangelhafte und auftragswidrige Anfertigung der Waren sei der Firma Regina V ein Schaden in der Höhe des Klagsbetrages entstanden. Der Beklagte habe, was sich auch aus dem übrigen Beweisverfahren ergäbe, bei seiner Parteienvernehmung angegeben, ihm sei bewußt gewesen, dem Auftrag der Firma Regina V und der Bestellung des Helmut L zuwiderzuhandeln. Er habe demnach bewußt mindere Arbeit angefertigt und auch später nichts unternommen, um den eingetretenen Schaden zu verringern bzw. die Firma Regina V gegen Helmut L zu unterstützen, als er durch Streitverkundung zum Beitritt als Nebenintervenient aufgefordert worden sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Beklagten Folge und änderte das Urteil des Erstgerichtes im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens ab. Dem Erstgericht sei dahin zu folgen, daß der klagenden Partei Gewährleistungsansprüche nicht zustunden. Solche seien von der Bestimmung des § 67 VVG auch gar nicht umfaßt. Sie wären gemäß § 933 Abs. 1 ABGB auch verfristet. Der Frage, ob die Firma Regina V die Mängel unverzüglich gerügt habe, käme daher keine Bedeutung zu. Es stunden der klagenden Partei aber auch nicht gemäß § 67 VVG auf sie übergegangene Schadenersatzforderungen zu. Zwischen Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüchen bestehe keine Konkurrenz. Die Bestimmung des § 932 Abs. 1 ABGB meine mit dem verschuldeten Schaden nicht den Nachteil, den der Erwerber schon durch das Vorhandensein des Mangels an sich erleide, sondern bloß darüber hinausgehende Nachteile, die sogenannten Begleit- oder Folgeschäden. Selbst wenn man Prozeßkosten eines Gewährleistungsprozesses als Begleit- oder Folgeschäden betrachte, hätte die Firma Regina V von sich aus die erforderlichen Vorkehrungen zu treffen gehabt, um den schließlich eingetretenen Schaden zu vermeiden. Es wäre leicht möglich gewesen, sogleich die Qualität der vom Beklagten hergestellten Fenster zu überprüfen. Sie habe zumindest im Zeitpunkt der Klagseinbringung gewußt, daß die Ware von einem gerichtlich beeideten Sachverständigen untersucht worden sei. Wenn sie sich lediglich auf Grund der Zusicherung des Beklagten in den Prozeß einließ, habe sie eine sie selbst treffende Sorgfaltspflicht wesentlich verletzt. Da sie somit bei Erfüllung der sie treffenden Sorgfaltspflichten die bestehenden Mängel hätte erkennen müssen, hätte sie bei Anerkennung der sie gegenüber Helmut L treffenden Gewährleistungspflicht das Verfahren zu 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels und damit auch die sie treffende Kostenersatzpflicht vermeiden können. Die mangelnde Unterstützung durch den Beklagten in diesem Verfahren sei daher nicht mehr als kausal für den eingetretenen Schaden anzusehen. Dieser sei allein der Firma Regina V zuzuordnen.

Der Revision der klagenden Partei gab der Oberste Gerichtshof teilweise Folge und änderte das Urteil des Berufungsgerichtes dahin ab, daß er den Beklagten schuldig erkannte, der klagenden Partei den Betrag von 10 760.08 S samt Anhang zu bezahlen, und das Mehrbegehren auf Zahlung weiterer 10 760.08 S samt Anhang abwies.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit in der Revision ausgeführt wird, der Firma Regina V stunden gegen den Beklagten Gewährleistungsansprüche zu, ist ihr zu erwidern, daß Kosten eines vorangegegangenen Gewährleistungsprozesses, den der Letztverbraucher erfolgreich gegen den Zwischenhändler anstrengte, nicht unter dem Titel der Gewährleistung gegen den Unternehmer, der das Werk herstellte, geltend gemacht werden können, da es sich hiebei weder um die Aufhebung des Vertrages noch um einen Anspruch auf Preisminderung handelt. Ein Anspruch kann sich nur aus einer positiven Vertragsverletzung ergeben und somit ein Schadenersatzbegehren für einen Begleit- oder Mängelfolgeschaden sein (vgl. SZ 2/35; Koziol - Welser[5] I 223 f.; Ehrenzweig[2] II/1, 225 f.; Gschnitzer in Klang[2] IV/1, 546). Nur ein solcher Anspruch fällt auch unter § 67

VVG.

Sofern die Schadenersatzverpflichtung des Beklagten aus der Lieferung mangelhafter Ware abgeleitet wird, steht dem allerdings die Vorschrift des § 377 HGB entgegen.

Sowohl die Firma Regina V, eine Handelsagentur, als auch der Beklagte betreiben ein Grundhandelsgewerbe. Anders als Bauunternehmer, die sich verpflichten, ein Bauwerk, somit eine unbewegliche Sache, herzustellen, liefern Bauhandwerker wie Bautischler bewegliche Sachen, somit Waren, die allenfalls zum Einbau in eine unbewegliche Sache bestimmt sein mögen (Schlegelberger - Hildebrandt - Steckhan[5] I, 22; Brüggemann in Großkommentar HGB[3] I, 124, 144). Gemäß § 381 Abs. 2 HGB ist die Vorschrift des § 377 HGB auch auf Werklieferungsverträge anwendbar. Der Beklagte wendete ausdrücklich ein, eine Bemängelung der Ware durch die Firma Regina V sei nicht erfolgt. Tatsächlich untersuchte die Firma Regina V die Ware nach deren Ablieferung durch den Beklagten weder auf Mängel noch auf Übereinstimmung mit der Bestellung, sie lieferte sie vielmehr im Beisein des Beklagten an Helmut L aus. Ein Bediensteter der Firma Regina V versicherte Helmut L sogar, daß die Holzqualität mit der bestellten übereinstimme. Daß der Mangel bei sachgemäßer Überprüfung leicht erkennbar gewesen wäre, wurde vom Erstgericht festgestellt. Gibt der Besteller eines Werklieferungsvertrages die gelieferte Ware ohne fachgerechte Untersuchung an seinen Vertragspartner weiter und ist die dispositive (SZ 33/146) Pflicht zur unverzüglichen Mängelrüge vertraglich nicht ausgeschlossen worden, so kann sich der Besteller nicht mit einer Verspätung der Mängelrüge seines Abnehmers rechtfertigen (SZ 26/187). Die Unterlassung der Mängelrüge fingiert die Genehmigung der gelieferten Ware. Diese Genehmigung tritt ohne Rücksicht auf den Parteiwillen in Kraft (Brüggemann in Großkommentar HGB[3] IV, 404) und bedeutet nicht nur den Verlust von Gewährleistungsansprüchen, sondern aller aus dem Mangel der Ware abgeleiteten Rechte (Brüggemann a.a.O., 406), insbesondere also auch von Schadenersatzansprüchen (SZ 50/93; SZ 43/53; EvBl. 1967/305; JBl. 1959, 455; EvBl. 1957/43; Hämmerle, Handelsrecht[2] III, 70), die sich auf die Verletzung des Vertrages und die Beschaffenheit der Ware grunden. Dem Beklagten kann eine Berufung auf die Vorschrift des § 377 HGB auch nicht etwa deshalb verwehrt werden, weil er die Mängel arglistig verschwiegen hätte. Arglistig im Sinne des § 377 Abs. 5 HGB handelt der Werklieferant dann, wenn er verpflichtet ist, den Mangel dem Käufer mitzuteilen; der Werklieferant muß also eine ihm gegenüber dem Käufer obliegende Aufklärungspflicht verletzen. Ob dies zutrifft, ist danach zu beurteilen, ob und in welchem Umfange er nach Treu und Glauben oder nach den bestehenden Handelsbräuchen zur Aufklärung verpflichtet war. Sind diese Voraussetzungen nicht gegeben, liegt Arglist nicht etwa schon deshalb vor, wenn der Hersteller des Werkes dieses in Kenntnis seines Mangels auslieferte (SZ 47/41; SZ 41/174; EvBl. 1967/239; 6 Ob 562/78). Nach den Verfahrensergebnissen war die verwendete Mahagoniholzart nicht zur Herstellung von Fenstern und Türen völlig ungeeignet (Helmut L machte auch nur Preisminderung geltend); auch verletzte der Beklagte keine konkrete Aufklärungspflicht. Die Lieferung der Ware in Kenntnis des Mangels reicht aber zur Annahme der Arglist nicht aus.

Entgegen den Ausführungen in der Revision hat der Beklagte der Firma Regina V auch nicht ausdrücklich garantiert, die von ihm angefertigten Fenster seien von einwandfreier Qualität und aus Mahagoni. Unter einem Garantievertrag versteht man einen Vertrag, durch den sich jemand einem anderen gegenüber (beschränkt oder unbeschränkt) verpflichtet, für den Erfolg eines Unternehmens einzustehen oder für den Schaden, der durch ein Unternehmen entsteht, aufzukommen; der Garantievertrag ist ein einseitig verbindlicher Vertrag und verpflichtet nur den Gewährsübernehmer, der im Zweifel für den ganzen Ausfall oder Schaden einzutreten hat (SZ 50/93; JBl. 1978, 36; Koziol - Welser[5], 221; Ohmeyer - Klang in Klang[2] VI, 203). Der echte Garantievertrag bewirkt die Begründung einer selbständigen Schuld, welche von der Verbindlichtkeit des ursprünglichen Schuldverhältnisses unabhängig ist (SZ 50/93; SZ 47/138). Von diesem echten Garantievertrag zu unterscheiden ist die besonders in Kaufverträgen häufig vorkommende sogenannte Garantiezusage (der unechte Garantievertrag), worunter bloße Gewährleistungsabreden verstanden werden, die Teile des Hauptvertrages sind; der Verkäufer sichert damit dem Käufer bestimmte Eigenschaften der Kaufsache zu und wird dadurch verpflichtet, für alle Folgen ihres Fehlens einzustehen, auch wenn ihn kein Verschulden trifft; es handelt sich jedoch um eine gewöhnliche Zusicherung vertragsgemäßer Leistung, für die das Recht des Hauptvertrages gilt, den sie ausgestaltet (SZ 50/93; SZ 47/138; Koziol - Welser a.a.O.). Darin wird gewöhnlich nicht mehr als die ausdrückliche Übernahme der an sich wirksamen Gewährleistungspflichten oder deren Erweiterung oder Verlängerung erblickt (Ohmeyer - Klang a.a.O.). Die Rügepflicht des § 377 HGB wird durch eine derartige Zusicherung (unechter Garantievertrag) nicht beseitigt (SZ 50/93; SZ 47/138; Ratz in Großkomm. HGB[3] III, 334; Schlegelberger - Hefermehl[4], 2090). Die Firma Regina V hat nun aber nach Erhalt der Klage im Verfahren 3 Cg 300/77 des Kreisgerichtes Wels mit dem Beklagten nur Verbindung aufgenommen, der der Firma Regina V die Zusicherung gab, daß die von ihm angefertigten Fenster von einwandfreier Qualität und auch aus Mahagoniholz seien. Das Erstgericht bezeichnete diesen Vorgang selbst als Informationseinholung. Daraus folgt, daß die Firma Regina V vom Beklagten zwar eine Wissenserklärung einholen wollte, an diesen aber gar nicht das Verlangen stellte, eine Willenserklärung in der Richtung des Abschlusses eines echten Garantievertrages abzugeben.

Der Beklagte verletzte aber eine ihn aus dem ursprünglichen Werklieferungsvertrag treffende nachwirkende Pflicht. Aus einem zweiseitig verbindlichen Vertrag ergeben sich nämlich auch ohne besondere Vereinbarungen Nebenpflichten (Schutz- und Sorgfaltspflichten) etwa auf Mitteilung oder Belehrung. Auch die Erfüllung und Durchführung von Verträgen hat nach der Übung des redlichen Verkehrs nach Treu und Glauben zu erfolgen. Die Anforderungen von Treu und Glauben, die über die Pflicht zur Wahrung der guten Sitten hinausgehen, sind vor allem jenen gegenüber zu beachten, zu denen man in konkreten Rechtsbeziehungen steht (EvBl. 1979/3; EvBl. 1976/224; SZ 49/37; Gschnitzer, Schuldrecht. Allgemeiner Teil, 31). Auch wenn mit der Verschaffung der gemäß § 377 HGB, als mängelfrei genehmigten Ware das Umsatzgeschäft finalisiert ist, können gleichwohl auch über diesen Zeitpunkt hinaus aus dem Gebot redlicher und verkehrsüblicher Vertragserfüllung noch Rechtspflichten bestehen (vgl. Staudinger - Köhler[12], Anm. 55 zu § 433 BGB).

Die Frage ob unter diesen Umständen Mitteilungs- und Aufklärungspflichten bestehen, ist auf Grund ergänzender Vertragsauslegung der redlichen Verkehrsausübung, aber auch nach den deutlich hervorgetretenen individuellen Interessen der Parteien zu beurteilen (2 Ob 530/77; Bydlinski in Klang[2] IV/2, 322, 324). Eine solche vertragliche Mitteilungspflicht ist nach redlicher Verkehrssitte insbesondere dann zu bejahen, wenn der Letztverbraucher gegen den Zwischenhändler, der gemäß § 377 HGB, die Lieferung des Erzeugers genehmigte, Gewährleistungsansprüche gerichtlich geltend macht und der beklagte Zwischenhändler vom Erzeuger Information über die Qualität der Ware einholt. Sie ist ihm gerade dann, wenn ihn durch die nach § 377 HGB erfolgte Genehmigung der Ware Gewährleistungs- und Schadenersatzansprüche aus der Lieferung der Ware nicht mehr treffen können, auch zumutbar. Es ist für ihn auch leicht zu erkennen, daß sein früherer Vertragspartner im Vertrauen auf seine Mitteilungen Dispositionen - Anerkennung der behaupteten Ansprüche oder Bestreitung derselben - vorzunehmen beabsichtigt (JBl. 1979, 201). Unter diesen Umständen mag er noch berechtigt sein, Auskünfte zu verweigern, auf keinen Fall darf er aber wahrheitswidrige positive Erklärungen abgeben und den Vertragspartner im Vertreten eines ihm nachteiligen Standpunktes bestärken. Gerade dies hat der Beklagte getan. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichtes war dieses schuldhafte Verhalten des Beklagten auch kausal für den in der Rechtssphäre der Firma Regina V eingetretenen Vermögensschädigung. Die Firma Regina V ließ sich nämlich auf Grund der Zusicherung des Beklagten in den Prozeß gegen Helmut L ein. Es lag trotz des Fachwissens der Firma Regina V kein Handeln auf deren eigene Gefahr vor. Von einem solchen kann nur dann gesprochen werden, wenn dem Gefährder keine Schutzpflichten gegenüber jenen obliegen, die die Gefahr kannten oder erkennen konnten (Koziol, Österreichisches Haftpflichtrecht I, 74 f.). Das Verhalten der Firma Regina V kann nur gemäß § 1304 ABGB zu einer Einschränkung der Haftung des Beklagten führen.

Wesentlicher Prozeßstandpunkt des Beklagten war die (zutreffende) Behauptung, die Firma Regina V habe die Ware gemäß § 377 HGB genehmigt, sodaß ihn an sich keine Gewährleistungs- und Schadenersatzpflichten treffen konnten. Darin lag aber auch die Behauptung der alleinigen Verantwortlichkeit der Firma Regina V und der alleinigen Zuordnung des eingetretenen Schadens in deren Vermögenssphäre. Der Beklagte übersah dabei zwar, daß auch nach der Genehmigung der Ware gemäß § 377 HGB durch Verletzung der ihn weiter treffenden Treuepflichten Schadenersatzansprüche entstehen konnten, die durch die schon vorher erfolgte Genehmigung nicht ausgeschlossen wurden. Sein Prozeßstandpunkt ist aber der Behauptung des Alleinverschuldens des Geschädigten am eingetretenen Schaden gleichzuhalten. In der Behauptung des Alleinverschuldens liegt aber als minus auch der Einwand eines Mitverschuldens des Geschädigten (JBl. 1978, 377; Arb. 9252; JBl. 1967, 320). Ein solches in der Sorglosigkeit gegenüber den eigenen Gütern liegende Mitverschulden ist der Firma Regina V anzulasten. Sie unterließ trotz der Rüge des Helmut L weiterhin jegliche Überprüfung der gelieferten Ware und nahm nicht einmal deren offenkundige Fehler wahr, sondern ließ sich ungeachtet des zutreffenden Privatgutachtens eines allgemein beeideten gerichtlichen Sachverständigen nur auf die bloße Zusicherung des Beklagten in den Gewährleistungsprozeß ein. Wägt man diese grob fahrlässige Vorgangsweise mit dem Verhalten des Beklagten ab, der über Anfrage der Firma Regina V eine bewußt falsche Information über die Qualität der von ihm gelieferten Ware erteilte und dadurch nachwirkende Vertragspflichten verletzte, gelangt man zum Ergebnis, daß keines der Verschuldensmomente überwiegt. Während nämlich der Beklagte nur mehr vertragliche Nebenpflichten verletzte, mißachtete die Firma Regina V die insbesondere bei Unterlassung der Mängelrüge primär ihr obliegende selbständige Prüfungspflicht, ob sie sich in den Gewährleistungsprozeß einlassen soll. Der Beklagte haftet daher nur für die Hälfte des der Höhe nach unbestrittenen Schadens.

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