Normen
ABGB §294
EO §39 Abs1 Z2
EO §45 Abs3
EO §252
ABGB §294
EO §39 Abs1 Z2
EO §45 Abs3
EO §252
Spruch:
Im Verfahren zur Feststellung der Zubehöreigenschaft bestimmter Sachen im Sinne des § 252 Abs. 1 EO sind grundsätzlich neben dem Verpflichteten sowohl die Buchberechtigten als auch die Fahrnispfandgläubiger beizuziehen. Es ist allen gegenüber mit einem gemeinsamen Beschluß zu entscheiden, damit einander widersprechende Entscheidungen (im Fahrnisexekutions bzw. Zwangsversteigerungsverfahren) vermieden werden
§ 252 Abs. 1 EO, wonach das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör nur mit dieser selbst in Exekution gezogen werden darf, ist sinngemäß auf das Zubehör zu wirtschaftlichen Unternehmungen, die auf Betriebsliegenschaften geführt werden, anzuwenden. Das Zubehör zu einem wirtschaftlichen Unternehmen, das Gegenstand einer Betriebsliegenschaft ist, ist somit als Liegenschaftszubehör im Sinne des § 252 Abs. 1 EO anzusehen
OGH 17. September 1974, 3 Ob 152/74 (LGZ Graz 4R 142-145/76; BG Mureck E 118/73)
Text
Das Erstgericht stellte mit Beschluß vom 3. April 1973, eine Reihe von Exekutionen - darunter auch die Exekutionen E 538/73, E 726/73 und E 837/73 der betreibenden Partei Firma Emil E - in Ansehung der PZ 4, 11, 14, 15 und 18 bis 20, gemäß §§ 39 Abs. 1 Z. 2, 252 EO, auf Antrag der beiden Verpflichteten "bzw." von Amts wegen ein. Hinsichtlich der PZ 16 und 17 wurde der auf § 251 Z. 6 EO gestützte Einstellungsantrag der Verpflichteten hingegen abgewiesen. Dieser Beschluß wurde von der betreibenden Partei Firma Emil E (E 538/73, E 726/73 und E 837/73) insoweit angefochten, als die PZ 4, 11, 14 und 18 bis 20 nach § 282 EO aus diesen drei Exekutionsverfahren ausgeschieden und diese Exekutionen hinsichtlich dieser Gegenstände gemäß § 39 Abs 1 Z. 2 EO von Amts wegen eingestellt wurden.
Das Rekursgericht bestätigte die Einstellung der Exekution in Ansehung der PZ 4, 11 und 18 bis 20; hinsichtlich der PZ 14 (PKW Fiat) wies es hingegen den auf § 251 Z. 6 EO gestützten Einstellungsantrag der Verpflichteten in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses ab.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Verpflichteten in Ansehung der PZ 14 in den Exekutionen E 538/73, 726/73 und 837/73 Folge, hob insoweit die Beschlüsse der Unterinstanzen auf und trug dem Erstgericht eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrenserganzung auf. Zugleich hob der Oberste Gerichtshof den Beschluß des Rekursgerichtes, insoweit er in den übrigen Exekutionen in Ansehung der PZ 14 ergangen war, wegen Nichtigkeit auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gegenstand des vorliegenden Revisionsrekurses ist nur die Entscheidung über die Einstellung der Exekution in Ansehung der PZ 14 (PKW Fiat). Da die Entscheidung des Erstgerichtes diesbezüglich nur von der betreibenden Partei Firma Emil E angefochten worden war, hätte das Rekursgericht diese nur bezüglich der drei Exekutionsverfahren E 538/73, E 726/73 und E 837/73 überprüfen dürfen; in Ansehung der übrigen Verfahren war die erstgerichtliche Entscheidung mangels Anfechtung rechtskräftig geworden. Ein mehrere Exekutionen betreffender Einstellungsbeschluß im Sinne des § 39 Abs. 1 Z. 2 EO wird nämlich jenen betreibenden Gläubigern gegenüber rechtskräftig, die ihn nicht angefochten haben (Heller - Berger - Stix, 1647; SZ 38/48 = ÖRZ 1958, 27; ZBl. 1929/121). Soweit der angefochtene rekursgerichtliche Beschluß somit die Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses in Ansehung der PZ 14 auch betreffend alle anderen Exekutionssachen vorgenommen hat, verstieß dieser gegen die Rechtskraft der erstgerichtlichen Entscheidung. Diesbezüglich ist daher der angefochtene Beschluß nichtig (§§ 78 EO, 514 Abs. 2, 477 ZPO; vgl. SZ 20/266. SZ 22/173; SZ 30/48; Fasching IV, 390) und daher ersatzlos aufzuheben.
Gegenstand der sachlichen Überprüfung des angefochtenen Beschlusses bleibt daher nur mehr, ob die Voraussetzungen für die Einstellung der Exekutionsverfahren E 538/73, E 726/73 und E 837/73 in Ansehung der PZ 14 (PKW Fiat) gegeben sind.
Die Verpflichteten beantragten zunächst die Einstellung der Exekutionen u a. hinsichtlich des PKWs Marke Fiat (PZ 14) wegen Unpfändbarkeit nach § 251 Z. 6 EO, weil dieses Fahrzeug zur Ausübung des Gewerbes der Kunststeinerzeugung unentbehrlich sei. Das Erstgericht gelangte auf Grund seiner diesbezüglich auch von der zweiten Instanz übernommenen Feststellungen über den Betriebsumfang zutreffend zu der Rechtsansicht, daß der Gewerbebetrieb nicht als Kleinbetrieb im Sinne des § 251 Z. 6 EO anzusehen sei. Auf Grund amtswegig durchgeführter Erhebungen stellte es jedoch fest, daß Rupert B die Liegenschaft EZ 904 KG M am 9. September 1971 als Alleineigentümer erworben habe. Diese Liegenschaft bestehe aus den Grundstücken 240 Baufläche, 988, 989, 990, 991/1 und 991/2 je Wiese. Die Wohn-, Kanzlei- sowie Betriebsgebäude seien auf diesen Grundstücken baulich aufgeführt. Rupert B sei Alleineigentümer der PZ 14 (PKW Fiat), die überwiegend für geschäftliche Zwecke verwendet werde. Daraus schloß das Erstgericht, der genannten Personenkraftwagen sei Zubehör des auf der genannten Liegenschaft betriebenen Unternehmens (Kunststeinerzeugung) und demgemäß nicht nach § 251 Z. 6 EO, sondern nach § 252 Abs. 1 EO unpfändbar. Das Rekursgericht verneinte die Zubehöreigenschaft der PZ 14 im Sinne des § 252 Abs. 1 EO nur deshalb, weil der Personenkraftwagen nicht zur fortdauernden Förderung des wirtschaftlichen Zweckes der Hauptsache gewidmet sei und auch tatsächlich diesem Zweck nicht diene. Nach Ansicht des Rekursgerichtes dürfe die Schutzbestimmung des § 252 EO nicht herangezogen werden, um dem Verpflichteten Bequemlichkeiten einzuräumen; ein PKW sei nur als Zubehör anzusehen, wenn der Verpflichtete ohne diesen die Berufstätigkeit nicht ausüben könne. Darüber hinaus sei hier zu berücksichtigen, daß dem Verpflichteten noch ein Transporter Marke VW und ein Lastkraftwagen zur Verfügung stunden; mit ersterem Fahrzeug könnten auch ohne weiteres die jetzt mit dem PKW Marke Fiat durchgeführten betrieblichen Fahrten abgewickelt werden. Der PKW Marke Fiat werde nicht nur für solche geschäftliche Fahrten benützt, er diene auch dem privaten Gebrauch der verpflichteten Partei. Eine dauernde Widmung des PKW zur fortdauernden Förderung des wirtschaftlichen Zweckes des - nach Ansicht des Rekursgerichtes auf einer Betriebsliegenschaft geführten - Unternehmens sei daher nicht anzunehmen. Im Gegensatz hiezu vertraten die Verpflichteten in ihrem Rekurs die Ansicht, der PKW (PZ 14) sei der fortdauernden Förderung des wirtschaftlichen Zweckes der Hauptsache (Unternehmen) gewidmet und diene auch tatsächlich diesem Zwecke.
Wie das Rekursgericht richtig erkannt hat, darf die Bestimmung des § 252 Abs. 1 EO, wonach das auf einer Liegenschaft befindliche Zubehör nur mit dieser selbst in Exekution gezogen werden darf, sinngemäß auf das Zubehör zu wirtschaftlichen Unternehmungen, die auf Betriebsliegenschaften betrieben werden, angewendet werden (3 Ob 205/73). Eine Betriebsliegenschaft liegt nur dann vor, wenn die Liegenschaft ausschließlich oder überwiegend dem Betrieb eines bestimmten Unternehmens dauernd gewidmet ist. Es kommt hierbei auf die tatsächliche Widmung der Liegenschaft an, und nicht darauf, ob die Liegenschaft nur für den bestimmten Betrieb geeignet ist oder ob sie auch für andere wirtschaftliche Zwecke verwendet werden könnte (ÖRZ 1937, 424; EvBl. 1955/209; ÖRZ 1957, 102; ÖRZ 1959, 34; EvBl. 1959/249). Für die Frage, ob eine dauernde Widmung vorliegt, ist der äußere Tatbestand, der auf den Widmungswillen schließen läßt und nicht der Wille des Widmenden maßgebend (SZ 19/158). Das Zubehör zu einem wirtschaftlichen Unternehmen, das Gegenstand einer Betriebsliegenschaft ist, ist als Liegenschaftszubehör im Sinne des § 252 Abs. 1 EO anzusehen (ÖRZ 1957, 102). Damit soll verhindert werden, ein Unternehmen auf einer Betriebsliegenschaft dadurch zu entwerten, daß Hauptsache und Zubehör nicht gemeinsam benützt und verwertet werden können (Heller - Berger - Stix, 459, 948). Die Frage, ob das Kunststeinerzeugungsgewerbe des Ersatzverpflichteten auf einer Betriebsliegenschaft ausgeübt wird, läßt sich aber nach den vorliegenden Feststellungen des Erstgerichtes nicht abschließend beurteilen. Es bedarf noch näherer Feststellungen über die Beschaffenheit der Liegenschaft zur Klärung der Frage, ob die Liegenschaft des Erstverpflichteten dem Betrieb des genannten Gewerbes dauernd ausschließlich oder doch überwiegend im Sinne der vorstehenden Ausführungen gewidmet ist. Es erweist sich deshalb auch das erstgerichtliche Verfahren als mangelhaft. Es ist daher erforderlich, die Entscheidungen beider Vorinstanzen bezüglich der Einstellung der PZ 14 aufzuheben und die Sache an das Erstgericht zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung zurückzuverweisen.
Das Erstgericht wird vor seiner neuerlichen Entscheidung in diesem Einstellungsverfahren, das zunächst nach §§ 39 Abs. 1 Z. 2, 251 Z. 6 EO auf Antrag der Verpflichteten eingeleitet, sodann auch in Richtung des § 252 EO von Amts wegen geführt wurde, eine mündliche Verhandlung gemäß § 45 Abs. 3 EO durchzuführen haben, da nunmehr die Einstellung der Exekutionen in Ansehung der PZ 14 nach §§ 39 Abs. 1, Z. 2, 252 EO auch von den Verpflichteten begehrt wird. Dieser Verhandlung sind auch allfällige Hypothekargläubiger und sonstige Buchberechtigte, die im Falle der Versteigerung der Liegenschaft Ansprüche auf das Meistbot erheben könnten, beizuziehen. Im Verfahren zur Feststellung der Zubehöreigenschaft bestimmter Sachen im Sinne des § 252 Abs. 1 EO sind nämlich grundsätzlich neben dem Verpflichteten sowohl die Buchberechtigten als auch die Fahrnispfandgläubiger beizuziehen. Es ist allen gegenüber mit einem gemeinsamen Beschluß zu entscheiden, damit einander widersprechende Entscheidungen (im Fahrnisexekutions- bzw. Liegenschaftszwangsversteigerungsverfahren) vermieden werden (Heller - Berger - Stix, 1134; JBl. 1903, 570).
Für den Fall, daß das Unternehmen des Erstverpflichteten tatsächlich auf einer Betriebsliegenschaft betrieben werden sollte, würde der Umstand, daß der Personenkraftwagen, PZ 14, zum Betrieb dieses Unternehmens nicht unentbehrlich ist, der Zubehöreigenschaft nicht entgegenstehen. Diese setzt - entgegen der Ansicht des Rekursgerichtes - nämlich nicht voraus, daß die dem Betrieb der Hauptsache gewidmeten Sachen hiefür erforderlich oder gar unentbehrlich sind. Es kommt vielmehr nur darauf an, daß sie zum dauernden Gebauch der Hauptsache bestimmt sind (Heller - Berger - Stix, 1676; SZ 24/320; ÖRZ 1957, 102; JBl. 1958, 95). Auch der Umstand, daß der Gegenstand nicht ausschließlich für die Hauptsache, sondern fallweise auch für sonstige Zwecke (z. B. Privatnutzung) gebraucht wird, schließt die Zubehöreigenschaft noch nicht aus.
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