OGH 5Ob681/76

OGH5Ob681/762.11.1976

SZ 49/126

Normen

EO §156 Abs2
JN §1
EO §156 Abs2
JN §1

 

Spruch:

Gegen den Willen des Verpflichteten kann der Ersteher nur auf dem in § 156 Abs. 2 EO vorgezeichneten Weg in den Besitz der Liegenschaft kommen; einer Räumungsklage steht die Unzulässigkeit des Rechtsweges entgegen

OGH 2. November 1976, 5 Ob 681/76 (LG Salzburg 32 R 435/75; BG Hallein C 194/75 )

Text

Die Kläger begehrten mit der am 14. Mai 1975 eingebrachten Klage die Räumung der im ersten Stock des Hauses H-B-Straße 5, gelegenen Wohnung. Sie seien Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ X, auf der sich dieses Wohnhaus befinde. Die Beklagte habe keinerlei Rechtstitel zur Benützung dieser Wohnung und sei einer Räumungsaufforderung bisher nicht nachgekommen.

Die beklagte Partei wendete demgegenüber ein, daß die Kläger, wiewohl noch bücherliche Eigentümer der Liegenschaft, diese an eine Firma G verkauft hätten. Mit dieser Firma habe die beklagte Partei ein Mietverhältnis bzw. Benützungsverhältnis bezüglich der klagsgegenständlichen Räumlichkeiten. Die klagenden Parteien seien daher zur Erhebung des Klagebegehrens aktiv nicht legitimiert.

Im erstinstanzlichen Verfahren wurde bei der Tagsatzung am 9. Juni 1975 der beigeschaffte Buchstandsbericht betreffend die EZ X verlesen, aus dem hervorgeht, daß die Kläger ihre je Hälftemiteigentumsanteile durch Zuschlag im Verfahren E 4001/74 des Bezirksgerichtes Hallein erworben haben.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Seinen Feststellungen zufolge war die Beklagte Alleineigentümerin der Liegenschaft EZ X bis zu dem im Jahre 1974 zu E 4001/74 des Bezirksgerichtes Hallein erfolgten Zuschlag dieser Liegenschaft an die Kläger, die seither bücherliche Hälfteeigentümer dieser Liegenschaft sind. Die beklagte Partei benützt seither und auch gegenwärtig die klagsgegenständlichen Räumlichkeiten "ohne Rechtstitel". Das Erstgericht beurteilte diesen Sachverhalt dahin, daß die Kläger als bücherliche Eigentümer dieser Liegenschaft zur Geltendmachung des auf dem § 366 ABGB beruhenden Räumungsanspruches legitimiert seien, weil nach § 431 ABGB zur Übertragung des Eigentums an unbeweglichen Sachen die bücherliche Einverleibung erforderlich sei. Soweit die beklagte Partei ein Benützungsrecht von einem Dritten, der noch nicht bücherlicher Eigentümer geworden und demnach nicht zur Verfügung über die Liegenschaft berechtigt sei, ableite, sei dies rechtlich unerheblich.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil mit dem Ausspruch, daß der Wert des Streitgegenstandes 50 000 S übersteige. Es befand die Beweiswürdigung des Erstgerichtes für unbedenklich, soweit dieses zum Ergebnis gelangt sei, daß die Beklagte die klagsgegenständlichen Räume seit dem Erwerb der Liegenschaft durch die Kläger durch Zuschlag im Zwangsversteigerungsverfahren titellos benütze, und billigte auch die rechtliche Beurteilung über die weiterhin gegebene aktive Legitimation der Kläger zur Räumungsklage.

Aus Anlaß der Revision der Beklagten hob der Oberste Gerichtshof die Urteile der Untergerichte und das vorangegangene Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der sachlichen Erledigung der an sich zulässigen Revision steht die amtswegige Wahrnehmung des Nichtigkeitsgrundes nach § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO entgegen. Nach dem bereits im erstinstanzlichen Verfahren, insbesondere durch Verlesung des Buchstandsberichtes, hervorgekommenen und sohin auch beiden Parteien bekannten Sachverhalt haben die Kläger die Liegenschaft mit der streitgegenständlichen Wohnung durch Zuschlag im Rahmen einer gerichtlichen Versteigerung erworben. Gemäß § 156 Abs. 2 EO ist die Übergabe der Liegenschaft nach den Bestimmungen des § 349 EO zu vollziehen. Der Ersteher kann nur auf diese Weise gegen den Willen des Verpflichteten in den Besitz der Liegenschaft gelangen. Einer Klage steht die Unzulässigkeit des Rechtsweges, das heißt der Geltendmachung in einem Verfahren nach den Bestimmungen der Zivilprozeßordnung, entgegen (vgl. SZ 8/252 = ZBl. 1926/328; RZ 1936, 22; Heller - Berger - Stix, Komm. z. EO II, 1254). Es liegt auch beim Eingriff des Streitrichters in den Bereich des Exekutionsverfahrens der Nichtigkeitsgrund nach § 477 Abs. 1 Z. 6 ZPO vor (vgl. JBl. 1961, 287; Fasching IV, 135). Der Nichtigkeitsgrund ist auch noch im Revisionsverfahren von Amts wegen wahrzunehmen.

Die Untergerichte haben wohl bei Fällung ihrer Sachentscheidung die Zulässigkeit des Rechtsweges offenbar vorausgesetzt. Von einer Bindungswirkung kann in diesem Zusammenhang aber keine Rede sein, weil sich die Untergerichte mit der Frage der Zulässigkeit des Rechtsweges überhaupt nicht ausdrücklich befaßt haben (vgl. JBl. 1965, 469; Arb. 8901; EvBl. 1976/81). Die Wahrnehmung des vorliegenden Nichtigkeitsgrundes hat sohin zur Aufhebung der untergerichtlichen

Urteile, zur Nichtigerklärung des vorangegangenen Verfahrens und zur Zurückweisung der Klage zu führen (vgl. Fasching IV, 111).

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