OGH 3Ob459/53

OGH3Ob459/538.7.1953

SZ 26/187

Normen

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §932
HGB §377
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §932
HGB §377

 

Spruch:

Die Verspätung der Mängelrüge seines Abnehmers muß der Käufer gegen sich gelten lassen, auch wenn er diese Mängelrüge sogleich an den Verkäufer weitergegeben hat.

Die Mängelrüge muß die Art der Mängel enthalten.

Entscheidung vom 8. Juli 1953, 3 Ob 459/53.

I. Instanz: Landesgericht Klagenfurt; II. Instanz: Oberlandesgericht Graz.

Text

Die klagende Partei begehrt Zahlung des Kaufrestes für geliefertes Schnittholz in der Höhe des eingeklagten Betrages; die beklagte Partei macht einredeweise Gewährleistungsmängel des gelieferten Schnittholzes und wegen dieser Mängel den Anspruch auf Preisminderung in der Höhe des eingeklagten Betrages geltend.

Das Erstgericht hat die beklagte Partei zur Zahlung des eingeklagten Betrages samt 8% Zinsen seit 26. April 1951 verurteilt.

Auf die Berufung der beklagten Partei bestätigte das Berufungsgericht das Urteil der ersten Instanz mit der Maßgabe, daß es den Zinsenzuspruch von 8 auf 5% ermäßigte.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach den unangreifbaren Feststellungen ist die Ware am 28. März 1951 am Ablieferungsort B. eingetroffen. Am 30. März 1951 hat die beklagte Partei Kenntnis von der Beanstandung der Lieferung durch die Firma P. erlangt. Die beklagte Partei hat aber erst am 28. April 1951 oder anfangs Mai gegenüber dem Kläger eine Erklärung abgegeben, die als Mängelrüge angesehen werden kann. Die Annahme der Vorinstanzen, daß eine Mängelrüge, die nach einem Monat abgegeben wird, nicht als unverzüglich im Sinne des § 377 HGB. gelten könne, ist frei von Rechtsirrtum. Die vom Beklagten der Tochter des Klägers gegenüber am 4. April 1951 gemachte Bemerkung kann nicht als eine Mängelrüge im Sinne des § 377 HGB. gewertet werden, weil aus einer Mängelrüge im Sinne dieser Gesetzesstelle hervorgehen muß, welche Mängel bei der gelieferten Ware aufgetreten sind. Die Meinung der beklagten Partei. daß die Verpflichtung zur unverzüglichen Untersuchung der Ware und zur unverzüglichen Mängelanzeige durch das Fristengesetz eine Änderung erfahren habe, muß abgelehnt werden. Zunächst handelt es sich bei dem Erfordernis zur unverzüglichen Mängelrüge ebenso wie etwa bei dem im § 862 ABGB. vorgesehenen Erfordernis, daß eine Offerte sogleich angenommen werden muß, überhaupt nicht um Fristen im Sinne des Fristengesetzes. Zu dem kommt, daß das Fristengesetz nur für die gerichtliche Geltendmachung von Rechten in Betracht kommt, nicht aber für Erklärungen, die dem Vertragspartner gegenüber abzugeben sind. Es hat übrigens der Oberste Gerichtshof schon in der Entscheidung 2 Ob 897/52 ausgesprochen, daß durch das Fristengesetz die Verpflichtung zur ehesten Erstattung einer Mängelrüge nicht berührt wird.

Die Auffassung der beklagten Partei, daß durch den Verkauf des gelieferten Holzes an die Firma P. die Verpflichtung zur unverzüglichen Mängelanzeige hinausgeschoben worden sei, ist irrig.

Versendet der Käufer die Ware weiter, ehe er sie selbst untersuchte, so muß er die Mängelanzeige doch ebenso schnell machen, wie wenn er sie an seiner Handelsniederlassung untersucht hätte; eine Verspätung der Mängelanzeige seines Abnehmers muß daher der Käufer gegen sich gelten lassen, auch wenn er selbst dessen Anzeige unverzüglich weitergibt. Im vorliegenden Fall hat aber der Beklagte die Mängelanzeige seines Abnehmers verspätet weitergegeben.

Soweit die Rechtsrüge der beklagten Partei darauf gestützt wird, daß der Kläger nicht das von Dario B. übernommene und bezeichnete Holz zur Verladung gebracht habe und daß der Kläger daher aus diesem Gründe hafte, wird die Revision nicht gesetzmäßig ausgeführt. Denn sie weicht insoweit von den Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, die vom Berufungsgericht in vollem Umfang als unbedenklich übernommen wurden, ab.

Die Rechtsansicht der Vorinstanzen, daß Sch. Erfüllungsort war, ist völlig einwandfrei. Die daran von den Vorinstanzen geknüpfte Folgerung, daß von Sch. an nach Verladung des Holzes und Übergabe des Transportes an die Bahn der Käufer die Gefahr zu tragen hatte, kann in Anbetracht des Art. 8 Nr. 20 der vierten Verordnung zur Einführung handelsrechtlicher Vorschriften, der die Vorschrift des § 447 BGB. für den Bereich des österreichischen Handelsrechtes übernommen hat, nicht

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