OGH 4Ob415/79

OGH4Ob415/794.3.1980

SZ 53/35

Normen

ABGB §879
UWG §1
UWG §14
UrhG §15
ZPO §405
ABGB §879
UWG §1
UWG §14
UrhG §15
ZPO §405

 

Spruch:

Die unmittelbare Aneignung eines fremden, nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Arbeitsergebnisses - hier: durch fotomechanische Vervielfältigung von Teilen eines fremden Druckerzeugnisses - ist insbesondere dann sittenwidrig, wenn auf diese Weise ein fremdes, unter entsprechendem Kostenaufwand hergestelltes Erzeugnis zum Gegenstand des eigenen Angebotes gemacht und damit der Konkurrent ganz oder teilweise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird

OGH 4. März 1980, 4 Ob 415/79 (OLG Wien 3 R 145/79; KG Wiener Neustadt 1 Cg 814/79)

Text

Die beklagte Verlegerin veröffentlicht seit 1975 in Form einer Loseblattausgabe die 2. Auflage von "F - S, Das österreichische Lebensmittelrecht."

Am 30. November 1978 stellte die klagende Verlegerin fest, daß die Seiten E/1 bis E/30 der im Herbst 1978 erschienen 2. Ergänzungslieferung dieses Werkes ein nach Inhalt, Schrift und Satz völlig identischer Nachdruck der Blätter 2 bis 16 der 1. Lieferung ihres eigenen, seit 1954 erscheinenden Verlagswerks "Österreichisches Lebensmittelbuch" (Codex Alimentarius Austriacus), III. Auflage, sind. Die Beklagte hat diesen Nachdruck ohne Wissen und ohne Einwilligung der Klägerin unter Verwendung des zuletzt genannten Werkes als Vorlage auf fotomechanischem Weg hergestellt.

Zur Sicherung ihres Anspruches auf Unterlassung der Herstellung, der Veröffentlichung und des Verkaufes der von der Beklagten herausgegebenen Loseblattausgabe "F - S Das österreichische Lebensmittelrecht, 2. Auflage ab 1975" 2. Ergänzungslieferung, Blätter E/1 bis E/30, und auf Beseitigung dieser Blätter begehrt die Klägerin, der Beklagten mit einstweiliger Verfügung zu untersagen, derartige Exemplare weiter zu gebrauchen und in Verkehr und Handel zu bringen, und ihr aufzutragen, die vorhandenen Exemplare zu beseitigen. Sie habe den Satz der kopierten Blätter mit erheblichen Kosten nach eigenem typographischem Layout hergestellt und dabei eine Schrifttype verwendet, die nur wenige österreichische Druckereien im Bleisatz einsetzten. Durch den beanstandeten Nachdruck habe die Beklagte in wettbewerbswidriger Weise die für das Druckwerk der Klägerin aufgewendete Arbeit und die hiefür erforderlichen Kosten für ihre eigenen Zwecke ausgenützt; sie habe sich dabei erhebliche Kosten erspart, auf diese Weise beim Verkauf ihrer Ausgabe einen rechtswidrigen Zeit- und Kostenvorteil und damit auch einen Wettbewerbsvorteil erlangt und so der Klägerin einen nicht abschätzbaren Schaden beim Verkauf ihrer eigenen Lieferung zugefügt. Im übrigen werde der gesamte Kundenkreis der Klägerin über den tatsächlichen Hersteller von Satz und Schrift getäuscht.

Demgegenüber behauptet die Beklagte, daß der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch - falls er überhaupt bestanden haben sollte - durch einen außergerichtlichen Vergleich untergegangen sei.

Das Erstgericht erließ die einstweilige Verfügung und nahm dabei folgenden Sachverhalt als bescheinigt an:

Die Klägerin richtete am 27. November 1978 nachstehendes Schreiben an die Beklagte:

"Die in Ihrer 2. Ergänzungs-Lieferung zur Loseblattausgabe "F - S:

Das österr. Lebensmittelrecht" enthaltenen Seiten E/1 bis E/30 stellen einen photomechanischen Nachdruck aus unserem Verlagswerk "Österr. Lebensmittelbuch", III. Aufl. 1. Lieferung dar. Damit haben Sie sich unsere technische Arbeit und unseren Kapitaleinsatz bei der Herstellung des Druckwerkes, dessen Text nicht urheberrechtlich geschützt erscheint, in unlauterer Weise zu Nutzen gemacht. Der Hauptverband des österr. Buchhandels, dem wir den Vorfall zur Prüfung vorgelegt haben, teilt diese Ansicht. Im Einvernehmen mit Herrn F wollen wir vorerst weitere Schritte unterlassen und uns darauf beschränken, Ihnen die Satzherstellung zum Tagespreis unserer Druckerei anzulasten. Sollte die Bezahlung der beigefügten Rechnung über 10 280 S plus 18% MwSt nicht sofort nach Empfang dieses Schreibens erfolgen, müßten wir eine entsprechende Klage einbringen."

Diesem Schreiben, welchem eine Rechnung über "Maschinsatz- und Urabruchkosten sowie Reindruck" für die von der Beklagten nachgedruckten Seiten im Betrag von 12 130.40 S angeschlossen war, waren im Laufe des November 1978 zwei Telefongespräche zwischen dem Geschäftsführer der Klägerin Dr. Richard H und dem für die Beklagten handelnden Erich F vorausgegangen. Beim ersten dieser Gespräche hatte der Geschäftsführer der Klägerin dem Vertreter der Beklagten Vorhalte wegen des unbefugten Nachdrucks gemacht; im Lauf des zweiten Telefongespräches bot Erich F, welcher in der Zwischenzeit mit dem Inhaber der Beklagten gesprochen hatte, der Klägerin für den Fall eines künftigen Nachdrucks die Zahlung der mit der Satzherstellung verbundenen Kosten an.

Auf das Schreiben der Beklagten vom 27. November 1978 antwortete Erich F am 1. Dezember 1979 wie folgt:

"Lieber RichardÜ

Als Ergebnis unseres Telefonates betreffend die Vervielfältigung von Seiten des ÖLMB durch den P-Verlag habe ich für mich festgehalten, daß künftig eine Regelung derart erfolgen sollte, daß der P-Verlag für die Vervielfältigung von Seiten aus dem ÖLMB eine Vergütung in der Höhe der dem P-Verlag ohnehin entstehenden Satzkosten an Dich bezahlt, da es dem P-Verlag gleichgültig ist, wer den Satz herstellt und wem er dafür bezahlt. Allerdings habe ich erwartet, daß die Höhe dieser Satzkosten nach einer Besprechung vereinbart wird. Zu meiner Überraschung hast Du dem P-Verlag sofort eine Rechnung über die Satzkosten für 33 Seiten in der Höhe von über 10 000 S übersendet und Dich auf eine Besprechung mit mir berufen, was den Eindruck erweckt, als hätte ich mit Dir vereinbart, daß Du dem P-Verlag die Satzkosten zum Tagespreis Deines Unternehmens in Rechnung stellen sollst. Dazu kommt noch, daß darin bei nicht sofortiger Zahlung gerichtliche Schritte in Aussicht gestellt werden, die ich durch mein Einschreiten im Hinblick auf unsere Freundschaft zu vermeiden bemüht war. Nach eingeholter Erkündigung sind die verrechneten Satzkosten erheblich überhöht und wären lediglich mit 5000 S zu veranschlagen. Letztlich ist noch darauf zu verweisen, daß der Satz vor mehreren Jahren hergestellt wurde und eine Kostenverzeichnung nach dem Tagespreis nicht der Sachlage entspricht. Da ich aber das Einvernehmen zwischen Dir und dem P-Verlag hergestellt habe und in Deinem Schreiben für den Fall der Nichtzahlung sofort mit Klage gedroht wird, habe ich mich dem P-Verlag gegenüber bereit erklärt, aus meinem Autorenhonorarguthaben die von Dir verlangten Satzkosten an Dich zu bezahlen. Dies umsomehr, als ich angenommen habe, daß die vereinbarte Regelung, die ich seinerzeit an Dr. P weitergeleitet habe, erst für künftige Fälle gelten soll. Dazu wird es aber künftig nicht mehr kommen, weil die Verrechnung Deiner Satzkosten um 50% überhöht ist. Ich bitte Dich, die Angelegenheit noch einmal kurz zu überdenken und mir oder dem P-Verlag mitzuteilen, welcher Betrag von Dir für die Satzherstellung verlangt wird. Ich werde dann - ohne daß gerichtliche Schritte notwendig sein werden - die Überweisung des Rechnungsbetrages an Dich veranlassen und das wird dann unser letzter Kontakt gewesen sein."

Nachdem die Klägerin am 11. Jänner 1979 die Zahlung des Betrages von 12 130.40 S urgiert und für den Fall der Nichtzahlung bis 18. Jänner 1979 mit der Klage gedroht hatte, überreichte sie am 23. März 1979 die vorliegende Klage.

Rechtlich meinte das Erstgericht, daß der von der Beklagten behauptete Verzicht der Klägerin auf die Einbringung der Klage nicht erwiesen sei. Die eidesstättigen Erklärungen des Dr. Richard H und des Erich F stunden miteinander im Widerspruch; auch der Inhalt der übrigen Urkunden spreche gegen die Annahme eines solchen Verzichtes, insbesondere das Schreiben vom 1. Dezember 1978, aus welchem sich keinerlei Hinweise auf eine außergerichtliche Bereinigung der Rechtssache ergäben. Die Klägerin habe den Wettbewerbsverstoß der Beklagten und damit ihren Unterlassungsanspruch bescheinigt; da auch Wiederholungsgefahr vorliege, sei die einstweilige Verfügung zu erlassen gewesen.

Infolge Rekurses der Beklagten wies das Rekursgericht den Sicherungsantrag ab. Die Auffassung der ersten Instanz, daß die Klägerin auf die Einbringung einer Wettbewerbsklage nicht verzichtet habe, könne in dem hier entscheidenden Punkt nicht geteilt werden:

Das Schreiben vom 27. November 1978 zeige, daß die Klägerin schon vor der Abfassung dieses Schreibens mit Erich F - dessen Rechtsstellung im Verhältnis zur Beklagten hier nicht weiter untersucht werden müsse - das darin festgehaltene Einvernehmen erzielt habe. Aus den eidesstättigen Erklärungen des Dr. Richard H und des Erich F gehe übereinstimmend hervor, daß beide Teile bemüht waren, die Angelegenheit gütlich und ohne Inanspruchnahme des Gerichtes zu bereinigen. So habe insbesondere der Geschäftsführer der Klägerin ausdrücklich bestätigt, daß er dem Vorschlag der Gegenseite, die Beklagte wolle der Klägerin den Satz "abkaufen", grundsätzlich zugestimmt habe; nur die Höhe des von der Beklagten zu leistenden Entschädigungsbetrages sei von dieser Einigung ausgenommen geblieben. Das im Schreiben vom 27. November 1978 gebrauchte Wort "vorerst" könne nicht dahin verstanden werden, daß sich die Klägerin damit weitere Schritte, insbesondere auch einen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach dem UWG, vorbehalten oder die Abstandnahme von solchen Maßnahmen von der Zahlung des geforderten Betrages abhängig gemacht hätte; mit dem angeführten Wort sei nur zum Ausdruck gebracht worden, daß sich die Klägerin bei dem ersten Vorfall dieser Art, den sich die Beklagte ihrer Meinung nach habe zuschulden kommen lassen, mit der - von der Beklagten bereits zugestandenen - Forderung auf Zahlung der Satzkosten begnügen wolle. Für eine solche Auslegung spreche auch die im selben Schreiben enthaltene Drohung mit einer "entsprechenden" Klage, womit nur die Geltendmachung des Rechnungsbetrages habe gemeint sein können. Demgegenüber habe die Klägerin weder vom Beklagten verlangt, daß er eine außergerichtliche Unterlassungserklärung abgebe und sich verpflichte, die schon vorhandenen Exemplare der beanstandeten Lieferung aus dem Verkehr zu ziehen und zu beseitigen, noch auf eine allenfalls beabsichtigte Klageführung in dieser Richtung aufmerksam gemacht. Das decke sich auch mit dem Inhalt des zweiten Telefongespräches zwischen Dr. Richard H und Erich F, in welchem Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche der Klägerin gleichfalls nicht zur Sprache gekommen seien. Die Klägerin sei daher nur berechtigt, ihren - von der Beklagten dem Gründe nach anerkannten - Entschädigungsanspruch auf dem Rechtsweg durchzusetzen; auf einen allfälligen Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch nach dem UWG habe sie hingegen durch die Erklärung, sich "vorerst" auf die Geltendmachung der Kosten der Satzherstellung beschränken zu wollen, für den konkreten Fall schlüssig (§ 863 ABGB) verzichtet.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge und stellte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes mit der Maßgabe wieder her, daß der Beklagten a) verboten wurde, die Seiten E/1 bis E/30 der 2. Ergänzungslieferung zur Loseblattausgabe "F - S,

Das österreichische Lebensmittelrecht", 2. Auflage, weiterhin in den Verkehr zu bringen; b) aufgetragen wurde, die noch vorhandenen Exemplare dieser Seiten, soweit der Beklagten die Verfügung darüber zusteht, aus dem Verkehr zu ziehen.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Bei der Beurteilung der Frage eines schlüssigen Rechtsverzichtes ist immer besondere Vorsicht geboten. Ein solcher Verzicht darf nur dann angenommen werden, wenn besondere Umstände darauf hinweisen, daß er ernstlich gewollt ist, der Verpflichtete also unter Bedachtnahme auf die im redlichen Verkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche und unter Überlegung aller Umstände den zweifelsfreien Schluß (§ 863 ABGB) auf den Verzichtswillen des Berechtigten ziehen durfte (SZ 43/123; SZ 44/86; SZ 44/106; SZ 47/104; JBl. 1976, 98; EvBl. 1977/124 u. v. a.). Im konkreten Fall waren diese Voraussetzungen - entgegen der Meinung des angefochtenen Beschlusses - nicht gegeben:

Unbestritten ist, daß der Geschäftsführer der Klägerin Dr. Richard H, bei seinem zweiten Telefongespräch mit Erich F im November 1978 dem Vorschlag der Beklagten, der Klägerin den Satz "abzukaufen" - also ihr die dafür aufgewendeten Herstellungskosten zu ersetzen -, grundsätzlich zugestimmt hat. Daß in dieser Erklärung allein aber noch kein stillschweigender Verzicht der Klägerin auf allfällige Unterlassungs- und Beseitigungsansprüche nach dem UWG erblickt werden kann, folgt schon daraus, daß ja die Höhe des vom Beklagten zu leistenden Schadenersatzbetrages noch vollkommen offen geblieben war, von der Klägerin aber gewiß nicht ohne weiteres erwartet werden konnte, daß sie die ihr vom Gesetz zur Verfügung gestellten Druckmittel gegen die Beklagte noch vor einer endgültigen Einigung auch über diese Frage - und wohl auch nicht vor tatsächlicher Zahlung der Entschädigungssumme - aus der Hand geben würde. Auch das Rekursgericht hat daher seine Annahme eines schlüssigen Anspruchsverzichtes der Klägerin nicht allein aus dieser telefonisch zustande gekommenen grundsätzlichen Einigung der Parteien, sondern primär aus dem Inhalt des Schreibens vom 27. November 1978 abgeleitet, in welchem die Klägerin seiner Ansicht nach für den konkreten Anlaßfall ("vorerst") ernstlich und endgültig auf alle über den vereinbarten Ersatz der Druckkosten hinausgehenden Ansprüche verzichtet und damit lediglich die Androhung einer "entsprechenden", also auf Zahlung des in Rechnung gestellten Entschädigungsbetrages gerichteten, Klage verbunden habe. Dieser Auslegung des Schreibens vom 27. November 1978 kann der erkennende Senat nicht folgen: Die Erklärung der Klägerin, "vorerst" weitere Schritte unterlassen und sich darauf beschränken zu wollen, der Beklagten "die Satzherstellung zum Tagespreis ihrer Druckerei anzulasten", läßt bei unbefangener Betrachtung nicht mehr als die Bereitschaft der Klägerin erkennen, sich im Sinne der vorangegangenen telefonischen Aussprache grundsätzlich mit einer solchen Vergütung der Druckkosten zufrieden zu geben und deshalb zunächst ("vorerst") von weiteren, insbesondere gerichtlichen, Schritten abzusehen, daß die Klägerin damit keinesfalls vorbehaltlos und endgültig, sondern nur bedingt, nämlich bei sofortiger Zahlung des Rechnungsbetrages von 10 280 S, auf die Anwendung der ihr nach dem Gesetz, insbesondere nach dem UWG, gegenüber der Beklagten zustehenden Mittel verzichten wollte, ergibt sich zweifelsfrei aus dem nächsten Satz des Schreibens, in welchem sie für den Fall, daß der angeführte Betrag nicht sofort nach dem Empfang dieses Schreibens gezahlt werden sollte, die Einbringung einer "entsprechenden Klage" ankundigt. Die Auffassung des angefochtenen Beschlusses, daß sich diese Klagedrohung nur auf die Geltendmachung des Druckkostenersatzes bezogen haben könne, findet in dieser Formulierung keine Stütze; gerade durch den allgemeinen, nicht näher konkretisierten Hinweis auf die "entsprechende" Klage hat sich die Klägerin für den Fall der Nichterfüllung der von ihr gesetzten Bedingung alle rechtlichen Möglichkeiten - also insbesondere auch die Klage auf Unterlassung und Beseitigung nach dem UWG - vorbehalten. Daß die Klägerin im Schreiben vom 27. November 1978 von der Beklagten weder eine außergerichtliche Unterlassungs- und Beseitigungsverpflichtung verlangt noch ausdrücklich auf die beabsichtigte Klageführung nach dem UWG aufmerksam gemacht hat, spricht entgegen der Meinung des angefochtenen Beschlusses ebensowenig für einen vorbehaltlosen Verzicht der Klägerin auf eine solche Prozeßführung wie der Umstand, daß in den vorangegangenen Telefongesprächen zwischen ihrem Geschäftsführer und Erich F kein einziges Mal von einer Klage die Rede gewesen war. Soweit das Rekursgericht aber in diesem Zusammenhang die Auffassung vertritt, daß der begehrte Entschädigungsbetrag für die Beklagte nichts anderes als die "Honorierung der ihr zugute gekommenen Leistung der Klagerln gewesen sei, weshalb es auch nicht einzusehen wäre, warum sie die Verwertung dieser Leistung, die sie somit entgeltlich übernommen hatte, unterlassen sollte, ist ihm aber zu erwidern, daß der Wortlaut des Schreibens vom 27. November 1978 eine vorbehalt- und bedingungslose Beschränkung der Klägerin auf den von ihr verlangten Entschädigungsbetrag keinesfalls zweifelsfrei erkennen läßt.

Geht man aber davon aus, daß die Klägerin gegenüber der Beklagten nur bedingt, nämlich für den Fall der sofortigen Begleichung der ihrem Schreiben vom 17. November 1978 beigeschlossenen Rechnung, auf eine Klageführung nach dem UWG verzichtet hat, die Beklagte aber unstreitig diese Bedingung der Klägerin nicht erfüllt hat, dann hängt die Entscheidung über den vorliegenden Sicherungsantrag nur noch davon ab, ob das beanstandete Verhalten der Beklagten tatsächlich gegen § 1 UWG verstoßen hat. Diese Frage ist nach Ansicht des OGH zu bejahen:

Auch die Beklagte kann nicht in Abrede stellen, daß sie die beanstandeten 30 Seiten der 2. Ergänzungslieferung ihrer Loseblattausgabe "F - S. Das österreichische Lebensmittelrecht" ohne Wissen und Erlaubnis der Klägerin durch fotomechanische Vervielfältigung der entsprechenden Blätter des im Verlag der Klägerin erscheinenden Werkes "Österreichisches Lebensmittelbuch" hergestellt hat. Eine solche unmittelbare Aneignung eines fremden, nicht unter Sonderrechtsschutz stehenden Arbeitsergebnisses verstößt aber nicht nur dann gegen § 1 UWG, wenn besondere Umstände vorliegen, die auch das (sklavische) Nachahmen eines fremden Vorbildes im Einzelfall unlauter machen würden; sie muß auch dann als wettbewerbswidrig bezeichnet werden, wenn im Wege einer unmittelbaren Leistungsübernahme ein fremdes, unter entsprechendem Kostenaufwand hergestelltes Erzeugnis zum Gegenstand des eigenen Angebotes gemacht und damit der Konkurrent ganz oder zumindest teilweise um die Früchte seiner Arbeit gebracht wird. Wer ohne jede eigene Leistung, ohne eigenen ins Gewicht fallenden Schaffensvorgang das ungeschützte Arbeitsergebnis eines anderen ganz oder doch in erheblichen Teilen glatt übernimmt, um so dem Geschädigten mit dessen eigener mühevoller und kostspieliger Leistung Konkurrenz zu machen, macht sich in jedem Fall einer schmarotzerischen Ausbeutung fremder Leistung schuldig und verstößt damit gegen die guten Sitten im Sinne des § 1 UWG (Baumbach - Hefermehl, Wettbewerbsrecht[12], 684 § 1 dUWG Anm. 434, 687 Anm. 439).

Diese Voraussetzungen liegen hier vor: Durch die fotomechanische Vervielfältigung von 30 Seiten des Verlagswerks der Klägerin hat sich die Beklagte die nicht unerheblichen Kosten für die Herstellung eines eigenen Drucksatzes erspart und mit diesem Kalkulationsvorsprung jedenfalls auch einen entsprechenden Wettbewerbsvorteil gegenüber der Klägerin erlangt. Daß die kopierten Seiten, wie die Beklagte mehrfach behauptet hat, von der Klägerin möglicherweise schon im Jahr 1954 gesetzt worden sind, kann daran schon deshalb nichts ändern, weil bei der Beurteilung der Schädigungseignung einer solchen unmittelbaren Leistungsübernahme nicht auf den Zeitpunkt der Herstellung des übernommenen Arbeitsergebnisses, sondern primär auf die Aktualität des Wettbewerbs hinsichtlich des betreffenden Werkes abzustellen ist (vgl. dazu BGHZ 51, 41); daß aber die Klägerin ihr seit 1954 erscheinendes Verlagswerk auch heute noch auf den Markt bringt und damit gegenüber der beanstandeten Loseblattausgabe als Konkurrentin der Beklagten auftritt, ist im Provisorialverfahren unbestritten geblieben. Soweit die Beklagte den von ihr kopierten Seiten des "Österreichischen Lebensmittelbuches" jeden Informationswert abspricht und ihnen lediglich historisches Interesse zubilligt, ist ihr zu erwidern, daß dieses "historische Interesse" anscheinend doch so stark sein muß, daß auch sie selbst sich zur Aufnahme dieser "veralteten" Entscheidungen in ihre eigene Loseblattausgabe veranlaßt gesehen hat.

Da sohin ein Wettbewerbsverstoß der Beklagten bescheinigt ist, war dem Revisionsrekurs der Klägerin Folge zu geben und in Abänderung des angefochtenen Beschlusses die einstweilige Verfügung der ersten Instanz wiederherzustellen. Dabei war einerseits das vom Erstgericht ausgesprochene provisorische Unterlassungsgebot im Sinne des Vorbringens im Sicherungsantrag dahin zu präzisieren, daß der Beklagten untersagt wird, die beanstandeten Seiten in den Verkehr zu bringen; anderseits mußte das ganz allgemein auf ein Gebot des "Beseitigens" der vorhandenen Exemplare gerichtete Beseitigungsgebot (§ 15 UWG) im Sinne eines Auftrages, diese Exemplare aus dem Verkehr zu ziehen, konkretisiert werden (s. dazu ÖBl. 1976, 24).

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