OGH 5Ob29/75

OGH5Ob29/7517.6.1975

SZ 48/68

 

 

Spruch:

Widerruf der vom Ehemann seiner Frau während des aufrechten Bestehens der ehelichen Lebensgemeinschaft gemachten Schenkungen wegen fortgesetzten Ehebruches der Frau; Begriff des "groben Undanks" im Sinne des § 948 ABGB

 

OGH 17. Juni 1975, 5 Ob 29, 100/75 (OLG Wien 6 a R 172/74; LGZ Wien 40 a Cg 291/72)

 

Begründung:

Der Kläger (geboren 1919) und die Beklagte (geboren 1938) sind seit 1962 verheiratet. Da ihrer Ehe keine Kinder entsprossen, adoptierten die Streitteile den Knaben Alexander (geboren 1967) und das Mädchen Christina (geboren 1969). Im Dezember 1970 verließ die Beklagte den Kläger und lebt seither von ihm getrennt. Im März 1971 erhob die Beklagte gegen den Kläger beim Landesgericht für ZRS Wien Klage auf Ehescheidung (20 Cg 111/71), die sie jedoch am 13. Jänner 1971 wieder zurückzog. Am 21. Jänner 1972 brachte die Beklagte ein von Roland W gezeugtes Kind zur Welt. Zu 19 Cg 111/73 ist beim Landesgericht für ZRS Wien vom Kläger ein Ehescheidungsverfahren eingeleitet worden, das noch anhängig ist.

Noch zur Zeit des Bestandes der Lebensgemeinschaft der Eheleute hat der Kläger der Beklagten aus seinem Besitz stammende Schmuckstücke geschenkt, und zwar eine ovale Brosche aus Gold und Platin mit Brillanten, einen Clip aus Weißgold mit Brillanten, ein Kastellarmband aus Gold und Platin mit 53 Brillanten, eine Armbanduhr mit Brillanten, eine goldene Tasche, einen goldenen Kamm, eine goldene Dose, einen Ring, Streif in Platin mit Brillanten, eine arabische Dose aus Gold mit Email, 136.5 gr, und eine Garnitur Trachtenschmuck, bestehend aus einem Kreuz und Ohrgehängen aus Granat; er hat ihr ferner mit Notariatsakt vom 1. August 1969 in Form eines Schenkungsvertrages die Hälfte der ihm gehörigen Liegenschaft EZ 145 des Grundbuches über die Katastralgemeinde G, Haus in G, S-Straße 16, bestehend aus den Parzellen 243 Bauareal und 102 Garten, übereignet.

Mit Brief seines Vertreters vom 22. Juli 1971 erklärte der Kläger gegenüber der Beklagten, alle Schenkungen, die er ihr während der Ehe gemacht hat, wegen groben Undanks zu widerrufen. Als groben Undank der Beklagten beurteilte der Kläger in diesem Brief ihre ehewidrigen Beziehungen zu Roland W, das böswillige Verlassen des gemeinsamen Haushaltes, die Entwendung von ausschließlich dem Kläger gehörigen Gegenständen aus dem Haus in G und die offensichtlich nur in Kränkungsabsicht in der Scheidungsklage aufgestellten unrichtigen Behauptungen über ihn.

Mit der am 18. Dezember 1972 überreichten Klage begehrte der Kläger, die Beklagte zur Herausgabe der oben angeführten Schmuckstücke und zur Einwilligung in die Einverleibung seines Eigentumsrechtes ob der ihr gehörigen Hälfte der Liegenschaft EZ 145 des Grundbuches über die Katastralgemeinde G sowie in die Löschung des zu ihren Gunsten ob der bisher ihm, dem Kläger, gehörigen Hälfte an dieser Liegenschaft einverleibten wechselseitigen Belastungs- und Veräußerungsverbotes zu verurteilen. Zur Begründung dieses Begehrens berief er sich im wesentlichen auf die bereits in dem Brief seines Vertreters vom 22. Juli 1971 angeführten Umstände, die sich als grober Undank der Beklagten darstellten und ihn zum Widerruf der Geschenke berechtigten, und führte im Laufe des Verfahrens vor dem Erstgericht noch als weitere kränkende Handlungen der Beklagten an, daß sie gemeinsam mit dem Ehebrecher W Anzeigen von der Geburt des mit diesem gezeugten Kindes Pia Augusta auch an Bekannte des Klägers verschickte und die Wiedergabe ihrer Äußerung in der Zeitschrift "trend" (Nr. 12/1972) veranlaßt habe, sie lasse, "um der Tratscherei ein Ende zu machen", keinen Zweifel daran, daß es nur die Schuld der österreichischen Scheidungsgesetze sei, wenn noch immer der Name ihres getrennt in Wien lebenden Mannes vor dem Bindestrich stehe und nicht jener des Vaters ihrer einjährigen Tochter, Roland W. Außerdem sei die Beklagte neuerdings - diesmal zusammen mit Roland W - in die Wohnung des Klägers in G eingedrungen und habe dort zwei Bilder aus dem Vorhaus entwendet. Bis zur Aufnahme der ehewidrigen Beziehungen zu Roland W durch die Beklagte sei die Ehe der Streitteile harmonisch gewesen. Er, der Kläger, habe ihr keinen Anlaß zur Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft gegeben. Ausschließlicher Grund für die Entfremdung der Beklagten seien ihre ehewidrigen Beziehungen zu Roland W, mit dem sie in eheähnlichen Verhältnissen lebe.

Die Beklagte hat die Abweisung der Klage beantragt und im wesentlichen eingewendet:

Der Kläger habe ihr bei Eingehung der Ehe verschwiegen, daß er zeugungsunfähig ist, und habe während des Bestandes der Ehe ihr, der Beklagten, Vorwürfe gemacht, daß die Ehe kinderlos blieb. Der Kläger habe sich vorwiegend an Sex-Zeitschriften ergötzt und habe sich ihr gegenüber derart benommen, daß sie den Eindruck gewann, er brauche sie nur zur Verrichtung der Hausarbeiten und lege auf intime Beziehungen überhaupt keinen Wert. Sie selbst sei sehr kinderliebend und habe, als sich herausstellte, daß der Kläger an Aspermie leidet, die Adoption der beiden Kinder veranlaßt, um die sich der Kläger jedoch nicht kümmere. Der Kläger sei außerordentlich materiell eingestellt und habe ihr viel zu wenig Wirtschaftsgeld gegeben; er sei mit ihr weder ins Theater noch in ein Konzert gegangen, da ihm dies zu kostspielig erschienen sei. Sie habe den Eindruck gewonnen, daß sie der Kläger geradezu gehaßt habe. Die Schmuckstücke, die ihr der Kläger schenkte, seien unmodern gewesen, und sie habe sie deshalb umarbeiten lassen. Die Herausgabe dieser Schmuckstücke verweigere sie deshalb, weil sie beabsichtige, sie einmal ihren Kindern zu vererben. Zur Schenkung der Haushälfte in G sei es nur deshalb gekommen, weil das Haus mit Unterstützung ihrer Eltern wesentlich modernisiert und umgebaut worden sei. Die geschenkte Haushälfte stelle bloß ein Äquivalent für diese Aufwendungen dar. Um sie, die Beklagte, für diese Aufwendungen sicherzustellen, habe ihr Vater auf die Übertragung der Haushälfte bestanden. Es habe sich also in Wahrheit nicht um eine Schenkung gehandelt. Die Form der Schenkung sei für diese Eigentumsübertragung nur gewählt worden, um Gebühren zu sparen. Sie selbst habe aus eigenen Mitteln mehr als 2.163.700 S in das Haus investiert. Ihre Beziehungen zu Roland W seien nicht die Ursache für die Auflösung der ehelichen Lebensgemeinschaft mit dem Kläger gewesen. Schon viele Jahre vorher habe sie die Überzeugung gewonnen, daß sie die Ehe mit dem Kläger nicht aufrechterhalten könne, denn sie sei nicht bereit gewesen, auf eigene Kinder zu verzichten und dem Kläger nur eine bessere Hausangestellte zu sein. Die Ehe mit dem Kläger sei nie glücklich und harmonisch gewesen. Schon kurze Zeit nach der Eheschließung habe sie feststellen müssen, daß der Kläger den Geschlechtsverkehr nicht vollziehen könne; unter Hinweis auf lächerliche Umstände habe er ihr an diesem Mißgeschick die Schuld gegeben. Infolge mangelhafter Alimentierung durch den Kläger habe sie insgesamt weitaus über 2 Millionen S aus eigenem Verdienst zur Bestreitung der gemeinsamen Bedürfnisse aufgewendet und überdies auf Rechnung ihres Vaters die gesamte Verpflegung für die Woche sowie sämtliche Alkoholika, Mineralwässer, Arzneimittel und Kosmetika eingekauft und in die eheliche Wohnung nach Wien gebracht. Im Dezember 1970 habe sie dem Kläger unmißverständlich zu verstehen gegeben, daß sie mit ihm die Ehe nicht mehr fortsetzen könne. Der Kläger scheine aber kein Verständnis dafür zu haben, daß sie ihr Leben in ihrem Alter noch nicht abzuschließen bereit sei. Der Kläger habe wiederholt versucht, sie zur Wiederaufnahme der Lebensgemeinschaft mit ihm zu überreden. Es sei ihr unverständlich, daß sie dem Kläger gegenüber dadurch grob undankbar gewesen sei, weil sie "formal vielleicht wirklich einen Ehebruch begangen habe".

Der Kläger bestritt die Richtigkeit der Einwendungen der Beklagten und brachte im wesentlichen vor, daß die Beklagte fortwährend Geld benötigt habe, um ihre Leidenschaft zu befriedigen, zu bauen und Einrichtungen zu verändern. Er selbst habe insgesamt Aufwendungen der Beklagten auf das Haus in G in der Höhe von 1.4 Millionen S berichtigt. Besonders gekränkt habe ihn das Ansinnen der Beklagten, das von seinen Eltern ererbte Haus gemeinsam zu verkaufen oder zu versteigern. Dieses Ansinnen sei der Anlaß für den Widerruf der Schenkungen mit dem Brief vom 22. Juli 1971 gewesen. Auch er selbst sei kinderliebend gewesen und habe sich auch eigene Kinder gewünscht. Von seiner Aspermie habe er bei Eingehung der Ehe keine Kenntnis gehabt. Die Beklagte habe sich, als sie sich zur Gänze dem Ehebrecher W widmete, nicht um die beiden Adoptivkinder gekümmert und sei zu Weihnachten mit W verreist. Sie habe sich sogar nach einer Möglichkeit zur Auflösung der Adoption erkundigt. In L habe sie mit erheblichen Mitteln für sich und W ein Haus renovieren lassen und mit Einrichtungsgegenständen versehen, die sie größtenteils eigenmächtig aus dem Haus in G weggebracht habe.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren zur Gänze stattgegeben und im wesentlichen folgenden Sachverhalt festgestellt:

In der Form eines Notariatsaktes haben die Streitteile vor dem öffentlichen Notar Dr. A am 1. August 1969 einen Schenkungsvertrag geschlossen, demzufolge der Kläger der Beklagten "unentgeltlich das Miteigentum zur Hälfte an der Liegenschaft EZ 145 KG G" überließ und sich des Rechtes begab, "diese Schenkung zu widerrufen". Die Parteien wollten auch diesen Schenkungsvertrag abschließen. Es ist nicht erwiesen, daß es sich bei diesem Vertrag um einen Scheinvertrag gehandelt hat. Die Beklagte ist dem Hinweis des Klägers, daß er durch den Verzicht auf den Widerruf der Schenkung ein großes Risiko eingehe, nicht mit der Erklärung entgegengetreten, daß es sich nicht um eine Schenkung handle, weil sie bzw. ihr Vater soviel für die Herrichtung bzw. den Umbau des Hauses aufgewendet hätten. Gebührenrechtliche Erwägungen waren nicht Anlaß für den Schenkungsvertrag. Die Beklagte hat selbst nicht angenommen, daß die Schenkung der Haushälfte und des Schmuckes zur Abgeltung ihrer und ihres Vaters Leistungen erfolgen sollte. Es besteht kein Zusammenhang zwischen den Aufwendungen der Beklagten an dem Haus in G und den Schenkungen des Klägers an die Beklagte.

Die Streitteile hatten schon vor ihrer Eheschließung miteinander Geschlechtsverkehr. Der Kläger war auch durchaus fähig, den Geschlechtsverkehr zu vollziehen. Gewisse Schwierigkeiten, die dabei aufgetreten sind, konnten das Verhältnis der Parteien zueinander nicht ernstlich trüben. Die Beklagte hat mit dem Kläger in äußerst herzlichem Ton korrespondiert. Auch wegen der Sparsamkeit des Klägers hat es keine ernstlichen Auseinandersetzungen zwischen den Parteien gegeben. Nachdem die Beklagte erfahren hatte, daß der Kläger - wovon dieser bei Eingehung der Ehe nichts wußte - an Aspermie leide, drängte sie darauf, Kinder zu adoptieren, und sie war auch bereit, mit ihm die Ehe fortzusetzen. Der Kläger war bereit, sein Leiden (Aspermie) behandeln zu lassen. Eine künstliche Befruchtung der Beklagten mit Spermen des Klägers wurde erwogen, aber von der Beklagten abgelehnt. Der Kläger behandelte Geldsachen mit großer Akribie. Er trug etwa der Beklagten auf, die Ferngespräche in einem Buch aufzuzeichnen, freilich aus steuerlichen Gründen. Immerhin hat er aber insgesamt 1.912.000 S zur Renovierung der Wiener Wohnung und des Hauses in G aufgewendet, obwohl er sich immer gegen allzu umfangreiche Renovierungsarbeiten ausgesprochen hatte.

Von den ehebrecherischen Beziehungen der Beklagten zu Roland W erfuhr der Kläger erstmals durch einen Telefonanruf einer unbekannt gebliebenen Frau am 7. Dezember 1970. Die Beklagte war zu dieser Zeit verreist, und als sie der Kläger davon informierte, nahm sie zur Richtigkeit der anonymen Mitteilung vorerst keine Stellung. Am 12. Dezember 1970 trafen die Streitteile einander in München und fuhren mit einem von Roland W gelenkten Fahrzeug nach Wien. Dabei bemerkte der Kläger, daß die Beklagte das Bein des W streichelte. Am darauffolgenden Tag eröffnete die Beklagte dem Kläger, daß die Mitteilung der anonymen Anruferin richtig sei, und sie bat den Kläger, sie freizugeben. Unmotiviert erklärte sie ihm, die anonyme Anruferin sei am Scheitern ihrer Ehe schuld. Der Kläger versuchte, sie zur Aufrechterhaltung der Ehe zu bewegen; sie aber lehnte mit dem Hinweis ab, er könnte ihr wegen des Seitensprunges mit W immer wieder Vorhalte machen.

Zwischen der Beklagten und Roland W bestanden schon vor Silvester 1970/1971 intime Beziehungen. Es ist schon längere Zeit vor dem Weggehen der Beklagten aus der ehelichen Wohnung (15. Dezember 1970) nicht mehr zum Geschlechtsverkehr zwischen den Parteien gekommen. Die Beklagte hatte dies dem Kläger mit einer Operation begründet, die an ihr vorgenommen worden war, aber sie machte ihm keine Mitteilung davon, wann nach ärztlichem Rat, wieder der Geschlechtsverkehr aufgenommen werden könne. Jedenfalls hat sie ohne Bedenken auf ihren Gesundheitszustand in der Silvesternacht 1970/1971 mit W Geschlechtsverkehr gehabt.

Am 15. Dezember 1970 zog die Beklagte unter Mitnahme verschiedener Dinge, auch des Schmuckes, aus der ehelichen Wohnung fort und hinterließ dem Kläger durch eine Mitteilung an das Kindermädchen die Nachricht, daß sie ihn verlasse und nicht mehr gewillt sei, zurückzukehren, da sie beabsichtige, im Juni 1971 Roland W zu ehelichen. Roland W hatte am 13. Dezember 1970 seine Frau und seine Kinder verlassen.

Am 6. Jänner 1971 führte der Kläger mit der Beklagten in L eine Aussprache herbei, die den Zweck hatte, die Beklagte zur Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft zu bewegen, insbesondere im Hinblick auf die beiden Adoptivkinder. Die Beklagte erbat sich dabei eine Überlegungsfrist und suchte im Feber 1971 wiederholt die eheliche Wohnung in Wien auf, wo sie mit dem Kläger auch ihren Geburtstag feierte. Sie führte auch täglich mit dem Kläger Telefongespräche. Plötzlich jedoch änderte sich das Benehmen der Beklagten dem Kläger gegenüber. Sie hatte nun den Wunsch nach einem eigenen Kind. Ein von ihr im April 1971 aufgesuchter Gynäkologe wies sie darauf hin, daß mit fortschreitendem Alter eine Geburt immer schwieriger für die Frau werde, und er riet ihr, nicht erst das Ergebnis ihres Scheidungsverfahrens abzuwarten, das jahrelang dauern könne. Die Beklagte schlug daraufhin Roland W vor, mit ihr ohne Schutzmittel geschlechtlich zu verkehren, damit sie ein Kind bekommen könne. Nunmehr ließ sie sich dem Kläger gegenüber bei Telefonanrufen verleugnen und schickte ihm die Rechtsanwältin Dr. P ins Büro, die unter dem Vorwand einer geschäftlichen Unterredung mit dem Kläger ins Gespräch kam und ihm dann eröffnete, er möge sich doch von der Beklagten scheiden lassen. Der Kläger lehnte dies jedoch ab. Auch Primarius Dr. Z und seine Frau versuchten vergeblich, den Kläger zur Scheidung und finanziellen Unterstützung der Beklagten zu überreden.

Am 26. März 1971 brachte die Beklagte gegen den Kläger die Klage auf Scheidung der Ehe beim Landesgericht für ZRS Wien ein (20 Cg 111/71). Nach Durchführung einiger für die Beklagte nicht günstiger Beweise trat zunächst am 2. September 1971 Ruhen des Verfahrens ein, und als der Kläger am 15. Dezember 1971 einen Fortsetzungsantrag gestellt hatte, nahm die Beklagte am 13. Jänner 1972 die Klage zurück.

In der Zwischenzeit hatte die Beklagte den Kläger auf Zahlung von 116.872.25 S geklagt (20 Cg 318/71 des Landesgerichtes für ZRS Wien) und auch die Fa. S nahm den Kläger auf Zahlung von 152.940 S in Anspruch (40 c Cg 193/71 des Landesgerichtes für ZRS Wien). Der Kläger wurde überdies von der Fa. B belangt. Nach Begleichung der eingeklagten Forderungen und nach außergerichtlicher Bereinigung der Streitfälle trat in diesen Verfahren am 29. September 1972 Ruhen ein.

Der Kläger war bereit, der Beklagten ihre ehebrecherischen Beziehungen zu Roland W zu verzeihen, wenn sie zu ihm zurückkehre und die Ehe mit ihm fortsetze.

Am 3. Mai 1971 fuhr die Beklagte zusammen mit Roland W zum Haus der Parteien in G und entfernte dort eigenmächtig Gegenstände aus dem Haus, die sie zum Teil in ihre Wohnung nach L und zum Teil in das Haus in A schaffte. In L hatte sich die Beklagte eine Wohnung für ihr Zusammenleben mit W ausbauen lassen. Wahrheitswidrig hatte sie der Hausbesorgerin des Hauses in G erklärt, der Kläger wisse, daß sie die Gegenstände wegführen lasse und werde selbst in einer halben Stunde in G eintreffen. Als der Kläger dann nicht kam, rief die Hausbesorgerin ihn in Wien an und teilte ihm den Vorfall mit. Daraufhin ersuchte der Kläger Dr. C aus G, eine Bestandsaufnahme im Haus in G vorzunehmen und festzustellen, welche Gegenstände die Beklagte eigenmächtig abtransportiert hatte. Um ein neuerliches Entfernen von Gegenständen aus diesem Haus durch die Beklagte zu verhindern, ließ der Kläger die Schlösser an den Zimmertüren ändern. Die Beklagte suchte noch einmal das Haus in G auf und nahm aus dem Vorhaus zwei Bilder mit. Auf Verlangen des Klägers wurden diese Bilder später wieder zurückgegeben.

Im Zuge des von der Beklagten angestrengten Scheidungsverfahrens hat ihr damaliger Rechtsanwalt Dr. M den Kläger am 14. Juli 1971 mit Brief von den Forderungen der Beklagten in Kenntnis gesetzt und ihren Wunsch übermittelt, die Miteigentumsgemeinschaft an dem Haus in G aufzuheben; er ersuchte um Bekanntgabe, ob der Kläger zu einer freiwilligen Versteigerung oder zu einem gemeinsamen Verkauf bereit sei. In seinem Antwortschreiben vom 22. Juli 1971 erklärte der Vertreter des Klägers in dessen Namen den Widerruf aller Schenkungen, die der Kläger der Beklagten während der Ehe gemacht hatte. Er wies auf das Ausmaß der Kränkung hin, die die Beklagte dem Kläger mit der Forderung nach Verkauf des Hauses in G, das er von seinen Eltern ererbt hatte, zugefügt habe, und begründete den groben Undank, den die Beklagte gegen den Kläger gezeigt habe, mit ihren ehewidrigen Beziehungen zu W, mit dem böswilligen Verlassen des Klägers, mit der Entwendung von Gegenständen aus dem Alleinbesitz des Klägers sowie mit den im Scheidungsverfahren in offenbarer Kränkungsabsicht gegenüber dem Kläger vorgebrachten unrichtigen Behauptungen.

Als nach dem Tode ihres Vaters die Fa. S in eine derart schlechte Wirtschaftslage geriet, daß ihre Fortführung in Frage gestellt wurde, wandte sich die Beklagte an den Kläger, damit er ihr mit Rat und Tat zur Seite stehe. Der Kläger schaltete sich in die Verhandlungen über den Verkauf der Werke ein, und es kam dann zu einem für die Beklagte und ihre Schwester günstigen Verkaufsergebnis.

Im Dezember 1972 erschien in der Zeitschrift "trend" ein Artikel, der sich mit den finanziellen Verhältnissen der Fa. S und auch mit den Familienverhältnissen der Inhaber (Beklagte und ihre Schwester) befaßte. Mit der in diesem Artikel wiedergegebenen Erklärung, sie ("Auguste Sch.") lasse, "um der Tratscherei ein Ende zu machen", keinen Zweifel daran, daß es nur die Schuld der österreichischen Scheidungsgesetze sei, wenn immer noch der Name ihres getrennt in Wien lebenden Mannes vor dem Bindestrich stehe und nicht jener des Vaters ihrer einjährigen Tochter, Roland W, hat die Beklagte den Kläger entschieden in Wirtschaftskreisen, in denen diese Zeitschrift gelesen wird und mit denen der Kläger in ständiger Berührung steht, bloßgestellt. Gleiches hat die Beklagte ohne Veranlassung im Jänner 1972 durch die Anzeige der Geburt ihrer mit Roland W gezeugten Tochter Pia Augusta getan, in welcher ausdrücklich der außereheliche Vater des Kindes genannt wurde.

Der Kläger hat der Beklagten ihre ehebrecherischen Beziehungen zu Roland W nicht verziehen; er hätte dies aber getan, wenn sie mit ihm wieder die eheliche Gemeinschaft aufgenommen hätte. Die Beklagte setzt ihre ehebrecherischen Beziehungen zu Roland W fort.

Das Erstgericht kam auf Grund dieses Sachverhaltes zu der rechtlichen Schlußfolgerung, daß das Verhalten der Beklagten dem Kläger gegenüber großen Undank darstelle, der diesen infolge der besonders kränkenden Umstände zum Widerruf der streitgegenständlichen Geschenke berechtigt habe.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Erstgerichtes teilweise Folge: Es bestätigte das angefochtene Urteil in Ansehung des Ausspruches über die Pflicht der Beklagten zur Herausgabe der Schmuckstücke als Teilurteil, hob jedoch das erstgerichtliche Urteil in seinen übrigen Aussprüchen mit dem Vorbehalt der Rechtskraft auf und verwies in diesem Umfange die Rechtssache zur ergänzenden Verhandlung und neuerlichen Entscheidung an das Erstgericht zurück. Es sprach ferner aus, daß der Wert des Streitgegenstandes bezüglich der Herausgabe des Schmuckes 50.000 S übersteige.

Die von der Beklagten behauptete Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz erachtete das Berufungsgericht als nicht gegeben. Es sei, meinte das Berufungsgericht, zwar richtig, daß das Erstgericht keine Feststellungen über die von dem Zeugen W geschilderte Unterredung getroffen hat, welche zwischen diesem Zeugen und dem Kläger 1972 stattgefunden haben soll, doch sei diese Unterlassung des Erstgerichtes ohne rechtliche Folgen geblieben. Es könne nämlich selbst bei Unterstellung der Richtigkeit der Darstellung des Zeugen W aus dem Ergebnis der geschilderten Besprechung nicht geschlossen werden, daß der Kläger bedingungslos der Beklagten verziehen hätte; die Bereitschaft des Klägers, der Beklagten ihre Eheverfehlungen zu verzeihen, falls sie wieder zu ihm zurückkehre, lasse nicht die Annahme eines nachträglichen Verzichts auf den Widerruf der Schenkungen zu, und sie gebe auch keine Beurteilungsmöglichkeit für die maßgebenden Umstände ab. Es sei auch rechtlich unerheblich, ob der Kläger die Wiederaufnahme der ehelichen Gemeinschaft mit der Beklagten davon abhängig gemacht habe, daß sie ihrer beruflichen Tätigkeit nachgehe, so daß sich das Erstgericht mit Recht nicht weiter mit diesem Problem befaßt habe. Gleiches treffe auf den Umstand zu, daß ein Gynäkologe der Beklagten geraten haben solle, noch vor Scheidung ihrer Ehe mit dem Kläger eine Schwangerschaft anzustreben, denn ein solcher Rat könne die Verpflichtung zur ehelichen Treue weder abschwächen noch aufheben, und er lasse auch die Verfehlungen der Beklagten nicht in einem milderen Lichte erscheinen.

In Verwerfung der Beweiswürdigungs- und Tatsachenfeststellungsrüge der Beklagten übernahm das Berufungsgericht jene Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes, die es zur Beurteilung der Berechtigung des Widerrufes der Schenkungen des Klägers an die Beklagte wegen groben Undankes als notwendig erachtete, und ging davon aus, daß im Berufungsverfahren die Tatsache der Schenkung der streitverfangenen Schmuckstücke nicht mehr strittig gewesen sei.

In der rechtlichen Beurteilung der Streitsache kam das Berufungsgericht zu der Schlußfolgerung, daß das Verhalten der Beklagten den Kläger berechtigt habe, seine Schenkungen an sie wegen groben Undanks zu widerrufen. Die Verletzung der Gattenehre, deren sich die Beklagte durch ihren Ehebruch dem Kläger gegenüber schuldig gemacht hat, sei den durch das Strafgesetz verpönten Ehrenbeleidigungen gleichzustellen. Es könne zwar nicht jedem Ehebruch die Bedeutung einer als grober Undank zu beurteilenden Handlung beigelegt werden, aber die festgestellten Begleitumstände der ehebrecherischen Beziehungen der Beklagten zu Roland W und deren psychologische Ursachen seien nicht geeignet, einen groben Undank im Sinne des § 948 ABGB zu verneinen. Der Kläger selbst habe durch sein Verhalten keinen Anlaß zu den ehebrecherischen Beziehungen der Beklagten zu W gegeben, und seine Erkrankung an Aspermie könne ihm nicht angelastet werden. Durch die gemeinsame Adoption von zwei Kindern sei er dem Wunsch der Beklagten nach Kindern weitgehend entgegengekommen. Da der Kläger doch mit erheblichen Mitteln zumindest zum Ausbau des gemeinsamen Hauses in G beigetragen habe, habe das Erstgericht auch zutreffend die angebliche Knausrigkeit des Klägers verneint. Auch bei den weiteren Verfehlungen der Beklagten, insbesondere bei dem nach § 525 oder nach § 463 StG auf Grund einer Privatanklage strafbaren Diebstahl zweier Bilder des Klägers, sowie bei der Herabsetzung des Klägers durch den in der Zeitschrift "trend" auf Veranlassung der Beklagten erschienenen Artikel, erkenne man einen tadelnswerten Mangel an dankbarer Gesinnung. Es könne jedoch dahingestellt bleiben, ob das Verlangen der Beklagten nach Auflösung der Miteigentumsgemeinschaft an der Liegenschaft in G ebenfalls eine Bloßstellung des Klägers bewirkt habe, wie das Erstgericht annahm.

Die Ansicht der Beklagten, der Kläger habe dadurch, daß er sie bis 1972 immer wieder zur Zurückkehr in die eheliche Gemeinschaft mit ihm aufgefordert hat, zu erkennen gegeben, daß er ihr Verhalten nicht als groben Undank empfinde, sei verfehlt. Der Kläger hätte der Beklagten nur verziehen, wenn sie zu ihm zurückgekehrt wäre; gerade das sei aber nicht der Fall gewesen. Von einem Verzicht auf das Widerrufsrecht könne deshalb keine Rede sein. Ein solcher Verzicht könne auch nicht darauf gegründet werden, daß der Kläger die vorliegende Klage erst am 18. Dezember 1972 eingebracht hat, denn er habe bereits mit dem Brief vom 22. Juli 1971 rechtsgestaltend den Widerruf der Schenkungen ausgesprochen.

In Ansehung des Begehrens des Klägers auf Zurückstellung des halben Liegenschaftsanteiles (Haus in G) sei jedoch die Rechtssache noch nicht spruchreif. Das Erstgericht habe, obwohl sich in dem von ihm eingehend abgeführten Verfahren reichlich Anhaltspunkte dafür fänden, keine klaren Feststellungen getroffen, die eine Beurteilung zuließen, ob die Liegenschaftshälfte der Beklagten ohne Gegenleistung oder zur Abgeltung von Aufwendungen, die sie darauf erbracht hatte, oder in Erfüllung einer sittlichen oder einer Anstandspflicht überlassen worden war; allenfalls könne bei bloß teilweiser Gegenleistung der Beschenkten eine gemischte Schenkung vorliegen, bezüglich deren lediglich in Ansehung des Übermaßes ein Widerruf möglich sei. Das Erstgericht werde im weiteren Verfahren, soweit nicht schon auf Grund der bisherigen Aussagen Feststellungen möglich seien, die Parteien und die beantragten Zeugen ergänzend zu vernehmen und Feststellungen darüber zu treffen haben, aus welchem Anlaß und weshalb der Kläger der Beklagten die Liegenschaftshälfte erst im Jahre 1969 überlassen habe, ob die Streitteile die Form des Schenkungsvertrages nur der Einfachheit halber gewählt hätten, ob wenigstens die Beklagte habe annehmen können, es würde ihr die Liegenschaftshälfte im Hinblick auf ihre Aufwendungen oder in Erfüllung einer sittlichen oder einer Anstandspflicht überlassen, und welches Ausmaß die Aufwendungen auf der Liegenschaft hatten, denn aus dem letzteren Umstand könnten sich Anhaltspunkte für die Beurteilung ergeben, ob bei beiden Streitteilen Schenkungsabsicht anzunehmen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten gegen das Teilurteil des Berufungsgerichtes nicht Folge; er hob gleichzeitig infolge Rekurses des Klägers den Aufhebungsbeschluß des Berufungsgerichtes auf und verwies die Rechtssache in diesem Umfang zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

I. Zur Revision der Beklagten:

In der rechtlichen Beurteilung des auf Herausgabe des Schmuckes gerichteten Klageanspruches ist das Berufungsgericht in Übereinstimmung mit dem Erstgericht vorerst zutreffend davon ausgegangen, daß der Kläger den streitverfangenen Schmuck während des Bestandes der ehelichen Lebensgemeinschaft der Beklagten unentgeltlich übereignet hatte, d. h. es handelte sich mangels irgendeiner damit in Beziehung stehenden Gegenleistung der Beklagten um eine reine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB. An diesem Tatbestand wird auch von der Revisionswerberin im Prinzip nicht mehr gezweifelt, wie sich dem Inhalt ihrer Revisionsschrift entnehmen läßt. Ihren - unsystematisch dem Revisionsgrund nach § 503 Z. 2 ZPO zugeordneten - Ausführungen, der Kläger habe durch die Übereignung des Schmuckes nur der als selbstverständlich anzunehmenden moralischen Verpflichtung Genüge getan, daß jeder Ehemann, entsprechend seinen wirtschaftlichen Verhältnissen, seiner Frau im Laufe der Ehe irgendwelche Schmuckstücke schenkt, muß freilich entgegnet werden, daß das Gesetz eine differenzierte Behandlung derartiger Schenkungen gegenüber anderen - sei es anderer Gegenstände, sei es zwischen Personen mit anderen als ehelichen Rechtsbeziehungen - nicht kennt. Sollte sich freilich hinter der von der Beklagten vorgeschobenen "moralischen Verpflichtung" des Ehemannes zur Übereignung von Schmuckstücken an seine Ehefrau der Gedanke einer Abgeltung der in Geld nicht bewertbaren Erfüllung ehelicher Pflichten der Frau verbergen, dann muß darauf hingewiesen werden, daß die eheliche Pflichterfüllung nicht als vermögenswerte Gegenleistung für die Übereignung von Schmuckstücken durch einen Ehepartner anerkannt werden kann; an dem Charakter der Übereignung der Schmuckstücke als einer reinen Schenkung kann demnach in einem solchen Fall nicht gezweifelt werden.

Zutreffend haben die Untergerichte auch das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen für den Widerrufsgrund des groben Undanks im Sinne des § 948 ABGB bejaht:

Der Begriff "grober Undank" ist in § 948 Satz 2 ABGB dahin umschrieben, daß darunter eine Verletzung am Leibe, an der Ehre, an der Freiheit oder am Vermögen verstanden wird, welche von der Art ist, daß gegen den Beschenkten (als den Verletzer) von Amts wegen oder auf Verlangen des Schenkers (als des Verletzten) nach dem Strafgesetz verfahren werden kann. Damit eine Schenkung wegen groben Undanks widerrufen werden kann, ist nach herrschender Lehre und Rechtsprechung (Stanzl in Klang[2] IV/1, 621; 6 Ob 152/73; 1 Ob 77/74 u.a.) überdies noch erforderlich, daß sich in der strafbaren Handlung des Beschenkten grober Undank im Sinne der allgemein gebräuchlichen Bedeutung dieses Wortes äußert. Es muß sich demnach in dem Verhalten des Beschenkten gegenüber dem Schenker eine nach der allgemeinen sittlichen Auffassung der Bevölkerungskreise, denen beide Teile zuzurechnen sind, verwerfliche Außerachtlassung der Dankbarkeit äußern (vgl. 6 Ob 152/72; Staudinger, Kommentar zum BGB[11] II/2, 517 f.; Palandt, BGB[34], 480). Dieses subjektive Vorwurfselement des Tatbestandes darf nicht außer acht gelassen werden; es ist rechtlicher Ausfluß moralischer Verantwortlichkeit (Staudinger, 518). Freilich ist für die Zurechenbarkeit eines sich äußerlich als grober Undank darstellenden Verhaltens des Beschenkten gegenüber dem Schenker auch das Bewußtsein des Beschenkten erforderlich, durch sein Verhalten dem Schenker eine Kränkung zuzufügen (Staudinger, 517; Swoboda in ZBl. 1927, 902; ZBl. 1922/108; ZBl. 1922/238). Das Verhalten des Beschenkten kann jedoch nicht nur für sich, isoliert vom Verhalten des Schenkers, betrachtet werden; vielmehr könnte es sich im Einzelfall auch als entschuldbare Reflexwirkung des Verhaltens des Schenkers gegenüber dem Beschenkten darstellen. Es könnte etwa von Bedeutung sein, daß der Beschenkte unter dem Eindruck einer schweren Reizung durch den Schenker stand und in deren Folge ein über das erlaubte Maß hinausgehendes Verhalten gesetzt hat (vgl. Staudinger, 517; 6 Ob 152/73). Eigene, selbst u.U. schwere Verfehlungen des Schenkers gegenüber dem Beschenkten entkleiden nicht ohne weiteres eine schwere Verfehlung des Beschenkten ihres Charakters als grober Undank, denn es ist das Verhalten beider Teile unter Berücksichtigung des besonderen moralischen Verpflichtungsverhältnisses zu beurteilen, in welchem der Beschenkte zum Schenker steht (vgl. Staudinger, 517). Ob das Verhalten des Beschenkten beim Schenker eine rechtlich beachtliche Kränkung herbeigeführt hat, ist nach der sittlichen Vorstellungswelt des Schenkers und danach zu bewerten, ob die Bevölkerungskreise, denen er nach seiner sozialen Stellung zuzurechnen ist, eine derartige Kränkung des Schenkers annehmen durften.

Die objektive Voraussetzung für den Widerruf der Schenkungen des Klägers an die Beklagte, nämlich das Vorliegen einer strafbaren Handlung im Sinne des § 948 Satz 2 ABGB, war vorhanden: Die Beklagte hat sich des fortgesetzten Ehebruches mit Roland W gemäß § 502 StG schuldig gemacht, wobei es unmaßgeblich ist, daß sie deshalb nicht strafgerichtlich verfolgt und verurteilt wurde (Stanzl, 622; EvBl. 1953/510; 1 Ob 77/74 u.a.); die Erfüllung des strafbaren Tatbestandes ist in einem solchen Falle als Vorfrage durch das Zivilgericht zu beurteilen (Stanzl, 622; JBl. 1973, 294). Nach herrschender Lehre und Rechtsprechung ist das Delikt des Ehebruches zu dem Kreis der in § 948 Satz 2 ABGB bezeichneten strafbaren Handlungen zu zählen (Stanzl, 621; Handl in RZ 1906, 15 ff.; Swoboda in ZBl. 1927, 899; ZBl. 1934/41; SZ 11/89 u.a.). Zu diesem rechtlichen Ergebnis sind auch die Untergerichte zutreffend gekommen.

Ohne Zweifel stellt der Ehebruch des Beschenkten gegenüber dem Schenker grundsätzlich auch groben Undank im Sinne des § 948 Satz 2 ABGB dar, wenn nicht besondere Umstände die zurechenbare Verantwortlichkeit des Beschenkten oder die Annahme einer beachtlichen Kränkung des Schenkers ausschließen. Es muß deshalb nicht jeder Ehebruch des Beschenkten gegenüber dem Schenker grober Undank im Sinne des § 948 Satz 2 ABGB sein (vgl. ZBl. 1922/108; ZBl. 1922/238; 1934/41; 1 Ob 180/52; Stanzl, 623; Scheffknecht in NZ 1958, 130).

Nach den Feststellungen der Untergerichte hat die Beklagte mit Roland W fortgesetzt in einem auch der Öffentlichkeit gezeigten ehebrecherischen Verhältnis gelebt; sie hat gemeinsam mit dem Ehebrecher Roland W mit dem Ausdruck "großer Freude" die Geburt des diesem Ehebruch entsprossenen Kindes Pia Augusta durch Versendung von Geburtsanzeigen bekanntgemacht. Es kann keinem Zweifel unterliegen, daß derart qualifizierte Umstände des Ehebruches der Verantwortung der Beklagten für die dem Kläger dadurch zugefügte öffentliche Bloßstellung als verhöhnter Betrogener voll zuzurechnen sind. Auf ihren menschlich durchaus verständlichen Wunsch nach einem eigenen Kinde kann sie sich nämlich unter diesen besonderen Umständen nicht mehr zur Rechtfertigung der Verletzung der ehelichen Treue gegenüber dem Kläger mit Erfolg berufen. Dazu kommt, daß sie durch die gemeinsame Adoption von zwei Kindern mit dem Kläger nicht nur den Kindern gegenüber, sondern auch und im besonderen gegenüber dem Kläger als den Adoptivvater dieser Kinder die gesetzlichen und moralischen Pflichten einer fürsorgenden Mutter übernommen und durch ihr nicht gerechtfertigtes Verlassen des gemeinsamen ehelichen Haushaltes diese Pflichten grob verletzt hat. Endlich fällt auch noch - ungeachtet einer möglichen Strafbarkeit dieses Deliktes gemäß § 525 Abs. 1 StG, die jedoch in Anbetracht des einwandfrei festgestellten Deliktes nach § 502 StG vernachlässigt werden kann - die Entziehung von zwei Bildern aus dem Besitz des Klägers ohne dessen Einwilligung durch Eindringen in das Haus in G ins Gewicht, da sie sich im Gefolge des Ehebruches durch ein gemeinsames Handeln mit dem Ehebrecher ereignete. In reichlichem Maße hat sich in seiner Gesamtheit dieses Verhaltens der Beklagten gegenüber dem Kläger als eine nach der allgemeinen sittlichen Auffassung der Bevölkerungskreise, denen beide Teile in ihrer sozialen Stellung zuzurechnen sind, verwerfliche Außerachtlassung der dem Kläger geschuldeten Dankbarkeit geäußert. Für dieses Verhalten der Beklagten gibt es keine Entschuldigung, denn es war durch keine dem Kläger verantwortlich zurechenbare Handlung oder Unterlassung provoziert worden und stellt sich demnach nicht als berücksichtigungswürdige Reflexwirkung des Verhaltens des Klägers ihr gegenüber dar.

Nach der mit seiner eigenen ehelichen Treue - die Beklagte hat diese nicht in Frage gestellt - und mit der erklärten Bereitschaft, der Beklagten ihre schweren Verfehlungen zu verzeihen und sie wieder in die eheliche Gemeinschaft aufzunehmen, zum Ausdruck gebrachten Zugehörigkeit zu einer sittlichen Vorstellungswelt, in der die eheliche Treue und Zusammengehörigkeit der Ehepartner zu anerkannten Wertbegriffen zählen, kann dem Kläger die erforderliche persönliche Kränkung zugebilligt werden. Es muß auch anerkannt werden, daß die Bevölkerungskreise, denen er nach seiner sozialen Stellung zuzuordnen ist, die persönliche Kränkung des Klägers durch das dargestellte Verhalten der Beklagten annehmen durften.

Die objektiven und subjektiven Voraussetzungen für die Ausübung des Rechtes des Klägers, alle Schenkungen zu widerrufen, die er während der Ehe der Beklagten zukommen ließ, müssen somit in Übereinstimmung mit den Untergerichten als gegeben angesehen werden.

Der Revisionswerberin kann nicht in der Ansicht beigestimmt werden, der Kläger habe durch seine erklärte Absicht, ihr zu verzeihen und sie wieder in die eheliche Gemeinschaft aufzunehmen, auf das Recht des Schenkungswiderrufs wegen groben Undanks verzichtet, weil nach den Feststellungen der Untergerichte die Verzeihung von der Rückkehr der Beklagten in die eheliche Gemeinschaft mit dem Kläger abhängig gemacht wurde. Die Verzeihung des Klägers war demnach durch die Wiederherstellung der dem Wesen der Ehe entsprechenden Lebensgemeinschaft mit der Beklagten, als deren erste Voraussetzung ihre Rückkehr in die eheliche Gemeinschaft mit dem Kläger notwendig war, bedingt. Ob dabei der Kläger nun tatsächlich, wie die Beklagte behauptete, als weitere Bedingung die Aufnahme einer beruflichen Tätigkeit durch sie gefordert hat, ist ohne Belang, denn es stand im Belieben des Klägers, der Beklagten zu verzeihen und die Verzeihung von erlaubten Bedingungen abhängig zu machen. Es entspricht durchaus dem geltenden Familienrecht, daß Ehegatten Vereinbarungen darüber treffen können, ob ein Eheteil einem Beruf nachgehen soll oder nicht.

Durch das Schreiben seines Vertreters vom 22. Juli 1971 hat der Kläger demnach mit Recht der Beklagten gegenüber alle Schenkungen an sie widerrufen. Da die Widerrufserklärung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen dafür vorhanden sind, rechtsgestaltend wirkt (NR 1973, 189), ist die Beklagte als titellos gewordene Besitzerin zur Herausgabe der Geschenke verpflichtet, soweit sie noch vorhanden sind. Sie hat zwar in erster Instanz, ohne daraus irgendeinen Anspruch abzuleiten, behauptet, sie habe sehr wertvolle Stücke des geschenkten Schmuckes aus eigenen Mitteln umarbeiten lassen, weil der Schmuck nicht mehr modern gewesen sei, doch haben die Untergerichte mit Recht dieses Vorbringen nicht weiter beachtet, weil nach dem gesamten sonstigen Vorbringen der Beklagten zu den vom Kläger verlangten Schmuckstücken offensichtlich kein Zweifel an der Identität der noch vorhandenen Stücke mit den vom Kläger geschenkten Stücken besteht. Nur bei einer grundlegenden Umgestaltung der Geschenkstücke, wodurch ihre Identität verlorengeht, müßte die Rückgabeverpflichtung verneint werden. Die Aufwendungen, welche die Beklagte bei der Modernisierung der Schmuckstücke gemacht hat, berechtigten sie freilich nicht zur Ausübung des Rückbehaltungsrechtes, weil ihr die dazu erforderliche Rechtsposition eines redlichen Besitzers fehlt (vgl. Klang[2] II, 545); grober Undank macht den Beschenkten zum unredlichen Besitzer (§ 949 ABGB). Im übrigen wäre ein allfälliges Rückbehaltungsrecht nie von Amts wegen, sondern bloß auf Grund einer entsprechenden Einrede des Beklagten wahrzunehmen (SZ 31/6; SZ 42/85 u.a.).

Aus den dargelegten Erwägungen kann der Revision der Beklagten kein Erfolg beschieden sein.

II. Zum Rekurs des Klägers:

Dieses Rechtsmittel ist begründet.

Das Berufungsgericht hat die Ansicht ausgesprochen, daß die Sache hinsichtlich des auf Zurückstellung des halben Liegenschaftsanteiles (Haus in G) gerichteten Klagebegehrens noch nicht spruchreif sei, weil das Erstgericht keine ausreichenden Feststellungen getroffen habe, die eine Beurteilung zuließen, ob diese Liegenschaftshälfte der Beklagten ohne Gegenleistung oder zur Abgeltung von Aufwendungen, die sie darauf erbracht hatte, oder etwa gar in Erfüllung einer sittlichen oder einer Anstandspflicht überlassen worden war; es könne sich im Falle einer bloß teilweisen Gegenleistung der Beklagten allenfalls um eine gemischte Schenkung handeln, bei der lediglich das Übermaß vom Widerruf betroffen sein könnte.

Der Oberste Gerichtshof kann diese Ansicht des Berufungsgerichtes nicht teilen. Das Erstgericht hat nämlich festgestellt, daß der Wille der Streitteile bei Abschluß des Schenkungsvertrages vom 1. August 1969 auf die darin beurkundete Übereignung gerichtet war und daß kein Zusammenhang zwischen den Aufwendungen der Beklagten an dem Haus in G und den Schenkungen des Klägers an die Beklagte besteht, daß auch gebührenrechtliche Erwägungen nicht der Anlaß zu dem Schenkungsvertrag waren und daß es nicht als erwiesen annimmt, es handle sich bei diesem Schenkungsvertrag nur um einen Scheinvertrag, d.h. also einen Vertrag, der ein anderes Rechtsgeschäft verdeckt. Endlich stellte das Erstgericht noch fest, daß die Beklagte selbst nicht annahm, die Schenkung der Liegenschaftshälfte erfolge zur Abgeltung ihrer und ihres Vaters Leistungen.

Da nun aber der Schenkungsvertrag vom 1. August 1969 ausdrücklich von der unentgeltlichen Überlassung der Liegenschaftshälfte durch den Kläger an die Beklagte und auch davon spricht, daß sich der Schenker des Rechtes begibt, "diese Schenkung zu widerrufen", kann wohl in Anbetracht der dargestellten Tatsachenfeststellungen des Erstgerichtes - deren Richtigkeit hier vorerst einmal unterstellt werden muß - nur eine reine Schenkung im Sinne des § 938 ABGB in Frage stehen, und es gibt keinen Anlaß, irgendwelche ergänzenden Feststellungen vom Erstgericht zu verlangen. Wenn das Berufungsgericht Bedenken gegen die Richtigkeit der vom Erstgericht getroffenen Tatsachenfeststellungen hegen sollte, dann müßte es selbst eine Wiederholung des Beweisverfahrens, allenfalls eine bloße Ergänzung desselben, vornehmen. Andernfalls freilich ist die Rechtssache im Sinne einer Bestätigung des erstgerichtlichen Urteiles entscheidungsreif.

Das Wesen der reinen Schenkung besteht nämlich darin, daß der Beschenkte ohne vermögenswerte Gegenleistung durch die Zuwendung eines Vermögenswertes bereichert wird (vgl. 5 Ob 36/75; Stanzl in Klang[2] IV/1, 585, 587, 590). Die Feststellungen des Erstgerichtes decken diese Tatbestandsmerkmale vollkommen, so daß davon ausgehend kein Platz für die vom Berufungsgericht angestellten - und im rein rechtlichen Bereich abstrakt richtigen - Überlegungen über die Behandlung sogenannter gemischter Schenkungen vorhanden ist. Das Erstgericht hat übrigens auch die materiellrechtliche Frage, wen die Beweislast dafür trifft, daß es sich bei dem Schenkungsvertrag vom 1. August 1969 um einen Scheinvertrag handle und welche wahre Vereinbarung dadurch verdeckt worden sein soll, zu Lasten der Beklagten richtig beantwortet.

Für die vom Berufungsgericht erwogene Möglichkeit, daß es sich allenfalls bei der Schenkung der Liegenschaftshälfte um eine Zuwendung in Erfüllung einer sittlichen oder Anstandspflicht handelte über die Problematik ihrer Ausklammerung aus der Rechtsfigur der Schenkung (Stanzl, 588 f.; JBl. 1971, 197) wurden jüngst von Koziol - Welser (Grundriß des bürgerlichen Rechts[3] I, 246) und Bydlinski (JBl. 1971, 197) Bedenken geäußert -, fehlt es an entsprechenden Tatsachenbehauptungen und - überschießenden - Beweisergebnissen, so daß schon aus diesem Gründe darüber nicht abzusprechen ist.

Der in dem Notariatsakt über die Schenkung der Liegenschaftshälfte beurkundete Widerrufsverzicht des Klägers ist unbeachtlich, weil der Verzicht auf zivilrechtliche Ansprüche aus zukünftigen strafbaren Handlungen des Vertragspartners grundsätzlich gegen die guten Sitten verstößt; die Beklagte könnte sich deshalb auch nicht mit Erfolg auf diese Freizeichnungsklausel in dem Schenkungsvertrag berufen (vgl. Stanzl 624; SZ 21/158 u.a.).

Geht man von den rechtlichen Erwägungen aus, die bereits in Erledigung der Revision der Beklagten zur Berechtigung des Widerrufs der Schenkung durch den Kläger an die Beklagte dargelegt wurden, und berücksichtigt man auch hier, daß auf Grund der Aktenlage kein Anhaltspunkt für die Annahme ersichtlich ist, es habe durch die von der Beklagten an dem gemeinsamen Haus in G vorgenommenen Aufwendungen eine derart grundlegende Umgestaltung des Hauses stattgefunden, daß seine Identität mit dem Gegenstand der Schenkung nicht gewahrt wurde, dann ist bei Zugrundelegung des vom Erstgericht festgestellten Sachverhaltes der Anspruch des Klägers in Ansehung der Liegenschaftshälfte in G im Sinne des Klagebegehrens entscheidungsreif.

Auf die Ausführungen über die Rechtsposition der Beklagten als unredliche Besitzerin und ihre fehlende Berechtigung, zugunsten ihrer Aufwendungen an den Geschenken das Rückbehaltungsrecht auszuüben, zur Revision der Beklagten, die auch auf den Liegenschaftsanteil zutreffen, sei der Einfachheit halber verwiesen.

Der Rekurs des Klägers ist demnach berechtigt.

Es ist jedoch dem OGH verwehrt, auf Grund eines Rekurses gegen den Beschluß des Berufungsgerichtes, mit dem in Stattgebung der Berufung einer Partei das Urteil des Erstgerichtes aufgehoben wurde, eine Sachentscheidung zu fällen, so daß der diesbezügliche Rekursantrag des Klägers als rechtlich verfehlt bezeichnet werden muß; der Erfolg des Rekurses kann im vorliegenden Fall nur darin bestehen, daß der Beschluß des Berufungsgerichtes aufgehoben und diesem aufgetragen wird, über die Berufung der Beklagten in diesem Umfange neuerlich zu entscheiden (5 Ob 282, 283/74 u.v.a.).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte